Chapter 1: Anniversary (Leo/Adam)
Summary:
Leo hat über all dem Stress ihren Jahrestag vergessen.
Notes:
(See the end of the chapter for notes.)
Chapter Text
Leo kann es nicht glauben, dass er die Zeit vergessen hat. Die Monate und Tage sind alle vor sich hingeplätschert und in seinem Kopf miteinander verschmolzen zwischen zu viel Arbeit, zu vielen Terminen und zu vielen Formularen. Bis er heute Abend im Bett liegt und ihm siedend heiß einfällt, dass morgen ein Tag ist, den er auf keinen Fall hätte vergessen dürfen.
Sie haben sich das versprochen, Adam und er, noch bevor sie den allerersten Antrag gestellt haben. Egal was passiert, sie würden nie die Zweisamkeit aus den Augen verlieren, die ihnen beiden so wichtig ist. Nicht einmal, wenn sie irgendwann zu dritt sind. Doch jetzt ist noch nicht mal ein Kind da und trotzdem hat Leo ihren Hochzeitstag morgen vergessen.
Und das, obwohl dieser Tag erst zum zweiten Mal ansteht. Sollten sie da nicht noch in dem Stadium ihrer Ehe sein, in dem sie jeden Jahrestag feiern, genauso wie alle die besonderen Momente, die sie miteinander verbringen dürfen?
Im letzten Jahr Leo noch sämtliche Geschütze aufgefahren. Er hat sich den Tag freigenommen, hat ihnen vormittags Plätze zum Brunch reserviert und am Abend mit Adam im Garten ihres neuen Hauses auf der noch unbebauten Fläche, die mal eine Wiese werden sollte, eine Picknickdecke ausgebreitet. Der Abend war wunderschön und die Nacht, die darauf folgte, ebenso. So etwas für morgen spontan zu organisieren, wird aber wohl ins Wasser fallen.
Hauptsächlich, weil es seit Tagen nur noch regnet und die inzwischen existierende Wiese hinter dem Haus ziemlich traurig und viel zu matschig für ein Picknick aussieht. Unter Regenjacken würde es wohl auch nicht die gleichen Gefühle auslösen, wenn er Adam unter dem Sternenhimmel an sich zieht. Abgesehen davor, dass sie morgen sowieso arbeiten müssen und danach wahrscheinlich beide zu müde sein werden, um noch irgendetwas zu Essen zuzubereiten, was aufwändiger als eine Pizza aus der Tiefkühltruhe ist.
Leo nimmt leise sein Handy vom Nachttisch. Möglicherweise kommt ihm (oder Google) noch eine andere Idee, was er morgen schnell umsetzen könnte. Nur ein paar Kleinigkeiten, in der Hoffnung, dass Adam sich damit trotzdem wertgeschätzt fühlt.
Aktuell scheint Adam für seine Pläne jedoch nicht so viel Wertschätzung zu empfinden, während er „Leo… Licht aus!“ brummt und sich auf die andere Seite dreht.
Sofort legt Leo das Handy wieder zur Seite. Er möchte Adam schließlich nicht schon am Vorabend ungehalten stimmen. Erst recht nicht, wenn er ihn morgen noch mehr enttäuschen muss.
Vermutlich ist es besser, gleich reinen Tisch zu machen, damit Adam nicht den ganzen Tag lang sinnlos Hoffnungen schürt. Dafür wurden sie in letzter Zeit zu oft mit falschen Hoffnungen hinters Licht geführt, wo sie festgestellt haben, dass doch noch zig Abbiegungen und Steigungen vor ihnen liegen. Ihr Hochzeitstag ist dagegen etwas, was ihnen niemand nehmen kann.
Leo rutscht etwas näher an Adam heran. Adam scheint nicht wirklich sauer auf ihn zu sein, weil er ihm sofort entgegenkommt und seinen Rücken an Leos Brust schmiegt. So kann Leo problemlos einen Arm um ihn legen, der nach so langer Zeit zielsicher Adams Hand findet, um ihre Finger miteinander zu verschränken. Hand in Hand, Ring an Ring, genauso, wie Leo es gerne mag.
Auch wenn er die Stimmung jetzt ein kleinwenig nach unten drücken muss. „Ich habe unseren Jahrestag vergessen.“
Natürlich dreht sich Adam nicht sofort wutentbrannt zu ihm um oder rückt von ihm ab. Stattdessen bleibt er ganz entspannt in Leos Armen. „Ist der nicht erst morgen?“
„Ja. Aber ich habe nichts vorbereitet.“
Leo lässt zu, dass Adam ihre verschränkten Hände etwas näher zu sich zieht, weiter nach oben, damit er einen Kuss auf Leos Handrücken platzieren kann. „Na und?”
Natürlich macht es Adam nichts aus. Leo könnte so viele Dinge aufzählen, warum es eben doch blöd, dass sie schon beim zweiten Hochzeitstag mit dem Vergessen anfangen. Es ist einfach kein gutes Zeichen für ihre Beziehung. Es sei denn, Leo nimmt sich jetzt fest vor, es sich fürs nächste Jahr ganz groß und mit unendlich vielen Remindern in den Kalender einzutragen, damit er alles wiedergutmachen kann, was er dieses Jahr versäumt hat.
Vielleicht ist das okay. Sie hatten eben ein stressiges Jahr. Es ist schön, wenn Adam dafür Verständnis zeigt und Leo keine Vorwürfe macht. Was Adam sowieso nicht tun würde, aber egal. Jetzt muss sich Leo erst mal darauf konzentrieren, wie schön es ist, mit Adam so zusammenzuliegen und dass es wirklich kein Todesstoß für ihre Ehe ist.
Adams Stimme und ein weiterer Kuss auf seine Fingerknöchel reißen ihn aus seinen Gedanken. „Leo?”
„Hm?” Hat Adam noch etwas gesagt, was Leo dadurch verpasst hat, dass er in seinem Kopf gefangen war?
„Kannst du bitte mal aufhören zu denken? So kann ich nicht schlafen.”
Oh. Das ist auch ein gutes Argument. Es ist eine Sache, bei der Leo schon hart an sich gearbeitet hat, damit er sich nicht in solche Gedankenstrudel hineinsteigert, oder wenigstens mit Adam darüber redet. Jetzt gerade ist aber nicht die richtige Situation, um darüber zu reden. Nicht, wenn Adam schlafen möchte.
Nur eins muss er Adam vorher noch sagen. „Ich liebe dich.”
Ein letzter Kuss landet auf seiner Hand, bevor Adam ihre Hände wieder sinken lässt und bequem vor sich auf dem Bett ablegt. „Gut. Also gute Nacht?”
Leo muss sich ein Lachen verkneifen. Er liebt Adam wirklich sehr. So sehr, dass ihn heute liebend gerne schlafen lässt. „Gute Nacht, Adam.”
*
Ohne Adam aufzuwachen, ist nicht so, wie sich Leo ihren Hochzeitstag vorgestellt hat. Wenn er schon nichts geplant hat, hätte er sich wenigstens gewünscht, sich noch ein paar Minuten an ihn kuscheln und ihn ein bisschen küssen zu können. Mehr hätte Leo ja gar nicht verlangt, seit er weiß, dass Adam dazu morgens nie wirklich in der Stimmung ist. Aber ein kleiner Kuss wäre doch wohl drin gewesen, bevor sie aufstehen und sich dem Ernst des Lebens stellen müssen.
Darüber ärgern möchte Leo sich aber nicht. Heute soll schließlich ein guter Tag werden. Dann werden sie eben später noch kuscheln. Vielleicht dann auch eine bessere Gelegenheit fürs Küssen und noch ein bisschen mehr.
Die Vorstellung ist wirklich schön und lenkt Leo fast davon ab, dass in diesem Moment die Schlafzimmertür aufgeht. Wenn Leo nicht so perplex wäre, wäre er sofort aufgesprungen, um Adam etwas abzunehmen. So kann er nur ein wenig hilflos beobachten, was Adam alles auf seinem Nachttisch platziert.
Einen Teller mit Pancakes. Eine Tasse Kaffee. Ein Blumenstrauß, der so riesig ist, dass er über den Nachttisch hinausragt. „Wo hast du das alles her?” fragt Leo, nachdem Adam alles angerichtet hat und vor dem Bett stehen bleibt.
„Wirklich? Nicht mal ein Danke, Schatz oder Alles Gute zum Hochzeitstag?”
„Alles Gute zum Hochzeitstag”, wiederholt Leo brav, obwohl das eigentlich nicht sein Text wäre, wenn Adam derjenige ist, der alles vorbereitet hat.
Weil Leo nicht daran gedacht hat. Aber irgendwie hat Adam es geschafft, alles so schnell zu organisieren, nachdem Leo gestern noch Panik geschoben hat. „Wie hast du…?”
„Leo. Kannst du das bitte einfach mal genießen, anstatt so viele Rückfragen zu stellen?”
Es ist fast das Gleiche, was er Leo damals nach seinem Antrag gesagt hat. Leo hatte kaum den Ring am Finger stecken, als er schon überlegt hat, wie sie es am besten seiner Familie sagen sollten und wie die Hochzeit aussehen könnte. Jedenfalls bis Adam ihn an sich gezogen hat und Leo eine Weile lang etwas anderes zu tun hatte als zu reden.
Jetzt hält er ebenfalls wohlweislich die Klappe. Lieber streckt er eine Hand nach Adam aus und er ist froh, als Adam seiner Aufforderung folgt. Adam trägt zwar schon ein T-Shirt, aber immer noch eine Jogginghose, sodass er es wohl nicht allzu eilig hat, die Wohnung zu verlassen. Also kann Leo ihn auch noch für einige Minuten zu sich ins Bett holen.
Nur bis der Kaffee auf eine trinkbare Temperatur abgekühlt ist. Bis die Pancakes vermutlich kalt und labberig ist, aber das spielt für Leo keine Rolle. Irgendwann wird er bestimmt auch begreifen können, dass Adam sich die Mühe gemacht hat, ihm heute Morgen diese wunderbaren Blumen zu besorgen.
Die kann Leo später auch noch genauer betrachten. Gerade möchte er lieber die Augen schließen und sich ganz dem vertrauten Gefühl hingeben, wie Adam sich an ihn kuschelt und ihn sanft küsst.
„Dieses Jahr wollte ich auch etwas machen”, sagt Adam zwischen zwei Küssen. „Ich wollte nicht wieder dir die ganze Arbeit überlassen. Wenigstens der Morgen sollte mir gehören.”
Die Worte registrieren sich in Leos Kopf nur langsam und es braucht einen Moment, bis sie Sinn ergeben. Zu seiner Verteidigung fängt Adam gerade an, über seinen Bauch und seine Brust zu streicheln, was Leo das Denken nicht gerade leicht macht. Zu einem Ergebnis kommt er aber trotzdem noch.
Adam hat sich das gar nicht erst gestern Abend überlegt. Er hat von Anfang an geplant, Leo mit Blumen und Frühstück zu überraschen. Leo hat sich vorher schon geliebt gefühlt, aber gerade wird dieses Gefühl beinahe übermächtig.
Wie damals, als Adam endlich angefangen hat, seine Termine in den Waldkalender einzutragen, den Leo immer in der Küche hängen hat. Leo denkt an den Moment, in dem er so verdammt frustriert war, weil mit dem Haus nicht alles so lief wie geplant und Adam ganz langsam seine Hände genommen und ihn an sich gezogen hat, bis Leo endlich wieder das Gefühl hatte, dass zwar alles um sie zerfallen könnte, aber dass Adam immer noch da wäre, um ihn aufrechtzuhalten.
Es ist ein bisschen zu viel, was Leo nie mit Worten ausdrücken. Stattdessen legt er lieber seine Hand in Adams Nacken und zieht ihn zu sich, damit er ihn richtig küssen kann. Der Kuss enthält alles, was Leo ihr gemeinsames Leben lang für Adam empfunden hat und er hofft, dass Adam zumindest einen Bruchteil davon versteht.
Und auch wenn nicht, so versteht Adam auf jeden Fall, dass Leo ihn liebt, auch ohne dass er die Worte heute Morgen noch einmal wiederholt. Heute Abend wird er das sicherlich tun, wenn sie gemeinsam überlegen, wie sie ihren Hochzeitstag ausklingen lassen können. Vielleicht wird es anstatt der Tiefkühlpizza heute die gute Pizza vom Italiener geben. Aber egal, was passiert, in diesem Moment weiß Leo, dass es auch ohne Vorbereitung ein Tag werden wird, an den sie sich beide gerne erinnern werden.
*
Ein Jahr später ist Leo etwas besser vorbereitet.
Etwas Großes hat er nicht geplant, weil er die letzten Tage regelmäßig um halb fünf morgens wach war und den Tag über kaum Zeit hatte, sich von den halb durchgemachten Nächten zu erholen. Trotzdem möchte er gerne etwas Besonderes für Adam machen, was sich ausnahmsweise nicht um das kleine Wesen dreht, das in dem Körbchen neben ihrem Bett hoffentlich noch eine Weile schlafen wird.
Leo kann es immer noch nicht ganz fassen, dass es wirklich geklappt hat und dass er das mit Adam teilen darf. Den heutigen Tag werden sie zu dritt verbringen, das weiß er genau, weil weder Adam noch er momentan länger von ihrem Sohn getrennt sein möchten. Aber möglicherweise lassen sich trotzdem einige Minuten für Adam und ihn finden.
Leos Plan beginnt damit, dass er Adam einen Kaffee ans Bett bringt und dabei gleich eine warme Flasche Milch auf dem Nachttisch abstellt, weil er genau weiß, dass der Kleine bald aufwachen wird. Noch sind aber nur Adams Augen geöffnet, sodass Leo sich gleich wieder zu ihm ins Bett begeben kann.
„Alles Gute zum Hochzeitstag“, wispert Leo so leise, wie er kann.
Adams Arme schließen sich um ihn. Er kuschelt sich an Leo und Leo ist dankbar, dass sie das Körbchen neben sich haben, sodass Adam ihn ohne Probleme an sich ziehen kann. „Ich liebe dich.“
Das kann Leo nur erwidern. Er liebt das alles hier. Heute und alle zukünftigen Hochzeitstage, die sie noch haben werden. Leo kann gar nicht genug davon bekommen.
Notes:
Vorschau auf morgen
Pet Sitting (Leo/Adam)
Chapter 2: Pet Sitting (Leo/Adam)
Summary:
Die Zunge in Leos Gesicht kommt ihm nicht bekannt vor.
Notes:
(See the end of the chapter for notes.)
Chapter Text
Leo murmelt etwas, was Adam nicht verstehen kann. Normalerweise würde Adam ihm näherkommen, vor allem wenn sie so wie heute Morgen noch im Bett liegen, wo Adam sich unter normalen Umständen sehr gerne Leos Körper nähert. Heute bleibt er allerdings lieber auf Abstand und fragt: „Was hast du gesagt?“
Der Laut, den Leo von sich gibt, ist eine Mischung zwischen Seufzen und missbilligendem Brummen, aber er wiederholt sich trotzdem noch einmal, sodass Adam ihn verstehen kann. „Vielleicht mag ich doch nicht so viel Zunge.“
Adam kann sein Grinsen nicht unterdrücken. „Ach ja?“
Er weiß noch genau, wie Leo das erste Mal neben ihm saß, mit sechzehn, hoch oben im Baumhaus, nachdem Leo ihm gestanden hat, dass er keine Mädchen küssen möchte. Er hat Adam in einem schwachen Moment erwischt, nachdem sie mal wieder so lange zusammengesessen haben, dass Adams Mauern angefangen in sich zusammenzufallen. Nur deshalb ist ihm sein "ich vielleicht auch nicht" rausgerutscht, dass er normalerweise so tief runtergeschluckt hätte, wie es geht.
Und dann stand auf einmal im Raum, dass sie einander küssen könnten. Leo hatte schon die Hand an seiner Wange, hat sich zu ihm gebeugt, und dann kam plötzlich diese kleine Frage, an die Adam sich auch jetzt, fast zwanzig Jahre später, noch viel zu gut erinnert. „Mit Zunge?“
Damals hatte Adam kaum eine Ahnung, was das für einen Unterschied macht, aber er hat trotzdem zugestimmt. Er wollte Leo küssen, und zwar so richtig. Auch, wenn es ein bisschen komisch und feucht war. Danach wusste er immerhin, dass er definitiv keine Mädchen küssen möchte.
Jahrzehnte später hat Leo ihm genau die gleiche Frage gestellt. Nach einer weiteren Nachtschicht, auf dem Heimweg in Leos Auto, als hinter den Häusern der Himmel schon rosa wurde. Dort hat Leo gefragt, ob er ihn küssen darf. Und Adam war so dumm, nicht direkt ja zu sagen, sondern ein „mit Zunge?“ hinterherzuschieben.
Eine Sekunde später hat er sich absolut bescheuert dafür gefühlt. Zwei Sekunden später hat er realisiert, dass Leos Zungenfertigkeit sich seit ihrer Teenagerzeit mindestens um das Hundertfache gesteigert hat und dass er definitiv nie wieder jemand anderen küssen will als Leo.
Im Laufe der Zeit hat sich herausgestellt, dass Leos Zunge auch für andere Dinge ziemlich gut geeignet ist. Adam hat sein Bestes gegeben, den Gefallen zu erwidern, und er hatte immer den Eindruck, dass es Leo gefällt. Bis heute Morgen.
Wobei es heute nicht um Adams Zunge geht, sondern um eine andere, die seit Minuten hingebungsvoll Leos Gesicht abschleckt. Aktuell hätte Adam nicht besonders viel Lust, Leos Gesicht mit seiner Zunge nahe zu kommen. Jedenfalls nicht, bevor Leo sich ausgiebig gewaschen hat.
„Adam“, stöhnt Leo, aber das ist sicher nicht die Art Stöhnen, die Adam gerne im Bett von ihm hört. „Tu doch was.“
Adam hat keine Ahnung, was er tun soll. Er weiß auch, dass er gerade nicht wirklich hilfreich ist. Er sieht sich aber auch nicht in der Lage, gefühlte 30 Kilo Krallen und Fell von Leo zu entfernen. „Du hast gesagt, der Hund kann ruhig mit im Bett schlafen.“
„Ja, wenn er sich benehmen kann! Sieht das gerade nach Benehmen aus?“
Adam findet, dass es schon nach einem Benehmen aussieht, was er dem Hund gerne gleichtun würde, wenn auch an einem anderen Tag. Vielleicht irgendwann in zwei Wochen, wenn seine Mutter aus dem Urlaub wieder da ist und sich wieder selbst um ihren geblieben pelzigen Mitbewohner kümmern kann.
Bis dahin müssen sie sich wohl dran gewöhnen, dass nicht mehr Adam derjenige ist, der Leo morgens abknutscht. Wahrscheinlich ist es Zeit, Leo zu erlösen. Zum Glück muss Adam dafür nur die erste Silbe des Wortes „Frühstück“ aussprechen und schon tippeln die Pfoten im Eiltempo lautstark übers Laminat in Richtung Küche.
Er hört Leo leise ausatmen. „Danke.“
„Gern geschehen.“ Adam steht auf, weil er in den letzten Tagen genau gelernt hat, dass man ihren Gast besser nicht warten lassen sollte. „Vielleicht kannst du dich ja nachher revanchieren.“
Oder Adam kann Leo noch mal zeigen, wie das mit Zunge richtig geht, damit Leo ihm noch einmal bestätigen, dass er das doch mag. Auch wenn es in den nächsten Wochen vielleicht etwas anders werden wird - irgendwann wird Adam auch wieder in Ruhe neben Leo aufwachen können und ihn vielleicht nicht mit der Zunge in seinem Ohr, aber dafür mit einem Kuss begrüßen zu können.
*
Leo mochte es immer schon, neben Adam aufzuwachen. Ob nach kurzen Nachmittags-Nickerchen im Baumhaus oder ab dem ersten Mal, als er ungeplant in Adams Bett eingeschlafen ist. Seit sie offiziell ein gemeinsames Bett haben, ist es nur noch besser geworden.
Die letzten Wochen war es etwas anders als sonst, aber überraschenderweise hat Leo sich ziemlich schnell daran gewöhnt, nicht alleine mit Adam im Bett zu sein. Fast hat er das Fellknäuel heute Nacht sogar ein bisschen vermisst. Er weiß nicht, ob Adam seine traurigen Blicke gestern bemerkt hat, als der Hund Heide angesprungen hat, als sei sie jahrelang weg gewesen. Danach waren Adam und er abgemeldet und Leo wusste, dass er jetzt innerlich Abschied nehmen muss. Auch wenn das deutlich dramatischer klingt, als es sein sollte, weil sie schließlich nur die Urlaubs-Notfallbetreuung waren.
Auf einmal ist da etwas Feuchtes an seinem Ohr. Leo zuckt inzwischen nicht einmal mehr zusammen, weil er sich in den letzten Wochen so daran gewöhnt hat. Erst als die Feuchtigkeit von seinem Ohr zu seiner Stirn hinauf wandert, fällt Leo ein, dass der Hund ja gar nicht mehr da ist. Und dass sich das hier nicht wie eine raue Hundezunge anfühlt.
„Was...?“ bringt er heraus, nur um gleich wieder seinen Mund zu schließen, weil er das hier definitiv nicht in der Nähe seines offenen Mundes haben möchte. Zungenküsse sind ja schön und gut, aber bitte zwischen zwei damit einverstandenen und vor allem menschlichen Personen.
Das hier kann jedoch gar kein Tier sein, außer Adam hätte gestern in den zehn Minuten, die er nach Leo noch im Badezimmer war, heimlich eine Katze adoptiert. Da Leos Nase noch nicht verstopft ist, sondern nur von außen ein bisschen feucht, hat er wohl keine allergische Reaktion und kann eine Katze daher ausschließen.
Also bleibt nur noch eine Möglichkeit. „Adam?“
Notes:
Vorschau auf morgen
In Vino Veritas (Pia/Esther)
Chapter 3: In Vino Veritas (Pia/Esther)
Summary:
Esther ist sich nicht sicher, ob sie Pia schon mal so richtig betrunken erlebt hat. Wie sich herausstellt, wird Pia dabei ziemlich anhänglich. Zum Glück hat Esther absolut nichts dagegen, sich um Pia zu kümmern.
Notes:
(See the end of the chapter for notes.)
Chapter Text
Esther ist sich nicht sicher, ob sie Pia schon mal so richtig betrunken erlebt hat.
Früher mit Sicherheit nicht. Damals, als sie nur Kolleginnen waren. Es kann sein, dass sie Pia mal bei einer Weihnachtsfeier über den Weg gelaufen ist, bei der sie beide ein bisschen Glühwein intus hatten, aber wenn, dann ist es Esther nicht aufgefallen und ihr auch nicht in Erinnerung geblieben.
Später, als sie sich als Team nähergekommen sind, gab es zwar auch den ein oder anderen gemütlichen Abend im Restaurant, bei dem auch mal ein Wein ausgeschenkt wurde. Aber eben in Maßen, und auch wenn Esther sich eingeredet hat, dass Pias Blick nach dem ersten Glas etwas häufiger auf sie gerichtet war, mit diesem leicht verträumten Ausdruck in ihren Augen, konnte Esther sich nie so richtig darauf einlassen.
In ihrem Hinterkopf waren immer noch die Zweifel, ob sie sich das vielleicht nur einbildet oder ob sie zu viel in die Situation hineininterpretiert, wenn Pia einfach nur durch Alkohol etwas entspannter wird.
Die Entspannung ist aktuell dringend nötig. Obwohl alles gut sein sollte, jetzt wo Pia und Leo beide wieder im Dienst sind, spürt Esther immer noch diese Enge in ihrer Brust, wenn sie Pia ansieht. Dabei fehlt Pia rein äußerlich nichts mehr. Dafür fehlt Pia ihr, weil sie nach nur einer knappen Woche auf Esthers Couch wieder dazu übergegangen ist, weiß der Teufel wo zu schlafen und Esther das Gefühl hat, dass Pia ihr immer mehr entgleitet.
Im Grunde genommen sollte das alleine Esthers Problem sein. Nur weil es ihr nicht gut damit geht, wie die letzten Monate verlaufen sind, muss sie Pia nicht damit belasten. Pia muss nicht wissen, wie sehr sie Esther fehlt.
Dafür ist Esther nach zwei Gläsern Wein fast bereit, genau das zuzugeben. Mehr darf sie auf jeden Fall nicht trinken, obwohl jeder zweite Stand hier auf dem Herbstfest sie dazu einlädt. Leo hat sie eingeladen, mal wieder als Team auszugehen, aber von ihm und Adam ist schon seit einer Weile nichts mehr zu sehen. Wo die beiden sind, ist Esther sowieso egal. Für sie existiert nur noch Pia, die sich ein weiteres Weinglas reichen lässt und damit auf Esther zukommt.
Pia nimmt einen kleinen Schluck von ihrem Wein und ihr Lächeln wird noch breiter. Ihre roten Wangen kommen mit Sicherheit nicht nur von der Kälte. Trotzdem kann Esther nicht vernünftig sein und vorschlagen, dass Pia eine kurze Pause einlegen oder sich zwischendurch ein Wasser gönnen sollte.
„Dieser ist wirklich gut. Möchtest du mal probieren?“ Sie hält Esther ihr Glas hin, wobei ihre Hand ganz leicht hin und her schwankt.
Ein sicheres Zeichen, dass Esther nicht probieren sollte, obwohl es verlockend ist, ihren Mund an den Rand des Glases zu legen, genau dort, wo Pias Lippen vorhin noch lagen. Wenigstens eine von ihnen muss hier einen klaren Kopf behalten. „Nein, danke.“
„Warum nicht?“ Pia schürzt leicht die Lippen und legt die Stirn in Falten. Beinahe ein perfekter Hundeblick, der Esther überzeugen könnte, ganz schön dumme Dinge zu tun. Vielleicht nicht unbedingt mehr zu trinken, aber gerade ist Esthers Verlangen sehr stark, Pia das Weinglas aus der Hand zu nehmen und ihren Schmollmund zu küssen.
„Irgendwer muss doch später aufpassen, dass du gut nach Hause kommst“, entgegnet Esther. Sie greift nach Pias Hand, um das Glas aufrechtzuhalten, das nach ihren Worten noch mehr zu schwanken scheint.
„Was, wenn ich nicht nach Hause möchte“, flüstert Pia.
Esther hat keine Ahnung, wie sie sich so nah gekommen sind. Sie hält immer noch Pias Weinglas und damit auch ihre Hand fest. Das, was Pia sagt, passt jedoch nicht zu der Stimmung, die Esther hier gerne hätte. „Pia. Du bist betrunken. Du kannst so nicht wieder ins Büro fahren.“
„Wer sagt denn, dass ich ins Büro möchte? Vielleicht hatte ich gehofft, dass du mich mit nach Hause nimmst.“
Am liebsten würde Esther laut fluchen. Wenn Pia sie so ansieht, kann sie doch nicht nein sagen. Erst recht nicht, wenn sie diesmal sogar einen Grund hätte, sich um Pia zu kümmern, der nicht nur damit zu tun hat, dass sie Pia gerne in ihrem Bett haben würde. Aber kann sie es wirklich ausnutzen, dass Pia gerade offenbar nicht klar denken kann?
Sie kann Pia aber auch nicht im Stich lassen, falls sie dann auf die Idee kommt, sich betrunken im Büro zu verschanzen oder sich sogar noch hinters Steuer zu setzen. „Okay. Du kommst mit zu mir.“
Es fühlt sich viel zu gut an, mit Pia nach Hause zu gehen. Nachdem Pia ihr Glas auf einem der Tische abgestellt hat, hat sich ihre Hand in Esthers geschoben. Ihre Finger waren kalt und Esther hat sie sorgsam gehalten, bis sie beim Taxistand fast wieder aufgetaut waren.
Erst hat Esther sich noch ein wenig darüber geärgert, dass sie mit dem Taxi fahren müssen, weil sie selbst sich nach zwei Gläsern Wein nicht mehr sicher genug gefühlt hat, um zu fahren. Doch dieser Ärger hat sich schnell gelegt, als Pia sich auf der Rückbank an sie gelehnt hat.
Vermutlich liegt es nur daran, dass Pia von dem Alkohol langsam müde wird. Für heute möchte Esther jedoch keine logischen Erklärungen mehr hören, sondern sich einfach nur darauf konzentrieren, wie Pia sich noch etwas enger an sie kuschelt.
Fast ist es schade, dass das Taxi irgendwann vor Esthers Haus hält. Sie muss sich für einen Moment von Pia lösen, nur um aussteigen zu können. Pias Seufzen klingt nicht sonderlich begeistert, aber sie lässt sich doch darauf ein. Vor dem Eingang zu Esthers Haus wirkt sie sogar erstaunlich stabil, als sie dort steht und wartet, während Esther noch das Taxi bezahlt.
Erst als die Rücklichter die Straße hinunter verschwinden, schwindet Pias aufrechte Haltung und sie lehnt sich wieder an Esther. „Mir ist kalt. Gibst du mir deine Jacke?“
Esther merkt, dass sie schmunzeln muss. „Wir sind gleich drinnen. Noch eine Minute, okay?“
Pia lässt sich scheinbar nicht so schnell abwimmeln. „Dann deine Bettdecke.“
Dazu wird Esther sicher nicht nein sagen. Obwohl sie das tun sollte, gerade heute, wenn Pias Atem nach Wein riecht und sie so anhänglich ist wie sonst nie. Aber was spricht schon dagegen, sich eine Bettdecke zu teilen, aus rein praktischen Gründen?
Vor allem, wenn Pia sich darunter direkt an sie kuschelt. Esther presst die Augen zusammen, weil sie sich auf einmal doch etwas schwindelig fühlt. Ob das am Wein liegt, kann sie aber nicht sagen.
Vielleicht liegt es auch an Pias Atem an ihrem Hals. An der Art, wie Pia sie hält, als wollte sie sie nie wieder loslassen. Oder wie sie fragt: „Du machst mir morgen Frühstück, oder?“
Natürlich wird sie Pia Frühstück machen. Möglicherweise ergibt sich dabei die Gelegenheit, über das alles hier zu reden. Das werden sie dringend tun müssen, weil Esther sich nach dem heutigen Abend nicht mehr sicher ist, ob sie je wieder in der Lage sein wird, ihre hochkochenden Gefühle für Pia wieder einzufangen.
Ausnahmsweise macht Esther nicht einmal einen Einfangversuch. Wenn sie hier so neben Pia liegt, möchte sie nicht daran denken, dass morgen früh wieder alles anders sein könnte. So, wie Pia sich an ihr festhält, ist das einfach keine Option.
Esther muss ihren Hoffnungen freien Lauf lassen. Pia und sie werden zusammen aufwachen und miteinander frühstücken. Sie wird die Gelegenheit finden, ihre Gefühle zu gestehen und Pia wird bleiben und sie küssen. Und dann wird Pia irgendwann auch nüchtern in ihrem Bett landen, sodass Esther alle schönen Gedanken vom heutigen Abend endlich in die Tat umsetzen kann.
Notes:
Vorschau auf morgen
Set in another time (Leo/Adam)
Chapter 4: Set in another time (Leo/Adam)
Summary:
Adam hat schon so lange darauf gewartet, dass Leo zurückkommt.
Notes:
Warnungen/Inhalte dieses Kapitels:
Setting: Nachkriegszeit, Erwähnungen des Krieges, düstere Stimmung mit Happy End
(See the end of the chapter for more notes.)
Chapter Text
Tag für Tag, einer nach dem anderen, kommen die Soldaten von der Front zurück.
Adam hat noch nie so viel Zeit in der Nähe des Bahnhofs verbracht. Natürlich nicht so auffällig wie die Mädchen, die pünktlich für den Nachmittagszug am Gleis stehen und auf ihre Angebeteten warten, die das Glück haben, zu ihnen zurückzukommen. Auch wenn Adam drei ganz besondere Briefe hat, die er zuhause versteckt in seinem Kleiderschrank aufbewahrt, gibt es ihm nicht das Recht, auf diese Art auf jemanden zu warten.
Das dünne Papier ist längst zerknittert und an manchen Stellen eingerissen. Ein Großteil der Briefe enthält nur das Übliche, Neuigkeiten über den Kriegsverlauf, das Wetter und Eindrücke über die Geschehnisse vor Ort an der Front, die bestimmt nicht immer nur so heiter und lustig waren, wie sie dort beschrieben werden. Das ist alles nicht der Grund, warum Adam die Briefe immer wieder gelesen hat.
Es liegt daran, dass sie mit „Lieber Adam” beginnen, wobei das R und das M so verwischt sind, dass man sie beinahe übersehen könnte. Es geht um das „Für immer, Dein Leo”, das ganz unten steht, obwohl Leo nicht Sein ist und es auch nie sein kann. Und dann geht es um die zwei Sätze, bei denen Leos Buchstaben immer kleiner und verwackelter geworden sind, die Adam in all den Nächten, die er wach gelegen hat, nicht mehr losgelassen haben.
„Ich vermisse dich. Ich bin froh, dass du nicht hier bist.”
Den ersten Satz hätte Adam genauso unterschrieben. Beim zweiten hätte er vehement widersprochen. Von Anfang an wollte er immer nur bei Leo sein.
Es hätte nicht funktioniert, weil Adam sich nicht heimlich als zwei Jahre älter ausgeben konnte. Man hätte es ihm angesehen, wenn er neben Leo steht. Leo, stark und unabhängig, gerade erst zum Mann geworden, und Adam, der neben ihm viel zu weich und kindlich wirkte. Und doch hat Adam sich gewünscht, dass es für ihn irgendwie möglich gewesen wäre, Leo zu begleiten.
Doch das ging nicht. Adam musste zuhause bleiben, aber Leo hat ihn trotzdem nie vergessen. Die Briefe sind der Beweis dafür, an den Adam sich klammert. Nun muss Leo nur noch zurückkommen.
Wenn der Krieg nur ein paar Monate länger gedauert hätte, wäre Adam ihm gefolgt. Doch am Tag, nachdem er achtzehn wurde, kamen Friedensgespräche auf und sein Vater hat ihn zuhause gehalten, damit Adam bloß nicht zu schnell vorprescht. Erst einmal abwarten. Und dann gab es keine Front mehr, an die er Leo hätte folgen können.
So kann Adam nur auf ihn warten. Je länger es dauert, desto mehr fragt Adam sich, ob Leo überhaupt wiederkommt. Während im Dorf die Hochzeitsglocken läuten, überlegt Adam, ob Leo nicht doch lieber in der Stadt bleiben wollte. Die Städte sind zwar zerstört, aber dort hofft man auf Wiederaufbau. Hier auf dem Dorf hat sich kaum etwas verändert und es geht alles wie gewohnt seinen Gang. Hier gibt es nichts Aufregendes, was Leo anziehen könnte.
Das ist ein Gedanke, der sich jeden Tag weiter in Adam feststetzt. Heute kann er nicht einmal auf den Zug warten und hoffen. Sein Vater hat ihn in die Schmiede geschickt, mit der Anweisung, ihn nur zu holen, falls ein wichtiger Kunde vorbeikommt. Ansonsten würde Adam schon genug zu tun finden.
Kunden kommen sowieso keine in den letzten Tagen. Alle sind zu abgelenkt, zu arm oder sie sind auf größere Dinge aus, nun wo die Welt wieder voller Möglichkeiten erscheint. Adam dagegen bleibt alleine in der Schmiede, die schon immer Teil seines Lebens war und macht sich ans Putzen.
Auch ohne die lodernde Glut wird Adam immer wärmer. Es ist keine Arbeit, die ihm Freude bereitet. Sie ist heiß und dreckig und nicht einmal, sein Oberteil auszuziehen, hilft ihm die Hitze zuvertreiben. Wenigstens kann er so die meisten Rußspuren von seiner Kleidung abhalten, die sich stattdessen auf seinen Händen und seinem Gesicht verteilen.
Adam ist so in seine Arbeit vertieft, dass er das Kribbeln in seinem Nacken zu spät spürt. Normalerweise wäre er aufmerksamer und würde nie einem Fremden den Rücken zukehren. Doch hier steht er gerade über den Amboss gebeugt da und hört die Schritte erst, als derjenige schon viel zu nah ist.
Es gibt keine Möglichkeit, sich aus seiner Position mit Anmut aufzurichten. Stattdessen schnellt Adam nach oben und fährt herum. Einen Schritt zurück machen kann er jetzt nicht mehr, weil der Amboss in seinem Rücken steht. Möchte er aber auch gar nicht, als er sieht, wer soeben die Schmiede betreten hat.
Vertraute Augen bohren sich in seine. Der Blick ist immer noch der Gleiche wie früher, sodass Adam keinen Zweifel daran hat, wer ihm gegenübersteht, auch wenn die Stimme tiefer und rauer klingt als früher, als sie seinen Namen sagt. „Adam?”
Es klingt viel zu sehr nach einer Frage. Als wüsste Leo nicht, wen er hier erwarten sollte, in der Schmiede von Adams Vater.
Adam wischt sich mit einer Hand übers Gesicht, auch wenn er damit vermutlich nur noch mehr Ruß dort verteilt. Was muss er hier für ein Bild abgeben? Halb nackt, verschwitzt und verdreckt von der Arbeit, und dabei nicht in der Lage, auch nur ein einziges Wort zu sagen.
Dagegen steht Leo ihm kerzengerade gegenüber. Die Uniform hat ihre besten Tage hinter sich und spannt sich um Leos Arme und um seine Brust. Um Muskeln, die früher nicht da waren oder die Adam schlicht und ergreifend nicht bemerkt hat, wenn Leo sich damals mit einer Hand durch die Haare gefahren ist.
Leos Haar ist auch anders. Adam weiß nicht, warum er mit den gleichen langen Strähnen von früher gerechnet hat. Dabei hat Leo ihm sogar geschrieben, dass sie ihm den Kopf scheren mussten. Gegen die Läuse, wie sie gesagt haben, und als Adam die Worte gelesen hat, hat er fast gemeint, Leos schiefes Lächeln vor sich zu sehen.
Inzwischen hatten Leos Haare wohl Zeit, wieder zu wachsen. Sie sind immer noch kurz, aber sie locken sich an den Enden und Adam würde zu gerne mit seinen Händen hindurchfahren. Doch das geht nicht, weil Adams Hände von der Arbeit verschmutzt sind, und weil Leo ihn immer noch anschaut wie eine Erscheinung.
„Adam… bist du es wirklich?”
„Ja.” Endlich kann Adam seine Stimme wieder benutzen. „Leo -”
Bevor er sich überlegen kann, was er Leo noch sagen könnte, was am wichtigsten ist nach dieser langen Zeit, kommt Leo auf ihn zu.
Nach zwei langen Schritten scheint Leo plötzlich zu fliegen. Er ist so schnell bei ihm, dass Adam fast schwindelig wird. Doch zu Glück hat er einen Augenblick später Leo, der ihn festhält.
Leos starke Arme, die sich um Adams nackten Rücken schließen. Seine neue, muskelbepackte Brust, die sich an Adams drückt. Und das älter gewordene, mit einem leichten Bart bedeckte Gesicht, das sich wie früher in seine Halsbeuge drückt.
Weder Adams spärliche Bekleidung noch der Schmutz, der ihn bedeckt, scheint Leo zu stören. Wenn Adam vernünftig wäre, würde er Leo um Abstand bitten. Sie sind immer noch in der Schmiede, wo sein Vater sie jederzeit überraschen könnte. Doch was macht das schon, wenn Leo endlich zurückgekehrt ist und Adam im Arm hält?
Leos Wärme macht Adam viel weniger aus als die Hitze der Glut. Er möchte Leo noch näher kommen, sie noch mehr spüren, obwohl er weiß, dass das nicht geht. Nicht hier. Vielleicht überhaupt nicht mehr – doch der Gedanke verflüchtigt sich schnell, als Adam Leos Lippen an seinem Hals spürt.
Nur für den Bruchteil einer Sekunde. Einmal blinzeln und es ist wieder vorbei. Es ist trotzdem genug, um Adams Herz schneller schlagen zu lassen, als Leo sich von ihm löst und ihn noch einmal von oben bis unten betrachtet.
„Du hast dich ganz schön verändert”, sagt Leo.
Adam hat keine Ahnung, wo er sich verändert haben soll. Er ist immer noch hier, hat das Dorf in dieser Zeit kaum verlassen. Er trägt noch die gleiche Frisur wie früher, die gleiche Kleidung, die seine Mutter immer mal wieder ausgebessert hat. Er hat es nicht weiter geschafft als von der Schule in die Schmiede seines Vaters.
Und doch schaut Leo ihn an, als wäre er etwas ganz Besonderes. Als wäre Adam nicht mehr nur der schmächtige Junge von damals. Ist er vielleicht auch nicht, auch wenn er auf eine andere Art zum Mann geworden ist als Leo. Leo schaut ihn allerdings so an, als wären sie beide immer noch die Jungen vom See.
„Ich hab’ dich vermisst”, stößt Adam hervor. Es ist das einzige, was er noch sagen kann.
Es ist offenbar auch das Richtige, weil es ein Lächeln über Leos Gesicht schickt, das die neuen Falten und den ernsten Ausdruck fast völlig vertreibt. Leo streckt eine Hand nach ihm aus. „Also bist du immer noch mein?”
Als ob Adam sich je jemand anderen hätte versprechen können. Nicht, wenn Leo ihn so anschaut und es sich anfühlt, als sei seine Welt nach all dem Bangen und Hoffen und Warten wieder zurechtgerückt worden. „Ja”, erwidert Adam und legt seine Hand in Leos.
„Für immer. Dein Adam.”
Notes:
Vorschau auf morgen
Early Morning Walks (Leo/Adam)
Chapter 5: Early Morning Walks
Summary:
Manchmal ist ein erfrischender Morgenspaziergang viel schöner, als einfach im Bett liegen zu bleiben.
Notes:
(See the end of the chapter for notes.)
Chapter Text
Es ist so spät, dass es schon fast wieder Morgen ist. Adam hat heute Nacht noch keine Minute geschlafen. Er ist sich ziemlich sicher, dass es Leo ähnlich geht, aber die kühle Morgenluft scheint ihn etwas mehr aufzuwecken.
Die Sonne kratzt gerade erst am Horizont und lässt den Himmel in bunten Farben erstrahlen. So früh ist noch kaum jemand unterwegs. Vielleicht ein paar Leute, die besonders früh arbeiten müssen oder einige, die im Morgengrauen ihre Hunde ausführen. Dennoch ist es nicht schwer, einen Weg für sich zu finden, auf dem sie ungestört sein können.
Adam merkt, wie seine Schritte ebenfalls motivierter werden. Leo kennt das noch eher als er, so oft wie er morgens früh joggen geht, aber wenn sie so draußen sind, merkt Adam, dass es wirklich gar nicht schlecht ist, um wach zu werden.
Besser als joggen ist es allemal, neben Leo her zu spazieren. So muss Adam sich nicht auf seinen Atem und seine Schritte konzentrieren, sondern kann immer wieder seinen Blick zu Leo hinüber wandern lassen. Außerdem würde Leo beim Joggen bestimmt nicht nach seiner Hand greifen und das ist ein Gefühl, das Adam besonders genießt.
Irgendwie hätte Adam es bestimmt auch genießen können, wenn sie zusammen im Bett geblieben sind. Er hätte sich an Leo kuscheln können und ihn eventuell noch zu anderen Aktivitäten auffordern können. Doch nichts davon fühlt sich so richtig an wie das hier, wenn der kalte Wind sie mit frischer Luft umweht und Leo ihm etwas näher kommt, als wollte er sich an Adam wärmen.
Dem kommt Adam gerne entgegen. Selbst wenn sie dafür für einen Moment stehen bleiben müssen – der schmale Pfad aus Kies bietet sich perfekt dafür an, Leo für einen Moment in seine Arme zu ziehen.
Es ist schön so. Sie müssen nicht reden, weil für diesen Moment alles gesagt ist. Sie können einfach nur beieinander stehen und sich gegenseitig Halt geben, während hinter ihnen langsam die Sonne aufgeht.
Notes:
Vorschau auf morgen
Late Night Talks (Leo/Adam)
Chapter 6: Late Night Talks
Summary:
Leo findet Adam nachts auf dem Balkon. Sie reden nicht viel, aber trotzdem genug.
Notes:
(See the end of the chapter for notes.)
Chapter Text
Als Leo aufwacht, ist Adam nicht da.
An sich ist das nicht verwunderlich. Es gibt nur wenige Nächte, in denen Adam sich anstatt ins Gästezimmer in Leos Schlafzimmer verirrt. Daraus ergeben sich noch weniger Nächte, nach denen sie morgens zusammen aufwachen, weil Adam meistens doch wieder einen Grund findet, in der Nacht Leos Bett zu verlassen.
Inzwischen hat Leo sich daran gewöhnt. Zusammen frühstücken tun sie trotzdem und oft hatte Leo schon das Gefühl, dass es sich eher wie der Morgen danach anfühlt als wie ein gewöhnliches Frühstück unter Mitbewohnern in ihrer WG. Jedenfalls bildet Leo sich ein, dass Adam am nächsten Tag mehr lächelt, wenn er bei Leo geschlafen hat.
Seit Adam hier eingezogen ist, passiert es so regelmäßig, dass Leo sich eigentlich keine Sorgen darüber macht, dass es noch aufhören könnte. Das gemütliche Kuscheln auf dem Sofa wird zum Knutschen, ihr Weg führt sie beide in Leos Bett und dort sind sie sich näher, als Leo sich je erhofft hatte. Solange Leo weiß, dass es immer wieder passieren wird, braucht er sich gar nicht mehr zu wünschen.
Heute ist aber doch ein Funken Sehnsucht in ihm, als er neben sich nur die leere andere Betthälfte ertastet. Sie ist noch warm, was bedeutet, dass Adam noch nicht lange weg sein kann. Leo könnte darauf hoffen, dass Adam sich nur kurz etwas zu trinken holen wollte und dann gleich wiederkommt. Diese Hoffnung hilft Leo aber heute nicht, wieder einzuschlafen.
Stattdessen schlägt er die Bettdecke zurück. Vielleicht braucht er ja auch etwas zu trinken. Oder er trifft irgendwo auf Adam und hat die Chance, ihn wieder zu sich ins Bett zu lotsen.
In der Küche hat Leo damit jedenfalls keinen Erfolg. Er nimmt ein paar Schlucke Wasser direkt aus dem Hahn, doch das stillt seine Bedürfnisse nicht wirklich. Was ist mit ihm los, dass er sich auf einmal nach Adam sehnt? Sollte sein Kopf nicht mittlerweile kapiert haben, dass er das eben nicht von Adam verlangen kann? Dass es ausreicht, was sie haben, weil Leo damit glücklicher ist als je zuvor?
Heute Nacht kann Leo sich das jedoch nicht einreden. Er tappt weiter durch den Flur, stellt fest, dass das Badezimmer komplett dunkel ist und auch im Wohnzimmer kein Licht brennt. Der Luftzug, der ihm entgegenweht, als Leo an der offenen Wohnzimmertür vorbeigeht, lässt ihn allerdings Verdacht schöpfen.
Wie vermutet ist die Balkontür nur angelehnt. Leo blickt für einen Moment durch die Scheibe und sieht Adam als dunkle Silhouette am Balkongeländer stehen. Es fühlt sich falsch an, Adam so zu beobachten. Auch wenn in Leo die Frage brennt, was zum Teufel Adam da draußen macht, wenn es eiskalt ist und Leo nicht einmal das Glimmen einer Zigarette erkennen kann. Warum sollte Adam sonst mitten in der Nacht draußen sein, wenn ihn nicht der Bedarf nach Nikotin hinausgetrieben hat?
„Komm ruhig her“, sagt Adam plötzlich.
Mist. Leo hat keine Ahnung, wie Adam ihn bemerkt hat. Aber wahrscheinlich war er wieder mal so auffällig, dass Adam schon von Sekunde eins mitbekommen hat, dass Leo hier steht und ihn angafft.
Leo tritt zu Adam nach draußen. Die Balkonfliesen sind eiskalt unter seinen nackten Füßen. Adam kann es aber auch nicht besser gehen, wenn er hier barfuß steht, nur in Boxershorts und in einem von Leos alten T-Shirts, von denen er sich in den letzten Monaten einige abgezweigt hat, wenn er nachts Leos Zimmer verlassen hat.
Leo liebt diesen Anblick, aber bestimmt nicht bei einstelligen Temperaturen. „Was machst du hier draußen?“
„Ich hab gesagt, komm her“, entgegnet Adam. Er streckt eine Hand nach Leo aus und eiskalte Finger schließen sich um seinen Arm, mit denen Adam ihn an sich zieht, bis sie dicht nebeneinander stehen.
Adam hat schon irgendwie Recht. Es ist mit Sicherheit besser, wenn sie sich ihre Körperwärme teilen, wenn es schon so kalt ist. Adam scheint schon jede Menge Wärme losgeworden zu sein und Leo legt vorsorglich einen Arm um ihn, damit Adam nicht noch mehr frieren muss.
Adam lehnt sich an ihn. Sein Kopf landet an Leos Schulter, während er fast zu versuchen scheint, sich in ihn einzuigeln. „Atmen“, sagt Adam plötzlich.
„Was?“ Leo hat keine Ahnung, was Adam meinen könnte.
„Du hast gefragt, was ich hier mache.“
Oh. Es ist gut, dass Adam atmet. Nur die Implikationen dieser Aussage nicht, wenn Adam scheinbar lieber auf dem eiskalten Balkon steht, anstatt in seinem Bett zu liegen, weil er hier besser atmen kann.
Leos Griff um Adam lockert sich ein wenig. Er hatte nie vor, Adam einzuengen. „Wenn du bei mir nicht atmen kannst…“
„Doch“, wirft Adam dazwischen, noch bevor Leo alle seine Sorgen aussprechen kann. „Bei dir schon.“
Das stimmt Leo nur noch nachdenklicher. „Wo ist dann das Problem?“
„Im Gästezimmer. Da fühlt sich alles so eng an.“
„Der Raum ist größer als meiner.“ Leo hat sogar alle seine Aktenordner und Bücherregale aufgeräumt, ehe sie das Bett für Adam dort aufgestellt haben. Es kann also auch nicht das nun nicht mehr vorhandene Chaos sein, an dem Adam sich stört.
„Aber du bist nicht da.“
Oh, fuck. Leo hat keine Ahnung, was er darüber denken, geschweige denn dazu sagen soll. Es ist Adam zu eng, wenn Leo nicht da ist? Oder kann es sein, dass Leo das völlig falsch verstanden hat? „Adam –“
„Schon okay. Ich will mich nicht aufdrängen.“ Adam straft seine eigenen Worte Lügen, indem er sich im gleichen Moment noch etwas enger an Leo drängt.
Wie gut, dass Leo genau das will, dass Adam sich aufdrängt. „Wenn es dir im Gästezimmer nicht gefällt, kannst du auch bei mir schlafen.“
Adam seufzt. „Immer?“
„Natürlich. Für immer.“ Leo nutzt nun auch seinen zweiten Arm, um Adam in etwas zu ziehen, was eher einer Umarmung ähnelt. Die Stellen, die Leo bisher nicht berührt hat, fühlen sich noch kälter an als der Rest von Adams Körper. „Auch heute Nacht schon“, fügt er hinzu.
Adams Atem bleibt vor ihm in der Luft stehen, als er langsam ausatmet. „Okay.“
Dann ist es wohl okay. Es ist alles gesagt und Leo ist sowas von froh, dass er den Ausflug nach draußen gewagt hat.
Sein Bett ist immer noch schön warm, als sie zusammen sein Zimmer betreten. Da stört es ihn auch nicht, dass Adam unter der Decke sofort die kalten Füße gegen seine Beine drückt. Die Hauptsache ist, dass Leo ihn halten darf und dass er diesmal nicht daran zweifeln muss, dass Adam auch am Morgen noch bei ihm sein wird.
Vielleicht hat Leo doch noch einen Weg gefunden, wie er mit Adam noch glücklicher sein kann als ohnehin schon.
Notes:
Vorschau auf morgen
Moving Day (Leo/Adam)
Chapter 7: Moving Day (Leo/Adam)
Summary:
Adam zieht endlich offiziell bei Leo ein. Leo ist gespannt, wohin das führen wird.
Notes:
(See the end of the chapter for notes.)
Chapter Text
Adam zieht endlich offiziell bei Leo ein.
Leo kann es noch gar nicht wirklich glauben. So lange hat er Andeutungen gemacht. Er hat versucht, Adam in die Richtung zu drängen, dass er inzwischen die Idee einer WG gar nicht mehr so schlecht fände. Schließlich raucht Adam wirklich kaum noch und wenn, dann hat Leo einen sehr schönen Balkon, wo Adam dafür draußen sitzen könnte. Irgendeinen Kompromiss würden sie schon finden.
Adam hat schließlich schon die letzten Monate Tag für Tag auf Leos Balkon gesessen. Einmal morgens, direkt nachdem er sich aus Leos Bett gestohlen hat und einmal abends, bevor er sich wieder zu Leo gelegt hat. Nachdem er sich die Zähne geputzt hat, damit Leo vom Rauchgeruch nicht mehr ganz so viel mitbekommt.
Nah genug, um Adams Geruch wahrzunehmen, war Leo ihm allemal. Zwar nicht nah genug, um ihn in einem Mund schmecken zu können, aber Leo hat irgendwie gehofft, dass das noch werden könnte. Dann hätte er keine weiteren Ausreden über Mitbewohner mehr aufbringen müssen, sondern hätte Adam aus ganz anderen Gründen darum bitten können, bei ihm einzuziehen.
Im Moment weiß er nicht so wirklich, wo Adam und er dahingehend stehen. Womöglich ist das aber auch gar nicht so wichtig, solange Leo Adams Nähe genießen kann, jetzt auch längerfristig, weil Adam irgendwann von selbst vorgeschlagen hat, dass er seine Sachen von zuhause auch mal mit herbringen könnte.
So richtig hat es sich nicht wie der Beginn einer Wohngemeinschaft angefühlt, als sie heute Nachmittag Adams Sachen nach oben getragen haben. Es war ohnehin nicht viel, weil Adam selbst nicht viele Möbel besitzt und Leo eigentlich alles hat, was sie brauchen. Adams Aussage, nicht seine. Eine Aussage, die in Leos Innerem wieder einmal dieses Kribbeln geweckt hat.
Als ob ihr Zusammenziehen nicht nur rein zweckdienlich ist. Obwohl das, was Adam gesagt hat, schon irgendwie zweckdienlich klang. Es ändert allerdings nichts darin, dass sich in Leo alles so unfassbar warm angefühlt hat, als Adams Klamotten nicht irgendwo in einem von Leos Büroschränken gelandet sind. Vor allem, nachdem Leo einmal so blöd war vorzuschlagen, dass Adam ja das Arbeitszimmer zu seinem Zimmer umgestalten könnte.
Im Nachhinein haben sie diese Aussage offenbar beide ignoriert. Stattdessen haben sämtliche von Adams persönlichen Sachen ihren Platz in Leos Schlafzimmer gefunden. In ihrem Schlafzimmer, vielleicht, falls Leo sich irgendwann traut, den Raum so zu bezeichnen. Noch ist es aber nicht so weit.
Noch konzentriert Leo sich lieber auf seine guten Gefühle, wenn Adam ihm freiwillig zu nahe kommt. Wenn er nicht auf seine Seite des Bettes besteht, sondern sich Leo nähert, kaum dass er die Nachttischlampe ausgeknipst hat.
Leo hält den Atem an, als Adams Hand leicht seine Seite streift. Zuerst ist es nur eine sanfte Berührung, bis Leo ausatmet und Adam zeitgleich einen Arm um ihn legt. Es fühlt sich wunderbar an, wie nahe Adam ihm kommt. Vor allem, weil Leo diesmal sogar Adams Mund spüren kann.
Nicht ganz dort, wo er ihn haben möchte, aber in seinem Nacken ist es auch schön. Adams Lippen gleiten ganz sanft über Leos Haut, von seinem Haaransatz bis dorthin, wo Leos Schulter unter seinem T-Shirt nicht mehr erreichbar ist.
In einem anderen Moment hätte Leo wahrscheinlich scherzhaft vorschlagen können, dass er auch sein Oberteil ausziehen könnte. Mit Adam war er aber nie so direkt. Mit Adam läuft es eher so, dass Leo irgendwann von einem Tag auf den anderen dazu übergehen wird, oben ohne schlafen zu gehen und zu hoffen, dass Adam den Hinweis versteht.
Vielleicht war das Zusammenziehen doch ein größerer Schritt, als Leo dachte. Der Stein, der alles ins Rollen bringt. Und selbst wenn nicht, hat er immer noch Adam, der Küsse auf seine Haut drückt und ihn ganz nah bei sich hält.
Alleine das ist so viel besser als alles, was Leo sich je hätte vorstellen können. Und er ist sich zu hundert Prozent sicher, dass das alles mit Adam nur noch besser werden wird.
Notes:
Vorschau auf morgen
Cursed (Pia/Esther)
Chapter 8: Cursed (Pia/Esther)
Summary:
Esther denkt, dass ihr Fußballverein verflucht sein muss. Pia ist zuständig für Flüche aller Art in Saarbrücken und Umgebung.
Notes:
Inhalte dieses Kapitels:
AU, Fantasy-Elemente/Magical Realism, flirting
(See the end of the chapter for more notes.)
Chapter Text
Esther blickt nach unten auf die raue Oberfläche der Bar. Nach Jahrzehnten ist sie gezeichnet von all den Siegen und Niederlagen, die sie hier gefeiert oder betrauert haben. An manchen Stellen ist ihre Freude eingearbeitet und an manchen ihr Frust. Diese Saison überwiegt allerdings eindeutig der Frust-Anteil.
Esthers Blick verfinstert sich noch einmal. Sie haben ein gutes Team, gute Spieler und sie hatten so viele gute Chancen aufzusteigen. Stattdessen stehen sie tief im Tabellenkeller, haben ständige Verletzungssorgen und es ist kein Lichtblick absehbar. „Es ist, als ob dieses Team verflucht wäre“, murmelt sie in ihr leeres Glas.
Neben ihr ertönt ein seltsames Geräusch. Eine Art Plopp, das nicht so klingt, als ob sich einfach nur jemand auf den Barhocker neben ihr gesetzt hätte. Doch als Esther sich zur Seite dreht, sitzt eine junge Frau dort, die eben noch nicht da war. „Verflucht, sagst du?”
Esther ist sich ziemlich sicher, dass sie die Frau noch nie hier gesehen hat. Sie scheint jedenfalls nicht in der Szene unterwegs zu sein, obwohl sie in ihren Jeans und der vintage Sportjacke in so manche Gruppierung gut reinpassen würde. Dieses hübsche Gesicht wäre Esther aber definitiv vorher schon aufgefallen.
Normalerweise würde sie so etwas nicht in ihrer Stammkneipe anfangen, aber nach der Niederlage heute ist es Esther sowas von egal. Die Frau neben ihr sieht gut aus und Esther braucht jetzt etwas Aufmunterung. „Hi, ich bin Esther. Mit wem habe ihr das Vergnügen?“
Die Frau hält ihr eine Hand entgegen. „Pia Heinrich, zuständig für Flüche aller Art in Saarbrücken und Umgebung.“
Esther blickt ein wenig verwirrt auf die Hand. Ihr nächster Schritt wäre gewesen, Pia ein Getränk auszugeben. So kommt es ihr ein bisschen merkwürdig vor. „Was meinst du mit Flüchen?“ fragt sie deshalb lieber zuerst, weil das auch maßgeblich zu der Merkwürdigkeit beiträgt. So ist sie jedenfalls noch nie angeflirtet worden.
Pia Heinrich lächelt sie an. Das Lächeln wirkt beinahe magisch, sodass Esther doch nach ihrer Hand greifen muss. Letztendlich ist es ihr egal, ob hier alles etwas ungewöhnlich anläuft, solange Pia am Ende ganz gewöhnlich in ihrem Bett landet.
Wobei sie sich keine zwei Sekunden später wünscht, dass sie anders gehandelt hätte, als die Konturen der Bar plötzlich um sie herum zu verschwimmen scheinen. „Kein Problem. Ich zeig’s dir”, sagt Pia Heinrich ganz ruhig, als würde ihr Kopf nicht davon schwirren, dass alles um sie herum zerfällt und sich wie Puzzleteile zu einem neuen Bild zusammenzusetzen scheint.
Das Bild hat nichts mehr mit dem Ort zu tun, wo sie eben noch saßen. Leider sind sie auch nicht direkt in Esthers Schlafzimmer gelandet. Die Musik aus der Kneipe ist verschwunden und stattdessen liegt eine seltsame Stille über dem Raum, der einer alten Bibliothek ähnelt. Reihen an Reihen von Regalen, vollgestapelt bis zum Rand mit Büchern und Ordnern.
Esther zieht automatisch ihre Hand aus Pias. Schnell verschränkt sie die Arme vor der Brust, damit sie bloß nicht noch einmal in Versuchung gerät. So hat sie sich ihren harmlosen Flirt nicht vorgestellt. „Was soll das hier?”
Pia gluckst leise. „Meinst du, ich kann mir alle Flüche einfach so merken? Das ist mein Archiv.”
Archiv? Diesmal blickt Esther mit etwas mehr Horror auf die Regalreihen. Sie kann die ganze Situation noch nicht so recht fassen und daran glauben, dass das hier alles echt ist. Hat sie zu viel getrunken? Sie war sich eigentlich sicher, dass sie ihren Alkoholkonsum unter Kontrolle hat. Sie kann aber auch nicht plötzlich an der Bar eingeschlafen sein.
Dafür fühlt es sich viel zu echt an, als Pia sie an der Schulter berührt und sie nach links dreht. „Komm mit. Die Sport-Kategorie ist da hinten.”
So langsam kommt Esther wirklich nicht mehr mit. Ja, Pia hat etwas von Flüchen gesagt und dass sie ihr etwas zeigen wird, aber dabei hat Esther doch nicht damit gerechnet, plötzlich von ihr an einen ganz anderen Ort transportiert zu werden.
Ein Teil von ihr will die Polizei verständigen, damit sie bloß schnell hier wieder rauskommt und das hier genauso vergessen kann wie ihren beschissenen Saisonstart. Der andere Teil ist sich nicht sicher, ob ihr Handy hier überhaupt funktionieren würde. Abgesehen davon, dass es ihr massiv widerstrebt, von den Kollegen gerettet werden zu müssen.
Bisher wirkt Pia ohnehin harmlos. Pia bewegt sich so zielsicher zwischen den Regalen hindurch, als wüsste sie trotz dem gefühlten Chaos ganz genau, wo alles steht. Esther entscheidet sich nur, ihr zu folgen, weil sie in dieser Umgebung bestimmt nicht alleine zurückbleiben möchte.
Sie kennt Pia noch nicht einmal, aber trotzdem steckt sie jede Menge Vertrauen in sie. Ein wenig wundert Esther sich über sich selbst, aber andererseits sollte sie dank ihrem Job mittlerweile ihre Mitmenschen gut genug einschätzen zu können, um zu wissen, dass Pia zwar etwas exzentrisch wirkt, aber dass von ihr keine Gefahr ausgeht.
Pia fühlt sich auch immer noch erstaunlich echt an, als Esther, immer noch in Gedanken versunken, in sie hineinläuft. Sie hat nicht mal bemerkt, dass Pia stehen geblieben ist. Jetzt gerade bemerkt sie aber etwas zu viel von Pia, als diese eine Hand an ihre Hüfte legt, damit Esther nicht fällt.
„Hoppla”, sagt Pia. „Wir müssen diese ganzen ‘falling for you’ Sprüche nicht wortwörtlich nehmen.”
Jetzt wird Esther ganz sicher nicht mehr fallen, als sie einen gezielten Schritt von Pia zurück macht. Was soll das denn bitte? Es klingt fast, als würde Pia auf einmal doch mit ihr flirten, obwohl Esther sich gedanklich inzwischen so weit von der Idee entfernt hat, dass sie Pia mit nach Hause nehmen könnte.
Dass Pia normalerweise genau Esthers Typ wäre, tut hier nichts mehr zur Sache. Das sportliche Outfit müsste nicht unbedingt sein, aber der Rest ist genau das, wonach Esther suchen würde. Etwas größer als sie, mit einem süßen Lächeln und einer lockeren Art, die Esther sofort dazu bringen würde, sich mit ihr wohlzufühlen, wenn sie noch in der Kneipe wären.
Doch nun sind sie in diesem seltsamen Archiv und Esther ist fast ein bisschen erleichtert, als Pia ihre Unterlippe zwischen die Zähne zieht und Esther zum ersten Mal etwas weniger strahlend anschaut. „Sorry. Wolltest du vorhin auf etwas anderes hinaus? Ich hab nicht so oft mit Menschen zu tun. Erst recht nicht mit hübschen Frauen.”
Bevor Esther etwas dazu sagen oder irgendwie mit dem Kompliment klarkommen kann, das Pia ihr gerade gemacht hat, hat Pia schon die Hand von ihrer Hüfte genommen und sich wieder umgedreht. Das Hin und Her verwirrt Esther nur noch mehr. Dachte Pia von Anfang an, dass sie flirten? Und wenn ja, wollte sie das hiermit gerade erwidern?
Pia scheint aber schon wieder zum Geschäft übergegangen zu sein und zieht einen Karton aus dem Regal, der im Gegensatz zu vielem anderen hier beinahe staubfrei wirkt. „Hier haben wir es. Fußball-Flüche, Deutschland, dritte Liga.” Sie öffnet den Karton und beginnt, darum herum zu kramen. „Wirklich erstaunlich, wie viele Leute ein generisches Team verfluchen wollen. Die hohen Preise schrecken auch kaum jemanden ab.”
Esther schluckt. Über einen Preis hat sie sich noch gar keine Gedanken gemacht. Überhaupt hat sie bisher viel zu wenig darüber nachgedacht, was hier gerade außerhalb vom Flirten oder Nicht-Flirten passiert. So ganz real kommt es ihr immer noch nicht vor, aber sie entscheidet sich dazu, mitzuspielen. „Und was muss ich machen, um den Fluch zu lösen? Dir mein Erstgeborenes versprechen?”
Dass Esther immer noch angespannt klingt, wird fast durch Pias Lachen ausgeglichen. „Bitte nicht. Ich kann mit Kindern wirklich nichts anfangen.”
Oh. „Das ist gut”, bringt Esther heraus. Sie wollte schließlich auch nie wirklich Kinder haben. Abgesehen davon, dass sie sich ohnehin nie freiwillig in eine Situation gebracht hätte, in der sie schwanger werden könnte, weil sie Männern noch nie etwas abgewinnen. Nachdem sie Pia dieses Versprechen gegeben hätte, hätte sie garantiert nie wieder auch nur darüber nachgedacht.
Doch zum Glück verlangt Pia so etwas nicht von ihr. Sie hält ihr wieder eine Hand hin und diesmal entscheidet Esther sich trotz der komischen Stimmung, sie anzunehmen. Warum auch nicht? Inzwischen ist sie fast schon neugierig, wohin das hier noch führen wird.
„Komm“, sagt Pia. „Lass uns irgendwo hingehen, wo es etwas gemütlicher ist, damit wir die Unterlagen in Ruhe durchgehen können.” Kaum dass sie ausgesprochen hat, beginnen die Umrisse des Archivs, um sie herum in sich zusammenfallen. Diesmal verspürt Esther dabei allerdings kaum noch Angst, sondern hauptsächlich Neugier.
Ihre Angst bestätigt sich sowieso nicht, als sie wieder in der Kneipe landen, in der Pia sie abgeholt hat. Der Tisch, an dem sie sitzen, fühlt sich unter ihren Fingern ganz normal an; warm, mit den vertrauten Rillen und ein bisschen klebrig, wo jemand ein Getränk verschüttet haben muss.
Ein Blick auf die Uhr verrät ihr, dass zumindest die Zeit nicht stehen geblieben ist, während sie weg waren. Der Zeiger ist ganz normal weitergelaufen und die Bar hat sich mittlerweile etwas geleert, die Tische um sie herum weitestgehend frei sind. Auch sonst scheint sie niemand zu beachten. Vielleicht ist sie mit Pia wie in einer Blase gefangen. Oder sie sind so unauffällig, dass sich einfach niemand genauer darum kümmert, was sie hier machen.
Trotzdem gibt es Esther ein Gefühl der Sicherheit zurück, was vorher nicht da war. Von hier könnte sie problemlos abhauen, nicht so wie im Archiv. Also hat sie auch kein Problem, sich in ihrem Stuhl zurückzulehnen und Pia genauer zu betrachten, während sie eine Akte durchwühlt.
Mit ihrer ersten Eingebung, Pia anzuflirten, würde sie immer noch mitgehen. Es ist schon süß, wie sie sich in das Aktendurchblättern hineinsteigert. So ganz menschlich wirkt es zwar nicht, wie Pia im schwachen Licht der Kneipe zu strahlen scheint, aber Esther merkt, dass ihr das überraschend egal wäre, wenn Pia noch einmal sagt, dass sie Esther hübsch findet.
Gerade sagt Pia aber nichts. Sie zieht leicht die Nase kraus, wenn sie eine Seite weiter blättert, was irgendwie unfassbar niedlich ist. Alle Gründe, die Esther vielleicht einfallen könnten, warum es keine gute Idee ist, das hier weiterzuverfolgen, verflüchtigen sich schneller, als sie kommen. Natürlich ist Esther irgendwo klar, dass hier nichts Richtiges draus werden kann. Aber das ist immer noch wahrscheinlicher, als dass echte Flüche existieren und dass ausgerechnet Esthers Fußballclub davon betroffen ist.
„Hier. Ich habe uns etwas zu trinken bestellt”, sagt Pia plötzlich. Esther schrickt auf, als plötzlich jemand zwei Tassen vor ihnen auf den Tisch stellt. Sie erkennt Jessy, die Manu manchmal in der Küche aushilft, und dennoch kommt es ihr unwirklich vor, dass auf einmal zwei dampfende Tassen vor ihnen stehen.
„Du hast nichts bestellt”, merkt Esther an. Das hätte sie bemerken müssen. So sehr in ihren Gedanken versunken war sie definitiv nicht.
„Nicht auf die konventionelle Art. Aber es wurde alles hier in der Küche zubereitet, versprochen. Und am Ende finden sie das Geld dafür plus Trinkgeld in ihrer Kasse wieder.” Pia lächelt Esther noch einmal an. „Ich lade dich ein.”
Es ist zu lange her, dass Esther eine Beziehung oder auch nur einen kurzen Flirt hatte. Nur deswegen ist sie so gewillt, trotz allem auf Pia einzugehen. Oder Pia hat eben doch etwas an sich… was genau, kann Esther aber nicht beschreiben. Damit sie gar nicht erst in die Verlegenheit kommt, nimmt sie lieber einen Schluck von ihrem Kaffee, aber auch hier findet sie keine neuen Erkenntnisse, außer dass der heiße Kaffee ihr die Zunge verbrennt.
„Flüche mit Sportbezug sind immer schwierig.” Pia scheint wieder zum Thema überzugehen. „Je nachdem kann ein solcher Fluch das Leben von dutzenden, wenn nicht sogar hunderten Leuten betreffen. Spieler, Trainerteam, gegnerische Teams, auch oft Zuschauer und Fans. Dafür muss eine ganz schön große Gegenleistung erbracht werden.”
Es fühlt sich an, als würde ein kalter Luftzug durch das eindeutig geschlossene Fenster hineinwehen und Esther erfassen. Die Stimmung kippt. Jetzt sind sie wohl tatsächlich an dem Punkt, an dem es nicht mehr ums nette Kaffeetrinken oder flirten geht.
Esther stützt ihre gefalteten Hände auf dem Tisch ab und lehnt sich Pia entgegen. Auch wenn sie nicht möchte, müssen sie jetzt wohl zur Sache kommen. Ob es Flüche gibt oder nicht, spielt für den Augenblick keine Rolle, solange Pia vollkommen überzeugt davon wirkt. „Verrätst du mir jetzt, was es kostet, den Fluch zu brechen?”
Allzu viel kann Esther dafür nicht bezahlen. Wenn es um Geld geht, hat sie zwar einiges zurückgelehnt, aber mit Vernunft betrachtet, kann sie nicht alles dafür einsetzen, dass ihr Verein nach einer Serie an Niederlagen in dieser Saison wieder Fuß fassen und nicht im Tabellenkeller landen kann. Allein, dass sie darüber nachdenkt, ist ziemlich lächerlich. Wäre sie überhaupt zuständig, wenn sie nur Fan und keine Verantwortliche des Vereins ist?
„Du machst dir zu viele Gedanken.” Pia beugt sich ebenfalls näher und Esther stellt fest, dass sie sich schon ziemlich nahe sind. Leider erinnert es sie doch wieder an ein Date. „Einen Fluch aufzulösen, ist immer leichter, als ihn aufzustellen. Dir würde ich sogar einen Rabatt anbieten.”
„Was für ein Rabatt?” Esther möchte dem Ganzen immer noch nicht trauen. „Was steht da im Kleingedruckten, das ich überlesen soll?”
Pia hat zwar schon viel gelächelt, aber sie laut auflachen zu hören, löst noch einmal ganz andere Gefühle in Esther aus, die sie nicht haben sollte, wenn Pia… sie hat keine Ahnung, wie sie Pia beschreiben soll. Als zuständige Fluchberaterin? Als gute Fee, die dem TRS helfen kann, endlich wieder Tore zu schießen? Oder doch als Betrügerin, die Esther gerade eine beeindruckende Vorstellung liefert?
Auf jeden Fall ist Pia eine Frau mit einem schönen Lachen. Sie kneift kurz ihre Lippen zusammen, bevor sie sie wieder lockert und Esther noch näher kommt. Beinahe verführerisch nahe, nachdem Esther sich eben noch auf ihren Mund konzentriert hat. „Sag mal, du bist nicht zufällig Anwältin für Vertragsrecht oder so?”
Jetzt muss Esther lachen. Sie tut es weniger auffällig als Pia, aber sie hat doch den Verdacht, dass Pia ganz genau weiß, was in ihr vor sich geht. Auch wenn sie mit dieser Vermutung daneben liegt. „Ich bin bei der Kripo”, stellt Esther richtig. Falls Pia sie betrügen möchte, würde sie das vielleicht noch daran hindern.
So entspannt, wie Pia bleibt, kann Esther sich das aber eigentlich nicht vorstellen. „Auch gut”, befindet Pia und lehnt sich wieder zurück. „Uniform nehme ich auch gerne.”
Es gäbe sehr viele Arten für Esther, darauf zu reagieren. Sie könnte hinterfragen, was diese Anspannung zwischen ihnen war, die sich gelöst hat, als Pia sich von ihr entfernt hat. Sie sollte klarstellen, dass sie bei der Kripo so gut wie nie Uniform trägt. Aber irgendwie möchte sie Pia auch nicht enttäuschen und in ihr ist immer noch der Wunsch, es doch noch einmal mit Flirten zu versuchen.
„Also…” Sie muss sich einmal leicht räuspern, bevor ihre Stimme wieder richtig funktioniert. „Was steht nun im Vertrag?”
Mit einem Wisch von Pias Hand taucht ein Blatt Papier vor Esthers Augen auf. „Hier, der Vertrag.“
Esther möchte den Blick kaum von Pia abwenden, aber sieliest es sich von oben bis unten durch. Viel Aufschluss gibt dieser Vertrag nicht. Bei Pia steht nur wieder dabei, dass sie für Flüche zuständig ist. Woher sie Esthers Nachnamen weiß, hinterfragt sie lieber nicht.
Die Bedingungen im Vertrag klingen auf den ersten Blick ganz normal. Der Fluch wird aufgelöst und alle weiteren Ergebnisse werden dem Zufall überlassen. Keine Haftung für zukünftige Ergebnisse. Keine Garantie für vermehrte Siege oder Tore. Das alles klingt irgendwie logisch und auch wenn Esther sich immer wünscht, dass ihr Verein gewinnt, klingt es nach der besten Lösung. Sie werden nicht unfair zurückgehalten, aber auch nicht durch Magie weitergebracht.
Hieran hat selbst Esthers manchmal etwas übertriebener Hang zur Fairness nichts auszusetzen. Falls das hier echt wäre, wüsste sie nicht, wo etwas schieflaufen könnte.
„Ich hoffe, der Preis ist okay?” fragt Pia genau in dem Moment, in dem Esther an dieser Stelle angekommen ist.
Deine Bedingung: du verpasst das letzte Spiel der Saison. Egal ob im Stadion, im Fernsehen oder im Radio, du kannst das Spiel nicht live verfolgen.
Es klingt hart, weil Esther genau weiß, dass sie am Ende der Saison unbedingt dabei sein will. Vor allem, wenn es sich an diesem Tag erst entscheidet, ob sie auf den Aufstiegs- oder den Abstiegsplätzen stehen. Gleichzeitig klingt es irgendwie fair. Sachbezogen, nichts Überzogenes mit Erstgeborenen und die Konsequenzen wirken sich ganz allein auf Esther aus. Es ist ein Preis, den sie bereit sein sollte, dafür zu bezahlen.
„Aber nur diese Saison, oder?”, hakt sie trotzdem noch mal nach. „Und ich kann mir im Nachhinein Wiederholungen anschauen?”
„Klar. Das gilt nur einmalig”, versichert Pia ihr. Mit einem weiteren Wisch taucht dieser Text sogar noch im Vertrag auf. Es scheint wirklich keine versteckten Klauseln zu geben, egal wie sehr Esther danach sucht.
„Okay”, hört sie sich sagen. Okay. Es kommt ihr immer noch verrückt vor, aber sie ist tatsächlich kurz davor, einen Vertrag mit einer Hexe abzuschließen. Oder was auch immer Pia ist. Aber wegen ihr könnte Esther tatsächlich noch abergläubisch werden.
Pia zückt einen Stift und es fühlt sich an, als würde sich die Stimmung im Raum ein wenig verändern, kaum dass sie beide ihre Unterschrift unter den Vertrag gesetzt haben. Esther hofft wirklich sehr, dass das keine absolut dumme Idee war. Aber so, wie Pia sich anschaut, kann es das eigentlich gar nicht sein.
Pia sieht immer noch gut aus, auch wenn der Zauber in den letzten Sekunden etwas verloren gegangen zu sein scheint. Vielleicht ist Esther einfach nur froh, dass Pia überhaupt noch da ist, jetzt wo das mit dem Fluch abgehakt ist. Sie möchte auch gar nicht, dass Pia geht. Sie hat zwar keine Ahnung, wie das alles funktioniert, aber sie würde zumindest gerne sehen, ob das mit dem Flirting noch irgendwo hinführen könnte.
„Du könntest auch mal zu einem Spiel mitkommen?” schlägt Esther vor. „Sehen, was die Auflösung des Fluchs dem Verein gebracht hat?”
Bei diesem Lächeln hat Esther endlich das Gefühl, dass es kein Teil von Pias Image mehr sein kann. Dieses Lächeln gehört nur ihr. „Sehr gerne. Wir können übrigens auch gerne noch ein bisschen sitzen bleiben, bis wir unseren Kaffee ausgetrunken haben.”
Das ist Esther mehr als recht – und ein Grund, ihren Kaffee besonders langsam zu trinken, auch wenn er längst eine angenehme Temperatur erreicht hat. Aber was macht das schon, wenn sie sowieso ständig unterbrochen wird, weil Pia ihr Fragen darüber stellt, wie sie zum Fußball gekommen ist?
Am Ende weiß Esther sogar etwas mehr über Pia. Zwar nicht, was genau es mit den Flüchen auf sich hat, aber wie investiert sie in ihre Arbeit ist und wie süß sie rot wird, wenn Esther ihr Komplimente gibt. Sie weiß auch noch nicht, ob irgendwo am Ende hiervon ein Besuch von Esthers Bett oder sogar mehr stehen könnte.
Aber Esther ist sich ziemlich sicher, dass ihre Bekanntschaft mit Pia noch nicht vorbei ist, auch wenn der TRS sein nächstes Spiel gewinnt.
Notes:
Vorschau auf morgen
Coming Home (Leo/Adam)
Chapter 9: Coming Home (Leo/Adam)
Summary:
Adam kommt vom Sommerfest nach Hause. Er weiß nicht, wie er es finden soll, dass Leo nicht dabei war, aber es ist auf jeden Fall schön, wenn Leo zuhause auf ihn wartet.
Notes:
Inhalte dieses Kapitels:
Post-EdN-Setting, Überbleibsel von Verletzungen
(See the end of the chapter for more notes.)
Chapter Text
Adam hatte eigentlich vor, ganz leise nach Hause zu kommen. Er bereut es sowieso schon, dass er so lange weg war. Nur weil Leo ihm vorher gesagt hat, dass Adam ruhig zum Sommerfest im Präsidium gehen soll, wenn Leo schon nicht dorthin kann.
Vielleicht hätte Leo sogar vorbeischauen können. Nach der Reha geht es ihm deutlich besser und auch, wenn es mit dem Sport noch ein bisschen schwierig ist, wäre ein bisschen herumstehen und mit den Kolleg*innen reden vermutlich drin gewesen. Adam hätte die leicht verkohlten Würstchen vom Schwenker nur zu gerne mit Leo geteilt.
Ob Leo in Wirklichkeit keine Lust auf das Sommerfest hatte, hat Adam nicht herausfinden können. Ein wenig hatte er den Verdacht, dass Leo nur nicht so richtig weiß, wie er damit umgehen sollte, plötzlich die gesamte Belegschaft wiederzusehen, nachdem er nach der Explosion im Bunker schon so lange krankgeschrieben ist. Beweisen konnte Adam ihm das allerdings nicht, und da Leo ihn so lieb in diese Richtung gedrängt hat, blieb Adam nichts anderes übrig, als doch hinzugehen.
So lange bleiben wollte Adam eigentlich nicht. Es haben sich nur immer Leute gefunden, die etwas von ihm wollten oder die Dinge über Leo wissen wollten. Zwischenzeitlich haben sich sogar ganz nette Gespräche daraus entwickelt, in denen Adam weiterhin stur die Klappe gehalten hat, was ihn und Leo angeht, aber die trotzdem recht unterhaltsam waren.
Allerdings war nichts davon so unterhaltsam wie die Gespräche, die er mit Leo zuhause auf dem Sofa hätten führen können. Sie sprechen ziemlich viel in letzter Zeit, insbesondere in der Zeit vor der Reha, als Leo nicht viel anderes tun konnte. Inzwischen ist das deutlich besser geworden, aber irgendwie ist es dabei geblieben, dass der Fernseher die meisten Abende ausgeschaltet bleibt.
Weil sie reden oder weil sie andere Dinge miteinander tun. Das wird Adam allerdings definitiv niemand aus dem Präsidium auf die Nase binden.
Heute ist es dafür sowieso schon zu spät. Leo hat sich angewöhnt, früher ins Bett zu gehen, wenn er abends erschöpft ist. Im Grunde genommen findet Adam es sehr gut, dass Leo so vernünftig ist und sich seinen Schlaf gönnt. Nur heute nicht, weil er seine Gelegenheit verpasst hat, mit Leo zusammen ins Bett zu gehen und deswegen vermutlich mal wieder die Nacht auf dem Sofa verbringen muss, so wie er es anfangs immer getan hat.
Adam ist gerade auf dem Weg ins Wohnzimmer, nachdem er sich im Bad so leise wie möglich bettfertig gemacht hat, als ihn ein Geräusch aufhorchen lässt. Ein weiteres leises Quietschen ertönt und dann steht Leo plötzlich in seiner geöffneten Zimmertür. „Adam? Wo willst du hin?”
Aufs Sofa, sollte Adam sagen, wenn er sich an die Wahrheit halten möchte. Jetzt wo er Leo sieht, schon leicht zerzaust vom Schlaf, nur in einem alten T-Shirt und Boxershorts, wird ihn sein Weg aber garantiert nicht mehr aufs Sofa führen. „Zu dir?”
„Dann komm.” Leos Hand ist warm, als er damit nach Adams greift.
Überhaupt strahlt alles an Leo eine angenehme Wärme aus. Adam ist gar nicht so sehr aufgefallen, dass er gegen Ende des Sommerfestes gefroren hat, aber jetzt wo er unter Leos Bettdecke schlüpft, merkt er sogar ein leichtes Zittern, da wo die warme Decke seine kalten Gliedmaßen bedeckt.
Adam spürt aber nicht nur die Wärme, sondern auch Leo. Weil Leo ihm so nah kommt, wie er das sonst nur immer tut, nachdem er sich morgens ausgeschlafen hat. Oder auf dem Sofa, falls noch Energie vom Tag übrig ist. Nicht abends im Bett, wo Leo meistens innerhalb von fünf Minuten vor Erschöpfung eingeschlafen ist.
Gerade wirkt Leo jedoch alles andere als erschöpft. Weder seine Hände, die sich in Adams T-Shirt krallen, noch seine Lippen, die nach ihm zu suchen scheinen und von Adams Kinn zu seinem Hals abrutschen. Es ist nicht das, mit dem Adam gerechnet hat, wenn er nach Hause kommt.
Jetzt wo Leo einmal damit angefangen hat, hätte Adam nichts dagegen, wenn mehr daraus wird. Er greift seinerseits nach Leo und findet seine Wange, wo er ihn sanft zurechtrücken kann, bis Leos Lippen mit dem nächsten Kuss auf seine treffen. Leo öffnet sofort den Mund, vertieft den Kuss und sendet mit jedem Zungenschlag ein Kribbeln durch Adams Körper.
Die Kälte, die Adam eben nicht eingenommen hat, ist längst verschwunden. Er spürt nur noch Leos Wärme über um sich und in sich, in seinem Herzen, als Leo irgendwann zwischen zwei Küssen flüstert, dass er ihn vermisst hat.
Adam hat Leo auch vermisst. Deswegen wird er bestimmt nicht derjenige sein, der hiermit aufhört. Aber auch, wenn die Küsse nicht ewig andauern können, weiß Adam, dass Leo bei ihm bleibt. Die ganze Nacht, um ihn warmzuhalten, und den Morgen danach, an dem Adam sich eventuell sogar auf mehr freuen kann.
Vielleicht wichtiger aber ist, dass Leo da ist. Auf dem Sofa zu schlafen, wäre einfach nicht das Gleiche gewesen. Der schönste Ort ist schließlich doch in Leos Bett, wenn Leo ihn im Arm hält.
Notes:
Vorschau auf morgen
Alternativer Prompt: "Can I kiss you?" - but make it platonic (Leo&Adam)
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ZeldaElmo on Chapter 1 Wed 01 Oct 2025 09:29AM UTC
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