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[100 Nanozyklen bis zum Ausstoß.]
Optimus seufzte sacht, als er sich gegen die Steuerkonsole in der Mitte des Raumes lehnte und die Arme lose unter seiner Windschutzscheibe verschränkte. Seine auditiven Finnen zuckten nervös, als eine monotone Stimme begann, die Nanozyklen bis zum Ausstoß des Allsparks im Hintergrund herabzuzählen. 100 Nanozyklen waren mehr als genug Zeit, um seine Entscheidung anzuzweifeln, aber bei Weitem nicht genug, um sie tatsächlich nochmal zu ändern.
[92.]
[91.]
[90.]
Sobald der Allspark einmal in den Weltraum katapultiert worden war, würde sich Cybertron in einen praktisch toten Planeten verwandeln—nicht dass der Planet generell noch allzu lebendig gewesen wäre, seit er zum physischen Schauplatz für den ideellen Konflikt zwischen Autobots und Decepticons geworden war. Zu viele Sparks waren durch den Krieg zu früh in ihrem Lebenszyklus zum Allspark zurückgerufen worden. Viel zu viele Mechs auf beiden Seiten des Konflikts, würden das Ende des Kriegs nicht mehr miterleben und dieser Gedanke zerrte an Optimus' Spark wie kaum ein anderer.
Allerdings war das vorzeitige Ableben ihrer Kinder nicht das einzige Problem, das Primus und Cybertron seit dem Beginn der Kämpfe plagte. Die Belastung, die der Krieg für ihren Planeten brachte, hatte auch die Schöpfung neuer Transformer enorm verlangsamt. Inzwischen waren mehrere tausend Vorn vergangen, seit die letzte Welle von Jungsparks dem Allspark entstiegen waren. Zudem war die Gruppe ungewöhnlich klein gewesen. Insgesamt hatte die Letzte Welle aus gerade mal hundert Sparklingen bestanden, von denen die meisten nicht einmal lang genug überlebt hatten, um heute als Jungmechs zu zählen.
Dennoch konnte Optimus den Gedanken, dass die momentan so geringen Nummern von Jungsparks kein vollkommen negativer Effekt des Krieges waren, nicht vollständig verdrängen: je weniger Sparklinge in einem Krieg, der niemals ihrer hätte sein sollen, zu Soldaten erzogen werden mussten, desto besser. Besonders da Äonen voll erbitterter Schlachten und Kämpfe ihren Konflikt in etwas vollkommen unverkennbares verzerrt hatten. Vor langer Zeit hatten sie für die Freiheit aller Cybertronier und ihr Recht, sich frei für einen Pfad entscheiden zu dürfen, gekämpft. Die einzige Entscheidung, die Cybertrons jüngster Generation über ihr Schicksal hatte treffen können, war die Wahl gewesen, für welche der zwei Seiten sie ihren Spark opfern wollten. Manche von ihnen hatten noch nicht einmal dieses Zugeständnis, so klein es auch sein mochte, bekommen.
Nichtsdestotrotz würde Primus gar keine neuen Cybertronier erschaffen können, solange sich der Allspark nicht auf Cybertron befand. Und auch wenn das für die nähere Zukunft vielleicht vorteilhaft sein mochte, könnte sich die Entscheidung, ihre einzige Möglichkeit der Reproduktion ungeschützt auszustoßen, leicht als fataler Fehler der Autobots entpuppen. Falls dem Artefakt in den Tiefen des Alls irgendwas zustoßen sollte or es später nicht sicher zurück gebracht werden konnte, würden sie ihre gesamte Spezies zum Aussterben verdammt haben.
Den Allspark auszustoßen war ein enormes Risiko, das Optimus, egal wie erbittert der Konflikt zwischen ihm und seinem früheren Partner geworden war, niemals auch nur zu fürchten erwägt hatte bis es Realität geworden war.
[70.]
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[68.]
Trotz der Gefahren und seiner Zweifel hatte der Prime keine Wahl mehr außer den Allspark fortzusenden, wenn er Cybertron eine Chance zum Überleben, für eine Zukunft nach dem Krieg, geben wollte.
In Megatrons neuestem Versuch, Cybertron zu erobern und beherrschen, hatten die Decepticons den Kern des Planeten selbst mit dunklem Energon vergiftet. Und da Optimus versäumt hatte, die Anzeichen der Infektion rechtzeitig zu erkennen, war Primus selbst befallen worden. Obwohl seine Autobots seither ihr bestes getan hatten, um die Vergiftung zu bekämpfen, hatte sie es doch nicht geschafft, den Fehler ihres Anführers wieder gut zu machen.
Angesichts dessen war es reines Glück, dass zumindest der Allspark bisher noch nicht von den Effekten des dunklen Energons betroffen war. Sollte er jedoch auf Cybertron verbleiben, gäbe es keine Möglichkeit, ihn vor der eventuellen Korruption zu bewahren. Deshalb hatte sich der Führungsstab der Autobos schließlich, entgegen ihrer eigenen Wünsche und Überzeugungen, trotz ihrer Ängste und Zweifel, dafür entschieden, das Artefakt zu seinem eigenen Schutz vorübergehend auszustoßen.
Das Wissen darum, Teil eines Krieges zu sein, der nicht nur grausam, sondern auch verzweifelt genug war, um einen so drastischen Entscheidung rechtfertigen zu können, brannte sich tief in Optimus' Spark.
[50 Nanozyklen bis zum Ausstoß.]
In der Distanz war der unverkennbare Lärm einer Explosion zu vernehmen. Ihr Knall wurde von den dicken Wänden des Bunkers, in dem sich Optimus und der Allspark momentan noch aufhielten, gedämpft. Die Schichten über Schichten an altem Metall schnitten auch die internen Komm-Verbindungen des Primes ab und ließen ihn unfähig, mit irgendeinem seiner Autobots zu kommunzieren. Selbst Ironhide auf seinem Posten direkt außerhalb des Komplexes, der den Allspark beherbergte, befand sich momentan außerhalb von Optimus' Reichweite. Quälender als dieser Gedanke war allein das Wissen darum, dass ihn seine Autobots momentan ebenfalls nicht erreichen konnte.
Basierend darauf, dass noch keine Horde von Decepticons in den Kontrollraum gestürmt waren, um ihn aufzuhalten, schloss Optimus jedoch, dass ihr Plan, Megatrons Aufmerksamkeit und Truppen von der echten Position des Allsparks wegzulocken, zumindest ein gewisses Maß an Erfolg gefunden hatte. Dennoch gab es keine Möglichkeit, sich dessen absolut sicher zu sein. Zumindest nicht, bis der Allspark endgültig ausgestoßen worden war und der Prime den Kontrolraum endlich wieder verlassen konnte.
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Die einzige Sache, derer sich Optimus gerade wirklich sicher sein konnte, war die Verfassung derer, an die sein Spark gebunden war.
Alle seine Amicae Endurae waren, glücklicherweise, immer noch am Leben. Die Spuren von Elita-1s, Jazz' und Ultra Magnus' Präsenz rotierten immer noch gleichmäßig um seinen Spark—und auch wenn sie zu weit entfernt waren, um ihre Emotionen akkurat bestimmen zu können, waren sie doch nah genug, dass Optimus mit Sicherheit sagen konnte, dass sie lebten und größtenteils unverletzt waren. Diese Sicherheit allein beruhigte den überaktiven Prozessor des Primes enorm.
Noch weiter entfernt fand Optimus seine getrennte Verbindung mit Megatron. Obwohl inzwischen Äonen vergangen waren seit der, damals neu ernannte, Decepticonkriegsherr ihr Conjunxband gekappt hatte, tat die Erinnerung daran, was einst zwischen ihnen gewesen war, immer noch weh. Für einen wehmütigen Moment verweilten die Gedanken des Primes in seinen Erinnerungen an lang vergangene, einfachere Zeiten sowie den Schmerz, die Wehmut und Reue, die sie begleiteten. Beim heutigen Stand des Krieges war es schwer zu glauben, dass Megatronus, der Gladiator, und Orion Pax, der Archivar, einst gemeinsam von einem besseren Cybertron geträumt hatten.
Dann kehrte Optimus der vernarbten Verbindung jedoch den Rücken zu und wandte sich stattdessen den Banden zu, die seinem Spark heute am nähsten waren. Ratchet und Ironhide rotierten in engen Runden um seinen eigenen Spark. Die Energie ihrer drei Sparks floß ineinander und verflocht sich, wo sie während ihres Conjunx Rituals permanent aneinander gebunden worden waren. Obwohl sowohl der Feldarzt als auch der Waffenspezialist angespannt und gestresst waren, beruhigte die Vertrautheit ihrer ineinander verschlungenen Sparks und die Schleife, in der sie konstant Emotionen empfingen und aussandten, Optimus ungemein.
Für ein paar Nanozyklen reichte es Optimus, ihre Verbindung im Fokus seiner Aufmerksamkeit zu halten, während der Countdown zum Ausstoß des Allsparks im Hintergrund weiter herabzählte. Er wagte jedoch nicht, die anderen beiden aktiv um Bestätigung anzuhalten, um sie nicht von ihren momentanen Tätigkeiten abzulenken.
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Und dann war da natürlich noch Bumblebee, sein mutiger kleiner Sparkling, und das strahlendeste seiner Sparkbände. Die Verbindung, die in diesen dunklen Zeiten zu seiner Sonne geworden war.
Optimus war nicht überrascht, Nervosität über sein Band mit dem Jungmech zu empfangen. Kurz bevor der Prime selbst aus Iacon aufgebrochen war, hatte der gelbe Bot das Hauptquartier für seine erste offizielle Mission ebenfalls verlassen: Bumblebee sollte die Ränder von Tyger Pax, wo der Kampf, um von der wahren Position des Allsparks abzulenken, stattfinden sollte, ausspähen. Auf dieser Art und Weise konnte der junge Mech die Autobots, wie er sich so sehnlich gewünscht hatte, unterstützen und war doch weit entfernt von der tatsächlichen Schlacht und damit, hoffentlich, sicher.
Auch wenn der junge Bot sich während seines Trainings als Scout als mehr als fähig bewiesen hatte, bevorzugte Optimus es doch, ihn so gut es ging von jeder Gefahr fernzuhalten wie irgendwie möglich. Er würde es nicht riskieren, einen der wenigen Jungmechs, die Cybertron überhaupt noch besaß, zu verlieren. Zudem konnte der Prime den Gedanken daran, den Sparkling, den er und seine Conjunces vor so vielen Vorn, direkt nachdem die letzte Welle von Newsparks erschaffen worden war, aufgenommen hatten, zu verlieren.
Optimus sandte Bumblebee eine sanfte Welle von Stolz und Wärme, die prompt mit einem nervösen Puls von Zuneigung beantwortet wurde. Dann, gerade als der Countdown sich seinem Ende näherte, richtete der Prime seine Aufmerksamkeit wieder auf den Kontrollraum.
[10 Nanozyklen bis zum Ausstoß.]
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Plötzlich, ohne erkennbaren Grund oder Auslöser, ergoss sich eine überwältigende Welle reiner Furcht über Optimus' Spark. Ihr folgte, beinahe sofort, ein quälender Schmerz, der sich schnell von seinem Kühlergrill über den Rest seines Systems ausbreitete.
Instinktiv presste Optimus seinen Servo in einem nutzlosen Versuch, den fürchterlichen Schmerz in seinem Spark zu verringern, gegen seine Windschutzscheibe.
[6.]
[5.]
Das Gefühl war so intensiv, dass der Prime einen Moment brauchte, um sich daran zu erinnern, dass er sich immer noch im Kontrollraum des Allspark aufhielt. Es brauchte einen weiteren Moment, bis Optimus endlich realisierte, dass weder der Schmerz, noch die Furcht, die seine Sinne überflutet hatten, ihren Ursprung in seinem eigenen System, sondern einem seiner Sparkbunde hatten. Beide waren nur ein Echo dessen, was einer derer, deren Spark seinem am nächsten stand, gerade durchlebten.
[4.]
Hastig und etwas unbeholfen, wandte sich Optimus seinen Verbindungen mit Ironhide und Ratchet zu. Beide antworteten sofort. Sie waren ähnlich aufgewühlt wie ihr Dritter, aber lebending und wohlbehalten—auch wenn Ratchet Optimus' Spark plötzlich mit einer Welle schrecklicher Gewissheit füllte, deren Intensität ausreichte, um den Anführer der Autobots zum Schaudern zu bringen. Um eine derartige Reaktion in dem abgehärteten Feldarzt hervorzurufen, musste etwas wahrhaft Schreckliches passiert sein.
[3.]
All seine Amicae wanderten immer noch in friedlichen Kreisen um Optimus' Spark. Seine gekappte Verbindung mit Megatron war, wenn auch weniger friedlich, doch immer noch ruhig.
[2.]
Was nur noch Bumblebee, seinen Sparkling, der von ihnen allen am sichersten hätte sein sollen und es jetzt undenkbarerweise nicht mehr war, übrig ließ. Normalerweise kreiste Bumblebee's Sparks um Optimus mit einer Energie wie kein anderer, angetrieben von einer ewig hoffnungsvollen Heiterkeit, die fehl platziert wirkte angesichts des brutalen Krieges, in den er hineingeboren worden war. Davon war jetzt gerade nichts zu ahnen.
Optimus stubste verzweifelt gegen den Spark des Jungmechs in der Hoffnung, eine Antwort oder irgendeine andere Reaktion zu erhalten, die seine Vermutung Lügen strafte. Er bekam keine. Stattdessen ging von seinem Bewusstsein um den jungen Bot, das immer schwächer und schwächer wurde, nichts außer Welle um Welle an Schmerz aus.
[1.]
Optimus stieß jeden Gedanken an und Zweifel über das Schicksal des Allsparks von sich, als er transformierte und, so schnell es sein Motot erlaubte, in Richtung des Ausgangs raste.
[Vorbereitungssequenz erfolgreich abgeschlossen.]
[Ausstoß beginnt jetzt.]