Work Text:
Vorwort
Die autorisierte Übersetzung der Kurzgeschichte über Thrass und Lorana aus dem Russischen. Der Link zu Original Полярное сияние von Snow_in_summer ist da.
Liebe Snow, ich bedanke mich herzlich für Deine Erlaubnis, diese schöne Geschichte zu übersetzen, und herzlichen Glückwünsch! Jetzt hast Du das übersetzte Werk!
Außerdem bin ich meiner Mitübersetzerin Nadia Yar für unsere Zusammenarbeit sehr dankbar.
Liebe Nadia, vielen, ganz-ganz lieben Dank, dass Sie mir immer bei den Übersetzungen (und nicht nur bei den Übersetzungen) helfen.
NB!!! Liebe Leserinnen und Leser! Deutsch ist nicht meine Muttersprache, und ich wäre dankbar für Kritik und Fehlerkorrektur. Viel Spaß beim Lesen!
Das Polarlicht
Egal, was man sagt, welche Heldengeschichten man Kindern erzählt ... Es ist immer noch furchtbar. Es ist nicht furchtbar, zu sterben, es ist furchtbar, diese letzten Sekunden zu leben. Es ist schrecklich zu warten. Sterben ist auch schrecklich, aber diese qualvolle Erwartung verdrängt selbst die Angst vor dem Tod.
Möge die Macht mit uns sein ...
***
„Du bist heute durcheinander.“
„Verzeiht, Meister, ich bin nur …“
„Müde?“
Das Mädchen nickte und wartete auf die Reaktion ihres Meisters, die sofort folgte.
„Dein Feind wird dich nicht fragen, ob du müde bist oder nicht. Verstehst du?“
„Ja, Meister.“
„Ein Jedi muss immer bereit sein, immer konzentriert und offen für die Macht.“
„Ja, Meister.“
„Nun, dann trainiere die Schutztechniken.“
„Ja, Meister,“ flüsterte sie kaum hörbar.
Position. Schlag. Block. Und noch einmal. Das Training läuft schon lange; ihre Muskeln brummen.
„Du enttäuschst mich heute. Deine Technik ist zu schwach.“
Diesmal erwiderte sie nichts. Was könnte man da erwidern?
„Ein Jedi muss immer bereit sein“, wiederholte ihr Meister. „Zu allem. Bist du bereit, dein Leben zu opfern, Padawan?
Die Frage überraschte sie. Sie gab ihm die auswendige Antwort, die sie geben sollte. Die Antwort eines Jedis.
„Ja, ich bin bereit.“
Der Jedi-Kodex postuliert: Tod gibt es nicht, die Macht gibt es. Wie ein jeder Padawan kannte sie den Kodex auswendig und glaubte an die Ideale des Kodex. „Der Tod ist nicht das Ende, wir werden nur eins mit der Macht“, lehrte sie der Meister.
Tod gibt es nicht... Damals, im Jedi-Tempel auf Coruscant, war es so einfach, daran zu glauben. Doch wenn man in die Augen des Todes sieht, scheinen der Tempel, die Ausbildung und alles, was vorher war, fern und unwirklich. Nur der Flug... oder ist es ein Fallen … das ist real. Und der Tod ist zum Zittern real, bis zur Gänsehaut. Ein Jedi muss bereit sein, sein Leben für andere zu geben. Mitgefühl und Selbstaufopferung - das sind die Säulen, denen sie ihr Leben gewidmet hat. Und sie glaubt - glaubt noch jetzt, in diesem Moment - dass die letzte Zeile des Jedi-Kodex wahr ist. Doch je näher die Grenze, desto schwerer ist es, dies zu glauben.
***
Das Polarlicht ergoss sich in einem glitzernden Fluss in den dunklen Himmel von Csilla. Geladene Teilchen des Sonnenlichts interagieren mit oberen Schichten der Atmosphäre, und so entsteht es. Das ist lediglich Physik, eine Naturerscheinung, die eine elementare Erklärung hat. Doch gibt es eine Erklärung für die Gefühle, die man spürt, wenn man dieses flackernde Licht weit am Himmel betrachtet? Lässt sich die Schönheit erklären? Nein. Sie kann nur in Erinnerung gespeichert werden, eingeprägt auf der Innenseite der Augenlider, damit man später, vielleicht in vielen Jahren, die Augen schließen und wieder das ferne Licht des Himmels seiner Heimat sehen könnte. Des Himmels, der von einem Lichtstrahlentanz voller Wunder gefärbt wird.
Er versuchte, das Polarlicht nicht nur in seiner Erinnerung, sondern in einem Bild festzuhalten, doch auch dieser Versuch, das bezaubernde Naturspiel zu malen, schien erfolglos.
„Du wirst dieses Licht nicht festhalten können“, sagte eine vertraute Stimme. „Auf jeden deiner Pinselstriche antwortet es mit einer neuen Krümmung, mit einem neuen Schimmer auf einen jeden Farbtropfen. Die Natur malt besser als du, gib es zu.“
„Nicht nur du hast eine Leidenschaft für Kunst“, antwortete Thrass, ohne sich umzudrehen. Er sah zum Himmel hinauf. „Und du weißt so gut wie ich, dass es wunderbare Gemälde gibt, die das Polarlicht darstellen. Zwar bin ich kein großer Meister, aber ich werde trotzdem nicht aufgeben.
„Das Polarlicht wandelt sich ständig ...“
Die Stimme seines Bruders ertönte ganz nah, er blickte über Thrass' Schulter und begutachtete das Bild.
„Das Leben ist auch wandelbar“, sagte Thrass.
„Nur Kunst bleibt für die Ewigkeit“, beendeten sie einstimmig den Gedanken.
Und als ob es ihre Worte gehört hätte, begann das Licht am Nachthimmel zu verblassen. Die Brüder ließen den dunklen Abgrund des Himmels nicht aus den Augen, bis der letzte Funke seinen Tanz vollendet hatte. Einen wundervollen Lichttanz vor dem Hintergrund undurchdringlicher Schwärze ...
„Das war es wohl“, seufzte Thrawn, als das ferne Licht endlich in der Nacht verschwand. „Das Leuchten ist nur ein Augenblick. Uns bleibt allein die Erinnerung ... Ich werde den Himmel von Csilla vermissen.“
Jeder andere, selbst ein Chiss, hätte die subtile Veränderung im Klang seiner Stimme gar nicht bemerkt. Thrass jedoch bemerkte sie, weil er seinen Bruder sehr gut kannte. Er verstand seine Gefühle.
„Wann ist dein Abflug zur Grenze des Chiss-Reiches?“ fragte er.
„Morgen“, antwortete Thrawn. Er blickte erneut auf das Gemälde, das Thrass immer noch nicht beendet hatte, und lächelte. „Du hast also das Polarlicht doch nicht mit den Händen greifen können?“
„Ich werde das Bild ein anderes Mal beenden. Dieses Jahr, glaube ich, wird es kaum wieder so helle Polarlichter geben. Das Gemälde wird fertiggestellt, wenn du zurückkommst.
In diesem Augenblick blitzte am Himmel ein Meteor auf und dann erlosch es. Ein Steinchen, das in der Atmosphäre verbrannte, hatte den dunklen Himmel von Csilla gestreift. Ein heller Weltraumtropfen, eine Ewigkeitsträne fiel als Andenken an diesen letzten Spaziergang zu zweit, ans letzte Bild, das Thrass niemals fertigstellen würde.
„Dürfte ich dich bitten“, sagte Thrass, „diesmal etwas sein zu lassen, nämlich deine – …“
An seiner Stelle würde ein Mensch deinen Blödsinn sagen, doch feines Cheunh hat wohl kein solches Wort. Zum Glück verstand sein Bruder ihn ohne Worte. Er lachte leise.
„Mach dir keine Sorgen um mich, Thrass. Ich bin nicht so hoffnungslos, wie du denkst.“
„Aus irgendeinem Grund ahne ich, dass ich dich sehr bald aus Schwierigkeiten werde rausholen müssen.“
Das zurückhaltende leise Lachen der Brüder hallte in einem Flüstern von Csillas vereisten Felsen wieder. Diese raue und schöne Welt war ihre Heimat, und in jenem Augenblick konnten sie sich nicht vorstellen, dass sie diese Welt schon bald für immer verlassen würden und nur Erinnerungen an bunte Feuer in den Abgründen des Nachthimmels mitnehmen könnten.
***
„Jedi Lorana?“
Wie durch einen Traum kam die angenehme Stimme. Ist alles schon vorbei? Ist diese lange Erwartung zu Ende? Der Nebel in ihrem Kopf wollte sich nicht auflösen, und er, der sie hinter diesem klebrigen Schleier gerufen hatte, gab seine Versuche auf. Besser, die Sinne nicht wieder zu erlangen, besser, in glückseliger Vergessenheit zu bleiben. Das Warten ist schlimmer als der Tod selbst. Und wenn man noch etwas warten muss, dann ist es besser, dort zu warten, wo es keine Schmerzen gibt, keine so große Angst.
Da er jedoch ihren Namen rief, bedeutete es, dass er dort allein war. Ein Jedi muss bereit sein, sich für andere zu opfern. Sie hatte es bereits getan, sie konnte spüren, wie die Umarmung des Todes langsam immer fester wurde. Sie wollte ihre Augen nicht öffnen, aber allein zu warten ist am Schlimmsten.
Die Metalldecke, oder, besser gesagt, ihre Trümmer hingen über Loranas Gesicht, ganz nah. Sie hob etwas den Kopf, versuchte sogar, sich zu setzen, fiel aber sofort wieder zurück. Schloss fest die Augen – sie konnte, wollte es nicht sehen. Ihr Körper unterhalb der Taille war unter einem Trümmerhaufen begraben. Ist da, unter Tonnen Metallbruch, noch etwas übrig? Sie spürte keine starken Schmerzen und dankte der Macht dafür, dass die Katastrophe ihre Nervenenden nicht verschont hatte. Die Kleidung war mit irgendwas durchnässt ... Gut so. Zu Tode zu verbluten ist bei Weitem nicht die schlimmste Variante.
„Ich hatte gehofft, Ihr würdet nicht aufwachen.“
Lorana drehte den Kopf zur Seite. Die Stimme, die sie durch den Nebelschleier gerufen hatte, war keine Illusion. Lorana war nicht allein in der Enge unter den Trümmern.
„Mitra ... Mistra ...“ Die Zunge wollte ihr nicht gehorchen. Langsam sammelte sich Blut in ihrem Mund, und Lorana konnte den komplizierten Namen nicht aussprechen. „Verzeihung ...“
„Thrass. Nennt mich bitte Thrass.“
„Thrass, warum habt Ihr gehofft, dass ...“
Lorana hustete und konnte ihre Frage nicht beenden. Im Mund war ein metallener Geschmack.
„Ihr würdet keine Schmerzen spüren“, antwortete er.
„Aber Ihr wärt allein gewesen.“
Der Chiss entgegnete nichts. Lorana blickte von seinem Gesicht zu den Händen, die er an seine Brust hielt. Rotes Blut sickerte aus zahlreichen Wunden zwischen seinen blauen Fingern. Ist das nicht seltsam, dachte Lorana abwesend – wie sehr die Chiss sich von den Menschen unterscheiden, aber ihr Blut hat die gleiche Farbe. Sie fragte sich, was als Erstes passieren würde – würden sie beide verbluten, oder würde ihnen die Luft unter den Trümmern ausgehen?
„Ich habe Angst“, gab Lorana zu.
Es ist nun egal, ob er es weiß, oder? Sie musste sowieso nur noch ein paar Minuten warten, und dann würde ihre Angst – für einen Jedi eine Schande – keine Bedeutung mehr haben.
„Jedi Lorana ...“
Thrass bewegte sich, rückte eine Spur näher, das Gesicht starr vor Schmerz.
„Ich habe auch Angst“, sagte er mit seiner sanften, angenehmen Stimme.
„Die Jedi glauben, dass der Tod nicht das Ende ist“, sagte Lorana, nicht sicher, ob sie ihn oder eher sich selbst überzeugen wollte. „Wir werden Teil der Lebendigen Macht.“
Glaubte sie denn selbst daran? Lorana wollte es. Der Glaube würde gegen die Angst helfen.
„Ein interessantes Konzept“, nickte der Chiss respektvoll.
Sie verharrten eine Weile schweigend. Aber Lorana wusste, jede Sekunde könnte ihre letzte sein. Sie konnte die Stille nicht länger ertragen. Das Gespräch lenkte ein wenig vom Warten ab.
„Glaubt Ihr, dass die anderen überlebt haben?“ fragte sie.
„Ich hoffe darauf.“
„Ich wollte Euch danken, dass Ihr meine Leute gerettet habt.“
Lorana streckte dem Chiss ihre Hand entgegen, aber ihr fehlte die Kraft, und die Hand fiel schlaff zu Boden.
„Ich habe nur getan, was ich tun sollte.“
Thrass bedeckte ihre Hand mit seiner breiten Handfläche. Lorana spürte sein Blut, die lebende Wärme darin.
„Seid Ihr nicht traurig, dass Ihr sterben müsst, Thrass?“
Er war so ruhig ... Als ob ihm das Leben selbst egal wäre. Aber Lorana wusste, dem war nicht so.
„Traurig“, antwortete der Chiss. „Ich werde Vieles vermissen.“
„Ihre Heimat?“
„Ja“, nickte er. „Und meine Familie. Meinen Bruder.“
„Ich habe auch einen Bruder“, sagte Lorana und spürte, wie eine Träne sich mit dem Blut auf ihrer Wange vermischte. „Aber mein Bruder hasst mich ...“
Thrass sagte nichts dazu, sondern drückte nur leicht ihre Hand. Und Lorana dachte an Dean. Eines Tages wird er es verstehen, sagte sie sich. Eines Tages wird er mir vergeben.
Sekunden flossen eine nach der anderen dahin. Das Leben entglitt, verblasste allmählich in den zerbrochenen Körpern, wie Polarlichter am Himmel.
„Tod gibt es nicht.“ Ihr blieb nur die Kraft für ein schwaches Flüstern. „Ich glaube daran, Thrass.“
Ja, das tat sie. Die Macht wird sie beide in ihre Arme schließen. Tod gibt es nicht ... nur das Warten darauf, aber es ist nicht so schlimm, wenn man nicht allein ist.
„Dann sehen wir uns also wieder, Jedi Lorana.“
Unter geschlossenen Augenlidern flammte mit entzückend schönen Farben das Polarlicht auf.

malapunica Sun 15 Jan 2023 12:26AM UTC
Comment Actions
NadiaYar Sun 15 Jan 2023 10:36AM UTC
Comment Actions