Chapter Text
„Und was soll das jetzt?“, fragt Adam als Wiktor ihm eine Akte auf den Tisch wirft.
„Ungereimtheiten. Guck mal durch.“
„Ungereimtheiten? Ungereimtheiten? Echt jetzt? Als wäre das mein Job,“ Adam fährt sich durch die Haare.
Wiktor grinst. „Du machst das schon!“, sagt Wiktor. Und was er meint, ist ‚Du hast doch Spaß dran!‘
Adam greift sich seinen Kugelschreiber, Schmierpapier und einen Textmarker. Und systematisch geht er die Unterlagen durch, und er spürt, wie ihn eine Ruhe erfasst, die er nur durch die Arbeit mit Zahlen erreichen kann. Und erst als die Blase drückt, als er bestimmt schon einige Zeit auf seinem Stuhl umhergerutscht ist, wird seine tiefe Zufriedenheit, seine Gedankenverlorenheit gestört und er bemerkt, dass er sich über einige Stunden in den Zahlenfolgen und Abrechnungen verloren hat.
Aber Wiktor hatte recht. Wie immer. Tatsächlich sind da einige Ungereimtheiten. Tatsächlich sind es ziemlich viele Ungereimtheiten. Bei den ersten Hinweisen verwies die Firma auf den neuen Buchhalter, der wohl den Überblick verloren habe. Aber dafür sind die Beträge zu unauffällig, dafür fehlen die Gelder zu systematisch.
„Wiktor?“, ruft Adam in den Raum, als er vom Klo zurück kommt. „Verschleierung!“, sagt Adam. Grinst.
Wiktor grinst. „Ja, und du glaubst gar nicht, was bei der Datenauswertung rausgekommen ist.“
„Was denn?“
„Der feine Herr hat seine Finger im Spiel,“ sagt Marian, lehnt sich entspannt nach hinten.
„Hüter?“
„Wir kriegen den dran,“ sagt Wiktor.
Adam spürt das Lächeln, das sich auf seinem Gesicht ausbreitet. „Und wenn es für Steuerhinterziehung ist.“
Wiktor grinst.
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„Hast du was zum Essen da?“, fragt Adam.
Olga wirf ihm einen Apfel zu.
Adam schnaubt. „Und was richtiges?“ Adam wirft den Apfel zurück.
Olga rollt die Augen, wedelt mit den Flyern.
„Pekingente?“
Olga zuckt mit den Schultern, beißt in den Apfel.
„Buddhas Freuden?“
Olga grinst ihn über den angebissenen Apfel an.
Adam bestellt per Telefon (Festnetz), weigert sich noch immer strikt, per App zu bestellen.
Nach dem Essen lehnt er sich zufrieden zurück und Olga stellt ihm einen Kaffee hin. Genauso wie er ihn mag. Schwarz, ohne Zucker und lau warm.
„Wie deine Seele,“ sagt sie wie immer.
Adam rollt mit den Augen, bricht seinen Glückskeks auf und liest: ‚Sie werden sich Ihrer Schwächen bewusst und dadurch stärker‘.
Als Olga ihm das Zettelchen aus der Hand nimmt und liest, da muss sie lachen. „Einsicht, Raczek! Einsicht,“ sagt sie, gibt ihm das Zettelchen zurück.
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Die Kameraaufnahmen zeigen jemanden, der eilig und schmerzgedrängt, mit gekrümmtem Oberkörper, zusammengepressten Beinen und gesenktem Kopf die Herrentoilette im Gerichtsgebäude betritt. Die Haare fast wild abstehend und zottelig, der Bart ungepflegt. Kleinkrimineller, der nun vor der Verurteilung panisch wird.
Und dann zeigen die Aufnahmen nicht, wie die Person die Toiletten wieder verlässt.
Das Ergebnis bleibt gleich. Bleibt denkbar misslich:
„Vincent Ross ist aus der Untersuchungshaft entkommen“, brummt Wolle durchs Handy.
Adam tritt gegen den Autoreifen, bereut es unmittelbar, er hat die guten Schuhe an. Eigentlich schick, aber jetzt verkratzt, und etwas zu eng sind sie auch. Das macht ihm der Tritt umso deutlicher
„Kurwa!“, schreit er, fährt sich durch die Haare.
Olga schaut zu ihm, Augenbraue fragend gehoben.
„Ross!“
„Pferd?“, fragt Olga.
Adam rollt mit den Augen. „Lenski!“, schnaubt er.
Und es macht Klick, sie fragt: „Vincent Ross?“
„Aus der Untersuchungshaft entkommen.“
„Scheiße!“, sagt sie, als die uniformierten Polizist*innen weitere Kisten bringen mit dem ledrigen Papier. Sie sind sicher, dass es für offizielle Dokumente verwendet wird, wissen jedoch noch nicht wofür genau. Und die Personen, in deren Werkstatt sie das Papier gefunden haben, können sie jedoch nicht mehr befragen, denn die wurden vor einigen Tagen ermordet aufgefunden. Das ist aber glücklicherweise nicht ihr Arbeitsgebiet, denkt Adam. Denkt an die grausamen Fotos aus der Akte.
Und jetzt zu allem Überfluss auch noch Ross!
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„Was machen wir wegen Ross?“, fragt Olga zurück auf der Dienststelle.
„Ist der denn unser Problem?“, entgegnet Adam auf dem Weg durch das Großraumbüro.
„Ich befürchte schon,“ sagt Pawlak, als hätte er nur auf sie beide gewartet.
„Was?“, fragt Adam.
„Anweisung von oben. Du hast ihn einmal gefunden, und das wirst du wieder tun, bevor er abtauchen kann.“ Adam rollt die Augen. Das war keine große Leistung. Vielleicht eher Zufall.
„Aber der ist doch,“ beginnt Adam, schaut auf seine Armbanduhr, „seit über 3 Stunden ‚unterwegs‘.“
„Die Akte kam gerade,“ sagt Pawlak, hält ihm einen Datenstick entgegen.
Adam schaut etwas verzweifelt zu Wiktor. Der hätte ihm wenigstens Papier übergeben.
„Schaut mal drüber,“ sagt Pawlak zu ihm und Olga.
Olga seufzt, kramt nach ihrem Handy und ruft ihre Babysitterin an.
Adam seufzt und ruft Lidia an.
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„Wo ist Raczek,“ fragt Olga.
„Ist er nicht bei euch im Büro?“, sagt Wiktor, als Adam aus der Teeküche kommt mit zwei Tassen Kaffee in der Hand.
„Nein,“ sagt sie und bemerkt ihn dann. „Komm, wir haben ihn gesichtet,“ sagt Olga.
Und Adam grinst, übergibt ihr eine Tasse.
Und die Videoaufnahmen zeigen: Ross muss sich auf dem Klo rasiert und die Handschellen entfernt haben. Irgendjemand hat ihm geholfen, denn er hat eingeschmuggelte Kleidung angezogen und verließ dann, kaum wiederzuerkennen die Herrentoilette.
Und ja, das Gesicht, dass da aufblitzte, auf dem Band der Überwachungskamera, das war eindeutig Ross, strahlend-lächelnd und selbstbewusst. Und dann, kurz bevor Olga bereits die Aufnahme stoppen will, da ziehen wachsame Augen Adams Blick auf sich.
„Kannst du reinzoomen?“, fragt Adam und er weiß das Olga das kann, beobachtet fasziniert, wie das Gesicht näherkommt, die Augen klarer werden.
Adam grinst: „Luschke!“
„Luschke? Alexandra ‚Lusche‘ Luschke?“, fragt Olga, zunächst ungläubig, aber auch sie erkennt die markanten Augen, den strengen Mund. „So hat er das also gemacht!“
„Aber warum?“, fragt Adam.
„Muffensausen?“
„Vielleicht,“ sagt Adam, betrachtet Luschkes eingefrorenes Standbild. „Oder wegen einer anderen Person?“
„Die Besucherliste aus dem Gefängnis,“ schlägt Olga vor und Adam nickt, will schon zum Hörer greifen, da zeigt Olga auf den Datenstick. „Ist alles hier drauf,“ sagt sie.
Dann kann es ja losgehen.
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Und dann kommt plötzlich Bewegung in den Fall. Denn Ross hatte nur einen Besucher.
„Aber was will er denn von ihm?“, fragt Olga.
„Haben wir irgendwelche Infos über den?“, fragt Adam.
„Der war bis vor kurzem im Polizeidienst,“ sagt Wiktor, hebt seine Augenbraue.
„Und jetzt nicht mehr?“, fragt Olga.
Wiktor schüttelt den Kopf.
„Weil?“, fragt Adam ungeduldig.
„Er hat familiäre Gründe angegeben und ist dann zurück in die alte Heimat.“
Die Ungeduld kribbelt unter Adams Haut, doch bevor sie sich bahnbrechen kann, ergänzt Wiktor: „Saarbrücken.“
„Gibt es irgendeine Verbindung zwischen Ross und Saarbrücken?“, fragt Olga.
„Ich überprüfe das,“ sagt Wiktor, dreht sich zu seinem Rechner.
„Aber was hatten denn die beiden miteinander zu tun?“, fragt Adam.
Und Wolle guckt hoch, grinst: „Die gleiche Anschrift!“
„Was? Wo?“, fragt Adam.
„Berlin,“ sagt Wolle, bringt ihm einen Zettel mit der Adresse, wie Adam es mag.
„Lenski, meinst du es könnte tatsächlich so einfach sein?“
„Werden wir sehen, Raczek,“ sagt sie, greift den Autoschlüssel, einen Apfel, guckt Adam fragend an, aber der schüttelt den Kopf.
Und es ist tatsächlich so einfach.
Die Wohnungstür ist aufgebrochen, die Wohnung steht leer (noch!) und im Wohnzimmer an die Wand gelehnt, sitzt Ross, mit einer mittlerweile fast leeren Weinflasche, wenn Adam das richtig sieht.
„Er ist weg,“ sagt Ross.
Und Adam nickt, setzt sich neben ihn.
Olga setzt sich auf die andere Seite, nimmt Ross die Flasche aus der Hand.
„Und ihr nehmt mich jetzt wieder fest?“, fragt Ross, lehnt seinen Kopf nach hinten, schließt die Augen. Und es ist kein grüner Schimmer auf seinen Lidern zu sehen. Verweint sieht er aus. Erschöpft und traurig.
„Ja, machen wir,“ sagt Olga, betrachtet die Weinflasche.
„Was haben Sie sich dabei gedacht, Herr Ross?“, fragt Adam.
„Er ist weg. Er hat gesagt, dass er nicht zurück geht. Er hat es mir versprochen.“
„Wer?“, fragt Olga leise.
„Wer? Mein Freund. Adam,“ sagt Ross, als wäre es ein unumstößlicher Fakt. „Er hat gesagt, er bleibt. Aber seine Mutter… Als er mich besuchen kam, sagte er-“ Vincent schüttelt den Kopf, unterbricht sich.
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Als er kurz vor Mitternacht das Schlafzimmer betritt, ist es dunkel und nur etwas durch das Mondlicht beleuchtet. Er zieht sich so leise aus wie möglich, legt den Anzug über seinen Stuhl und kriecht ins Bett. Die Erschöpfung des Tages zieht seinen Kopf schwer auf das Kissen.
Und sanft spürt er Lidias Finger, die über seine Hand streichen. „Hallo Adam,“ murmelt sie.
„Schlaf weiter,“ antwortet er.
Lidia summt zustimmend, schmiegt sich an ihn und Adam grinst. Er weiß nicht, womit er eine so fantastische Frau verdient hat. Ihr ruhiger, gleichmäßiger Atem, lässt ihn in den Schlaf sinken.
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Lidia schiebt ihm ihren angetrunkenen, aber fast kalten Kaffee zu, nimmt seine leere Tasse und gießt sich heißen Kaffee nach, bevor sie sich einen Apfel kleinschneidet.
„Ross ist aus der Untersuchungshaft entkommen. Wir haben ihn letzte Nacht wieder aufgesammelt,“ sagt er.
Sie schaut auf, Stirn nachdenklich in Falten gelegt. Dann zieht sich ein breites Grinsen über ihr Gesicht. „Der Ross? Der Vincent Ross? Der Ich-kann-nicht-glauben-wie-gut-der-in-einem-Kilt-aussieht-Ross? Der mit dem Kajal und dem ‚Hauch Lidschatten in salbeigrün‘?“, fragt sie, zeichnet Anführungszeichen in die Luft.
Adam nickt, spürt die Wärme auf seinen Wangen.
„Na dann hast du ja einige aufregende Arbeitstage vor dir,“ haucht Lidia, lässt ihren Fuß Adams Bein hinaufstreichen, bis sie die Innenseite seines Oberschenkels erreicht und ihn entscheiden lässt.
Adam ist eigentlich immer pünktlich und er liegt heute morgen mehr als gut in der Zeit. Und deshalb rutscht er auf dem Stuhl nach vorne. Lidias Lächeln wird dunkel, wird hungrig, als sie ihren Fuß weiterschiebt. Adam grinst ob der Berührung.
Und als Adam zwischen Lidias Beinen kniet und in ihr versinkt, ihre Hände in seinen Haaren spürt, da leuchten ganz kurz blaugrüne Augen in ihm auf.
„Adam,“ keucht Lidia. „Adam? Fasst du dich an? Fass dich an!“
Und Adam würde gerne, aber dann müsste er ja von Lidia ablassen, könnte seine Hand nicht umständlich in ihrem BH über ihre Nippel reiben, müsste seine Finger aus Lidia gleiten lassen.
„Adam,“ langgezogen und gedehnt klingt sein Name und sie schmeckt so gut und dann zieht ihre Hand seine Hand aus ihrem BH. „Ich übernehm hier mal,“ sagt sie mit einem atemlosen Lachen in der Stimme. Und Adam schaut an Lidia hoch, die aufgeknöpfte Bluse hängt ihr von den Schultern, den BH hat sie ganz pragmatisch hochgeschoben, streicht sich über ihre Brust. Ihren Kopf hat sie auf der Stuhllehne nach hinten gelegt und auf ihrem wunderschönen langen Hals glänzt der Schweiß. Und als sie ihre Brustwarze zwischen ihren Fingern reibt, da wird ihr Griff in seinen Haaren fester und es zieht durch Adam, zieht kribbelnd heiß.
Seine Hand öffnet den Gürtel, den Knopf, zieht den Reißverschluss hinunter und endlich umgreift er seinen Schwanz und stöhnt gegen Lidia.
„Gut so,“ keucht sie, legt ein Bein um seinen Rücken, um ihn näher zu ziehen. Adam verliert sich im Lecken, in ihren Bewegungen, in ihrem Keuchen und Seufzen, in ihrer Feuchtigkeit, in ihrem offensichtlichen Genuss, dem sie sich so unbefangen hingeben kann.
„Gut! So gut machst du das,“ bringt sie hervor. Und: „Hör nicht auf, Adam. Nicht aufhören,“ sagt sie, als wäre er dazu irgendwie in der Lage und die Hand um seinen Schwanz folgt ihren Bewegungen gegen seinen Mund, gegen seine Zunge.
Lidias Bewegungen werden drängender, ihr Keuchen wird höher, und als sie ihren Rücken durchdrückt, als sie eng um seine Finger wird, da durchfährt sie die erste Welle ihres Orgasmus, und als seine Zunge für einen Augenblick sanfter wird, greift sie fest in seine Haare und er grinst, legt sich noch einmal richtig ins Zeug für sie. Und Lidia wird plötzlich laut, lauter als sonst, ihre Füße verhaken sich hinter seinem Rücken, ziehen ihn eng an sich und Adam spürt ein weiteres Beben durch Lidia ziehen.
Ihre Beine gleiten seinen Rücken hinunter und noch atmet sie schnell. Ihre Wangen sind gerötet. „Willst du?“, fragt sie, lässt zwei Finger in sich gleiten.
Er schüttelt den Kopf, presst sein Gesicht gegen die weiche Haut ihres Oberschenkels. „So ist perfekt,“ sagt er und seine Stimme ist rauer als erwartet. Und dann sind da ihre Hände, eine in seinen Haaren, die andere streicht ihm feucht über die Wange, schiebt die zwei Finger in seinen Mund und Adam lutscht, schaut zu ihr auf und ihr Lächeln ist langsam und zufrieden.
Die Hand in seinen Haaren greift zu und Adam stöhnt um die Finger, seine Hand wird schneller, greift fester zu.
„So ist’s gut,“ sagt sie. Und: „Ich hab so ein Glück mit dir.“ Sie beugt sich zu ihm für einen Kuss, zu dem Adam keinerlei Raffinesse mehr beitragen kann, als er kommt.
Und Adam kniet und versucht zu Atem zu kommen. Lidia steht auf, reicht ihm die Hand und fragt: „Duschen?“
Vielleicht ist Adam heute nicht so pünktlich wie sonst.