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Highschool Life of Teenager Boys

Summary:

[Thunderbolts, Alternatives Universum, Sentryagent] Auf einer ausgelassenen Highschool-Party treffen der stille, nachdenkliche Bob und der charismatische Quarterback John aufeinander. Beide tragen ihre eigenen Probleme und Schatten mit sich, und während eine unerwartete Anziehung zwischen ihnen entsteht, bleibt die Frage: Reicht sie allein, um ihr Glück zu finden? Inhaltswarnung: Gewalt, Drogenmissbrauch, Essstörungen (ED), Psychische Erkrankungen. Zusätzlich: Out of Charakter

Chapter 1: Die Schulparty

Chapter Text

❤️Bob „Robert“ Reynolds
Alter: 17
Klasse: Senior
Fächerstärken: Biologie, Physik, Chemie
Charakterzüge: introvertiert, tiefgründig, sensibel, sarkastisch auf subtile Weise, intelligent
Aussehen: braune, lockige Haare, oft etwas zerzaust; blaugraue Augen; schmale Statur; meist dunkle, schlichte Kleidung oder alte Hoodies
Hintergrund:
Kommt aus schwierigen Verhältnissen – sein Zuhause ist kein sicherer Ort. Die Gewalt des Vaters und die psychische Instabilität der Mutter haben ihn früh erwachsen gemacht. Bob ist oft müde, innerlich zerrissen, aber in ihm steckt eine Sanftheit, die er selten zeigt. Er schreibt nachts Texte, die niemand liest, und hat Angst davor, dass jemand wirklich hinter seine Fassade blickt.
Sexualität: unlabeled, aber er weiß, dass ihn Männer anziehen – besonders die, die Licht in sich tragen.
Sonstiges: Er hat eine stille Faszination für Menschen, die er nicht verstehen kann. John Walker ist einer von ihnen.

❤️ John „Jonathan F.“ Walker
Alter: 18
Klasse: Senior
Fächerstärken: Sport, Geschichte, Wirtschaft
Charakterzüge: selbstbewusst, ehrgeizig, charismatisch, aber mit weichen Rissen unter der Oberfläche, impulsiv
Aussehen: blonde, kurze Haare; markantes Kinn; breite Schultern; sportlich; fast immer lässig angezogen – Jeans, Collegejacke, Sonnenbrille auch nach Sonnenuntergang
Hintergrund:
Reiche Familie, aber emotional hohl. Sein Vater sieht in ihm ein Aushängeschild, seine Mutter lebt in einer anderen Stadt – und in einer anderen Realität. John hat gelernt, Perfektion zu spielen, bis er sie fast glaubt. Er feiert, flirtet, kämpft – alles, um die Stille zu übertönen, wenn er allein ist.
Sexualität: bisexuell, aber sagt das nie laut – er lebt es einfach, ohne sich zu erklären.
Sonstiges: Er merkt oft nicht, wenn er jemanden wirklich mag – bis er sich plötzlich fragt, warum er über ihn nachdenkt, wenn er eigentlich schlafen sollte.

Die Luft roch nach Chlor, Pommes und Sommer. Die große Schulparty zum Ende des Halbjahrs fand wie jedes Jahr im Haus von Eli Samson statt – oder besser gesagt: in Ihrer Villa mit Pool, Soundsystem und genug Platz, um die gesamte Senior Class unterzubringen.

Der Bass dröhnte über das Wasser, Lichter spiegelten sich auf den Wellen, und aus dem Haus drang der Geruch von Pizza, Parfum und billigem Bier. Ein typischer Freitagabend – zumindest für alle, die hierhergehörten.

John Walker, Quarterback, inoffizieller Herrscher über Flure und Cafeteria, stand wie immer im Zentrum. Lächelnd, mit dem roten Becher in der Hand, umringt von Cheerleadern und seinen Football-Kollegen, als hätte jemand ein Hochglanzfoto aus dem Jahrbuch zum Leben erweckt.

Am Rand des Gartens, auf der Grenze zwischen Licht und Schatten, stand Bob Reynolds. Nicht, weil er schüchtern war – nicht im klassischen Sinn. Es war eher dieses Gefühl, fehl am Platz zu sein, selbst wenn man da war. Sein Hoodie war zu warm für den Abend, aber irgendwie war er wie ein Schutzschild. Und seine Hände, die nervös an der Cola-Flasche spielten, verrieten mehr, als er zeigen wollte.

Er kannte John Walker natürlich. Jeder kannte John. Die Lehrer liebten ihn, die Jungs wollten sein wie er, die Mädchen—naja. Bob war keiner von ihnen. Er war der, der im Literaturkurs meist schwieg, nur selten etwas sagte, das dann aber hängen blieb. Der, über den gemunkelt wurde – „Sein Vater ist doch…“ oder „Der war letztes Jahr drei Wochen weg, keiner weiß, warum…“

Und trotzdem war er jetzt hier. Eli hatte ihn eingeladen, weil sie mal zusammen in Biologie eine Gruppenarbeit gemacht hatten. Und er gesorgt hat, dass Eli eine 1 bekam, aus Dankbarkeit lud sie ihn auch ein. Bob hatte zuerst Nein gesagt, dann Ja, dann drei Stunden gezögert, bevor er sich doch entschlossen hatte zu kommen.

Bob machte sich nicht viel aus Partys, er war lieber für sich. Freunde hatte er nicht wirklich, er kannte viele Leute, aber sie kannten ihn nicht. Aber eine kleine Hoffnung, dass dieser Abend noch etwas Besonderes werden könnte, von dem war auch Bob nicht ganz abgeneigt. Außerdem war es die perfekte Gelegenheit zu vergessen und dem Alltag zu entfliehen.

John lehnte an der Poolkante, der rote Becher halb leer, während Lional ihm irgendwas über das nächste Spiel erzählte. Er nickte, lachte, aber seine Aufmerksamkeit schweifte ab. Sein Blick fiel über die Menge, über die glänzenden Gesichter, die jubelten, tanzten – bis er an jemandem hängenblieb.

Ein Junge im Schatten, Cola statt Bier. Kapuze, dunkle Augen, diese Haltung, als würde er sich gleichzeitig verstecken und beobachten.

Bob Reynolds.

John nickte, lachte an der richtigen Stelle, trank einen Schluck – alles Routine. Lional redete irgendwas über das nächste Spiel, über die Defense-Line, über wie sie diesmal „die Typen aus Ridgefield komplett auseinandernehmen“ würden. John grinste, hob den Becher, stieß an.
Aber sein Blick blieb nicht bei Lional.

Er wanderte. Über das Wasser, über die Lichter, über die Menge aus Gesichtern, die er schon tausendmal gesehen hatte – dieselben Stimmen, dieselben Witze. Und dann blieb er hängen.

Am Rand.

Da stand jemand, der nicht hierherpasste – oder vielleicht gerade deshalb auffiel. Dunkler Hoodie, Hände in Bewegung, als würde er überlegen, ob er gleich verschwindet oder bleibt. Bob Reynolds.

John kannte ihn kaum. Namen, klar. Gesicht, ja. Sie hatten mal im Kindergarten nebeneinander gesessen, da hatte Bob mit einem abgebrochenen Buntstift einen Dino gezeichnet, den John immer noch irgendwie vor sich sah – unfertig, aber lebendig. Danach war’s, als hätte jemand eine Linie gezogen, zwei verschiedene Welten.

Und trotzdem… da war etwas. Etwas an der Art, wie Bob den Kopf leicht senkte, wenn er jemanden ansah, oder wie er jetzt die Cola-Flasche zwischen den Fingern drehte, als wäre sie das Einzige, was ihn festhielt.

John ertappte sich dabei, dass er zu lange hinsah. Zu interessiert. Und dann schnell wieder zu Lional blickte, so als müsste er sich selbst daran erinnern, wer er war. Quarterback. Laut. Lässig. Immer in Kontrolle.

„Ja, klar, Ridgefield ist tot,“ sagte er beiläufig, obwohl er keine Ahnung hatte, wovon Lional gerade sprach.

Gerade als er versuchte, seinen Blick von Bob loszureißen, tönte eine vertraute Stimme hinter ihm.

„Yo, Walker! Sag mal, hast du gesehen, was sie über dich im Schulforum geschrieben haben? Du bist jetzt offiziell ‘Captain America der Highschool’ oder so’n Scheiß!“

Lemar Hoskins grinste breit, klopfte ihm auf die Schulter und fing sofort an, über Football zu reden – über Spielzüge, Trainingspläne, wer diesmal aufgestellt wird. So war sein bester Freund halt.

John lachte, spielte mit, nickte. Aber innerlich war er noch halb am anderen Ende des Gartens. Bei dem Jungen mit der Cola-Flasche, dessen Schatten im Poollicht kurz aufflackerte, als würde er gleich verschwinden.

Bob stand währenddessen neben Karli Morgenthau, die beiden waren sowas wie plantonische Freunde. Sie saßen manchmal zusammen in der Cafeteria. Karli war überall bekannt als die „Kräuterhexe“, denn Sie war der Ansprechpartner wenn man auf Partys noch mehr Spaß haben wollte. Sie war die beste Dealerin auf der ganzen Schule.

Karli redete mit vollem Körpereinsatz – Hände in Bewegung, ein Stück Pizza in der einen, ihr Handy in der anderen. „Ich schwör’s dir, Bob, der Typ hat was gegen mich. Ich hab alle Fragen beantwortet. Okay, fast alle. Und vielleicht hab ich bei der Pflanzenbestäubung ’nen kleinen Blackout gehabt, aber come on, dafür gleich ’ne Vier?“

Bob lächelte schwach, lehnte sich gegen den Gartenzaun. „Vielleicht solltest du beim nächsten Mal nicht während des Tests mehr Geistig und Körperlich da sein.“

Karli stieß ihn spielerisch mit dem Ellbogen an. „Frech. Aber nur, weil du in Bio mit dem goldenen Jungen-Bonus geboren wurdest. Mr. Banner liebt dich. Wenn du niest, schreibt er dir wahrscheinlich trotzdem ’ne Eins auf den Test. So ist das wenn man Lehersliebling ist“

Bob zuckte leicht mit den Schultern, sah in seine Cola. „Er ist fair. Er gibt nur Leuten gute Noten, die sie verdienen.“

Karli grinste breit. „Was willst du damit sagen, huh?“

Er lachte leise, aber das Lachen war kurz, brüchig. Dann nahm er einen Schluck, ließ den Blick unauffällig über die Menge schweifen – und traf den seinen.

John Walker.

Nicht direkt, aber… genug, dass Bob es spürte. Diese Art Blick, die brannte. Kurz, aber echt. Bob senkte sofort den Kopf, tat, als würde er was in seiner Cola suchen, aber innerlich raste alles. Das hier war nicht neu. Nicht wirklich. Er kannte diesen Namen, dieses Gesicht, diese Energie schon, seit sie beide Kinder waren. John war der Typ, der auf dem Spielplatz alle zum Lachen brachte – und der, den Bob immer ein bisschen zu lange ansah, ohne zu wissen, warum.

Jetzt war John Walker der Star der Schule. Und Bob? Der Typ im Schatten, der sich fragte, wie sich Licht wohl wirklich auf der Haut fühlte.

„Hey,“ riss Karli ihn aus den Gedanken. Sie sah ihm prüfend ins Gesicht. „Alles okay bei dir?“

„Ja,“ murmelte Bob, zu schnell. Dann, nach einem kurzen Zögern, „Ich dachte nur… Walker sieht aus, als hätte er sich wieder zu viel Sonne abgeholt.“

Karli grinste, warf einen Blick zu der Gruppe am Pool. „Der Typ hat so viel Ausstrahlung. - so ’ne toxische, blendende Art, weißt du?“

Bob versuchte, zu lächeln. „Ja… sowas in der Richtung.“

Aber sein Herz klopfte zu laut, um den Satz glaubhaft zu machen.

„Walker!“

Die Stimme war sofort da – scharf, klar, mit diesem vertrauten Unterton aus Drama und Parfum. John brauchte nicht mal hinzusehen, um zu wissen, wer das war. Olivia.

Sie kam auf ihn zu wie jemand, der einen Laufsteg gewohnt war – Kopf hoch, Lippen glänzend, der Blick einstudiert zwischen Stolz und Zorn. Das rot-weiße Licht der Poollampen spiegelte sich in ihren goldblonden Haaren, und bevor John etwas sagen konnte, stand sie schon direkt vor ihm.

„Na, Captain America,“ sagte sie, halb süß, halb giftig. „Wie läuft’s mit deinem Harem?“

Lemar verzog das Gesicht. „Uh-oh, ich bin raus aus der Schusslinie.“ Er klopfte John auf die Schulter. „Viel Glück, Bruder.“ Dann verschwand er schnell in Richtung Grill.

John atmete leise durch, zwang ein Lächeln. „Olivia. Ich hab dich gar nicht kommen sehen.“

„Oh, ich weiß. Du warst zu beschäftigt, Jessica und Amber zu sehen.“

Sie stellte ihren Becher ab, die Hände an die Hüfte, und obwohl sie wütend war, stand sie viel zu nah. Es war immer so mit ihr – Feuer und Eis im Sekundentakt.

„Liv, komm schon,“ sagte John ruhig. „Das war ’ne dumme Party, ich war besoffen. Es war nichts.“

„Nichts?“ Ihre Augen blitzten. „Du weißt, dass die beiden mich hassen. Und du…“ Sie stockte, dann wurde ihre Stimme leiser. „…du weißt genau, was das mit mir macht.“

John sah sie an – und da war dieser Moment, in dem alles wieder gleich war wie immer: Sie waren beide in einem Spiel gefangen, das keiner von ihnen wirklich verstand, aber beide perfekt beherrschten.

Er wollte etwas sagen, aber dann… wanderte sein Blick unbewusst wieder über ihre Schulter hinweg.

Da hinten, im Halbdunkel, lachte Bob gerade über etwas, das Karli gesagt hatte. Leise, ehrlich, dieses Lachen, das nicht für die Menge war. Es war kaum zu hören, aber John spürte es.

Und plötzlich fühlte sich Olivias Stimme weit weg an.

„John?“ Sie tippte ihm leicht gegen die Brust. „Hallo? Hörst du mir überhaupt zu?“

Er blinzelte, sah sie wieder an, zwang ein charmantes Grinsen. „Klar. Du hast völlig recht, Liv. Ich war ein Idiot.“

Sie schnaubte, aber ihre Lippen zuckten. „Das sagst du jedes Mal.“

„Ja,“ erwiderte John, fast flüsternd, „weil’s jedes Mal stimmt.“

Sie lachte kurz, genervt, aber ein kleines Funkeln in ihren Augen verriet, dass er wieder halb gewonnen hatte.

Und trotzdem – als sie sich näher beugte, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern, glitt sein Blick noch einmal zu Bob hinüber.

Nur ein Herzschlag lang.
Aber lange genug, dass er wusste, irgendwas hatte sich verschoben.

Lemar hatte das Grinsen eines Typen, der immer irgendwas im Schilde führte – nichts Böses, aber definitiv nichts, was mit Schulordnung vereinbar war. Er schlenderte über die Terrasse, schnappte sich unterwegs eine Handvoll Chips aus irgendeiner Schüssel und steuerte zielsicher auf Karli zu.

„Na, Morgenthau,“ begann er, mit diesem halbfrechen, halbcharmanten Ton, den er bei allen benutzte. „Man sagt, du bist heute wieder die gute Fee vom Dienst.“

Karli hob eine Augenbraue, nahm langsam einen Schluck aus ihrem Becher. „Kommt drauf an, Hoskins. Welche Märchenfigur willst du denn heute sein? Der Frosch oder das Opfer?“

Bob verzog ein bisschen den Mund, versuchte, das Lächeln zu unterdrücken – vergeblich. Lemar grinste breit. „Hey, ich will niemandem schaden. Nur’n bisschen… Party-Magie für mich und die Jungs. Weißt schon, damit Walker mal locker lässt. Der Typ ist so verkrampft, als wär er auf ’nem politischen Event seines Dads.“

Karli lachte, aber es war dieses kontrollierte, kühle Lachen. „Walker also? Dein goldener Quarterback-Freund braucht Pillen, um zu entspannen? Hätt ich nicht gedacht.“

„Er weiß nix davon,“ sagte Lemar schnell, lehnte sich lässig gegen den Zaun neben ihr. „Ich geb ihm nix Starkes, nur ’n bisschen was zum Runterkommen. Ich hab gehört, du hast da was Neues—“

Karli hob die Hand, unterbrach ihn. „Ich bin keine Apotheke, Lemar.“

„Nie behauptet,“ sagte er sofort, mit einem schiefen Grinsen. „Aber du bist halt… gut vernetzt.“

Bob schwieg bisher, beobachtete die Szene. Er mochte Lemar eigentlich. Der Typ war laut, manchmal peinlich, aber selten bösartig. Trotzdem – etwas in ihm zog sich zusammen, als er hörte, dass Walker etwas kriegen sollte, ohne es zu wissen.

Karli sah kurz zu Bob, als würde sie seine Gedanken spüren. „Ich mach das nicht,“ sagte sie ruhig, diesmal ernst. „Nicht für Walker, nicht für dich, Lemar. Wenn ihr was wollt, redet mit mir wie Erwachsene. Keine Überraschungen.“

Lemar hob die Hände, als wollte er sagen: „Alles gut, ich geb auf.“
„Schon gut, schon gut, kein Stress. War ja nur ’ne Frage. Ich will nicht, dass du mich verfluchst oder so.“

Karli grinste knapp. „Zu spät. Ich hab dich schon innerlich in ’nen Frosch verwandelt.“

Bob lachte leise, diesmal echt, und Lemar tat beleidigt.
„Na super, jetzt lacht sogar Reynolds über mich. Okay, ich seh schon, ich hab verloren.“

Er nickte den beiden noch zu, machte eine halbwegs elegante Kehrtwende – und ging zurück Richtung Pool, wo John und Olivia standen.

Bob sah ihm nach, dann flüsterte: „Walker und ‘locker lassen’… das passt nicht mal in denselben Satz.“

Karli grinste schief. „Vielleicht sollte jemand anderes ihn lockerer machen.“ Sie zwinkerte.

Bob verdrehte die Augen, aber seine Wangen verrieten ihn.

Bob schaute auf sein Getränk und kippte sich den letzten Schluck Cola runter.

„ich hol mir mal was neues zu trinken. Soll ich dir was mitbringen?“ sagte Bob und drehte sich zu seiner Freundin „Nein Danke, ich hab noch.“

Damit machte sich Bob auf, sich was neues zu holen. Er ging rein ins Haus, weg vom Pool und ging in die Küche wo, Eli die Getränke gebunkert hatte.

Als John sah das Bob reinging, ergriff er den Moment und suchte eine schnelle ausreden Olivia abblitzen zu lassen um Bob zu folgen. Er wusste nicht wieso er genau jetzt so das Bedürfnis hatte Bob anzusprechen, aber er ergriff die Chance ein bisschen Small talk mit ihm zu führen

John hatte gerade noch Olivias Hand auf seiner Brust gespürt, ihre Stimme im Ohr – warm, süß, gefährlich vertraut –, als er über ihre Schulter hinweg sah, wie Bob sich bewegte.

Der Hoodie, die Schultern leicht nach vorne geneigt, der Blick gesenkt, als wollte er durchs Haus verschwinden, ohne Spuren zu hinterlassen.
Aber John sah ihn.
Er sah immer hin, wenn er eigentlich nicht sollte.

„Liv, ich muss mal kurz—äh… was checken,“ murmelte er, stellte seinen Becher ab.

„Was checken?“ Sie verschränkte die Arme.

„Getränke. Eli meinte, er hat noch Nachschub drinnen. Ich will nicht, dass die Jungs mir nachher wieder in den Ohren liegen, wenn das Bier ausgeht.“

Sie rollte die Augen. „Du bist echt der einzige Typ, der bei ’ner Party an Versorgung denkt.“

„Ja, ich bin halt verantwortungsbewusst,“ sagte er mit einem Grinsen, das nur halb ehrlich war. Dann ließ er sie stehen, bevor sie noch etwas sagen konnte.

Er schob sich durch die Menge, vorbei an tanzenden Schülern, halb offenen Terrassentüren, dem Geruch von Chlor und Zigarettenrauch. Drinnen war’s leiser – Musik nur dumpf durch die Wände, Licht warm und gelb. In der Küche stand Bob.

Er hatte den Kühlschrank offen, die Cola-Flasche in der Hand, als würde er überlegen, ob er wirklich hier sein wollte. Der Stoff seiner Kapuze fing das Licht auf, und für einen Moment dachte John, wie seltsam schön das aussah – dieser Kontrast aus Dunkel und Glanz.

Er blieb im Türrahmen stehen, lehnte sich lässig dagegen, so als wäre er zufällig hier. „Na, Reynolds.“

Bob drehte sich leicht um, überrascht, aber ruhig. „Walker.“

„Das hier ist wohl das ruhigste Eck im ganzen Haus,“ sagte John, trat ein paar Schritte näher. „Ich wusste gar nicht, dass du auf Partys auftauchst. Dachte, du bist eher der Typ ‘still und unsichtbar’.“

Bob zog eine Augenbraue hoch. „Dann hast du mich ja trotzdem gesehen.“

John grinste – erwischt. „Tja. Vielleicht, weil du dich genau da hinstellst, wo das Licht dich halb trifft. So ein… unauffälliges Auffallen.“

Bob schüttelte leicht den Kopf, sah auf die Cola in seiner Hand. „Oder du bist einfach zu aufmerksam für einen Typen, der von Cheerleadern umringt war.“

Das saß. John lachte leise, kratzte sich am Nacken. „Touché.“

Einen Moment lang war Stille. Kein Lärm, kein Gelächter – nur das Summen des Kühlschranks und Musik aus der Ferne.

„Also,“ sagte John schließlich, „was trinkt der beste Bio-Schüler der Schule, wenn er mal ’ne Nacht rauskommt?“

Bob hob die Flasche leicht. „Cola. So rebellisch bin ich.“

John lachte, trat noch einen Schritt näher, so dass sie jetzt kaum eine Armlänge voneinander entfernt standen.
„Vielleicht brauchst du einfach das richtige Gesellschaftsgetränk.“

„Oder die richtige Gesellschaft,“ murmelte Bob, ohne aufzusehen.

Johns Grinsen verschwand kurz – nicht, weil es ihn störte, sondern weil der Satz in ihm hängen blieb.
Irgendwo tief.

Bob drehte die Cola-Flasche zwischen den Fingern, als hätte sie plötzlich Gewicht bekommen. Sein Blick wanderte kurz über Johns Gesicht – die mühelose Sicherheit darin, die ihn immer gleichzeitig faszinierte und nervte.
„Womit hab ich denn die Ehre,“ sagte er trocken, aber da lag ein Hauch Nervosität in seiner Stimme, „dass der beliebteste Schüler der Schule plötzlich mit mir redet?“

Er wollte es sarkastisch klingen lassen, aber es klang eher… ehrlich. Ein Versuch, sich nicht klein zu fühlen.

John grinste, neigte leicht den Kopf. „Vielleicht wird’s ja mal Zeit, dass wir uns wirklich kennenlernen.“
Er sagte es locker, fast beiläufig – doch in seiner Brust vibrierte etwas Unruhiges, das er selbst nicht benennen konnte.

Er griff nach einer Bierdose vom Tresen, öffnete sie mit einem Zischen. Der Geruch von Hopfen und Metall mischte sich mit der kühlen Luft aus dem Kühlschrank.
„Wir sind jetzt seit was, dreizehn Jahren auf derselben Schule?“ fuhr er fort. „Und ich kenn dich eigentlich gar nicht. Nur den Typen, der im Unterricht nie redet, aber immer die richtigen Antworten hat.“

Bob zuckte mit den Schultern. „Tja. Manche reden, andere hören lieber zu.“

John lachte leise, lehnte sich mit der Hüfte an die Küchenzeile. „Dann hast du bestimmt ’ne Menge über uns alle gelernt.“

„Oder genug, um zu wissen, dass ich lieber nicht dazugehöre.“
Bobs Stimme war ruhig, aber es lag etwas Bitteres darunter.

John sah ihn einen Moment lang an – länger, als er sollte. „Vielleicht solltest du das selbst entscheiden. Nicht die anderen.“

Er nahm einen Schluck aus seiner Bierdose, aber sein Blick blieb auf Bob.
Der Junge vor ihm wirkte so… anders. Keine Maske. Kein Lächeln, das etwas verkaufen wollte. Nur echte Augen und Worte, die Gewicht hatten.

John grinste dann wieder, ein bisschen schief. „Außerdem… es kann ja nicht schaden, mal was Neues auszuprobieren, oder?“

Er hob die Bierdose leicht, als wollte er anstoßen – auch wenn Bob nur Cola hatte.
Ein stilles Angebot.
Kein Bluff diesmal.

„Vielleicht,“ murmelte Bob und hob gerade leicht seine Cola, als sich die Küchentür wieder öffnete.

„Na, wenn das nicht die unheilige Allianz des Abends ist!“ Lemar kam herein, breit grinsend, mit dieser typischen Energie, die selbst die Luft in Bewegung brachte. „Walker und Reynolds in einem Raum – was ist das hier, die Sozialstudie des Jahres?“

Bob seufzte kaum hörbar, stellte die Cola ab. „Ich wusste, es war zu ruhig.“

John grinste, aber sein Blick blieb an Lemar hängen. „Was willst du, Mann?“

„Ich brauch dich kurz, Bro.“ Lemar deutete auf Bob, als wäre er Teil des Plans. „Oder eher – ich brauch ihn.“

Bob runzelte die Stirn. „Mich?“

„Ja, dich. Du bist doch mit Karli cool. Die Kleine mit den roten Haaren, die immer riecht, als hätte sie in ’nem Biolabor übernachtet?“ Lemar rieb sich die Hände. „Mach sie mal locker. Sag ihr, sie soll mir was geben – du weißt schon, die blauen Pillen. Für mich und die Jungs. Nur bisschen, nix Wildes. Wir wollen Walker mal zeigen, wie man richtig chillt.“

John hob eine Augenbraue. „Moment. Was für Pillen?“

Lemar erstarrte für einen Moment, grinste dann gezwungen. „Äh… nichts Krasses, Bro. Nur’n bisschen Stimmungsaufheller. Du weißt schon, für die Vibes.“

„Die Vibes,“ wiederholte John langsam, stellte die Bierdose ab. „Lemar, du weißt, der Coach killt dich, wenn du mit so was erwischt wirst. Wenn er’s nicht tut, macht’s der Dopingtest vorm nächsten Spiel.“

Lemar zuckte mit den Schultern, tat, als wäre das alles halb so wild. „Ey, es ist nix Schlimmes. Nur ’n bisschen Spaß. Außerdem, keiner muss’s wissen. Ich dachte nur—“

„—du denkst nie genug,“ fiel John ihm ins Wort. Nicht laut, aber mit dieser Autorität, die sofort zog.

Lemar blinzelte, dann grinste er wieder, als wollte er die Spannung brechen. „Okay, okay, Captain Verantwortung. Kein Grund, gleich so ernst zu werden. Ich frag ja nur. Manchmal bist du echt mehr Coach als Spieler.“

„Jemand muss’s ja sein,“ entgegnete John ruhig, dann deutete er auf Bob. „Und Reynolds ist raus aus deinem kleinen Plan. Verstanden?“

Lemar hob abwehrend die Hände. „Schon gut, schon gut. Ich will doch niemanden in Schwierigkeiten bringen.“ Dann ließ er den Blick zwischen den beiden hin und her wandern, ein Schmunzeln auf den Lippen. „Aber sagt mal—was läuft hier eigentlich? Walker, du redest sonst nicht mal mit Leuten, die Bio mögen.“

Bob schnaubte leise. „Vielleicht hab ich ihn gezwungen.“

John grinste, aber sein Blick blieb ernst, wärmer als Lemar je gesehen hatte. „Vielleicht wollte ich einfach mal wissen, was passiert, wenn ich jemanden nicht nach seiner Position auf’m Feld beurteile.“

Lemar zog eine Augenbraue hoch. „Aha. Okay. Ich glaub, ich störe hier bei was. Ich geh mal lieber gucken, ob Olivia dich schon wieder sucht, Captain.“

„Tu das,“ sagte John trocken.

Lemar ging, immer noch grinsend, und ließ eine kurze, gespannte Stille zurück.

Bob sah John an, leicht spöttisch. „Also… Captain Verantwortung?“

John grinste schief. „Besser als Captain Chaos.“

„Kommt drauf an,“ murmelte Bob, „welcher von beiden mehr Spaß hat.“

Johns Lächeln blieb, aber seine Augen wirkten plötzlich nachdenklich – als wüsste er selbst nicht, auf welcher Seite er eigentlich steht.

John nahm noch einen Schluck aus seiner Bierdose, stellte sie dann halb auf die Arbeitsfläche, halb auf die Kühlschranktür, als könne er sich nicht entscheiden, ob er lässig oder ehrlich wirken wollte.
„Weißt du,“ sagte er mit einem leisen Lachen, das fast wie eine Entschuldigung klang, „eigentlich bin ich gar nicht so ein ernster Typ. Aber ich nehm Football… vielleicht bisschen zu ernst.“
Er zuckte mit den Schultern, der Blick kurz irgendwo zwischen Boden und Bob. „Ist halt meine Sache, weißt du? Wenn ich auf dem Feld bin, ist alles klar. Kein Lärm, kein Vater, kein Stress. Nur ich, das Team und der Ball.“

Bob schwieg erst. Er stützte sich leicht an den Tisch, die Cola in der Hand, und dachte einen Moment lang nach.

Er wusste genau, wie anders seine Welt aussah. Football war für ihn nie Befreiung gewesen, sondern Pflicht wenn sein Vater sich die kannte gab und ihn beobachte wie Gewaltsam er gegenüber ihm und seiner Mutter wurde. Football ist für Bob– etwas, das sein Vater immer als den Beweis von Stärke sah. „Ein richtiger Mann steht auf’m Platz, nicht hinter Büchern“, hatte er mal gesagt. Bob hatte das nie vergessen.
Und jetzt stand vor ihm jemand, der Football nicht aus Zwang, sondern aus Liebe spielte. Irgendwie machte das den Unterschied aus.

„Dann hast du’s besser getroffen als die meisten,“ sagte Bob schließlich leise.

John hob den Blick. „Wie meinst du?“

„Ich mein,“ Bob zuckte mit einer Schulter, „du hast was gefunden, was dich… erfüllt. Das ist selten. Die meisten suchen ewig, ohne zu wissen, was sie eigentlich wollen.“

John sah ihn an, überrascht von der Ehrlichkeit in dem Satz. Es war nicht ironisch, nicht spöttisch – einfach echt.

„Und du?“ fragte er nach einer kurzen Pause. „Was erfüllt dich, Reynolds?“

Bob lächelte schwach. „Bio. Physik. Dinge, die man erklären kann.“
Dann, mit einem kleinen Seitenblick: „Menschen eher weniger.“

John grinste. „Heißt das, ich bin ein Rätsel?“

„Ein ziemliches,“ antwortete Bob ruhig.

Sie hielten den Blick einen Moment. Keine Musik, keine Leute, keine Masken – nur zwei Jungen in einer Küche, die beide versuchten, nicht zu zeigen, dass ihnen diese Ruhe gefiel.

Dann räusperte sich John, lächelte wieder dieses unperfekte Lächeln, das zu selten durchkam. „Na, vielleicht kann ich ja was dagegen tun.“

Bob neigte leicht den Kopf. „Dagegen?“

„Dass du denkst, Menschen sind keine lohnende Forschungsarbeit.“

Bob grinste, leise, fast flüchtig. „Dann wünsch ich dir viel Erfolg bei deinem Experiment, Walker.“

John lachte, lehnte sich wieder an die Theke. „Challenge accepted.“

Die Stille in der Küche war gerade dabei, sich in etwas Angenehmes zu verwandeln — diese seltene Art von Ruhe, die nicht unangenehm war, sondern irgendwie… vertraut.
John wollte gerade etwas sagen, vielleicht etwas Dummes, vielleicht etwas Echtes — da hörte man Schritte. Absatzklackern auf Fliesen.

„Da bist du ja.“

Olivias Stimme schnitt durch den Moment wie kaltes Wasser. Sie stand im Türrahmen, die Arme verschränkt, das Gesicht perfekt geschminkt — nur ihr Blick war pures Gewitter. Lemar war direkt hinter ihr, mit einem schuldbewussten Grinsen, als würde er am liebsten rückwärts wieder verschwinden.

„Ich hab dir doch gesagt, du sollst mir fünf Minuten geben,“ murmelte Lemar leise, aber Olivia funkelte ihn an.

„Fünf Minuten? Er ist seit zwanzig verschwunden,“ sagte sie, den Blick nun fest auf John gerichtet. „Und ich darf raten, womit er seine Zeit verbringt.“

John seufzte kaum hörbar, rieb sich über den Nacken. „Liv, bitte fang hier nicht—“

„—oh, ich fang gar nichts an,“ unterbrach sie, ihr Ton scharf wie Glas. „Ich seh nur, dass du dich plötzlich für Reynolds hier interessierst. Der redet sonst mit Pflanzen mehr als mit Menschen.“

Bob, der noch immer an der Theke stand, erstarrte leicht, als wäre er kurz unsichtbar geworden — oder wollte es jetzt dringend sein. Er fühlte, wie sich die Luft veränderte, dicker wurde. Der Blick zwischen den dreien war genug, um ihn daran zu erinnern, warum er Menschenmengen mied.

Er hob die Cola, die kaum noch halbvoll war. „Äh… ich glaub, ich hol mir noch frische Luft.“

John sah ihn an, kurz, und in diesem Blick lag Verständnis. Kein Vorwurf, kein peinliches Schweigen — einfach Verständnis.

„Ja, mach das,“ sagte er ruhig. „Hier drin wird’s gerade zu warm.“

Bob nickte nur, stellte die Flasche ab und ging. Sein Gang war ruhig, aber John sah, wie seine Schultern sich leicht anspannten, als er durch die Tür verschwand.

Als sie fiel, wandte John sich wieder zu Olivia.

„War das jetzt nötig?“ fragte er leise.

„Nötig?“ Sie lachte spöttisch. „Ich wusste nicht, dass du dich jetzt mit Außenseitern anfreundest. Oder gibt’s da was, das ich wissen sollte?“

Lemar rollte unauffällig die Augen. „Liv, komm schon. Er hat nur geredet. Chill.“

„Ich bin chill,“ fauchte sie. „Aber ich find’s halt seltsam, dass mein Freund—“

„—Ex-Freund,“ korrigierte John ruhig.

Einen Moment lang war es still. Selbst Lemar sah kurz betreten aus.

John fuhr sich durch die Haare, atmete tief durch. „Ich hab keine Lust mehr auf diese kleinen Kriege, Liv. Ehrlich nicht. Ich will einfach… mal normal sein, okay?“

Olivia sah ihn an, verletzt, aber zu stolz, um das zu zeigen. Dann drehte sie sich wortlos um und ging.

Lemar blieb kurz stehen, schnaubte leise und grinste dann schwach. „Tja… wenigstens weiß sie jetzt, wo du stehst.“

„Ja,“ sagte John leise, mehr zu sich selbst als zu Lemar. Er starrte auf die Cola-Flasche, die Bob dagelassen hatte.

„Aber irgendwie,“ murmelte er, fast unhörbar, „hab ich das Gefühl, ich steh grad woanders, als ich dachte.“

Bob kehrte zurück zu Karli, die ihn mit hochgezogener Augenbraue musterte, als er sich neben sie setzte. „Du brauchst immer so lange?“ fragte sie, halb neckend, halb neugierig.

Bob zuckte nur mit den Schultern, ließ die Frage an sich abperlen und antwortete mit einem leichten Lächeln: „Top Secret.“

Karli lachte leise und nahm einen Zug aus ihrem Getränk. „Du bist echt ein enigma, Bob. Aber ich liebe Geheimnisse.“

Niemand hätte ahnen können, dass dieser Moment – dieser zufällige Zufluchtsort in der Küche – bald der Auftakt zu einer der wildesten Phasen der Nacht werden würde. Denn in den nächsten 30 Minuten, als die Musik wieder lauter wurde und der Poolbereich mehr und mehr von der Party eingenommen wurde, sollte ein ganz besonderer Moment eintreten. Ein Moment, der alles verändern konnte.

Die Musik und das Lachen der anderen Partygäste, die Gerüche von gegrilltem Fleisch und Sommerparfüm in der Luft, der stetige Rhythmus von Lichtern, die auf den Wellen des Pools tanzten – es war der perfekte Moment, um das Unvorhersehbare zu entfesseln.

Irgendwie fanden sich plötzlich alle um einen Tisch versammelt, einige trugen leere Flaschen in den Händen, andere schienen eher auf der Suche nach einer Herausforderung. Dann hörte man den Ruf: „Flaschendrehen!“

Es war einer dieser klassischen Partymomente, die so absurd waren, dass sie trotzdem ihren Reiz hatten. Leute, die sich nie im Leben freiwillig für so etwas melden würden, saßen plötzlich wie im Rausch auf dem Boden, um sich nach und nach den Blicken und Fragen der anderen auszusetzen. Der Kreis schloss sich. Die Flasche drehte sich, der Moment der Spannung war so greifbar wie der Sommer selbst.

Bob konnte das alles irgendwie fühlen, die Veränderung in der Luft, als er sich zwischen den Gesichtern umdrehte. Karli war schon mit einem kleinen Lächeln in den Kreis gerutscht, als sie den ersten Blick auf John erhaschte, der mit einer Mischung aus Neugier und Leichtigkeit neben Olivia saß. Die Welt schien sich hier ein bisschen langsamer zu drehen, als die Flasche vor Bob stoppte – und er sich plötzlich gefragt fühlte, wie es war, sich wirklich zu zeigen.

Er wusste, dass es keine einfache Nacht war. Aber es war die Nacht, in der jeder, ob er wollte oder nicht, etwas preisgeben musste.

Bob wollte nicht einmal mitspielen, aber Karli zwang ihn natürlich.

Aber dann traf ihn der Blick von John. Und in diesem Moment war es nicht mehr der Quarterback, nicht der Charismatiker oder der „Typ aus dem Team“. Es war einfach nur… John. Und Bob war irgendwie froh, dass er hier war, mitten in diesem chaotischen Moment, der plötzlich mehr bedeutete als all das andere.

Die Regeln von Flaschendrehen waren klar: Küsse, Fragen, Wahrheiten oder Lügen. Und in dieser Nacht – so viel war sicher – würden einige Wahrheiten ans Licht kommen.

„Okay, Leute, Flaschendrehen ist ja ganz nett,“ rief Eli über die Musik hinweg, ihre Wangen leicht gerötet vom Bier und dem Erfolg, die halbe Schule in ihrem Garten zu versammeln. „Aber ich hab eine viel bessere Idee!“

Ein aufgeregtes Raunen ging durch den Kreis, als sie die leere Flasche aufhob, mit einem breiten, schelmischen Grinsen.
„Sieben Minuten im Himmel!“

Einige jubelten, andere pfiffen, manche taten so, als wären sie zu cool dafür – aber alle waren plötzlich gespannt.

„Ihr kennt die Regeln,“ sagte Eli, und ließ die Flasche über den Boden rollen. Sie drehte sich, immer schneller, das Glas glitzerte im Poollicht. Alle hielten die Luft an, der Kreis schien zu schrumpfen.

Bis die Flasche langsamer wurde.
Langsamer.
Und dann stoppte.

Die Spitze zeigte auf John Walker.

„Ooooh!“ raunte die Menge, sofort laut und unüberhörbar. Lemar rief: „Na, Captain America, jetzt musst du zeigen, was du draufhast!“

John lachte gequält, kratzte sich im Nacken. „Ihr seid unmöglich, ehrlich.“

Eli grinste breit. „Noch unmöglicher wird’s gleich – weil jetzt die zweite Person dran ist!“ Sie drehte die Flasche erneut, diesmal mit fast theatralischer Geste.

Das Glas schnurrte über den Boden, zwischen Beinen, über den Teppich, drehte sich ein letztes Mal – und blieb stehen.

Auf Bob.

Für einen Moment war es, als würde die Luft gefrieren.
Niemand sagte etwas. Nur das dumpfe Pochen des Basses von draußen und das leise Gluckern des Pools waren zu hören.

Dann explodierte der Kreis in Geräuschen:
Pfiffe, Rufe, „Oh mein Gott!“ und ein triumphierendes „Das Universum will’s so!“ von Karli.

John starrte kurz auf die Flasche, dann zu Bob.
Bob sah zurück – ruhig, aber sein Herz raste so laut, dass er dachte, man müsste es hören.

Eli sprang auf. „Na los, ihr zwei! Ab in meinen Einbauschrank, sieben Minuten!“

„Eli, das ist doch—“ begann John, aber sie unterbrach ihn mit einem frechen Grinsen. „Regeln sind Regeln, Quarterback. Du bist auf meiner Party.“

Bevor er sich’s versah, schob sie beide Richtung Haus. Gelächter, Pfiffe, Rufe folgten ihnen. Lemar rief noch: „Ich zähl auf dich, Walker! Mach uns stolz!“

Die Tür zum Schlafzimmer fiel hinter ihnen zu.

Eli öffnete den großen, schmalen Einbauschrank, dessen Inneres gerade so Platz für zwei Personen bot – eng, dunkel, warm.
„Viel Spaß, ihr zwei,“ grinste sie, und schob sie beide hinein.

Dann fiel die Tür zu.
Ein Klick des Schlosses.
Stille.

John blinzelte kurz, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Der Schrank war eng, ihre Schultern streiften sich, und er konnte Bobs Atem hören – ruhig, aber nicht gleichmäßig.

„Na super,“ murmelte Bob trocken, „eingesperrt mit dem Quarterback. Klingt wie der Anfang von ’nem schlechten Teenie-Film.“

John grinste schwach, obwohl sein Puls verrücktspielte. „Kommt drauf an, wie der Film ausgeht.“

Bob lachte leise – kurz, aber echt. Und in der Dunkelheit war das Geräusch so nah, dass John plötzlich dachte, sieben Minuten könnten verdammt lang sein.

John lehnte sich ein wenig gegen die Schrankwand, seine Schulter streifte kurz die von Bob. Ein schelmisches Grinsen spielte auf seinen Lippen, obwohl er versuchte, es locker wirken zu lassen.

„Sieben Minuten, hm?“ sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu Bob. „Da gibt’s… naja, ein paar Möglichkeiten.“

Bob zog die Kapuze weiter ins Gesicht, verschränkte die Arme leicht. „Wir könnten reden… über Bio. Physik. Chemie. Oder vielleicht… Lieblingsserien. Oder… naja, nichts.“ Seine Stimme klang fast unsicher, aber auch neugierig.

John lachte leise, ein warmes, tiefes Lachen, das im kleinen Schrankraum widerhallte. „Reden ist gut… aber ich hab da so meine eigenen Ideen.“ Er ließ das offen, spielte mit dem Gedanken, wie eng es hier drin war, wie nah sie sich waren.

Bob merkte sofort, dass der Quarterback nicht von Biologie oder Serien redete. Er schluckte, ein kleiner Nervenkitzel durchfuhr ihn, gemischt mit Unsicherheit. „Ideen, hm?“ murmelte er, halb skeptisch, halb amüsiert.

John neigte den Kopf leicht, ließ das Grinsen noch breiter werden. „Ja… Sachen, die man sonst noch auf einer Party macht. Sachen, die… aber dieses mal nur wir zwei sehen.“

Bob errötete leicht, drehte den Blick weg, spielte mit den Fingerspitzen. „Na toll… klingt gefährlich. Und ich bin eher… unschuldig, was solche Sachen angeht.“

John lachte wieder, diesmal leiser, fast verschwörerisch. „Das macht es ja spannend, Reynolds. Ich wusste nicht, dass du so unschuldig sein kannst.“

Bob spürte, wie sein Herz schneller schlug, während er sich fragte, wie sieben Minuten im Himmel wohl enden würden.
Und John? John konnte kaum glauben, dass er selbst so interessiert war – an diesem stillen, unscheinbaren Jungen, der seit dem Kindergarten schon irgendwie sein Herz berührt hatte.

„Also… was machen wir zuerst?“ fragte Bob schließlich, halb herausfordernd, halb verlegen.

John grinste noch breiter, beugte sich leicht vor, so dass ihre Schultern fast zusammenstießen. „Das werden wir sehen.“

Und in der Dunkelheit des Schrankes begann ein Spiel, das keiner von beiden vorhergesehen hatte.

John lehnte sich noch ein Stück näher, so dass der kleine Abstand zwischen ihnen kaum spürbar war. Sein Grinsen war schelmisch, aber seine Augen funkelten neugierig, fast herausfordernd.

„Sag mal, Reynolds… willst du, dass ich dir zeige, was auch andere hier drin treiben?“

Bob schluckte. Sein Herz klopfte plötzlich so laut, dass er dachte, John müsse es hören. Er senkte den Blick, spielte nervös mit der Cola-Flasche in seinen Händen, als würde das den Mut stärken, den er gerade dringend brauchte.

„Ähm… ich…“ begann er, seine Stimme ein leises Flüstern, „ich weiß nicht… Ich meine… ich hab sowas noch nie gemacht.“

John lachte leise, warm, nicht spöttisch, sondern sanft. „Kein Stress, Reynolds. Ich kann auch Sanft sein.“

Bob hob die Augen wieder, und in Johns Blick lag etwas, das er nicht genau benennen konnte – Neugier, Wärme, vielleicht ein bisschen Herausforderung.

„Zusammen herausfinden… hm?“ murmelte er, ein Hauch von Nervosität, gemischt mit Neugier.

John nickte langsam. „Genau. Sieben Minuten im Himmel. Nur wir.“

Bob merkte, wie sich ein leichtes Kribbeln über seine Arme zog. „Okay…“, flüsterte er schließlich. „Dann… lass es uns versuchen.“

John lächelte, das schelmische Grinsen blieb, aber da war jetzt auch etwas Sanftes darin. „Gut. Dann fangen wir mal an.“

Die Dunkelheit des Schrankes fühlte sich plötzlich nicht mehr eng an – sondern wie ein kleiner Raum voller Möglichkeiten.

John rückte noch näher, sein Körper fast eng an Bobs gedrängt. Die Wärme von ihm war unverkennbar, und das enge Dunkel des Schrankes ließ alles intensiver wirken.

Seine Hand glitt langsam an Bobs Hüfte, zog ihn leicht an seinen Körper heran, so dass der Abstand zwischen ihnen verschwamm. Sein Atem war ruhig, aber sein Blick fest auf Bob gerichtet, fordernd, aber nicht drängend.

„Wenn du willst…“ flüsterte John, seine Stimme sanft und leise, „darfst du mich auch anfassen.“

Bob spürte, wie sein Herz raste. Für einen Moment war er stumm, die Gedanken wirbelten. Unsicherheit, Neugier, und ein ganz eigenes, neues Gefühl – etwas, das er noch nie so nah erlebt hatte.

Langsam hob er die Hand, zögerlich, tastete vorsichtig nach Johns Arm, dann über seine Schulter. Sein Atem ging schneller, aber er wollte nicht zurückweichen.

John lächelte sanft, als wollte er Bob beruhigen, aber gleichzeitig war das Funkeln in seinen Augen ein leises Versprechen von dem, was kommen könnte.
„Ganz ruhig, Reynolds… alles gut,“ murmelte er, fast mehr zu sich selbst als zu Bob.

Und für Bob fühlte sich dieser enge, dunkle Schrank plötzlich weniger bedrohlich an – und irgendwie… richtig.

Chapter 2: Noch mehr Schulparty

Summary:

Hoffentlich gefällt euch die Geschichte bisher, lass gerne etwas Liebe für die Zwei da. :)

Triggerwarnung: Diese Geschichte enthält Szenen von häuslicher Gewalt, Misshandlung und emotionalem Stress. Gewalt wird in keinem Fall verharmlost oder gerechtfertigt – sie ist ernst und real.

Wenn du selbst von Gewalt betroffen bist oder dich durch die Inhalte belastet fühlst, such dir bitte Unterstützung. Hilfe findest du zum Beispiel hier:
    •     In Deutschland: Nummer gegen Kummer – 116 111 oder www.nummergegenkummer.de
    •     Bei häuslicher Gewalt: Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen – 08000 116 016 oder www.hilfetelefon.de
    •     International: Über die Website der United Nations oder lokale Beratungsstellen

Du bist nicht allein. Es ist mutig, Hilfe zu suchen.❤️

Trotzdem viel Spaß.

Chapter Text

Johns Lächeln wurde weicher, fast unbewusst. Das leise „Du kannst mich auch Bob nennen“ klang irgendwie… echt. Kein gespielter Spruch, keine Maske – einfach ehrlich.

„Bob also,“ wiederholte John, fast so, als würde er den Namen schmecken. Er gefiel ihm – irgendwie passte er. Ruhig, aber mit einer Tiefe, die man erst bemerkte, wenn man wirklich hinhörte.

Er lehnte sich mit der Schulter leicht gegen die Schrankwand, das Licht draußen war nur noch ein matter Schimmer durch den Spalt in der Tür. „Okay, Bob,“ sagte er leise, sein Ton sanft, „dann nenn mich einfach John. Nicht Walker, nicht Quarterback – einfach nur John.“

Bob hob den Blick, und für einen Moment trafen sich ihre Augen in der Dunkelheit.
„Einfach John?“ fragte er leise, als wolle er testen, wie sich das anfühlte.

John nickte. „Klingt fair, oder?“

Bob lächelte schwach, fast schüchtern. „Ja… klingt fair.“

Es war still. Nur ihr Atem, dicht beieinander, und das entfernte dumpfe Wummern der Musik von draußen.

John senkte den Blick kurz, als würde er überlegen, dann sagte er leise:
„Weißt du… du bist anders, Bob. Nicht auf die komische Art – eher auf die Art, die man nicht so leicht vergisst.“

Bob spürte, wie sich etwas in seiner Brust zusammenzog – ein Knoten aus Nervosität und Wärme. „Und du bist… nicht so, wie ich gedacht hab.“

John grinste leicht. „Positiv oder negativ?“

„Ich sag’s dir… in sieben Minuten,“ murmelte Bob, und diesmal war es er, der den Blick hielt.

Der Schrank war enger, als Bob gedacht hatte. Zwischen den Jacken, dem alten Footballtrikot und ein paar halb verstaubten Kartons blieb kaum Platz zum Atmen. Seine Finger suchten Halt – und fanden Johns Arm.

John spürte, wie Bobs Hand an seinem Ärmel zitterte, nicht vor Angst, sondern vor Unsicherheit. Er hob langsam die eigene Hand, legte sie vorsichtig über Bobs Handgelenk. „Ist das okay?“ fragte er leise, fast flüsternd.

Bob nickte, obwohl er wusste, dass John es in der Dunkelheit kaum sehen konnte. Aber irgendwie schien John es zu fühlen.

Einen Moment lang sagten beide nichts. Die Stille war fast greifbar, ihr Atem füllte den Raum. Johns Stimme durchbrach sie schließlich – sanft, ehrlich:
„Ich… wollte dich nicht nervös machen. Ich wollt nur… wissen, wie sich das anfühlt.“

Bob sah auf, verwirrt und irgendwie berührt. „Wie was sich anfühlt?“

„Wenn man mal jemanden wirklich nah an sich ranlässt,“ murmelte John.

Bobs Herz pochte unregelmäßig, und in diesem Moment war es egal, dass sie eingesperrt waren, dass draußen Gelächter und Musik tobten. Hier drinnen war alles gedämpft – still, echt.

Bob antwortete leise: „Dann bist du wohl gerade dabei, es rauszufinden.“

John lachte leise, kaum hörbar. „Scheint so.“

Für einen Moment war es, als würde alles um sie herum verschwinden. Das Lachen draußen, die Musik, selbst das Licht unter der Tür – alles trat in den Hintergrund.

Bob und John standen sich gegenüber, so dicht, dass sie den Atem des anderen spüren konnten. Keiner sagte etwas, keiner wich aus.
Nur die Stille und das leise Rauschen des eigenen Pulses.

John hob leicht den Kopf, sein Blick suchte Bobs – unsicher, aber ehrlich. Er hatte kein Lächeln mehr auf den Lippen, nur diesen Ausdruck, der irgendwo zwischen Verwirrung und Verlangen nach Nähe lag.

Bob spürte, wie seine Brust sich hob, seine Finger zitterten leicht, doch er wich nicht zurück. Es war, als würde dieser Moment sie beide festhalten – und keiner wusste, ob er ihn wirklich brechen wollte.

„John…“ flüsterte Bob, aber mehr brachte er nicht heraus.

John antwortete nicht sofort, sondern sah ihn einfach an, als wollte er sich jedes Detail seines Gesichts merken. Dann atmete er tief durch, seine Stimme kaum hörbar:
„Ich weiß nicht, was das gerade ist… aber ich will’s nicht kaputtmachen.“

Bob nickte nur, und das war Antwort genug.

Der Moment hing noch in der Luft – so greifbar, dass selbst das dumpfe Pochen der Musik plötzlich weit weg schien. Ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt, ein Atemzug trennte sie, vielleicht weniger. Und dann—

Die Tür flog auf.

„Bro! Sorry, dass ich störe, aber—“ Lemar stockte, seine Augen weiteten sich, als er die Szene sah. „Oh. Ohh… äh. Scheiße.“

John blinzelte, das Licht der Partylampen blendete nach der Dunkelheit. Er trat automatisch einen Schritt zurück, rieb sich mit einer Hand übers Gesicht. „Lemar. Echt jetzt?“

„Ich schwör, ich wollt nicht—“ Lemar hob abwehrend die Hände. „Aber die Ridgefield-Jungs sind hier. Und die haben wieder ihre große Fresse. Eli meint, sie wären nur zum Spaß gekommen, aber… das sieht nicht danach aus.“

John atmete scharf aus, die Anspannung fiel sofort wieder über ihn. „Verdammt.“

Bob stand noch reglos da, die Schultern leicht angespannt, der Blick auf den Boden gerichtet. Die Röte in seinem Gesicht verriet mehr, als er wollte. Er öffnete den Mund, brachte aber kein Wort heraus.

John sah kurz zu ihm – ein flüchtiger, fast schuldbewusster Blick. „Hey… tut mir leid,“ murmelte er leise, nur für ihn. „Das war… keine Absicht.“

„Schon okay,“ murmelte Bob, obwohl es sich überhaupt nicht okay anfühlte.

Lemar warf John einen Blick zu, ungeduldig, aber wissend. „Walker, komm schon. Du kennst die Typen. Wenn wir nicht gleich draußen sind, machen die alles kaputt.“

John seufzte, der Kiefer angespannt. Er wandte sich noch einmal kurz zu Bob um.
„Ich muss los,“ sagte er ruhig, aber da lag etwas Bedauerndes in seiner Stimme.

Bob nickte nur.
Und als John und Lemar den Raum verließen, blieb Bob allein im offenen Schrank zurück – umgeben von fremden Jacken, verschwitzter Luft und einem Gefühl, das irgendwo zwischen verpasster Chance und unerwarteter Hoffnung lag.

Draußen hallte das Stimmengewirr der Party, dann das erste Rufen, ein dumpfer Aufprall – der Anfang von Ärger.
Und Bob wusste: Der Abend war noch lange nicht vorbei.

Die Stimmung hat sich schon verändert. Das Lachen war leiser geworden, die Musik lief zwar weiter, aber die Energie war anders – aufgeladener, rau.

John trat mit Lemar nach draußen, durch die Menge von Schülern, die jetzt eher schauten als tanzten. Am Rand des Pools standen vier Typen in den blauen Ridgefield-Jacken. Groß, laut, aufgepumpt – das typische Football-Arroganzpaket.

Einer von ihnen, der Anführer, grinste breit, als er John sah.
„Na, wenn das nicht der goldene Quarterback von der Custer’s Crove High ist,“ sagte er laut genug, dass alle es hörten. „Hab gehört, du brauchst ’ne neue Herausforderung, Walker.“

Johns Kiefer spannte sich. Er kannte den Ton – dieses selbstgefällige, provozierende.
„Ich brauch ’nen Abend ohne Stress,“ antwortete er ruhig, aber sein Blick war scharf. „Also, wie wär’s, wenn ihr einfach geht, bevor Eli hier richtig sauer wird?“

Der Ridgefield-Kapitän, Marcus Hale, lachte nur. „Oh, ich glaub, ich bleib lieber. Ist ’ne nette Party. Schade, dass ihr Grove-Typen keinen Spaß versteht.“

Lemar trat neben John, verschränkte die Arme. „Kommt drauf an, was du unter Spaß verstehst.“

Marcus trat einen Schritt näher, seine Freunde im Rücken. „Ich versteh unter Spaß, wenn man den selbsternannten Star dieser Stadt mal wieder auf den Boden der Tatsachen holt.“

John atmete durch, hob leicht die Hände, als wolle er signalisieren: Kein Bock auf Drama.
„Marcus, ernsthaft. Lass es. Wir sind hier, um zu feiern, nicht um wieder eure Komplexe zu therapieren.“

Ein paar Lacher gingen durch die Menge. Marcus’ Grinsen gefror. „Was hast du gesagt?“

John blieb ruhig, aber Lemar sah, wie seine Muskeln sich anspannten.
„Ich hab gesagt, du solltest einfach weiterziehen, bevor du dich wieder lächerlich machst.“

Ein Raunen ging durch die Menge – dieses gleich-knallt’s-Raunen.

Marcus machte einen Schritt nach vorn, so nah, dass sich ihre Stirnen fast berührten. „Oder was? Willst du’s wieder auf’m Rasen klären, Walker?“

John sah ihn an – kühl, kontrolliert, aber in seinen Augen blitzte etwas.
„Nein,“ sagte er ruhig. „Ich will’s diesmal gar nicht klären.“

Doch Marcus grinste nur breiter, als würde ihn das noch mehr reizen. „Feige geworden?“

Lemar flüsterte: „Bro, lass dich nicht drauf ein.“

John atmete durch. „Ich bin nicht feige. Ich bin einfach zu müde für Kindergarten.“

Ein Moment Stille. Dann stieß Marcus ihn mit der Schulter an – hart, absichtlich. Das Becken des Pools wackelte leicht, ein paar Becher kippten um.

Das war der Moment, in dem Bob, der gerade aus dem Haus kam, stehen blieb.
Er sah John da stehen, mit dieser angespannten Haltung, wie ein Drahtseil kurz vorm Reißen.

Und er wusste: Das konnte in die eine oder in die andere Richtung kippen.

Bob blieb wie angewurzelt stehen.
Die Luft draußen war schwer – nicht nur von Musik und Alkohol, sondern von dieser elektrischen Spannung, die kurz vor dem Entladen war. Er kannte diesen Moment. Dieses gefährliche Schweigen, das jeden Augenblick in Lärm explodieren konnte.

John stand dort, die Schultern straff, die Hände zu Fäusten geballt. Marcus grinste provozierend, trat noch einen halben Schritt näher, und Bob spürte, wie sich sein Magen zusammenzog.

„Na los, Walker,“ zischte Marcus. „Zeig doch, was der große Grove-Held kann. Oder war das mit deiner Stärke nur ein Gerücht?“

Bob schluckte. Nicht. Nicht schlagen. Bitte nicht.
Er kannte Männer wie Marcus.
Er kannte auch Männer wie seinen Vater.
Und er wusste, dass Gewalt immer den gleichen Blick hinterließ – kalt, leer, als hätte man ein Stück von sich selbst verloren.

„Oh Gott…“, murmelte Karli, die plötzlich neben ihm stand. Ihr Blick sprang zwischen John und Marcus hin und her. „Das geht gleich schief.“

Bob nickte stumm, den Blick starr auf John gerichtet. „Ich weiß.“

Karli flüsterte: „Wenn’s eskaliert, wir gehen sofort rein. Keine Diskussion.“

„Ja,“ sagte Bob leise. Aber seine Füße wollten sich nicht bewegen. Er wollte weg, aber etwas hielt ihn dort – dieses irrationale Bedürfnis, zu sehen, ob John wirklich… anders war. Ob er sich beherrschen konnte.

Marcus schnaubte. „Schon klar. Große Klappe, keine Eier.“

Ein paar Ridgefield-Jungs lachten. John spannte den Kiefer an, seine Finger zuckten, als würde jede Faser seines Körpers ihm befehlen, endlich zurückzuschlagen. Doch er blieb stehen. Atmete. Sah Marcus direkt an.

„Du willst Aufmerksamkeit, Marcus,“ sagte John ruhig, aber seine Stimme vibrierte leicht vor Zurückhaltung. „Und ich geb sie dir nicht. Also verpiss dich von Elis Grundstück.“

Ein Raunen ging durch die Menge. Niemand hatte damit gerechnet, dass John nicht zuschlug.

Marcus’ Grinsen kippte in Verachtung. „Feigling,“ spuckte er, dann wandte er sich halb ab, drehte sich aber im selben Moment wieder – und rammte John die Schulter, hart genug, dass der fast das Gleichgewicht verlor.

Lemar war sofort da, hielt John zurück. „Nicht, Bruder. Nicht jetzt.“

Bob atmete erst da wieder aus, ohne es zu merken. Karli legte ihm kurz eine Hand auf den Arm, ihre Finger leicht zitternd. „Ich hasse diese Typen,“ flüsterte sie.

„Ich auch,“ murmelte Bob. „Aber er… er hat’s nicht getan.“

John stand da, die Brust sich hebend und senkend, während Marcus und seine Jungs langsam abzogen. Der Tumult löste sich, die Musik nahm wieder Fahrt auf – aber die Stimmung blieb brüchig, wie ein Glas kurz vorm Splittern.

Und irgendwo zwischen Erleichterung und Unruhe spürte Bob diesen leisen, unvernünftigen Stolz auf John.
Dass er nicht zugeschlagen hatte.
Dass er anders war, als Bob es gewohnt war.

John ging schnellen Schrittes Richtung Haus, die Musik hinter ihm verschwamm zu einem dumpfen Wummern. Lemar folgte ihm, wie immer mit dieser Mischung aus Loyalität und Sorge, die nur beste Freunde kannten.

„Ey, Mann – du hast das richtig gemacht da draußen,“ sagte Lemar, als sie durch die Verandatür gingen. „Hättest du Marcus nur angerempelt, das wär sofort eskaliert. Du weißt, wie die Ridgefield-Typen sind.“

John antwortete nicht sofort. Seine Kiefermuskeln arbeiteten, während er sich eine Flasche vom Tisch schnappte – irgendwas Starkes, das nach billigem Rum roch – und sich einen großzügigen Schluck einschenkte.

„Ich weiß,“ murmelte er schließlich, „aber manchmal wünsch ich mir, ich hätt’s einfach getan. Nur einmal draufhauen, verstehst du? Damit sie endlich ruhig sind.“

Lemar seufzte, lehnte sich gegen die Wand. „Das ist genau das, was sie wollen. Du bist John Walker, Bro. Du hast was zu verlieren. Die nicht.“

John trank, als wollte er die Worte runterschlucken. Es brannte im Hals, aber nicht genug, um das Gefühl zu ersticken, das in seiner Brust tobte – dieser Druck, diese Wut, die sich nicht ausleben durfte.

„Ich hasse das,“ sagte er leise, fast zu sich selbst. „Immer stark sein. Immer das Richtige tun. Ich… ich will manchmal einfach nicht mehr überlegen.“

Lemar sah ihn ernst an. „Dann überleg wenigstens, bevor du dich besäufst. Okay?“

John lachte bitter. „Zu spät, Bruder.“

Er kippte den Rest des Glases runter und ließ sich auf die Couch sinken. Sein Blick glitt durch das Fenster – hinaus in den Garten, wo die Lichter flackerten und irgendwo in der Menge Bob stand.

Dieser Blick von vorhin. Diese Stille im Schrank.
Etwas daran hatte ihn getroffen, tiefer, als er sich eingestehen wollte.

„Ich geh mal kurz an die frische Luft,“ murmelte John und stand auf. Lemar wollte noch etwas sagen, ließ es dann aber bleiben. Er wusste, John brauchte manchmal einfach Raum, um nicht zu explodieren.

Draußen war die Luft kühler. Die Party ging weiter, aber John sah nur noch verschwommenes Licht und Bewegung.
Und irgendwo am Rand, zwischen Schatten und Musik, stand Bob wieder.

Bob hatte sich ein Stück abseits gestellt, halb hinter einem Busch, halb in der Dunkelheit. Karli war inzwischen verschwunden, vermutlich drinnen, um die Wogen zu glätten. Er brauchte diesen Moment allein. Der Lärm, die Lichter, die Spannungen – all das fühlte sich an, als würde die Nacht zu eng um ihn werden.

Er spürte noch immer dieses Adrenalin im Körper, obwohl er selbst gar nichts getan hatte. Nur gesehen. Nur gefühlt.
Wie knapp alles war.
Wie John da stand, kurz davor, alles zu verlieren – und es trotzdem nicht tat.

Bob nahm einen tiefen Atemzug, als er Schritte hinter sich hörte.

John.

Er hatte die Collegejacke ausgezogen, die Ärmel des Shirts hochgekrempelt. Der Alkohol schimmerte in seinen Augen, aber er wirkte nicht betrunken – eher wie jemand, der gerade versucht, nicht zusammenzubrechen.

„Ich hab dich gesucht,“ sagte John leise.

Bob zuckte leicht, überrascht. „Mich? Warum?“

John zuckte die Schultern. „Weiß nicht. Vielleicht, weil du der Einzige bist, der mich vorhin nicht angegafft hat wie ein verdammtes Spektakel.“
Er ließ sich auf die kleine Mauer neben Bob sinken, den Blick auf den Pool gerichtet, wo sich das Licht in flüssigem Gold spiegelte.

Ein Moment Stille. Nur Musik und das leise Klirren von Flaschen in der Ferne.

„Du hättest’s gesehen,“ sagte John nach einer Weile, „Marcus’ Blick, dieses Grinsen… Ich schwör, ich wollt ihm einfach nur die Fresse polieren. Ich hab mich so zusammenreißen müssen, Mann.“

Bob sah ihn an. „Aber du hast’s nicht getan.“

John grinste schief. „Ich weiß. Und trotzdem fühl ich mich, als hätt ich verloren.“

Bob schwieg kurz, dann sagte er: „Manchmal ist Stärke nicht das, was alle sehen wollen. Sondern das, was keiner bemerkt.“

John drehte den Kopf zu ihm. Die Worte hingen in der Luft, ehrlich, unspektakulär – aber sie trafen.

„Du redest wie jemand, der das kennt,“ murmelte John.

Bob zuckte leicht mit den Schultern, die Hände in der Tasche vergraben. „Vielleicht.“

Ein Windstoß ging durch den Garten, ließ Bobs Haare leicht ins Gesicht fallen. John beobachtete das, ohne es zu merken, sein Blick blieb hängen – an diesem leisen, fast zerbrechlichen Ausdruck, der irgendwie echt war inmitten all der Fassade um sie herum.

„Weißt du,“ sagte John schließlich, mit einem Anflug von Lächeln, „du bist echt schwer zu lesen.“

Bob erwiderte das Lächeln, klein, aber ehrlich. „Das sagen viele.“

„Ich mag das,“ sagte John. Fast flüsternd.

Und für einen Moment war da wieder dieses Gefühl aus dem Schrank – diese unsichtbare Spannung, die zwischen ihnen vibrierte, nur diesmal unter offenem Himmel.

Bob schob die Hände tiefer in die Taschen seines Hoodies, sein Blick glitt über den Pool, als würde er dort die richtigen Worte finden.
„Weißt du…“ begann er zögernd, „es gibt so Gerüchte über dich. Dass du, naja… gern Leute aufreißt. Auf Partys. Und so.“

John zog eine Augenbraue hoch, leicht überrascht, aber nicht wütend. Eher neugierig.
„Gerüchte, hm?“

Bob nickte, schnell, fast nervös. „Ich glaube ja nicht alles, was man hört… ich wollte nur… klarstellen, also… ich weiß eigentlich gar nicht genau, was ich sagen will.“

Er lachte leise, verlegen, trat einen halben Schritt zurück und sah kurz auf den Boden. Warum hatte er das überhaupt angesprochen? Es war, als hätte sein Mund entschieden, vor seinem Gehirn zu reden.

John schwieg einen Moment, bevor er langsam grinste – aber diesmal nicht spöttisch, eher weich.
„Also, du willst sagen, du glaubst nicht, dass ich ein Aufreißer bin?“

„Ich sag nur, dass ich… nicht weiß, wer du wirklich bist,“ murmelte Bob, und hob schließlich wieder den Blick. Seine Stimme war ruhig, fast fragend. „Und dass ich’s lieber rausfinde, als mir anhöre, was andere sagen.“

Johns Grinsen wurde leiser, echter.
„Das wär mir neu. Die meisten entscheiden sich lieber für die Gerüchte.“

„Ich bin nicht die meisten,“ antwortete Bob schlicht.

Einen Moment lang sahen sie sich einfach nur an. Kein Lächeln, kein Witz – nur dieses stille gegenseitige Abtasten, wie zwei Menschen, die sich gerade irgendwo zwischen Wahrheit und Neugier treffen.

Dann fuhr Bob sich verlegen durch die Haare. „Tut mir leid, das war wahrscheinlich total dumm, das jetzt zu sagen.“

John schüttelte den Kopf. „War’s nicht. War ehrlich.“
Er lehnte sich zurück, seine Stimme wurde etwas leiser. „Und ehrlich gesagt… die Gerüchte sind nicht ganz falsch. Ich war so. Vielleicht bin ich’s manchmal noch. Aber heute… keine Ahnung.“

Er sah kurz zu Bob, dann wieder weg.
„Heute hatte ich einfach keinen Bock, irgendjemand anderen anzulächeln.“

Bob zögerte kurz, die Worte hingen ihm auf der Zunge, schwerer als sie eigentlich sein sollten.
„Und… die Sache im Schrank,“ begann er leise, „also…“

Er verstummte, suchte nach einem Blick, der ihm half, weiterzureden – aber John sah ihn nur ruhig an, aufmerksam, fast zu aufmerksam.

Bob räusperte sich. „Ich mein, das war wahrscheinlich nur… Spaß, oder? Ein Spiel. So wie’s alle machen.“
Er versuchte, locker zu klingen, aber seine Stimme verriet ihn.

John lehnte sich leicht vor, der Schatten seiner Lippen im Licht der Poollampen weich und ernst zugleich.
„Willst du, dass es das war?“ fragte er ruhig.

Bob blinzelte. „Was?“

„Nur ein Spiel.“

Ein Moment Schweigen. Bob fühlte, wie sein Herz zu schnell schlug, als hätte es beschlossen, sich ohne Rücksprache in den Vordergrund zu drängen.
„Ich… weiß nicht,“ gab er zu. „Ich will einfach nicht falsch verstanden werden.“

Johns Blick wurde weicher. „Ich hab dich nicht falsch verstanden, Bob.“
Er sah kurz weg, dann wieder zu ihm. „Aber wenn du willst, dass ich’s vergesse, tu ich’s.“

Bob schluckte. Die Ehrlichkeit in Johns Stimme war wie ein Schlag – unerwartet und ehrlich.
„Ich… nein. Ich will nicht, dass du’s vergisst.“

Johns Mundwinkel hoben sich leicht, kaum sichtbar. „Gut.“

Und für einen kurzen Moment, irgendwo zwischen Lärm und Schweigen, fühlte sich die Nacht an, als würde sie den Atem anhalten.

John lachte leise, rieb sich über den Nacken und sah kurz in sein halb leeres Glas.
„Scheiße,“ murmelte er, „ich glaub, ich bin doch betrunkener, als ich ausseh.“

Bob hob leicht eine Augenbraue, unsicher, ob er lachen oder schweigen sollte.
„Das kann passieren,“ sagte er schließlich, vorsichtig.

John sah wieder zu ihm, ein schiefes, beinahe entschuldigendes Lächeln auf den Lippen. „Ja… aber betrunkene Leute sagen ja angeblich die Wahrheit, oder?“

Bob blinzelte. „Kommt drauf an, welche Wahrheit.“

John hielt seinem Blick stand, diesmal ohne das übliche charmante Grinsen, ohne Maske. Nur echt.
„Zum Beispiel die, dass ich dich da drin echt gern geküsst hätte.“

Die Worte trafen Bob unerwartet hart. Er fühlte, wie sein Magen sich kurz verkrampfte, und dann kam dieses flackernde, gefährliche Gefühl – Wärme, Schock, Verlegenheit, alles auf einmal.

„Oh.“
Mehr brachte er nicht heraus.

John lachte wieder, diesmal leiser, fast schüchtern. „Ja, oh.“
Er sah in die Dunkelheit, atmete tief durch. „Ich weiß nicht, was das war. Ich wollt’s einfach. Nicht, weil’s so’n Spiel war. Nicht, weil ich betrunken war. Sondern weil du da warst und ich… keine Ahnung. Ich wollt’s einfach.“

Bob schwieg. Sein Herz schlug zu laut, seine Gedanken zu schnell. Er suchte nach etwas zu sagen, aber nichts schien zu passen. Also stand er einfach da, während John weiter sprach, ehrlicher, als er es vermutlich je gewesen war.

„Ich bin nicht gut in sowas,“ sagte John leise. „Ich kann flirten, ich kann Leute anlächeln, aber echt sein… das ist irgendwie schwerer.“

Bob hob langsam den Blick. „Vielleicht bist du grad echter, als du denkst.“

John sah ihn an – und in diesem Blick lag etwas zwischen Erleichterung und Angst, als hätte er endlich etwas zugelassen, das er jahrelang weggedrückt hatte.

Bob wusste später nicht mehr, wie lange sie dort gestanden hatten. Minuten, vielleicht eine Stunde. Zwischen Musik, Stimmen und dem leisen Summen des Pools verschwamm alles zu einem warmen, verschwommenen Moment, der sich wie ein Traum anfühlte — einer, den man nicht zu laut aussprechen durfte, weil er sonst zerfiel.

Dann tauchte plötzlich Karli auf, ihr Blick leicht genervt, leicht besorgt.
„Bob, du kommst? Ich hab genug von den ganzen Muskelhirnen hier,“ sagte sie und deutete mit dem Kinn Richtung Terrasse.

Bob nickte, fast erleichtert, fast widerwillig. „Ja… komm gleich.“

Er drehte sich wieder zu John.
„Ich, äh… geh dann mal,“ sagte er leise.

John nickte, sein Blick blieb kurz an ihm hängen. „Klar. Komm gut heim.“

„Mach ich.“
Ein kleines, verlegenes Lächeln. Dann wandte Bob sich ab, steckte die Hände in die Taschen seines Hoodies und folgte Karli durch den Garten, vorbei an tanzenden Schülern, halbleeren Bechern und den letzten Resten der Nacht.

John blieb stehen, beobachtete, wie Bob und Karli im Dunkel der Auffahrt verschwanden. Erst als das Auto ansprang und die Rücklichter in der Ferne verblassten, merkte er, dass er die ganze Zeit lächelte — und dass sich das seltsam echt anfühlte.

Dann kam dieser plötzliche Stich der Erkenntnis.
„Verdammt,“ murmelte er. „Ich hab nicht mal seine Nummer.“

Lemar kam gerade wieder rein, zwei Becher in der Hand. „Was murmelt der große Walker da?“

John schüttelte nur den Kopf, nahm einen Schluck und grinste leicht.
„Nichts. Nur… dass ich wohl auf der nächsten Party echt aufpassen muss, wer in denselben Schrank wie ich gesperrt wird.“

Lemar sah ihn irritiert an. „Bruder, was?“

„Schon gut,“ sagte John, und dieses Mal lachte er ehrlich.

Karli hielt den Wagen am Rand der Straße an, der Motor brummte leise in der Dunkelheit. Die Straßenlaternen hier flackerten manchmal, und das Summen der Insekten übertönte fast das entfernte Echo der Party, die sie zurückgelassen hatten.

„War gar nicht so schlimm heute, oder?“ meinte Karli und sah zu Bob rüber, während sie eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich.

Bob zuckte leicht mit den Schultern. „Ging so. Ich bin überrascht, dass ich’s länger als zwanzig Minuten ausgehalten hab.“

„Du wirkst… komisch ruhig,“ stellte sie fest, halb grinsend. „Sei nicht so bescheiden, ich weiß du hast mit Walker ziemlich heftig geflirtet, er war schließlich auch an dir interessiert ?“

Bob lachte leise, blickte aus dem Fenster. „Vielleicht.“ Bobs Standard Aussage.

Karli grinste, wollte nachhaken, ließ es dann aber. Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, wann man nicht bohren sollte. Stattdessen startete sie leise Musik, irgendwas Altes, Weiches.

Als sie die Straße entlangfuhren, wurde es stiller, dunkler. Die Häuser wurden kleiner, die Gärten unordentlicher.
„Welche Hausnummer war’s nochmal?“ fragte Karli schließlich, den Blick auf die fast identischen Eingänge gerichtet.

Bob zeigte auf eine dunkle Seitenstraße. „Ich steig hier aus. Ist nicht weit.“

Karli runzelte die Stirn. „Bist du sicher? Ich kann dich—“

„Alles gut,“ unterbrach Bob sanft. „Ist nur ein paar Meter.“

Sie nickte, auch wenn sie ihm nicht ganz glaubte. „Na dann, Reynolds. Schlaf gut. Und mach keinen Ärger, ja?“

„Ich geb mein Bestes,“ sagte er mit einem kleinen, müden Lächeln.

Er stieg aus, schloss leise die Autotür und sah zu, wie der Wagen langsam davonrollte. Das rote Rücklicht verschwand in der Dunkelheit – und mit ihm der letzte Rest der Nacht, die sich für einen Moment fast leicht angefühlt hatte.

Bob zog die Kapuze über, steckte die Hände tief in die Taschen und ging den schmalen Gehweg entlang. Kein Licht brannte in den Fenstern. Nur der Wind, das Knirschen des Kieses unter seinen Schuhen und das entfernte Rufen eines Hundes irgendwo in der Nachbarschaft.

Er dachte an John.
An die Blicke.
An das fast passierte Mehr.

Und dann daran, dass er sich jetzt leise durch die Hintertür schleichen musste, ohne jemanden zu wecken.
Die Wirklichkeit hatte ihn wieder — aber diesmal trug sie ein leises, unfassbar stilles Lächeln in sich.

Bob trat leise in den schmalen Garten hinter dem Haus. Das Gras war feucht vom nächtlichen Tau, und die Dunkelheit schien hier dichter zu sein als überall sonst. Die Geräusche der Straße verblassten, je näher er der Hintertür kam.

Er griff nach der Klinke – vorsichtig, wie immer – und rüttelte sacht.
Abgeschlossen.

Er blinzelte. Das war ungewöhnlich. Die Tür war nie abgeschlossen. Nicht, wenn seine Mutter noch wach war. Nicht, wenn sein Vater…

Bobs Magen zog sich zusammen.
Das bedeutete nichts Gutes.

Er stand einen Moment reglos da, lauschte. Kein Fernseher, keine Stimmen. Nur dieses unheimliche, gespannte Schweigen, das das ganze Haus einzuhüllen schien.

Leise fluchte er. Dann umrundete er das Gebäude, duckte sich unter dem Küchenfenster hindurch und ging zu der Seite, wo sein Zimmer lag. Die Jalousie war halb runtergelassen, so wie er sie gelassen hatte. Er zog sie vorsichtig an, bis er genug Platz hatte, um durchzuschlüpfen.

Das Fenster klemmte etwas, er musste es leicht anheben. Ein dumpfes Quietschen hallte in der Stille.
Er erstarrte.
Nichts. Kein Geräusch aus dem Inneren.

Er atmete leise aus, schob das Fenster auf und stieg hinein.
Kaum hatte er den Boden berührt, hörte er es.

Ein tiefes, langsames Atmen.
Nicht sein eigenes.

Er hob den Kopf – und sah ihn.

Sein Vater saß im Halbdunkel, auf dem Stuhl neben dem Schreibtisch. Ein Glas in der Hand, die Augen rot unterlaufen, der Blick leer und doch schneidend.

„Schöner Abend?“ fragte er rau, die Stimme heiser vom Alkohol.

Bob blieb stehen, die Hände an der Fenstersims, sein Herz schlug gegen die Rippen wie ein gefangener Vogel.
Er wusste nicht, was er sagen sollte. Jedes Wort konnte jetzt das falsche sein.

„Ich war… nur kurz—“

„Ich hab dich gesehen,“ unterbrach ihn der Mann, und das leise Klirren des Glases, als es auf den Tisch gestellt wurde, klang lauter als jede Drohung.

Bob senkte den Blick. Er wusste, was jetzt kam.

(Achtung: Die folgende Szene enthält körperliche Gewalt und Misshandlung.)

Der Raum schien für einen Herzschlag stillzustehen — dann explodierte die Stille in einem rauen Knurren.
Sein Vater bewegte sich schneller, als Bob es erwartet hatte. Ein Arm schoss aus dem Halbdunkel, packte ihn an der Kapuze, zog ihn ruckartig hoch. Die Hand war hart, ungelenk, ohne Fürsorge.

„Wo warst du?“ keuchte die Stimme, mehr Schmerz als Frage. Worte stolperten, wurden zu Anschuldigungen, zu Vorwürfen, die Bob nicht entwirren konnte.

Bob versuchte sich loszureißen, Hände suchten Halt an Schultern, an Jacke — alles fühlte sich schmutzig und falsch an. „Ich hab’s dir gesagt, ich war nur—“
Sein Satz wurde von einem scharfen Schub unterbrochen, der ihn gegen den Schreibtisch schmetterte. Papier raschelte, ein Glas klirrte — seine eigene Atmung war plötzlich laut in seinen Ohren.

Der Blick seines Vaters war kalt, leer, wie eine Tür hinter der nichts als Gleichgültigkeit wartete. Mit einer Bewegung, die keine Diskussion duldete, packte er Bob am Arm und zog ihn aus dem Zimmer. Die Kälte des Flurs biss in Bobs Lungen; jeder Schritt hallte wie ein Urteil.

„Du denkst, du kannst herumziehen wie ein Penner und kommst dann einfach so heim?“ brummte sein Vater, die Worte hart. Es war nicht nur Zorn — es war Besitzanspruch, Demütigung, eine Machtgeste.

Im Haus war jetzt alles schief gewendet: Türen fielen, Schritte polterten, Stimmen waren rau. Bob spürte, wie ihm die Knie weich wurden, aber er konnte nicht weghauen, nicht weglaufen. Jahre von Angst hatten seine Fluchtmuskulatur lahmgelegt.

Sie erreichten die Kellertreppe, dann die Tür zum Dachboden. Sein Vater riss sie auf, warf Bob die Treppe hinauf, als wäre er ein Paket, das man loswerden wollte. Ein letzter, kalter Blick — „Schlaf dort. Und lern’s endlich.“ — dann fiel die Klappe hinter ihm zu. „UND WEHE ICH HÖRE DEIN GEHEULE“

Im Halbdunkel des Dachbodens landete Bob schwer auf dem Holzfußboden. Staub stieg auf, der Geruch von altem Sperrmüll und Mottenkugeln schlug ihm entgegen. Die einzige Lampe brannte dämpfend; Kisten und alte Möbel warfen lange Schatten. Die Tür klang, ein endgültiges, scharfes Klick.

Er saß da, die Atmung ein wilder, unregelmäßiger Rhythmus. Der Raum war eng, kalt, und doch seltsam still — keine weiteren Drohungen, kein Nachhaken, nur das dumpfe Pochen seines Herzens. Angst, Wut, Scham woben sich zu einem Knoten, der ihm den Magen zusammenzog.

Bob legte den Rücken gegen einen alten Koffer, zog die Knie an die Brust und umklammerte sie mit den Armen.

Als die Nacht weiterfloss, wurde das Zittern in seinen Händen langsam zu einer stummen Entschlossenheit. Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Aber irgendwo hinter dem Schmerz war ein klares, kaltes Denken: Er musste vorsichtiger sein. Und er musste aufpassen und vielleicht sollte er die nächste Zeit auf keine Party mehr gehen, obwohl er nicht mehr aufhören konnte an John zu denken.

Chapter 3: Ein neuer Tag - ein neues Schulprojekt

Chapter Text

Das Erste, was Bob spürte, war die Kälte. Der Boden unter der alten Matratze war hart, und seine Schultern taten weh, als hätte er auf Stein geschlafen. Ein matter Lichtstreifen fiel durch das kleine Dachfenster, Staub tanzte darin, ganz still.

Er wusste nicht genau, wie spät es war – aber lange schlafen konnte man hier oben sowieso nicht.

„Bob?“
Die Stimme seiner Mutter war leise, vorsichtig, fast schüchtern. So sprach sie nur manchmal – an den Tagen, an denen sie wieder sie selbst war.

Er richtete sich langsam auf, strich sich das Haar aus dem Gesicht und versuchte zu lächeln. „Ich bin wach.“

Sie trat ein Stück näher, stellte eine Tasse Tee auf den alten Koffer neben ihm. Kamillentee. Den mochte er eigentlich nicht, aber sie brachte ihn immer, wenn sie glaubte, dass er Trost braucht.
Vielleicht war das ihre Art, Entschuldigung zu sagen, ohne es auszusprechen.

Er nahm den Becher, die Finger froren darum. „Danke, Mom.“

Sie nickte, lächelte flüchtig – ein Lächeln, das zu schnell kam, um echt zu sein. Und für einen Moment fragte er sich, welche Version von ihr heute vor ihm stand. Die sanfte, die ihn „mein Junge“ nannte, oder die andere – die, die schreien konnte, bis selbst die Wände still wurden.

Bob war gut darin, das Spiel mitzuspielen. Das Lächeln zu erwidern, die Stimme ruhig zu halten.
Es war leichter, so zu tun, als wäre alles normal, als wieder spüren zu müssen, wie tief der Riss zwischen ihnen ging.

Und doch… wenn er sich entscheiden müsste – zwischen ihr und ihm –
würde er immer sie wählen.

Weil sie wenigstens manchmal noch so tat, als würde sie ihn lieben.

„Bob, du musst echt aufhören, deinem Vater solche Schrecken einzujagen,“ sagte sie, während sie ihre Hände nervös an der Kittelschürze rieb. „Er… er macht sich Sorgen um dich, weißt du? Deswegen wird er manchmal so… böse.“

Er hob langsam den Blick, die Teetasse noch immer in der Hand. Der Dampf war längst verflogen, aber die Worte hingen noch in der Luft, schwer und klebrig wie Rauch.

Sorgen.
Das war also die Geschichte, die sie sich selbst erzählte. Die Lüge, mit der sie nachts schlafen konnte.

Er nickte, ganz leicht, ohne etwas zu sagen.
Es war einfacher so.

Weil jedes Mal, wenn er widersprach, brach etwas in ihr.
Und obwohl er wusste, dass ihre Worte ihn verletzten, tat ihm ihr Schmerz immer noch leid.
Vielleicht war das seine größte Schwäche.

„Ich pass auf,“ sagte er leise, kaum mehr als ein Flüstern.

Sie lächelte wieder, zufrieden mit der Antwort, und ging. Ihre Schritte auf der Holztreppe klangen dumpf, bis sie im Erdgeschoss verschluckt wurden.

Bob starrte auf seine Hände, die zitterten, obwohl er sich sicher war, dass er keine Angst mehr haben wollte. Aber das Zittern kam trotzdem, aus irgendeiner tieferen Schicht, die er nicht kontrollieren konnte.

Das war keine Sorge, dachte er.
Das war Macht.
Und sie war zu zerbrechlich, um den Unterschied zu sehen.

Bob stellte den Becher beiseite, stand langsam auf und zog die alte Decke von den Schultern. Jeder Muskel tat weh – nicht so sehr von der Kälte, eher von der Anspannung, die nie wirklich wegging.

Er öffnete die Dachbodentür vorsichtig, um kein Geräusch zu machen. Im Haus roch es nach abgestandenem Kaffee und kaltem Rauch.

Im Bad drehte er das Wasser auf. Es gluckerte erst, dann kam ein dünner, lauwarmer Strahl. Er hielt die Hand darunter – nicht heiß, nicht angenehm, aber immerhin echt.
Er trat unter die Dusche, atmete tief ein.
Das Wasser war wie eine kleine Pause von allem. Ein paar Minuten, in denen er einfach nur sein konnte, ohne auf jedes Geräusch zu achten.

Als es langsam kalt wurde, stieg er heraus, wischte sich über das beschlagene Spiegelglas und sah sich an.
Er wirkte blasser als sonst, die Schatten unter seinen Augen dunkler. Aber er zwang sich zu einem schwachen Lächeln. Vielleicht glaubte er, dass es irgendwann echt aussehen würde, wenn er es nur oft genug versuchte.

Er zog eine dunkle Jeans an, die schon etwas zu eng saß, und einen alten, schwarzen Hoodie – sein Lieblingsstück. Der Stoff war weich vom vielen Waschen, fast wie eine Rüstung aus Baumwolle.

Als er die Schultasche nahm, sah er kurz zum Fenster hinaus. Der Himmel war grau, irgendwo bellte ein Hund.
Ein ganz normaler Morgen.
Und doch war in seinem Kopf noch immer dieses Gefühl von gestern – die Hitze des Moments, als John ihn angesehen hatte.
Und der Kuss, der nicht passiert war.

Er schüttelte den Gedanken ab, setzte die Kapuze auf und trat hinaus in die kühle Luft.
Neuer Tag. Gleiche Rolle.

Die Schule war noch halb leer, als Bob durch die Glastüren trat. Der Flur roch nach Reinigungsmittel und Kreide, das Licht der Neonröhren flackerte in unregelmäßigen Pulsen. Seine Schritte hallten leise, einsam – aber das war ihm lieber als die Stimmen, das Lachen, das noch kommen würde.

Er ging den vertrauten Weg zum Biologieraum. Seine Hand glitt kurz über die Türklinke, als würde er prüfen, ob sie noch da war – dieser Ort, an dem die Welt für ein paar Stunden stillstehen durfte.

„Du bist wieder früh da, Bob,“ sagte Mr. Banner, ohne von den Unterlagen aufzuschauen, die er sortierte.

Bobs Mundwinkel hoben sich leicht.
„Ja. Der Bus war zu schnell heute.“

„Oder du warst einfach zu pünktlich.“
Ein fast unsichtbares Schmunzeln zuckte über Mr. Banners Gesicht.

Bob setzte sich an seinen Platz, in die zweite Reihe am Fenster. Das Sonnenlicht war noch schwach, aber warm genug, um sich auf seinen Händen niederzulassen.

Mr. Banner arbeitete weiter, blätterte in Tests, zog mit rotem Stift Linien und Noten. Er sagte nichts weiter – und genau das war das Beste daran. Keine Fragen, kein Mitleid, kein „Wie geht’s dir, Bob?“. Nur dieses stille Einverständnis, dass Schweigen manchmal die freundlichste Sprache ist.

Nach einer Weile schloss Bob die Augen. Nur kurz, wie er sich sagte.
Er hörte das Rascheln von Papier, das leise Kratzen des Stiftes. Irgendwo draußen fuhr ein Auto vorbei, der Wind vibrierte gegen das Fenster.

Für einen Moment fühlte sich alles… friedlich an.

Und auch wenn niemand es wusste – das hier, diese kleinen, unscheinbaren Minuten im Klassenzimmer, waren das Nächste, was Bob an Sicherheit kannte.

John wachte mit einem Geräusch auf, das wie ein Presslufthammer in seinem Kopf klang – bis er merkte, dass es nur sein eigenes Herz war.
Er brauchte einen Moment, um zu kapieren, wo er war.

Nicht in seinem Zimmer.
Oder doch?

Das Licht war zu grell, das Hemd halb offen, und irgendwo roch es nach Parfum. Süß. Zu süß.

„Oh, du bist ja wach,“ sagte Olivias Stimme vom anderen Ende des Bettes, und allein der Tonfall reichte, um ihm klarzumachen, dass er irgendwas Dummes gesagt haben musste.

„Was… machst du hier?“ krächzte er, sich die Schläfen reibend.

Sie verschränkte die Arme. „Du hast mich gestern angebettelt, zu bleiben. Erinnerst du dich, Mr. Quarterback?“

John verzog das Gesicht. „Scheiße.“
Er erinnerte sich nur an Bruchstücke – an den Alkohol, das Chaos, daran, dass Lemar ihn irgendwann an Olivia übergeben hatte, und dann… nichts. Nur ein verschwommener Gedanke, dass er nicht allein sein wollte. Dass das Schweigen sonst wieder zu laut werden würde.

„Nichts ist passiert,“ sagte Olivia trocken. „Du hast bloß geredet. Viel. Und… ehrlich gesagt, zu ehrlich.“

John seufzte, zog sich das Shirt über den Kopf. „Super.“

„Du brauchst ’nen ordentlichen Espresso,“ sagte sie, stand auf und fuhr sich eine Hand durchs Haar. „Und vielleicht ein Leben, das nicht permanent in Scherben liegt.“

„Wow, danke für die Morgenmotivation,“ murmelte er.

Sie verdrehte die Augen, öffnete die Tür – und genau in dem Moment kam er die Treppe hoch.

Sein Vater.
Anzug, Uhr, kalter Blick.

„John!,“ sagte er, und selbst in dem einen Wort lag dieser Tonfall – dieser unsichtbare Druck, perfekt zu sein.
Dann sah er Olivia. Sein Gesicht hellte sich auf. „Olivia. Schön, dich zu sehen. Tut mir leid, ich hätte geklopft, wenn ich gewusst hätte, dass du hier bist.“

„Guten Morgen, Mr. Walker,ist dpch kein Problem“ antwortete sie höflich und deutlich netter als zu ihm.

„Läuft also wieder was zwischen euch?“ fragte sein Vater, als wäre das das Normalste auf der Welt.

„Nein,“ sagte John sofort.

Ein kurzes Schweigen. Dann kam das väterliche Lächeln, das mehr wie ein Befehl wirkte.
„Schade. Ihr wart ein schönes Paar. Ich hoffe, ihr zwei kriegt das wieder hin.“

John biss sich auf die Lippe. „Ja, sicher. Ich… geb mir Mühe.“

Er wusste, dass er lügen musste, um keine Diskussion zu starten. Aber in seinem Kopf drehte sich alles.
Olivia, Alkohol, sein Vater, dieses ganze falsche Bild, das alle von ihm hatten – und irgendwo dazwischen ein Gesicht, das nicht verschwinden wollte.

Bobs.

Nach einen 4 fachen Espresso für John fuhren die zwei los.

Olivia fuhr.
Natürlich fuhr Olivia. Sie hatte schließlich nichts getrunken.

John hätte es auch gar nicht gekonnt — seine Augen fühlten sich an, als würde jemand von innen mit Sandpapier drüberwischen, und jeder Herzschlag dröhnte noch immer in seinem Kopf.

„Kannst du bitte aufhören, so laut zu atmen?“ fauchte Olivia, während sie mit zu hoher Geschwindigkeit um die Kurve bog.

„Ich atme ganz normal,“ murmelte John und lehnte den Kopf gegen die Scheibe. Das Glas war kühl, angenehm gegen die pochende Stirn.

„Du siehst aus, als wärst du gestern von ’nem Bus überfahren worden,“ sagte sie und schnaufte. „Und ehrlich gesagt – du benimmst dich auch so.“

„Danke, Liv. Du hast echt ’n Händchen für Aufmunterung.“

Sie lachte trocken. „Du hättest mich gestern Nacht sehen sollen. Ich hab dich halb die Treppe hochgeschleppt, während du gelallt hast, dass du ‚keine Leere mehr willst‘. Was auch immer das heißen sollte.“

John verzog das Gesicht, schloss die Augen. „Ich war betrunken. Sag einfach, ich war betrunken.“

„Ja, das warst du,“ sagte sie, „aber leider auch ehrlich.“

Das Schweigen danach war schwer. Nur das Rauschen der Reifen auf Asphalt, der Wind, der an der Tür zog. John starrte aus dem Fenster, sah die grauen Straßen vorbeiziehen.
Es war ein seltsam vertrauter Trost: alles draußen zog vorbei, während er im Stillstand blieb.

„Wir sind spät dran,“ meinte Olivia schließlich. „Du hast gleich Bio, oder?“

John öffnete die Augen, sah auf die Uhr. „Ja. Mr. Banner.“

Sie grinste schief. „Dann richte ihm schöne Grüße von mir aus. Ich bin raus.“

Er verdrehte die Augen, aber innerlich spürte er etwas anderes – einen leisen Stich, weil er wusste, wer in diesem Unterricht auch saß.
Bob.

Als sie auf den Parkplatz der Schule einbogen, fühlte sich sein Magen flau an – nicht nur vom Alkohol.

Er stieg aus, zog sich die Jacke über und atmete tief durch.
Vielleicht war’s einfach der Nachhall von gestern.
Oder vielleicht… etwas, das er nicht benennen konnte.

Er machte sich auf den Weg Richtung Klassenzimmer.

John öffnete die Tür, gerade als das dumpfe Echo des Gongs verklang.
Perfektes Timing — oder, genauer gesagt, perfekt schlechtes Timing.

Mr. Banner blickte auf. Kein Wort, kein genervtes Seufzen, nur dieser kurze, scharfe Blick über den Rand seiner Brille, der alles sagte.

„Mr. Walker,“ begann er mit seiner ruhigen, kontrollierten Stimme, „wie großzügig von Ihnen, uns mit Ihrer Anwesenheit zu beehren.“

Ein paar Schüler kicherten leise. John verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen, das ungefähr so echt war wie seine Motivation.
„Verkehr, Sir.“

„Natürlich,“ sagte Mr. Banner trocken. „Setzen Sie sich. Und versuchen Sie diesmal, den Unterricht nicht zu stören.“

John nickte knapp, murmelte etwas, das entfernt nach „Ja, Sir“ klang, und ließ sich auf den nächstbesten Platz fallen — natürlich ganz hinten.
Er versuchte, die Augen halb offen zu halten, während Mr. Banner an die Tafel schrieb, aber der Lärm in seinem Kopf war lauter als alles andere.

Erst als er zur Seite blickte, fiel ihm auf, wer zwei Reihen weiter vorne saß.
Bob.

Kapuzenpulli, Schultern leicht eingezogen, aufmerksam über sein Heft gebeugt.
Ganz so, als würde er lieber unsichtbar sein.

John lehnte sich zurück, beobachtete ihn für einen Moment.
Das schwache Licht fiel durch die Fenster auf Bobs Haare, ließ sie fast golden schimmern. Und irgendetwas in Johns Brust zog sich zusammen, dieses seltsame Nachhallen vom Vorabend.

Er erinnerte sich an den Schrank.
An Bobs Stimme, leise und nervös.
An die fast-Berührung.

Er rieb sich die Schläfen, murmelte ein leises „Scheiße“ und versuchte, den Blick wieder auf die Tafel zu richten.

„Mr. Walker,“ kam Mr. Banners Stimme, ruhig, aber schneidend, „könnten Sie bitte wenigstens so tun, als würden Sie zuhören?“

Ein paar Köpfe drehten sich zu ihm. John räusperte sich, rieb sich den Nacken.
„Klar, Sir. Total bei der Sache.“

„Das ist gut,“ sagte Banner. „Dann können Sie bestimmt auch erklären, warum sich bei steigender Temperatur die Enzymaktivität zunächst erhöht und dann wieder abnimmt?“

John starrte ihn an.
Blankes Nichts.

„…Weil’s denen zu heiß wird?“ versuchte er schließlich.

Ein unterdrücktes Lachen ging durch den Raum.
Mr. Banner schüttelte kaum merklich den Kopf. „Faszinierend. Vielleicht versuchen Sie es das nächste Mal mit Biologie statt Comedy, ja?“

Bob hatte den Kopf leicht gedreht, aber er lachte nicht.
Er sah John nur kurz an – ein stilles, fast mitleidiges Lächeln.
Und John fühlte plötzlich etwas, das schlimmer war als Banners Spott:
dieses warme, flüchtige Gefühl, gesehen zu werden – ohne dass er wusste, ob ihm das gefiel oder Angst machte.

Der Unterricht nahm seinen Lauf, und Mr. Banner schritt mit einem Stapel korrigierter Tests durch die Reihen. Das Rascheln von Papier, das leise Kratzen von Stiften – und die gespannte Stille, die immer dann aufkam, wenn Noten verteilt wurden.

„Die Ergebnisse,“ sagte er knapp, „waren… sagen wir: durchwachsen. Einige von Ihnen scheinen Biologie immer noch mit Zauberei zu verwechseln.“

Ein paar Schüler kicherten nervös. John trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte, als wäre das alles egal. Aber innerlich spürte er dieses unangenehme Ziehen – das Wissen, dass sein Blatt gleich auf dem Tisch landen würde.

Mr. Banner legte das erste Blatt ab.
„Mr. Reynolds A plus. Wie erwartet.“

Bob nahm den Zettel entgegen, murmelte ein schüchternes „Danke, Sir“ und senkte den Blick.
John beobachtete ihn aus dem Augenwinkel. Natürlich. Natürlich hatte Bob wieder alles richtig.

Dann kam Mr. Banner bei ihm an.
Er legte das Blatt so leise auf Johns Tisch, dass das Rascheln lauter wirkte als nötig.

Oben prangte in roter Tinte: F

John starrte darauf.
Kein Kommentar, keine Anmerkung – nur das kalte, saubere Urteil.

„Mr. Walker,“ sagte Banner ruhig, „ich würde Ihnen empfehlen, sich jemandem zu suchen, der Ihnen den Stoff erklärt. Vielleicht jemand, der nicht im Football-Team ist.“

Einige Schüler kicherten wieder. John hob den Kopf, zwang sich zu einem lockeren Lächeln.
„Klar, Sir. Ich such mir jemanden… mit funktionierendem Gehirn.“

„Das wäre mal ein Anfang,“ entgegnete Banner, trocken wie immer. Dann ging er weiter.

John lehnte sich zurück, presste das Blatt zusammen, bis es zerknitterte.
Er hasste dieses Gefühl.
Er war der Typ, der auf dem Feld alles konnte — aber hier drin war er einfach nur der Typ, der versagt hat.

Sein Blick wanderte wieder zu Bob.
Wie ruhig er da saß, konzentriert, mit diesem nachdenklichen Blick, als würde er alles verstehen, nicht nur die Aufgaben, sondern die Welt.

John runzelte die Stirn.
Und zum ersten Mal kam ihm ein Gedanke, den er selbst kaum glauben konnte:
Vielleicht war Mr. Banner gar nicht so falsch. Vielleicht sollte er wirklich Bob fragen.

Die Stunde neigte sich dem Ende zu. Mr. Banner sammelte die Blicke ein, die zwischen Entsetzen und Erleichterung schwankten, als die Tests ausgeteilt waren.
Ein leises Stöhnen ging durch den Raum, als Eli ihr Blatt betrachtete.

„Schon wieder eine C minus?“ murmelte sie. „Das ist ja fast schon beleidigend.“

„Fast,“ meinte Bob halblaut, ohne aufzusehen.

Eli verdrehte die Augen, aber in seinem Kopf ratterte es bereits. Sie hob die Hand.
„Mr. Banner, wäre es möglich, eine Zusatzaufgabe zu machen? Vielleicht ein Referat? Ich mein, das Senior Year läuft, und ehrlich gesagt wär’s cool, wenn man seine Note etwas retten könnte.“

Mr. Banner sah von seinem Schreibtisch auf, musterte ihn lange.
„Ein Referat also. Hm.“
Er tippte mit einem Stift gegen den Tisch, dachte nach.
„Nun… das wäre vertretbar. Aber nur, wenn Sie sich jemanden suchen, der Sie…“ – er machte eine kurze, vielsagende Pause – „ausgleicht.“

Eli grinste breit. „Also Teamarbeit?“

„Genau. Zu zweit. Thema nach Wahl, aber wissenschaftlich solide.“

Ein leises Raunen ging durch den Raum. Einige sahen sich schon nach potenziellen Partnern um. John tat so, als würde ihn das nicht interessieren, aber seine Finger trommelten unruhig auf die Tischplatte.

Mr. Banner sah auf die Uhr. „Sie haben bis morgen Zeit, sich zu entscheiden, mit wem Sie arbeiten möchten. Das wird Ihre letzte große Chance vor der Abschlussprüfung.“

Die Glocke klingelte. Sofort füllte sich der Raum mit Bewegung, Stimmen, Papiergeraschel.
Bob packte seine Sachen zusammen, ordnete sie wie immer ordentlich.
John stand auf, steckte seinen zerknitterten Test achtlos in den Rucksack und warf einen Blick zu Bob.

Jetzt oder nie.

Er trat an ihn heran, unsicher, fast schüchtern, was bei ihm selten vorkam.
„Hey, äh… Bob?“

Bob blickte auf, überrascht.
„Ja?“

John fuhr sich durch die Haare, suchte nach Worten, die nicht total dämlich klangen.
„Also… du hast ja gehört, was Banner gesagt hat. Ich bin… nicht so der Bio-Typ. Und, naja — du bist’s offensichtlich.“
Er lachte kurz auf, verlegen, aber ehrlich.
„Ich dachte, vielleicht könnten wir das Referat zusammen machen. Wenn du willst.“

Bob blinzelte, unsicher.
„Du willst… mit mir arbeiten?“

„Naja,“ sagte John, grinste leicht, „du bist die A+, ich bin die Katastrophe — klingt doch nach perfektem Gleichgewicht, oder?“

Für einen Moment war es still. Dann nickte Bob zögernd.
„Okay. Ich… denke, wir könnten es ausprobieren.“

John grinste breiter, fast erleichtert.
„Cool. Dann… sehen wir uns später? Vielleicht in der Bibliothek?“

„Ja… klingt gut,“ antwortete Bob leise.

Als John den Klassenraum verließ, konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen.
Nicht, weil er die Note retten wollte — sondern weil er das Gefühl hatte, dass dieses Referat vielleicht mehr verändern würde als nur seine Biologie-Note.

Die Klasse hatte sich bereits aufgelöst, Stimmen und Schritte verklangen auf dem Flur.
Bob blieb wie immer einen Moment länger sitzen, sammelte seine Sachen ordentlich zusammen.

Mr. Banner sah kurz von seinen Unterlagen auf.
„Bob“

Bob hob den Blick. „Ja, Sir?“

Der Lehrer musterte ihn mit diesem prüfenden, aber nicht unfreundlichen Blick.
„Mr. Walker also?“, sagte er leise, fast mehr eine Feststellung als eine Frage.

Bob spürte, wie ihm das Blut leicht in die Wangen stieg.
„Er hat mich gefragt. Und… ich dachte, warum nicht.“

Mr. Banner nickte langsam, schob seine Brille etwas höher.
„Ich verstehe. Nur… sei vorsichtig, Bob.“
Er sprach das so ruhig, dass es fast väterlich klang.
„Manchmal suchen Menschen Nähe, wenn sie eigentlich etwas ganz anderes brauchen.“

Bob wusste nicht recht, was er sagen sollte.
Er nickte nur, packte seinen Rucksack und murmelte: „Ja, Sir. Ich bin immer vorsichtig.“

Als er hinausging, blieb ihm dieser Satz im Kopf.
Manchmal suchen Menschen Nähe, wenn sie eigentlich etwas ganz anderes brauchen.
Und Bob fragte sich, ob das bei John Walker auch so war.

Nachmittags war die Schule längst leerer geworden, das gedämpfte Summen der Neonlichter in den Fluren war fast das Einzige, was man noch hörte. Draußen dämmerte es bereits, als Bob die Bibliothek betrat.

Er war müde — körperlich und innerlich. Die letzte Nacht hatte Spuren hinterlassen, und obwohl er sich unter der Dusche versucht hatte, die Müdigkeit wegzuwaschen, klebte sie immer noch an ihm wie eine zweite Haut. Aber wenigstens war hier Ruhe.

In einer hinteren Ecke saß bereits John, halb über einem Notizblock, halb über einem Kaffeebecher zusammengefallen. Er sah nicht besser aus als Bob — die Schatten unter seinen Augen sprachen Bände.

Bob blieb kurz stehen, beobachtete ihn.
John war sonst der Typ, der immer Energie hatte, der immer an war. Aber jetzt wirkte er… leer. So, als wäre das Lächeln, das er morgens trug, irgendwo auf dem Schulhof verloren gegangen.

Als John ihn bemerkte, richtete er sich auf, versuchte, Haltung zu bewahren.
„Hey,“ sagte er, und seine Stimme klang rau, als hätte er seit Stunden nicht mehr richtig gesprochen. „Du bist pünktlich. Beeindruckend.“

„Ich bin meistens pünktlich,“ antwortete Bob ruhig und setzte sich ihm gegenüber.
Er stellte seinen Rucksack ab und sah auf Johns Becher. „Kaffee?“

John grinste müde. „Doppelt. Ich hab gedacht, ich brauch den heute mehr als Luft.“
Er rieb sich über die Stirn. „Ich hatte… sagen wir, eine beschissene Nacht.“

Bob nickte nur. „Ich auch.“

Für einen Moment schwiegen sie beide. Das Summen der Lampen füllte die Stille zwischen ihnen. Zwei Jungs, aus völlig verschiedenen Welten, die heute aus denselben Gründen müde waren.

John lehnte sich zurück, musterte Bob.
„Na dann,“ sagte er leise, „scheint ja, als wären wir beide nicht gerade in Bestform. Vielleicht sollten wir wenigstens so tun, als würden wir was schaffen.“

Bob schnaubte leise, fast ein Lächeln. „Ein Plan, der nach Erfolg riecht.“

John grinste. „Siehst du? Wir verstehen uns doch schon.“

Und für einen kurzen Moment fühlte es sich nicht mehr wie Schulprojekt oder Pflicht an — sondern wie ein seltsamer Anfang von etwas, das keiner von beiden ganz greifen konnte.

Sie breiteten die Unterlagen auf dem Tisch aus. Bücher, Notizen, Ausdrucke – alles, was sie für das Referat über Enzymaktivität und Stoffwechselprozesse brauchten.

„Also… wir sollten erstmal die Aufgaben aufteilen,“ begann Bob. „Ich kann den theoretischen Teil übernehmen – Mechanismen, Formeln, so Zeug.“

John nickte, griff nach dem Laptop, starrte die Excel-Tabelle an und verzog das Gesicht.
„Okay… ähm… wie genau funktioniert nochmal so ein Diagramm? Ich meine, Zahlen… sind nicht so mein Ding.“
Er tippte wild ein paar Zahlen ein, die sofort verschoben wurden.
Bob musste leicht lächeln. „Du warst wirklich nie so der Zahlenmensch, oder?“

„Nee… naja… irgendwie schon, aber…“ John zuckte mit den Schultern, „ich hab das damals einfach irgendwie geschafft.“
Bob hob eine Augenbraue. „Wirklich? Wie hast du’s in den Erweiterungskurs geschafft?“

John schluckte, grinste schief, ein bisschen verlegen.
„Also… ich hab’s bei dem zweiten besten Schüler im Bio-Unterricht abgeschrieben, bevor die Klassen getrennt wurden.“

Bob nickte nur ruhig, ohne jede Spur von Verurteilung.
„Ah. Okay…“, sagte er leise. „Klingt logisch.“

John lachte kurz auf, ein erleichtertes, ehrliches Lachen. „Ich weiß, ich sollte mich schämen, aber… hey, du bist der erste, bei dem ich das offen zugeben kann.“

Bob zuckte mit den Schultern, während er weiter seine Notizen machte. „Kein Problem. Ich wollte nur wissen. Dann weiß ich halt, auf welchem Stand du bist, und kann dich beim Lernen besser abholen.“

John sah ihn an, ein Funken Respekt in seinen Augen. „Hm… clever.“
Und für einen Moment schien alles einfacher: Zwei so unterschiedliche Typen, die plötzlich auf derselben Seite standen – nicht nur fürs Referat, sondern irgendwie auch für den Moment.

 

John lehnte sich zurück, während er auf die Notizen starrte.
„Weißt du,“ begann er und grinste schelmisch, „das einzige Thema, bei dem ich in Bio wirklich gut bin… ist Fortpflanzung.“

Bob blickte hoch, das Blut schoss ihm für einen kurzen Moment in die Wangen.
„…Wie bitte?“ stammelte er, der erste Gedanke in seinem Kopf war, dass John es wahrscheinlich anders meinte, aber der Tonfall ließ genug Spielraum für eine andere Interpretation.

John lachte leise. „Ich mein Fortpflanzung, Bio, klar… Pflanzen, Tiere, alles wissenschaftlich. Nicht… du weißt schon.“
Er machte eine schnelle Handbewegung, als wollte er die Luft klären, sah aber, dass Bob leicht rot geworden war.

Bob räusperte sich, schaute auf seine Notizen. „Klar… ich dachte schon…“, murmelte er, aber das leichte Lächeln, das dabei über seine Lippen huschte, verriet, dass er John nicht verurteilte — im Gegenteil, er fand die Zweideutigkeit irgendwie amüsant.

John grinste, fühlte sich ein kleines bisschen ertappt, aber auch erleichtert, dass Bob nicht peinlich berührt reagierte.
„Okay,“ sagte Bob schließlich und drehte sich wieder den Aufgaben zu. „Lass uns weitermachen, sonst schaffen wir müssen dir auch eine 1+ verschaffen.“

John nickte, aber ein kleines Funkeln in seinen Augen blieb, während er die Zahlen und Diagramme bearbeitete.
Sie arbeiteten weiter, Seiten blätterten, Finger berührten sich flüchtig, wenn sie Notizen austauschten oder die Reihenfolge der Blätter korrigierten.

Bei jedem kurzen Blick aufeinander wuchs das stille Vertrauen, das langsam zwischen ihnen entstand.
John stellte gelegentlich Fragen, Bob erklärte ruhig, ohne Vorwürfe, und korrigierte sanft seine Fehler.
Es war Arbeit, aber auch ein leiser Tanz aus Nähe, gegenseitigem Respekt und einem Hauch von Spannung, den keiner von beiden laut aussprechen musste.

Und so vergingen die Stunden, während sie sich immer weiter in ihr Projekt vertieften – die gute Note schien greifbar, genauso wie die Möglichkeit, dass sie mehr über einander erfahren könnten, als sie je erwartet hatten.

Der Nachmittag zog sich hin, die Bibliothek war mittlerweile fast leer. Nur das leise Umblättern von Seiten und das Summen der Neonlampen über ihnen waren zu hören.

Bob schrieb konzentriert Formeln und Begriffe in seine saubere Handschrift, während John sich bemühte, mitzuhalten.
„Also… wenn die Mutation dominant vererbt wird, dann—“
„Dann hat das Nachkommen eine höhere Wahrscheinlichkeit, die Eigenschaft zu übernehmen,“ fiel Bob ruhig ein, ohne den Blick zu heben.
John grinste. „Richtig. Ich wusste das. Fast.“

Bob hob kurz den Kopf und sah ihn an. „Ich glaub dir das sogar.“
„Echt?“
„Naja… zumindest halb.“

John lachte leise und ließ sich in seinen Stuhl fallen.
„Du bist echt anders, weißt du das?“ sagte er schließlich.
„Wie meinst du das?“
„Ich mein… du lachst nicht über Leute. Du tust nicht so, als wärst du was Besseres. Und du redest… ruhig.“

Bob zuckte mit den Schultern. „Ich hab gelernt, dass man nicht lauter wird, wenn man Recht hat.“
John sah ihn nachdenklich an. „Klingt, als hättest du das schon oft gebraucht.“

Bob wich seinem Blick kurz aus. „Vielleicht. Ist ja auch nicht so wichtig.“
Er wollte nicht, dass jemand in seiner Stimme das hörte, was da manchmal mitschwang – Müdigkeit, oder vielleicht etwas, das wie Angst klang.

John überlegte kurz, dann wechselte er das Thema, aber auf eine Art, die trotzdem warm blieb.
„Du wohnst hier in der Nähe, oder?“
„Mehr oder weniger.“ Bob lächelte schwach. „Sagen wir: nah genug, dass ich zu Fuß gehen kann, aber weit genug, dass’s sich wie ein Marathon anfühlt.“
„Klingt anstrengend.“
„Nur, wenn’s regnet.“

Sie lachten beide leise, und für einen Moment fühlte es sich seltsam leicht an.
Bob merkte, dass er John in einem anderen Licht sah. Nicht nur der Football-Typ mit den perfekten Schultern und dem charmanten Grinsen, sondern jemand, der tatsächlich zuhörte.
Und John… bemerkte, dass Bob ihm irgendwie gut tat. Dass er sich in seiner Nähe ruhiger fühlte, als er es gewohnt war.

Die Uhr über ihnen tickte.
Bob blätterte eine Seite um. „Wir sollten uns langsam auf den Weg nach Hause machen.“
John nickte „Ja ist schon spät geworden.“

Draußen war es bereits dunkel, als die Bibliothek schloss. Die Luft war kühl, aber nicht unangenehm, und die Straßenlaternen warfen ein flackerndes, warmes Licht über den Gehweg.
Bob schulterte seinen Rucksack, während John gähnend die letzten Notizen in seine Tasche stopfte.

„Ich glaub, mein Gehirn ist offiziell überhitzt,“ murmelte John.
„Dann hat es ja endlich gearbeitet,“ entgegnete Bob trocken.
John grinste. „Frech geworden, was?“

Beide gingen nebeneinander den Weg hinunter zur Bushaltestelle. Bob war überrascht, wie normal sich das anfühlte – keine peinlichen Pausen, kein Druck. Nur Schritte auf Asphalt und das ferne Rauschen der Stadt.

„Nimmst du den Bus?“ fragte John schließlich.
„Ja, muss ich. Ist billiger als Taxi und… ich hab keinen Führerschein.“
„Echt? Dachte, du wärst so einer, der überall mit’m Fahrrad hinkommt.“
Bob lachte leise. „Hatte mal eins. Wurde geklaut.“

John schüttelte grinsend den Kopf, dann griff er in seine Jackentasche. „Dann zahl ich heute. Ich hab eh ’das Geld.“
„Musst du nicht—“
„Will ich aber,“ fiel John ihm ins Wort. „Ist ja quasi Nachhilfe-Gebühr.“

Bob nahm das Ticket zögerlich, seine Finger streiften Johns Hand. Für einen Moment blieb er still. „Danke.“
„Kein Ding,“ meinte John, doch seine Stimme war leiser als sonst.
„Ich hätte dich auch nachhause gefahren, naja wenn ich gestern nicht so besoffen gewesen wäre“ sagte John, während er kurz an gestern Abend gedacht hatte.

Der Bus kam mit quietschenden Bremsen an. Sie stiegen ein und setzten sich ganz hinten hin. Nur wenige Leute waren unterwegs. Das Licht über ihren Köpfen flackerte leicht, der Motor brummte.

„Also…“ begann John und starrte auf die vorbeiziehenden Lichter, „du warst echt gut heute. Ohne dich, wüsste ich nicht, wie ich diese Note verbessern könnte“
„Du brauchst nur ’n bisschen Struktur,“ sagte Bob. „Und weniger Ablenkung.“
„Ablenkung?“ John grinste. „Meinst du Olivia?“
Bob grinste zurück, aber sagte nichts.

Eine Weile sprachen sie über Kleinigkeiten – Schule, Lehrer, Musik – und es war seltsam, wie einfach das ging. Keine Masken, kein Druck. Nur zwei Jungs, die sich langsam aneinander gewöhnten.

Als der Bus an Bobs Haltestelle hielt, stand er auf.
„Das war… echt nett,“ sagte er leise.
„Ja, fand ich auch,“ antwortete John.

Bob nickte kurz, fast so, als wolle er noch etwas sagen, tat es aber nicht.
„Bis morgen, Bob.“
„Bis morgen, John.“

Die Türen schlossen sich, und John blieb sitzen, sah ihm nach, bis der Bus wieder anfuhr und Bobs Silhouette zwischen den Straßenlaternen verschwand.

Er wusste nicht genau, was das gerade war – Freundschaft, Neugier oder etwas dazwischen. Aber es fühlte sich an, als hätte der Abend etwas verschoben.

Etwas in ihm.

Die nächsten zwei Tage verliefen unspektakulär.
Bob hatte seine Ruhe – keine väterlichen Ausbrüche, keine neuen Diskussionen. Seine Mutter war in einer ihrer ruhigen Phasen, und Mr. Banner lobte ihn sogar im Unterricht für seine Gründlichkeit beim Projekt. Es war fast, als würde sich die Welt für einen kurzen Moment langsamer drehen.

John dagegen hatte das Haus für sich allein. Sein Vater war geschäftlich unterwegs, Olivia hielt sich überraschend zurück, und selbst das Teamtraining war auf ein Minimum reduziert. Doch genau das machte ihn unruhig. Stille mochte er nicht. Wenn es zu leise war, fing er an nachzudenken – über Dinge, die er lieber verdrängte.

Am dritten Tag saß er schließlich mit Lemar in der Cafeteria, zwei Tabletts voller Pommes zwischen ihnen. Lemar schob sich eine Handvoll in den Mund und musterte John neugierig.

„Bro, du warst vorgestern einfach weg. Was war los? Ich dacht, du kommst noch zur Afterparty.“
John zuckte mit den Schultern. „War mit Bob in der Bibliothek.“
Lemar verschluckte sich fast. „Mit wem?“
„Mit Reynolds. Bio-Projekt.“

Lemar starrte ihn an. „Moment mal. Du meinst den Bob? Der mit der Käutetrhexe abhängt?“
„Der genau.“ John grinste leicht.
„Und du hängst jetzt also mit dem Typen rum?“
„Naja… wir mussten ja arbeiten. Und danach hab ich ihn noch zum Bus gebracht.“

Lemar lachte laut auf. „Zum Bus? John Walker, der Quarterback mit Daddy’s Tesla in der Garage, fährt jetzt mit’m Linienbus?“
John verdrehte die Augen, aber konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Ja, Mann. Ich weiß. Klingt bescheuert. Aber war irgendwie… chillig.“

„Chillig? Bro, du wirst weich.“ Lemar stieß ihn mit dem Ellbogen an.
„Vielleicht. Oder ich hab einfach mal jemanden getroffen, der nicht sofort was von mir will.“

Lemar wurde kurz still, dann grinste wieder. „Das klingt fast nach ’nem Geständnis, Walker.“
„Halt die Klappe.“
„Wie du willst. Aber sag nicht, ich hab’s nicht gemerkt.“

John schob seine Tablettreste beiseite und lehnte sich zurück. Er grinste, aber in seinem Blick lag ein Hauch Nachdenklichkeit.
Vielleicht hatte Lemar gar nicht so unrecht.

Lemar legte seinen Kopf leicht schief und sah John eine Weile einfach nur an.
„Sag mal ehrlich, Bro… stehst du auf den Typen?“

John verschluckte sich fast an seiner Cola. „Was? Nein! Ich mein—“ Er brach ab, fuhr sich durch die Haare. „Es ist nicht so, wie du denkst.“

„Wie denk ich’s denn?“ Lemar grinste halb, aber sein Blick blieb prüfend. „Ich mein, nix gegen Bob, der ist bestimmt ein guter Kerl. Aber… komm schon, Mann. Du und der? Ihr seid nicht mal annähernd dieselbe Liga. Der Typ läuft mit Rucksack durch die Gegend, du fährst ’n Wagen, der mehr wert ist als seine ganze Straße.“

Johns Miene verhärtete sich.
„Was hat das bitte damit zu tun?“

„Ich sag ja nur… solche Sachen gehen selten gut. Du weißt, wie Leute reden. Du bist Quarterback, er… naja, er ist halt Bob Reynolds. Gerüchte gibt’s genug über ihn.“

Johns Kiefer spannte sich. „Du redest grad genau wie mein Dad.“
Lemar blinzelte überrascht. „Was? Ich mein’s doch nicht böse—“
„Doch. Du meinst es so, wie alle’s meinen. Dass ich mich gefälligst anpassen soll. Dass ich keine Fehler machen darf, keine Überraschungen. Dass ich nur mit Leuten abhängen darf, die ’reinpassen‘.“

Er stieß seinen Stuhl zurück, stand auf und sah Lemar mit einem Ausdruck an, der zwischen Enttäuschung und Wut schwankte.
„Aber weißt du was? Vielleicht brauch ich genau keinen, der in dieses verdammte Schema passt.“

Lemar hob abwehrend die Hände. „Hey, chill. Ich sag ja nur, pass auf dich auf, Bro. Du weißt, wie die Schule tickt.“
„Ja,“ murmelte John, griff nach seiner Jacke. „Leider weiß ich das zu gut.“

Er ging, ließ Lemar mit den Resten der Pommes zurück und einem mulmigen Gefühl.
Er wusste, John hatte sich getroffen gefühlt.
Und tief drinnen wusste Lemar auch, dass sein Freund sich verändert hatte – und dass es diesmal nicht nur an Alkohol oder Stress lag.

Die Sonne fiel schräg durch die großen Fenster im Flur der Westseite, dort, wo fast nie jemand entlangging. Zwischen den alten Spinden und dem Geruch von Kreide und Staub hatte Bob einen Platz gefunden, den er fast für sich allein beanspruchte.

Er saß auf der Fensterbank, Beine angezogen, das Buch halb geöffnet auf dem Schoß. Eigentlich las er – aber die Worte verschwammen irgendwann zu grauen Zeilen.

Seine Gedanken wanderten immer wieder zurück zu John.
Das Lachen, das manchmal lauter war als nötig.
Dieses halb schiefe Grinsen, wenn er etwas nicht wusste und trotzdem tat, als würde er’s gleich durch pure Willenskraft verstehen.
Und dieser Moment im Schrank, der ihn seither nicht losließ – so echt, dass Bob ihn manchmal fast für einen Traum hielt.

Er riss sich zusammen, schlug die Seite um, die er schon dreimal gelesen hatte.
Sein Magen zog sich leise zusammen.
Er hatte heute früh ein paar Bissen Toast gegessen – zu viel, fand er. Später dann gar nichts.
Manchmal war das einfacher so.
Wenn er nichts aß, fühlte sich wenigstens etwas unter Kontrolle an.

Bob atmete langsam durch, presste den Buchrücken gegen seine Brust, als würde das Gewicht ihn erden.
Er wusste, das war kein gesunder Gedanke. Aber er konnte ihn nicht ganz abstellen.

Ein paar Schüler liefen draußen vorbei, Stimmen hallten kurz, dann war wieder Ruhe.
Er sah hinaus auf den Schulhof, und irgendwo dort draußen – dachte er – könnte John jetzt stehen. Vielleicht lachte er gerade mit Lemar. Vielleicht dachte er gar nicht an ihn.

Und trotzdem war er da.
In Bobs Kopf, zwischen jeder Zeile, in jedem stillen Moment.

Die Tür am Ende des Flurs quietschte leise, als jemand sie aufstieß. Schritte, fest und gleichmäßig, hallten durch den fast leeren Korridor.
Bob hob den Blick nur kurz, sah eine vertraute Silhouette im Gegenlicht.

John Walker.

Er trug seine Collegejacke halb offen, ein zerknittertes Blatt Papier in der Hand – wahrscheinlich irgendeine Nachreichung, die er bei einem Lehrer abgeben musste. Doch als sein Blick auf Bob fiel, blieb er stehen.

„Hab dich ja fast übersehen,“ sagte John, und seine Stimme war leiser als sonst. Keine Spur von dem lauten, selbstsicheren Quarterback, den alle kannten.

Bob klappte das Buch zu, schob es neben sich. „Ich mag’s hier ruhig,“ murmelte er.

John nickte und lehnte sich gegen die Wand neben der Fensterbank.
„Kein Wunder. Hier ist’s fast gruselig still. Ich würd durchdrehen, wenn ich hier jeden Tag rumhängen müsste.“

Bob zuckte leicht mit den Schultern. „Ich mag Stille. Sie tut keinem weh.“

John grinste schwach. „Kommt drauf an, was du in der Stille hörst.“
Seine Worte waren spontaner, ehrlicher, als er selbst erwartet hatte. Für einen Moment war nur das Ticken der alten Uhr zu hören, das gleichmäßig zwischen ihnen hing.

Bob musterte ihn seitlich, vorsichtig. „Hattest du… heute einen schlechten Tag?“

John fuhr sich über den Nacken, seufzte. „Könnte man so sagen. Hab mich mit Lemar gezofft. Und mit meinem Dad geredet. Naja, eher gestritten.“
Er hielt kurz inne. „War ’ne beschissene Nacht, ehrlich gesagt.“

Bob sah ihn an – richtig an. „Das glaub ich dir.“
Es war keine Floskel. Kein Mitleid. Nur… Verständnis.

John lächelte schief, dann warf er einen Blick auf das Buch in Bobs Händen. „Was liest du da?“

„Gedichte.“
„Gedichte?“ John grinste. „Alter, du bist echt anders.“

Bob lachte leise. „Ich nehm das als Kompliment.“

Und für einen Moment war da dieses fragile Gleichgewicht zwischen ihnen – irgendwo zwischen Licht und Schatten, wie an dem Abend am Pool.
Nur dass diesmal keiner fliehen wollte.

John ließ sich schließlich neben Bob auf die Fensterbank sinken, das Sonnenlicht fiel in schmalen Streifen über ihren Schatten.
Für einen Moment sagten beide nichts – die Stille war nicht unangenehm, nur schwer von unausgesprochenen Gedanken.

„Weißt du, was das Schlimmste ist?“ John starrte auf seine Hände. „Mein Dad hat mein ganzes Leben schon durchgeplant. College, Football, Öffentlichkeitsarbeit, Sponsoren. Sogar die Uni steht fest, ohne dass ich gefragt wurde.“
Er lachte kurz, bitter. „Ich bin basically ein verdammtes Familienprojekt mit Beinen.“

Bob sah ihn ruhig an. „Und wenn du’s nicht willst?“

John hob eine Braue. „Was – den goldenen Weg, den jeder für mich will? Dann bin ich ’ne Enttäuschung. In meiner Familie ist Scheitern keine Option. Weißt du, wie sich das anfühlt?“

„Ja,“ sagte Bob leise. „Ich glaube schon.“

John drehte sich leicht zu ihm.
Bob fuhr mit dem Daumen über den Buchrücken in seinem Schoß, als würde er nach Worten suchen, die sich nicht ganz sagen lassen.

„Ich will nach New York,“ begann er schließlich. „Bio studieren, vielleicht Richtung Genetik. Ich hab sogar Unis rausgesucht… aber realistisch gesehen wird das nix.“
Er zuckte mit den Schultern, zwang ein Lächeln hervor. „Ich kann’s mir einfach nicht leisten. Stipendium wär meine einzige Chance – und selbst das ist ein Glücksspiel.“

John sah ihn eine Weile an.
„Du würdest dahin gehören,“ sagte er dann. Einfach so. Ohne Zögern.

Bob blinzelte überrascht. „Was?“

„Ich mein’s ernst. Du bist verdammt klug, Bob Reynolds. Und du bist der Einzige hier, der wirklich…“ – er suchte kurz nach dem Wort – „… der wirklich was will. Nicht, weil jemand anderes es erwartet, sondern weil’s aus dir kommt.“

Bob spürte, wie seine Kehle trocken wurde.
„Du redest, als würdest du mich kennen.“

„Vielleicht will ich’s,“ sagte John leise.

Die Worte hingen zwischen ihnen, schwer und ehrlich.
Draußen lachte irgendwo jemand, weit entfernt, als wäre es eine andere Welt.
Hier oben aber war es still – nur zwei Jungs, die sich plötzlich verstanden, obwohl sie’s beide nicht geplant hatten.

John hatte sich ein Stück näher gelehnt, ohne dass er es bewusst geplant hatte.
„Ich will dich wirklich kennenlernen“
Nur ein paar Zentimeter trennten sie noch, und das Licht, das durch das Fenster fiel, legte sich wie ein goldener Schleier über ihre Gesichter.

Bob spürte seinen Herzschlag bis in die Fingerspitzen.
Er wusste nicht, ob er wegsehen oder stehenbleiben sollte.
Und dann kurz bevor sich ihre Gesichter streiften — läutete die Schulglocke.

Der Klang schnitt durch die Stille wie ein kalter Windstoß. Beide zuckten leicht zusammen.
John blinzelte, dann lachte er leise, fast ungläubig. „Perfektes Timing, oder?“

Bob schüttelte nur den Kopf, ein nervöses, leises Lächeln auf den Lippen.
„Scheint so.“

Doch John wich nicht zurück. Im Gegenteil — er sah ihn immer noch an, der Blick weich, ein bisschen verloren.
„Weißt du was?“ sagte er dann, mit dieser Mischung aus Trotz und Abenteuerlust, die ihn so schwer greifbar machte. „Scheiß auf die letzten Stunden.“

Bob runzelte die Stirn. „Wie bitte?“

„Lass uns abhauen. Für heute. Nur wir zwei.“

„Ich… ich hab noch nie geschwänzt,“ murmelte Bob.
„Dann wird’s Zeit.“ Johns Grinsen wurde breiter. „Komm schon, Bob. Einmal was Verbotenes tun. Einmal einfach… raus.“

Bob sah ihn an. In seinem Kopf liefen tausend Gegenargumente – was wäre, wenn jemand sie sieht, wenn er erwischt wird, wenn sein Vater davon erfährt…
Aber irgendwo, tief drinnen, war da auch dieses Gefühl, das er seit Wochen verdrängt hatte:
Er wollte leben.

Er wollte vergessen. Wenigstens für einen Tag.

„Na schön,“ sagte er schließlich, leise, aber fest. „aber nur diesen einen Tag.“

Johns Grinsen verwandelte sich in etwas Echtes, Warmes.
„Das ist mein Junge.“

Und so standen sie auf, verließen den Flur Seite an Seite – zwei Jungs, die eigentlich nichts miteinander zu tun haben sollten, und doch denselben Drang teilten:
Für ein paar Stunden dem Leben zu entkommen.

Chapter 4: Die Welt da draußen

Summary:

Wenn ich die zwei in Songs ausdrücken müsste.

Dann hätte ich für Bob: „Void“ von The Neighbourhood - einfach melancholisch mit den Bedürfnis zu Nähe

Und für John: „Hard Times“ von Paramore oder „Hero“ von Family of the year. - einfach weil John auch eine kleine verletzliche Seite hat und doch so viel mehr seien will, als das was sein Vater ihn aufzwingen will.

Und wenn man die Beziehung zwischen Bob und John in einem Song ausdrücken müsste, wäre „Sweater Weather“ von The Neighbourhood fast schon zu on point — allein wegen der Stimmung, der leisen Intimität und dieser leicht bittersüßen Romantik.

Aber ja das versteht ihr, wenn ihr bis zum Ende lest. ;) ❤️❤️

Chapter Text

Sie schafften es tatsächlich, ungesehen vom Schulhof zu verschwinden – ein kleines Wunder, wenn man bedachte, wie auffällig John sonst war.
Er hatte einfach nach Bobs Hand gegriffen, als sie über den Parkplatz liefen, ohne groß nachzudenken.
Und Bob… ließ es zu.

Im Tesla war es still, nur das leise Summen des Motors und das gedämpfte Klacken des Blinkers.
Bob sah aus dem Fenster, die Stadt zog an ihnen vorbei – vertraut und doch fremd.

Er hatte noch nie in so einem Auto gesessen. Das Leder roch neu, sauber, und die Konsole leuchtete wie aus einem Science-Fiction-Film.
Aber er sagte nichts dazu.
Er wollte nicht, dass John dachte, er wäre beeindruckt – auch wenn er es war.

„Also?“ fragte John schließlich, den Blick noch auf die Straße gerichtet. „Wohin willst du?“

Bob zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Ich geh nicht so oft… raus.“

John grinste kurz, nachdenklich.
„Dann entscheid ich.“

Bob sah ihn fragend an.
„Ich weiß was. Es ist ’n Stückchen zu fahren, aber ich glaub, es passt zu dir.“

„Was meinst du?“

„Da gibt’s dieses… Bio-Physik-Chemie-Ding – Museum oder so. War mal auf ’ner Charity-Veranstaltung mit meinem Dad da. Ich hätt’s fast vergessen, aber du würdest das wahrscheinlich feiern.“

Bob musste tatsächlich lächeln.
„Du willst mich in ein Wissenschaftsmuseum ausführen?“

„Klingt komisch, wenn du’s so sagst,“ lachte John, „aber ja. Irgendwie schon.“

Bob schüttelte leicht den Kopf, ein Lächeln huschte über seine Lippen.
„Das ist wahrscheinlich das letzte, was ich von dir erwartet hätte.“

„Ich überrasche gern Leute,“ meinte John, drehte kurz die Musik lauter – ein alter Song aus den 2000ern, der viel zu sentimental für ihn war.
Und doch passte er irgendwie.

Bob lehnte sich zurück, sah John von der Seite an, wie das Licht über seine Züge glitt.
Vielleicht war das hier verrückt.
Aber zum ersten Mal seit Langem fühlte es sich nach Freiheit an.

Die Straße wurde leerer, je weiter sie aus der Stadt herauskamen. Zwischen alten Fabrikgebäuden und Feldern flimmerte das Sonnenlicht über die Windschutzscheibe.
John hatte den Arm locker aus dem Fenster hängen, das Radio spielte irgendwas Entspanntes, und für einen Moment fühlte es sich an, als hätten sie keine Verpflichtungen, keine Noten, keine Erwartungen.

„Weißt du, das Gute ist,“ sagte John schließlich, „dass wir da vielleicht sogar was lernen können. Außer du natürlich – du weißt da bestimmt schon alles. Aber mein Affenhirn wird immerhin weitergebildet.“

Bob grinste leise und schüttelte den Kopf.
„Du bist nicht so dumm, wie du dich darstellst, John.“

John hob eine Augenbraue. „Wow. Das klingt ja fast wie ein Kompliment.“

„Ist auch eins,“ meinte Bob ruhig.
Dann, nach einem kurzen Zögern:
„Ich glaube, du bist eher der Typ, der manchmal überfordert ist. Und dann… abschaltet. Weil’s leichter ist. Nicht weil du’s nicht kannst.“

John war kurz still. Das war ungewohnt – jemand, der ihn nicht sofort bewertete, sondern einfach verstanden hatte.

„Das ist kein Vorwurf,“ fügte Bob schnell hinzu. „Ich kann’s ehrlich verstehen.“

John sah kurz zu ihm rüber, dann wieder auf die Straße.
„Vielleicht bist du der Erste, der das so sieht.“

Bob drehte den Kopf leicht zu ihm, überrascht von dem ernsten Ton.
Aber bevor er etwas sagen konnte, wechselte John wieder ins Leichte:
„Na gut, Professor Reynolds, dann erklärst du mir später die komplizierten Sachen. Ich mach Notizen oder so.“

„Das will ich sehen, mein Schüler“ lachte Bob

„Na hey, vielleicht rahm ich sie mir ein. Erste Seite mit Bobs heiligem Wissen.“

„Oh Gott, sag nie wieder ‘heiliges Wissen’.“

Beide lachten, und das Auto füllte sich für einen Moment mit dieser leichten, warmen Stille, die entsteht, wenn zwei Menschen anfangen, sich wirklich zu mögen – ohne es zu wissen.

Das Radio wechselte den Song, eine ruhige Countrymelodie mit Gitarren und einer Stimme, die nach Staub, Sonne und Freiheit klang. John drehte den Lautstärkeregler höher, die Melodie füllte den Wagen.

„Ich steh mega auf Countrymusik,“ sagte er und klopfte leicht im Takt aufs Lenkrad. „Ich weiß, das ist nicht gerade der Geschmack von jemandem, der in der Stadt lebt, aber—“

Er grinste, und noch bevor Bob etwas erwidern konnte, fuhr er fort:
„Ich hab so’n Traum, weißt du? Wenn alles vorbei ist – Football, Schule, all das – dann will ich ein Cowboy sein. Ein richtiger Cowboy. Auf ’ner Ranch, weit draußen, keine Menschenseelen, keine Regeln.“

Bob drehte sich etwas zu ihm, das Gesicht halb im Sonnenlicht.
„Cowboy?“ fragte er leise, als müsste er das Bild kurz verarbeiten.

John lachte. „Ja, klingt verrückt, oder? Mein Dad hat so ’ne Ranch. Wir fahren da manchmal im Sommer hin. Da gibt’s Pferde, Vieh, alles. Ich hab sogar mal Stierreiten ausprobiert. Fast draufgegangen, aber hey – ich hab mich volle acht Sekunden gehalten.“

Er lachte wieder, offen und ehrlich, und Bob stellte sich unwillkürlich vor, wie John dort aussah – in staubigen Jeans, mit Hut, das Licht der Sonne im Gesicht, coole Cowboy-Schuhe. Oberkörperfrei. Okay, bei allem anderen wurden die Gedanken ehr schmutzig.
Aber etwas daran fühlte sich so… echt an.

„Ich will da irgendwann alt werden,“ sagte John dann, etwas leiser. „Haus, Pferde, Familie…. Einfach leben.“

„Das klingt schön,“ sagte er schließlich.
John warf ihm einen Seitenblick zu. „Sorry, ich laber dich hier zu. Ich hab manchmal keine Bremse, wenn ich über so was rede. Sag einfach, wenn es dich stört.“

Bob schüttelte den Kopf. „Nein. Ich finde deinen Traum wunderbar, John. Wirklich. Ich hoffe, dass er wahr wird.“

Für einen Moment war alles still – nur die Musik, das gleichmäßige Brummen des Motors und das goldene Nachmittagslicht, das über die Straße glitt.

John lächelte kurz, fast verlegen.
„Danke, Bob.“

Und irgendwo zwischen Countryklängen, Motorengeräusch und stillen Blicken wurde das Schweigen zwischen ihnen zu etwas, das sich richtig anfühlte.

Sie hielten vor dem Museum, und John stieg aus, öffnete die Tür für Bob.
„Lass mich mal den Eintritt bezahlen,“ sagte er. „Ich lad dich ein.“

Bob zögerte einen Moment. „Nein nein…ich hab—“

„Vergiss es,“ unterbrach John ihn lachend. „Mach dir keine Sorgen. Ich will das. Außerdem, dafür hab ich ja mit dir geschwänzt.“

Bob spürte, wie sich ein kleines schlechtes Gewissen breit machte, doch er ließ es stehen. Es war einer dieser Momente, in denen man einfach Ja sagen musste – und irgendwie wollte er es.

Im Inneren war es stiller, als er erwartet hatte. Die Ausstellungen erstreckten sich in einem Labyrinth aus Schautafeln, Modellen und Experimenten. Für John wirkte vieles davon eher wie Pflichtprogramm – Formeln, Diagramme, ausgestopfte Tiere – nicht gerade sein Ding.

Aber Bob… er leuchtete.
Seine Augen glitten über die Schautafeln, seine Hände glitten leicht über die Glasvitrinen, er murmelte halblaut Erklärungen vor sich hin, diskutierte leise mit John über chemische Prozesse oder evolutionäre Besonderheiten.

John lehnte sich zurück und sah ihn an.
Er konnte nicht genau sagen, wann es passiert war, aber plötzlich… spürte er es.
Dieses merkwürdige Flattern in der Brust, wenn er Bob beobachtete, wie er sich freute, wie er sich für Dinge begeisterte, die John selbst kaum interessierten.
Irgendwo zwischen Staunen, Respekt und diesem warmen Ziehen in der Brust – ja, es waren Schmetterlinge.

Sie schlenderten durch die Ausstellungshallen, Bob immer ein paar Schritte voraus, die Augen weit aufgerissen, Hände leicht ausgestreckt, als könnte er die Experimente berühren, ohne sie kaputtzumachen.

„Guck mal hier,“ sagte er aufgeregt, zeigte auf ein Modell eines DNA-Strangs. „Wenn man die Basenpaare richtig kombiniert, kann man die gesamte Sequenz rekonstruieren. Faszinierend, oder?“

John nickte, versuchte, interessiert zu wirken, aber seine Aufmerksamkeit glitt immer wieder zu Bob.
„Ja… schon cool,“ murmelte er, doch sein Blick war nicht auf das Modell, sondern auf die Art, wie Bob sich bewegte, wie seine Augen leuchteten, wenn er über Dinge sprach, die ihn wirklich interessierten.

„Und da drüben,“ fuhr Bob fort, „die Simulation der Evolution von Arten. Schau, wie sich kleine Veränderungen über Generationen auf den gesamten Organismus auswirken. Verrückt, oder?“

John beugte sich über die Vitrine, tat so, als studiere er die Tafeln, doch er konnte die Gedanken nicht von Bob lösen.
„Verrückt… ja,“ sagte er schließlich, und diesmal war seine Stimme tiefer, etwas leiser. „Du erklärst das so, dass es… irgendwie lebendig wird.“

Bob drehte sich kurz zu ihm, ein leichtes Lächeln auf den Lippen. „Echt? Ich dachte schon, ich rede zu viel.“

„Red doch weiter,“ erwiderte John, noch bevor er darüber nachdenken konnte. „Ich… hör dir gern zu.“

Bob spürte ein kleines, warmes Ziehen in der Brust – so ein seltenes Gefühl von Vertrauen und Nähe. Er zeigte John noch ein paar Modelle, gestikulierte leicht, und John folgte ihm, jedes Mal, wenn Bob etwas erklärte, ein kleines Stück näher.

Bei einem Modell von Nervenzellen blieb Bob stehen, beugte sich über die Glasscheibe, seine Stimme sanft.
„Weißt du, es ist verrückt, wie komplex alles ist. Alles in unserem Körper arbeitet zusammen, und doch merkt man es kaum, bis etwas nicht stimmt.“

John sah ihm dabei zu, wie er sich auf das Glas stützte, das Gesicht leicht gekrümmt, die Stirn in Gedanken gerunzelt.
„Du… siehst echt… glücklich aus, wenn du so redest,“ sagte er fast unbewusst.

Bob wurde leicht rot, aber es war ein Lächeln, das John in seinem Inneren etwas aufweichte.
„Danke… Ich mag es, wenn ich’s teilen kann.“

John nickte, lehnte sich noch ein bisschen näher, und für einen kurzen Moment war es still zwischen ihnen, nur das gedämpfte Murmeln anderer Besucher.
Und wieder spürte John, dieses unbestimmte Ziehen in der Brust.
Er wollte diesen Moment festhalten, wollte, dass Bob ihn ansah, dass sie einfach nur hier waren – zusammen, allein zwischen all dem Wissen und der Ruhe des Museums.

Sie blieben bei einer Ausstellung über physikalische Phänomene stehen, Bob beugte sich leicht über ein interaktives Modell, zeigte auf die Pendelbewegungen und erklärte leise, fast wie zu sich selbst:
„Wenn man die Masse verändert, ändert sich auch die Schwingungsdauer… Faszinierend, dass alles so genau berechenbar ist.“

John trat einen Schritt näher, lehnte sich leicht über die Vitrine, so dass ihre Schultern fast Kontakt hatten.
„Du machst das echt spannend,“ murmelte er.

Bob blickte kurz hoch, fast erschrocken über Johns Nähe, dann wieder auf das Modell. Sein Herz schlug schneller, aber er sagte nichts.

John spürte das, wie ein kleiner Funke, der zwischen ihnen knisterte. Fast automatisch streifte seine Hand Bob leicht an, als er sich vorbeugte, um besser zu sehen. Bob zuckte kaum merklich zusammen, ließ die Bewegung aber zu.

„Sorry… ich will dich nicht erschrecken,“ flüsterte John, ein leichtes Grinsen auf den Lippen.

Bob drehte sich langsam zu ihm, spürte, wie es warm in ihm wurde. „Nein… ist okay. Ich… mag es, dass du zuhörst.“

Für einen Moment standen sie einfach so da, Schulter an Schulter, die Hände fast berührend, die Blicke in dieselbe Richtung gerichtet.
John spürte, wie seine Brust sich schwer und leicht zugleich anfühlte, Bob neben ihm, so nah und doch so zerbrechlich.

„Weißt du… ich find’s echt schön, dass wir sowas zusammen machen,“ murmelte John, die Stimme sanft, ungewöhnlich ernst.

Bob sah ihn kurz an, ein kleines, nervöses Lächeln auf den Lippen. „Ich… ich auch.“

Für einen Moment war nur das leise Summen der Lüftung und das gedämpfte Licht des Planetariums zu hören.
John sah Bob direkt in die Augen, und Bob spürte, wie sich etwas im Inneren spannte, eine Mischung aus Nervosität und Vorfreude.

Langsam hob John die Hand, zögerte einen Herzschlag lang, dann berührte er sanft Bobs Wange.
Bob schloss die Augen, und bevor einer von ihnen es richtig realisierte, kamen ihre Lippen zusammen – zart, vorsichtig, fast scheu, aber voller all der unausgesprochenen Gefühle, die sich seit den kurzen Tagen, die sie miteinander verbrachten aufgebaut hatten.

Der Kuss war kurz, doch er sagte alles: Nähe, Vertrauen, ein kleiner Moment der Flucht aus der Realität, nur für sie beide.

Als sie sich wieder voneinander lösten, atmeten beide schwer, die Gesichter noch nah beieinander.
„Ähm… wow,“ murmelte Bob schließlich, ein leises, verlegtes Lachen in der Stimme.

John grinste schief. „Ja… wow.“

Ich hätte dich echt wirklich gerne schon in diesem Schrank geküsst,“ gab er zu, die Stimme leise, ehrlich.

Bob spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte, und ein warmes Rot stieg in seine Wangen.
„Ich… ich dich auch,“ flüsterte er. „Wenn wir nicht unterbrochen worden wären.“

John nickte langsam, ein leichtes Lächeln auf den Lippen. „Aber jetzt hat es für mich noch eine größere Bedeutung bekommen,“ sagte er leise. „Weil ich das Gefühl habe… dass wir beide so fühlen. Auch wenn man es noch nicht richtig benennen kann.“

Bob atmete tief ein, die Worte setzten sich wie ein sanfter, warmer Strom in ihm fest.
„Ja… das… das stimmt,“ murmelte er, kaum hörbar.

Für einen Moment hielten sie den Blick, das Schweigen war voll von unausgesprochenen Gefühlen, und irgendwie wussten beide: Sie hatten etwas begonnen, das größer war als jeder einzelne Kuss, größer als jede Angst davor, es zuzugeben.

John ließ seine Hand noch einen Moment auf Bobs Schulter ruhen, ein stilles Versprechen, dass dieser Tag und dieser Moment ihnen gehörten.
Bob spürte es, und zum ersten Mal seit langem fühlte er sich ein kleines Stück sicherer, mit John an seiner Seite.

Als sie das Museum verließen, hatte sich der Himmel plötzlich verdunkelt. Binnen Sekunden öffnete sich der Himmel und ein heftiger Regen prasselte auf sie nieder.

„Oh Mann…“ murmelte Bob, die Hände halb schützend erhoben.

„Keine Sorge,“ sagte John, grinste verschmitzt, zog Bob an sich heran und nahm sofort seine Hand. „Im Auto bleiben wir trocken….“

Sie rannten los, die Tropfen peitschten ihnen ins Gesicht, ihre Kleidung wurde sofort durchnässt, die Haare klebten an der Stirn. Lachen vermischte sich mit dem Trommeln des Regens auf den Asphalt.

Endlich beim Auto angekommen, hielten sie kurz inne, keuchend, durchnässt und völlig außer Atem.
John zog Bob näher an sich, seine Hand noch immer fest in Bobs.
„Du siehst irgendwie… gut aus, so naß,“ sagte er leise, ein Grinsen auf den Lippen.

Bob konnte nicht anders, als zu lachen. „Und du auch.“

Sie setzten sich ins Auto, die Scheiben beschlagen vom Regen und der Wärme. Für einen Moment schwiegen sie, nur das leise Tropfen der Regenfälle auf dem Dach und die Gedämpftheit des Motors füllten den Raum.
Doch dann sahen sie sich an, und ohne ein Wort, nur durch einen Blick, wussten sie beide, dass sie sich wieder annähern wollten.

Langsam bewegte John sich zu Bob, legte seine Stirn sanft gegen seine, die Hände hielten sich fest.
Dann, ohne weitere Worte, fanden ihre Lippen zueinander.
Der Kuss war zärtlich, länger als zuvor, fast ehrfürchtig in seiner Intensität. Bobs Lippen fühlten sich zu süß auf Johns Lippen an.
Die Regentropfen tropften ihnen noch durchs Haar, mischten sich mit dem warmen Atem im Auto, und für einen Moment existierte nichts anderes auf der Welt – nur sie beide. John nahm vorsichtig Bobs Gesicht in seine Hände um ihn noch näher an sich zu ziehen und langsam mit seiner Zunge in ihm einzudrängen. Der Kuss wurde von zärtlich zu leidenschaftlich.

Als sie sich schließlich voneinander lösten, aber nur widerwillig, war der Blick voller Zuneigung zwischen beiden. Beide atmeten Schwer.

John setzte sich wieder aufrecht hin, das Lächeln noch immer auf den Lippen.
„Wow… du kannst echt gut küssen,“ sagte er schelmisch und streifte Bobs Hand leicht, „obwohl du so ein Nerd bist.“

Bob errötete leicht, konnte sich aber ein Lächeln nicht verkneifen.
„Du aber erst…“ murmelte er, dann ein leises, verschmitztes Lachen. „Das war übrigens mein erster Kuss. Als du… naja. Du bist mein erster Kuss.“

John zog die Augenbrauen hoch, ein fast ungläubiges, stolzes Grinsen auf dem Gesicht. „Wirklich? Wow…das macht mich jetzt echt stolz.“

Bob lachte leise, der Regen und die Feuchtigkeit hatten ihn irgendwie noch lebendiger wirken lassen.

„Lass uns noch ’ne Kleinigkeit essen gehen,“ schlug John plötzlich vor, drehte den Schlüssel im Zündschloss und startete den Motor.

„Okay,“ stimmte Bob zu, lehnte sich leicht zurück und ließ sich vom Fahrersitz und dem Geräusch des Motors tragen.

Während John losfuhr, legte er fast beiläufig seine Hand auf Bobs Oberschenkel. Es war keine aufdringliche Geste, eher ein stilles, selbstbewusstes Zeichen der Nähe. Bob spürte ein warmes Kribbeln, lehnte sich etwas an und fühlte sich plötzlich vollkommen sicher.

Er konnte die perfekte „Passenger Princess“ sein, so wie John es unbewusst einlud – und das Schöne war, dass er es auch wollte.
Die Straßen glitten unter ihnen vorbei, das Auto war warm, draußen regnete es weiter, und für einen Moment schien alles andere weit weg.

Sie hielten vor einem kleinen Fast-Food-Restaurant, nicht besonders schick, aber genau richtig für einen spontanen Snack.
„Klingt nach ’nem Plan,“ murmelte Bob, als sie aus dem Auto stiegen, die nassen Jacken leicht tropfend.

Im Restaurant war es warm, nach Pommes und Bratensoße duftend, und die typische Lautstärke von Kassierern, die Bestellungen riefen, füllte die Luft.
John ging mit Bob zum Self-Checkout, grinste schelmisch und zückte sofort die Karte, noch bevor Bob überhaupt reagieren konnte.
„Ich zahl,“ sagte er, so selbstverständlich, dass Bob nur den Kopf schüttelte und leise lachte.

„Immer so impulsiv, was?“ murmelte Bob, aber er ließ es geschehen.
John grinste nur breit. „Das ist mein Job.“

Sie bestellten sich Burger, Pommes und zwei Cola, die Automaten spuckten die Belege aus, und John steckte sie in seine Jackentasche.
„So, fertig. Alles erledigt.“

Bob spürte das leise, warme Kribbeln wieder, das sich jedes Mal meldete, wenn John so selbstsicher und gleichzeitig aufmerksam war.

Sie suchten sich einen Tisch, setzten sich gegenüber, die Taschen mit dem Essen zwischen ihnen.
John lehnte sich zurück, die Ellbogen auf die Tischkante gestützt, und sah Bob an.
„Also… wie fandest du das Museum?“ fragte er, ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen.

Bob lächelte zurück, nahm vorsichtig einen Schluck von seiner Cola. „Es war… echt toll…danke, dass du mich eingeladen hast. Ich hatte seit langem nicht mehr so ein spaß.“

„Kein Ding,“ meinte John, die Augen glitzernd. „Ich wollte, dass du was Schönes siehst. Und… naja, es hat mir auch gefallen, dich dabei zu sehen.“

Bob wurde leicht rot, aber er nickte. Für einen Moment waren sie einfach nur zwei Jugendliche, durchnässt, lachend und mit Fast-Food vor sich.

Ihr Essen wurde gebracht, die Papiertüten raschelten, die Burger dampften noch, die Pommes dufteten verführerisch. John griff nach einer Handvoll Pommes, Bob nahm vorsichtig einen Burger und beide aßen zusammen.

„Du… hast echt Hunger, oder?“ neckte John, während er sich eine Pommes zwischen die Lippen schob.

„Vielleicht ein bisschen,“ murmelte Bob, aber das Lächeln war ehrlich. „Ich hab noch nicht richtig gegessen heute“

Nach einem Moment der Leichtigkeit wurde die Stimmung etwas ernster. John lehnte sich vor, die Ellbogen auf den Tisch gestützt, seine Augen auf Bob gerichtet.
„Also… ich will ehrlich sein,“ begann er, „für eine feste Beziehung hab ich eigentlich keine Zeit. Schule, Football, mein Leben… alles geplant.“

Bob nickte, schwieg einen Moment. Sein Herz schlug schneller, aber er wusste, dass er das verstehen musste.

„Aber ich will dich auch nicht verletzen,“ fuhr John fort. „Und… ich könnte es mir vorstellen, mit dir. Wirklich.“

Bob spürte das warme Ziehen in der Brust, nickte wieder, aber er konnte nicht laut sagen, dass er vor seinem Vater ohnehin niemals zugeben dürfte, wen er wirklich mochte. Stattdessen lächelte er nur schüchtern.

John legte seine Hand leicht auf Bobs, hielt den Blickkontakt. „Lass uns erstmal mit Dates versuchen und dann schauen, wie es sich entwickelt. Tut mir leid, Bob. Aber… mein Tag mit dir war wirklich wunderschön. Und ich will dich nicht verlieren.“

Bob spürte, wie sich die Wärme in seiner Brust ausbreitete. „Ich… will dich auch nicht verlieren,“ flüsterte er leise.

Für einen Moment saßen sie einfach da, Hand in Hand, das Essen wieder halb vergessen, die Welt draußen irrelevant. Die Nähe, die Blicke, die kleinen Berührungen, fühlten sich gut an.

Nach dem Essen saßen sie noch eine Weile da, redeten über alles Mögliche – über den Tag im Museum, die kleinen Missgeschicke im Auto, und hin und wieder über Träume und Pläne für die Zukunft. Die Nähe war immer noch da, subtil, aber spürbar, wenn John Bobs Hand berührte oder er sich leicht vorbeugte, um etwas zu zeigen.

Als sie schließlich aufstanden, um zurück zum Auto zu gehen, blieb John kurz stehen und sah Bob ernst an.
„Hey… willst du vielleicht heute Nacht bei mir schlafen?“ fragte er vorsichtig.

Bob stockte, seine Augen wurden groß, und ein warmes Rot stieg in seine Wangen. „So richtig… mit allem drum und dran?“ stotterte er, die Stimme leise. Die Vorstellung ließ sein Herz schneller schlagen. Heute Abend… sein erstes Mal…

John schüttelte den Kopf, ein leichtes, beruhigendes Lächeln auf den Lippen. „Nein, nein… ich meinte einfach Übernachtung im klassischen Sinne. Film schauen, abhängen, schlafen. Nicht… du weißt schon.“

Bob atmete erleichtert auf, die Spannung in seiner Brust ließ langsam nach, und er musste kurz lachen. „Oh… okay. Das klingt machbar.“

„Gut,“ sagte John, die Augen sanft auf ihm ruhend. „Dann lass uns den Abend einfach genießen. Ohne Druck, ohne Erwartungen.“

Bob nickte, das warme Gefühl in der Brust blieb. Für einen Moment war alles einfach: Regen, Fast-Food, Museum, Auto – und John. Nur John.

Die Fahrt dauerte eine Weile, während sie durch die Straßen der kleinen Heimatstadt glitten. Der Regen hatte aufgehört, doch die Straßen glänzten noch von den Tropfen. Bob saß auf dem Beifahrersitz, die Hände locker auf den Knien, den Blick aus dem Fenster gerichtet, während John konzentriert fuhr.

„Schon fast zu Hause,“ murmelte John, als sie in eine Straße abbogen, die Bob sofort auffiel. Riesige Häuser, perfekt gepflegte Vorgärten, alles wirkte luxuriös, fast surreal.
„Wow… hier wohnen nur Bonzen, oder?“ flüsterte Bob, halb beeindruckt, halb belustigt. Kein Wunder, dass John einen Tesla fuhr, dachte er, als er die glänzenden Karossen in den Einfahrten sah.

John lenkte vor seinem Haus ein, ein modernes, kantiges Gebäude, das im Licht der Straßenlaternen fast wie eine Designausstellung wirkte. Alles wirkte klinisch sauber, perfekt geschnittene Hecken, große Glasfronten, keine Spur von Wärme oder Persönlichkeit – zumindest von außen.

„Hier sind wir,“ sagte John und hielt an. Er stieg aus, öffnete die Tür für Bob.

Als Bob eintrat, stockte er kurz. Das Innere war genauso beeindruckend wie das Äußere: alles makellos sauber, glänzende Böden, modernstes Interieur, jedes Möbelstück genau durchdacht – aber es wirkte unpersönlich, fast steril.
„Wow… das ist… echt schön,“ murmelte Bob leise. „Aber… irgendwie unheimlich ordentlich.“

John lachte leise, ein kleines Grinsen auf den Lippen. „Klinisch rein trifft es ganz gut. Schön, aber unpersönlich – das stimmt. Mein Vater achtet auf alles. Ist nicht gerade gemütlich.“

Bob nickte, sein Blick glitt durch den riesigen Eingangsbereich. „Also, das ist definitiv… anders als bei mir zu Hause.“

John schob die Tür hinter ihnen zu, das Klicken hallte in der riesigen Halle nach. Für einen Moment standen sie nur da, durchnässt und ein wenig erschöpft von der Fahrt, und die Stille war angenehm, weil sie nur den beiden gehörte.

John führte Bob durch das Haus, zeigte ihm kurz die großen, glänzenden Räume, dann ging es zu seinem Zimmer.

Kaum öffnete er die Tür, staunte Bob. Das Zimmer war das krasse Gegenteil des restlichen Hauses: nicht steril, sondern lebendig, chaotisch, ganz nach John. Hanteln lagen verstreut, Pokale standen auf dem Regal, Kleider hingen halb vom Stuhl, halb im Schrank. Auf dem Nachttisch lagen ein paar schmuddel Magazine – offensichtlich nicht jugendfrei und mit Mann und Frau drauf – und auf dem Boden ein paar alte Sneaker.

„Wow… also das ist echt… du,“ murmelte Bob, ein amüsiertes Lächeln auf den Lippen.

John grinste breit. „Ja, das ist mein kleines Reich. Die Höhle des Löwen.“

Bob trat ein, betrachtete die Mischung aus Chaos und Persönlichkeit. „Ehrlich gesagt… passt das viel besser zu dir als das restliche Haus. Fast schon lustig, wie unpassend der Rest ist.“

John lachte leise, lehnte sich an den Türrahmen. „Genau das hab ich mir gedacht. Ich brauch einen Ort, der wirklich ich ist. Der Rest vom Haus… naja, perfekt für mein Vater, nicht für mich.“

Bob schüttelte den Kopf, noch immer lächelnd. „Ich versteh das total. Hier kann man wenigstens atmen. Mehr oder weniger“ sagte er schelmisch.

John trat näher, die Augen auf Bob gerichtet. „ja ja… fühl dich wie zu Hause.“

Bob setzte sich auf das Bett, das überraschend bequem wirkte, und grinste. „Zu Hause… das klingt gut.“

John setzte sich neben ihn, die Nähe spürbar, die Luft zwischen ihnen aufgeladen, aber auf eine warme, vertraute Weise. Das Zimmer war vielleicht ein Chaos, aber genau dieses Chaos machte John greifbarer, menschlicher – und Bob mochte es.

John durchwühlte schnell seinen Schrank und holte ein paar Sachen hervor: ein übergroßes Hoodie, eine lockere Jogginghose. „Hier, das sollte passen… naja, vielleicht ein bisschen groß, aber es geht schon,“ sagte er und reichte sie Bob.

Bob nahm die Kleidung und ein Handtuch, die Hände leicht zittrig, und ein kleines Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. „Danke… äh… echt?“

„Klar,“ antwortete John, ein schelmisches Grinsen auf den Lippen. „Geh ruhig duschen, ich kümmere mich gleich um deine nassen Klamotten. Mach dir keinen Kopf.“

Bob nickte, fühlte sich seltsam warm bei der Geste, und ging Richtung Bad. Die Vorstellung, dass John sich einfach um ihn kümmerte, ließ sein Herz schneller schlagen.

John sah ihm nach, die Hände noch immer leicht in Bewegung, als würde er die kleine Ordnung in seinem Zimmer wieder herstellen, während er Bob hinterher sah. Besonders diese Magazine schnell wegpacken in seine Geheim Schublade, wo noch andere besondere Dinge drin zu finden sind.

Bob verschwand hinter der Badezimmertür, und John konnte nicht verhindern, dass sein Blick noch einen Moment an dieser hingen blieb.

Das Wasser der Dusche war angenehm warm. Bob schloss die Augen und atmete tief ein, während der Dampf sich um ihn legte. Es war einer dieser seltenen Augenblicke, in denen er sich sicher fühlte, als würde das Wasser die Schwere für einen Moment abwaschen.

Nach einer Weile trocknete er sich ab, zog die weichen, zu großen Sachen an, die John ihm gegeben hatte. Der Hoodie war fast schon wie eine Decke, die Hose rutschte leicht an den Hüften – aber das Gefühl war angenehm, geborgen. Nur ein kurzer Blick in den Spiegel erinnerte ihn daran, dass er manche Dinge lieber verbarg. Manche Geschichten mussten nicht erzählt werden. Besonders nicht, wenn man Narben anstellen hatte, die man vor allen verbarg. Bob war froh, das es in seinem Badezimmer zuhause keine Spiegel gab.

Als er wieder ins Zimmer kam, stand John bereits da, ein Handtuch über die Schulter geworfen, mit einem Lächeln, das Bob sofort erwärmte.

„Na, da bist du ja wieder,“ grinste John, nahm ihm die nasse Kleidung ab. „Die leg ich kurz auf die Heizung, dann sind sie morgen trocken.“

Bob wollte etwas sagen, aber Johns Blick blieb an ihm hängen. Der Hoodie war viel zu groß, die Ärmel verdeckten fast seine Hände.

„Du siehst echt süß aus in meinen Sachen,“ sagte John leise, und das Grinsen wich einem ehrlichen, weichen Lächeln.

Bob lächelte zurück, leicht verlegen, sein Herz schlug spürbar schneller. „Danke… ich fühl mich auch irgendwie… wohl.“

John trat einen Schritt näher, so dicht, dass Bob den Duft seines Aftershaves wahrnahm, gemischt mit etwas Warmem, Vertrautem. Keiner von beiden sagte noch etwas – sie standen einfach da, sahen sich an, und in diesem Moment war die Stille lauter als jedes Wort.

Dann beugte John sich vor, langsam, vorsichtig – und ihre Lippen trafen sich. Sanft. Zögerlich. Aber echt.

Ein Kuss, der nicht nach Mut roch, sondern nach Vertrauen. Dann lösten die Zwei sich wieder.

„Ich dreh auch meine Runde unter die Dusche“ dann ging John ins Bad.

Johns Stimme hallte noch kurz aus diesem „mach es dir ruhig bequem“, dann setzte sich Bob aufs Bett. Das Licht war gedimmt, draußen prasselte wieder der Regen gegen die Fenster. Bob zögerte, entsperrte sein Handy und tippte eine Nachricht an seinen Vater, weil er ganz vergessen hatte seinen Eltern bescheid zu geben:

Ich bleib heute bei einem Freund. Wir müssen fürs Schulprojekt arbeiten.

Er las die Nachricht dreimal, bevor er auf „Senden“ drückte.Ein flaues Gefühl blieb zurück – die Hoffnung, dass es diesmal keine Szene geben würde, wenn er heimkam. Aber die Angst blieb wie ein Schatten an seiner Seite, besonders wenn dieser herausfinden würde, was heute alles passiert ist.

Die Badezimmertür öffnete sich, Dampf drang heraus – und John trat heraus, nur mit einem Handtuch um die Hüften. Ganz selbstverständlich, als wäre es das Normalste der Welt.

Bob hob automatisch den Blick – und dann sofort wieder das Handy. Sein Herz pochte schneller, seine Ohren glühten
Er wollte eigentlich weggucken, aber sein Blick blieb trotzdem kurz an John hängen.

John war so anders als er – locker, selbstbewusst, ohne Scheu. Und ja… eine 10/10. Diese Bauchmuskeln, seine Arme, diese Schultern und dann sein Po, nachdem er einfach Blank zog.

„Sorry,“ sagte John beiläufig, zog eine Boxershorts über, dann sein T-Shirt , „Ich hätt vielleicht vorwarnen sollen.“

„Alles gut,“ murmelte Bob, bemüht, ruhig zu klingen, während er so tat, als würde er eine Nachricht tippen, obwohl der Bildschirm längst schwarz geworden war.

John grinste leicht, als er sich das Handtuch über die Schultern warf. „Du siehst aus, als hätte dir die kleine Show gefallen.“

Bob lachte unsicher und war auch sehr rot im Gesicht. „ich hab fast gar nichts gesehen liegt wohl an der Wärme von eben“

John warf sich aufs Bett, neben Bob, mit einem entspannten Seufzen. „Na, dann teilen wir uns die Wärme, Nerd.“

Bob schüttelte nur den Kopf, lächelnd. Er konnte nicht anders. Johns Nähe war gleichzeitig beruhigend und verwirrend.

John ließ sich mit einem dumpfen Wumms neben Bob aufs Bett fallen, das Gestell vibrierte kurz unter seinem Gewicht. Er lag halb auf dem Rücken, halb auf der Seite, das noch leicht feuchte Haar klebte ihm an der Stirn.

„Na“ murmelte er mit diesem grinsenden Unterton, „was machen wir jetzt? Noch’n Film gucken oder lieber schlafen?“

Bob sah ihn an, ein bisschen überrascht über die Selbstverständlichkeit, mit der John sich einfach so neben ihn legte. Zwischen ihnen war kaum eine Handbreit Platz – er konnte Johns Wärme spüren, den Geruch von Shampoo und Duschgel, so frisch und vertraut auf eine Weise, die ihn verunsicherte.

„Kommt drauf an,“ sagte Bob leise. „Wenn wir einen Film gucken, wählst du bestimmt irgendwas mit Explosionen und Autos.“

„Natürlich,“ grinste John, „alles andere wäre ja Zeitverschwendung.“

„Und wenn wir schlafen?“ fragte Bob, halb neckisch, halb ernst.

John sah ihn an – nur ein kurzer Blick, aber ein echter. „Dann… bleiben wir einfach hier. Kein Stress, kein Denken. Einfach… Ruhe.“

Bob nickte langsam, das Lächeln in seinen Augen weich, aber ein bisschen müde. „Klingt ziemlich gut, ehrlich gesagt.“

„Na also,“ sagte John, griff zur Fernbedienung und schaltete den Fernseher an. „Ich wähl was Kurzes, falls du vorher einschläfst.“

„Und du?“ fragte Bob.

John grinste. „Ich schlaf nicht so schnell ein, wenn jemand neben mir liegt.“

Im Hintergrund lief nun irgendeine Serie — das Licht des Bildschirms flackerte gedämpft durch den Raum, tauchte die Wände in weiches Blau und Grau. John hatte das Hauptlicht ausgemacht, nur die kleine Nachttischlampe glomm noch wie ein beruhigender Punkt in der Dunkelheit.

Beide lagen nebeneinander, halb auf der Seite, halb ausgestreckt. Es war still, bis auf die gedämpften Stimmen aus dem Fernseher und das leise Rauschen des Regens draußen.

John drehte den Kopf leicht zu Bob. „Du kannst dich auch an mich kuscheln, wenn du willst,“ sagte er leise, mit diesem fast schiefen Lächeln, das mehr Unsicherheit verriet, als er zugeben würde.

Bob sah ihn an – erst überrascht, dann suchend, als wollte er prüfen, ob John das ernst meinte oder nur so dahinsagte. Aber Johns Blick blieb ruhig, offen.

Also rückte Bob ein kleines Stück näher, vorsichtig. Erst zögernd, dann etwas mutiger, bis seine Schulter Johns Arm berührte.

John legte automatisch einen Arm locker um ihn, nichts Besitzergreifendes, nur eine ruhige, sichere Geste.

Bob atmete hörbar aus – als hätte er nicht gemerkt, dass er die Luft angehalten hatte.
„Du bist warm,“ murmelte er leise, halb verschlafen, halb verlegen.

John grinste leise. „Na klar, Footballspieler halt. Wir haben eingebaute Heizungen.“

Bob lachte ein bisschen, aber er war so entspannt, das die Müdigkeit ihn einholte.

John redete leise weiter, während die Serie längst zur Hintergrundkulisse verblasst war.
„… und dann hat Lemar echt versucht, mir einzureden, dass man beim Football keine Mathe braucht. Ich mein, hallo? Spielzüge zählen wohl nicht?“ Er grinste und schüttelte leicht den Kopf, während er sprach.

Bob sagte nichts.
John wartete auf eine Antwort, drehte leicht den Kopf — und bemerkte, dass Bobs Atem gleichmäßig geworden war.

Er schlief.

Ein kleines, fast unmerkliches Lächeln huschte über Johns Gesicht. Der „Nerd“ lag da, halb an ihn gelehnt, mit einem entspannten Ausdruck, den John den ganzen Tag über nicht gesehen hatte. Irgendwie machte es ihn stolz, dass er derjenige war, bei dem Bob so loslassen konnte.

Leise griff John nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher aus. Das Zimmer wurde still, nur der Regen draußen blieb — ein gleichmäßiges, sanftes Trommeln.

Er sah Bob noch einen Moment an.
„Gute Nacht, Nerd,“ murmelte er halblaut, kaum mehr als ein Atemzug.

Dann legte er sich zurück, zog die Decke etwas über sie beide und schloss schließlich auch die Augen.

Der Wecker riss die morgendliche Stille sanft auf — ein leises Piepen, das durch das Zimmer drang.
John blinzelte verschlafen, tastete blindlings nach seinem Handy auf dem Nachttisch, um das Geräusch abzustellen. Erst da merkte er, dass etwas Warmes an seiner Seite lag.

Bob.

Sein Arm lag locker um ihn geschlungen, und Bobs Kopf ruhte an seiner Schulter. Für einen kurzen Moment blieb John einfach so liegen, die Müdigkeit in seinen Knochen, das Herzschlagen ruhig und gleichmäßig.

Langsam öffnete auch Bob die Augen. Ein paar braune Strähnen fielen ihm ins Gesicht, und er sah John verschlafen an — die Pupillen noch etwas träge, die Lippen leicht geöffnet. Dann, ganz sanft, huschte ein kleines, müdes Lächeln über sein Gesicht.

John konnte nicht anders, als zurückzulächeln.
„Morgen, Schlafmütze,“ murmelte er, seine Stimme rau vom Schlaf.

„Morgen…“ antwortete Bob leise, noch halb im Traum.
Einen Moment blieb es still — nur das leise Summen des Weckers, der jetzt endgültig verstummt war, und das sanfte Rascheln der Decke, als sich beide ein wenig bewegten.

Keiner zog sich sofort zurück. Im Gegenteil — sie schienen den Augenblick auszukosten, dieses friedliche Dazwischen, bevor der Alltag wieder einsetzte.

„Wenn jeder Morgen so anfangen würde,“ sagte John schließlich mit einem schiefen Lächeln,
Bob lachte leise — ein warmes, ehrliches Lachen, das John sofort wieder grinzen ließ.

John gähnte herzhaft, rieb sich über die Augen und stand schließlich auf. „Na los, stehen wir auf, sonst kommen wir zu spät. Mr. Banner bringt mich um, wenn ich schon wieder zu spät bin.“

Bob richtete sich langsam auf, rieb sich verschlafen die Augen und sah sich nach seiner Kleidung um. Seine Jeans hing halb über der Heizung, und der geliebte graue Hoodie… war leider noch klamm. Er seufzte leise, hob ihn prüfend an und zog eine Grimasse. „Mist. Der ist noch komplett feucht.“

John, der gerade sein Shirt über den Kopf zog, sah zu ihm rüber. „Dann nimm meinen,“ sagte er schlicht und griff nach dem Hoodie, den Bob am Abend zuvor getragen hatte. „Steht dir eh besser als mir.“

Bob zögerte. „Sicher?“

„Klar. Ich hab davon gefühlt zwanzig Stück. Außerdem…“ — er grinste breit — „dann riechst du ein bisschen nach mir. Find ich irgendwie cool.“

Bob wurde rot bis zu den Ohren, nahm den Hoodie aber trotzdem an und zog ihn vorsichtig über. Er war ein bisschen zu groß, die Ärmel reichten fast über seine Hände, aber er fühlte sich warm und weich an.
„Danke, John,“ murmelte er und lächelte leicht.

John sah ihn einen Moment an — so in seinem Pulli, mit den noch leicht zerzausten Haaren — und musste sich ernsthaft zusammenreißen, nicht wieder irgendwas Dummes oder Charmantes zu sagen.

„Na komm,“ sagte er stattdessen und schnappte sich seinen Rucksack. „Ich fahr uns hin. Vielleicht kommen wir ja nur ein bisschen zu spät.“

Bob nickte, schnappte sich seine Tasche — und für einen winzigen Moment, als John die Tür aufhielt, strich ihre Hand kurz aneinander. Beide sahen sich an, ein leichtes, unausgesprochenes Lächeln auf den Lippen.

John zog gerade seine Jacke an, als unten im Flur plötzlich der Haustürschlüssel klirrte. Die schwere Tür öffnete sich — und eine vertraute, tiefe Stimme drang durch die Stille:
„Jonathan?“

Johns Schultern spannten sich sofort an. Er schloss kurz die Augen, atmete hörbar aus. „Oh super,“ murmelte er genervt. „Der Timing-Gott hasst mich.“

Bob sah ihn fragend an, aber John schüttelte nur den Kopf und ging voraus in den Flur. Dort stand sein Vater, noch im Mantel, mit einem perfekt sitzenden Anzug und einem Koffer in der Hand. Er wirkte wie immer: kontrolliert, müde, und trotzdem so, als hätte er alles unter Kontrolle.

„Du bist schon wach,“ sagte Mr. Walker, zog eine Augenbraue hoch. „Und… hast Besuch?“

Bob trat vorsichtig hinter John hervor. „Guten Morgen, Sir,“ sagte er leise, aber höflich, und versuchte, nicht allzu verloren zwischen den beiden Walkers zu wirken.

Johns Vater musterte ihn. Von oben bis unten, ein prüfender Blick — nicht herablassend, aber kühl, analytisch. „Aha,“ sagte er schließlich, „du bist also der Junge, mit dem John in letzter Zeit so viel Zeit verbringt.“

John verdrehte die Augen. „Ja, Dad. Der Junge. Bob. Wir gehen in dieselbe Biologie Klasse. Wir arbeiten an einem Projekt. Nichts Weltbewegendes. So viel Zeit ist übertrieben.“

„Höflich ist er jedenfalls,“ entgegnete Mr. Walker ruhig und reichte Bob kurz die Hand. „Bob, schön dich kennenzulernen. Ich hoffe, mein Sohn benimmt sich einigermaßen zivilisiert.“

„Tut er,“ sagte Bob mit einem kleinen, höflichen Lächeln. „Er ist wirklich nett.“

John stieß ein spöttisches Lachen aus. „Da hörst du, Dad? Nett. Zufrieden?“

„Das freut mich, netter als zu mir, jedenfalls“ sagte sein Vater, ohne auf Johns Tonfall einzugehen. Dann wandte er sich direkt an seinen Sohn. „Ich erwarte dich heute Abend zuhause. Wir müssen über das College reden. Die Entscheidung fällt bald., ich hab große Pläne für dich auf meiner Geschäftsreise engagiert.“

John presste die Lippen zusammen. „Ja. Natürlich. Wie immer.“

Die Spannung war greifbar. Bob trat unauffällig einen Schritt zur Seite, spürte, dass das Gespräch gleich kippen würde. „Wir müssen wirklich los, Sir,“ sagte er sanft. „Sonst verpassen wir den Unterricht.“

Mr. Walker nickte leicht, sein Blick noch kurz auf John gerichtet. „Natürlich. Viel Erfolg heute, Bob und du auch mein Sohn.“

„Danke,“ murmelte Bob, und folgte John hastig hinaus.

Kaum waren sie draußen und saßen wieder im Auto, knallte John genervt die Autotür zu. „Gott, ich schwöre, der Typ kann mir schon morgens den Tag versauen.“

Bob blickte ihn vorsichtig an. „Er meint’s bestimmt nur gut.“

John startete den Motor, schnaubte. „Ja. Das sagen alle. Aber keiner muss mit ihm leben.“

Dann fiel das Gespräch kurz still, während der Tesla lautlos vom Bordstein rollte — und die beiden den vertrauten Weg zur Schule antraten, diesmal mit einer Spur mehr Schwere in der Luft.

Bob sah zu John hinüber, während der Tesla fast lautlos über die nasse Straße glitt. Die Sonne schob sich gerade durch die grauen Wolken, und ihr Licht spiegelte sich auf der Windschutzscheibe.
Johns Gesicht war angespannt, die Hände etwas zu fest um das Lenkrad geschlossen.

Bob dachte kurz nach, dann sagte er leise:
„Ich fand deinen Dad gar nicht so schlimm.“

John lachte trocken. „Ja, weil du ihn nur zwei Minuten erlebt hast. Gib ihm eine Stunde, und du willst auch fliehen.“

Bob schmunzelte ein bisschen. „Vielleicht. Aber… immerhin ist er stolz auf dich, oder? Er redet von Colleges und Plänen. Meiner würde mir wahrscheinlich nur sagen, ich soll endlich was Anständiges machen und nicht rumträumen.“

John warf ihm einen kurzen Seitenblick zu, überrascht über den Ton in Bobs Stimme. „Na toll, jetzt reden wir über Väter. Super Thema, Bob.“

„Ich weiß,“ antwortete Bob, leicht verlegen. „Aber… ich wollte nur sagen, du machst das gut. Ehrlich. Du bist nicht so wie er, und das ist was Gutes.“

Einen Moment herrschte Stille im Wagen. Nur der Regen prasselte leise gegen die Scheiben. „Tut mir leid, ich mach immer alles nur noch schlimmer, als besser.“
Dann zog John eine Augenbraue hoch und sagte aber sanft. „Nein, das ist es nicht. Du hast ’ne komische Art, mir Komplimente zu machen.“

„Ist das ein Kompliment?“ fragte Bob mit einem schüchternen Lächeln.

„Klar. Ich mag’s, wenn jemand mich nicht wie den großen, perfekten Walker behandelt.“

Bob sah ihn an. „Ich glaub, du bist gar nicht so perfekt, wie du tust.“

„Aua,“ meinte John gespielt beleidigt, dann lachte er leise — und das erste Mal seit sie losgefahren waren, wirkte er wieder entspannt.

Er streckte den Arm über die Mittelkonsole und tippte Bob leicht gegen den Oberschenkel. „Danke übrigens. Für gestern. Für heute. Für… keine Ahnung. Einfach fürs Dasein.“

Bob lächelte leicht und sah aus dem Fenster. „Ich bin gern da.“

Als sie in Richtung Schule abbogen, drehte John das Radio lauter. Wieder lief Countrymusik. Diesmal grinste Bob nur und sagte:
„Na toll, jetzt krieg ich das Cowboy-Image nie wieder aus dem Kopf.“

„Wenn du Glück hast,“ meinte John mit einem Zwinkern, „zeig ich dir irgendwann mal, wie man auf ’nem Pferd sitzt.“

Bob lachte leise. „Darauf komm ich vielleicht zurück.“

John grinste, während er den Wagen durch eine Kurve steuerte, und schaute kurz zu Bob rüber. „Weißt du,“ begann er, die Stimme leise, aber schelmisch, „wenn ich meine Ranch irgendwann habe, kannst du ja vorbeikommen. Dann zeig ich dir, wie man richtig Cowboy spielt.“

Bob drehte den Kopf leicht zu ihm, ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. „Und was mach ich da?“

„Pferde reiten, Stiere anschauen… und wenn du willst, kriegst du den coolsten Platz auf der Veranda. Ich schwöre, die Aussicht ist besser als jede Vorlesung in New York.“

Bob musste lachen, leicht verschmitzt. „Klingt fast zu gut, um wahr zu sein.“

„Ist es auch,“ sagte John, seine Stimme ein bisschen sanfter. „Aber du wärst mein Ehrengast. Ganz offiziell.“

Bob sah kurz aus dem Fenster, ein kleines Lächeln auf den Lippen, als ihm der Gedanke kam. „So… wie in den Brokeback Mountain Film.“

John drehte den Kopf zu ihm, leicht überrascht. „Was? Den Film kenn ich gar nicht.“

Bob wurde sofort rot, unsicher, wie viel er sagen sollte. „Ah… nichts. Nur… so ein Gedanke.“ Er wollte nicht erklären, worum es wirklich ging, nicht jetzt, nicht vor John. Lieber ließ er das Thema im Raum hängen und sah wieder aus dem Fenster.

John zuckte nur die Schultern und grinste leicht. „Okay… mysteriös, gefällt mir.“

Kurz darauf rollte der Tesla leise auf den Parkplatz der Schule. Die Schulglocke hatte gerade das Ende der ersten Stunde eingeläutet, und Schüler strömten über das Gelände. John stellte den Wagen ab, zog Bob aus dem Auto, und sie standen einen Moment still, sahen sich an und lächelten kurz.

Dann lösten sie sich voneinander und gingen zusammen Richtung Eingang, noch Hand in Hand, aber beide wussten, dass der Alltag gleich wieder beginnen würde.

Kaum hatten sie das Schulgebäude erreicht, hielten sie inne. Die letzte Minute war wie ein Countdown, in dem beide noch einmal tief durchatmeten. Kurz vor dem Klassenzimmer ließen sie vorsichtig die Hände los, ein kleines Stück Abstand zwischen sich, um nicht zu auffällig zu wirken.

John klopfte leise an die Tür von Mr. Banners Unterrichtsraum. „Äh… hi, wir sind ein bisschen spät,“ murmelte er, halb entschuldigend, halb genervt.

Bob nickte, die Stimme fast unsichtbar: „Tut uns leid, Mr. Banner.“

Die Tür öffnete sich, und der Lehrer musterte sie kurz mit strengem Blick — aber nicht wütend. „grade noch Rechtzeitig, Jungs,“ sagte er trocken. „Setzt euch einfach, bevor ihr den ganzen Unterricht stört.“

John und Bob schlüpften schnell hinein, suchten sich ihre Plätze und setzten sich. John warf Bob einen kurzen, verschmitzten Blick zu, beide wussten, dass sie gerade noch einmal glimpflich davongekommen waren.

Der Unterricht begann, doch die beiden hatten diesen kurzen Moment des Chaos miteinander geteilt — ein kleines Geheimnis, das nur ihnen gehörte.

Chapter 5: All das Zwischen uns

Chapter Text

Der Unterricht bei Mr. Banner war, wie erwartet, ziemlich trocken. Formeln, Experimente, theoretisches Zeug – John saß mit leicht gelangweiltem Blick da, die Ellbogen auf den Tisch gestützt, während Bob neben ihm eifrig Notizen machte. Immer wieder musste John unauffällig zu ihm rüberschielen, weil es ihn einfach faszinierte, wie konzentriert Bob war.

Mr. Banner redete weiter über Reaktionsgeschwindigkeiten und Gleichungen, und John tat so, als würde er alles mitschreiben, während er eigentlich nur versuchte, Bobs Handschrift zu entziffern.

Als die erste Stunde vorbei war, packten die Schüler ihre Sachen zusammen. John lehnte sich kurz über Bobs Tisch, das schelmische Grinsen auf den Lippen, und sagte in diesem typischen „ich tu nur so unschuldig“-Ton:

„Hey… äh… wegen dem Projekt… könntest du mir vielleicht deine Nummer geben? Nur damit wir Montag alles klarmachen, keine Panik.“

Bob wurde sofort rot, lächelte verlegen, aber reichte ihm das Handy. „Klar… nur für’s Projekt.“

„Absolut,“ erwiderte John, und sein Grinsen verriet schon, dass es nicht ganz nur fürs Projekt war. „Danke, Professor Reynolds.“

Und irgendwie fühlte sich Bob, während er seinen Blick von Johns grinsendem Gesicht abwandte, ein kleines bisschen wie der glücklichste Nerd der Welt.

John machte sich auf den Weg zum nächsten Unterricht. An dieser Schule konnte man immer Wahlfächer wählen, und für John ging es jetzt in Geschichte – ein Fach, in dem er wirklich gut war. Er wirkte entspannt, beinahe selbstsicher, während er in den Raum schritt, sein Rucksack locker über der Schulter.

Bob blieb noch kurz sitzen, ein kleines Lächeln auf den Lippen. Gedankenverloren blickte er aus dem Fenster, die Erinnerungen an gestern Abend mischten sich mit dem leisen Summen der Heizung. Es war schwer, Johns Nähe nicht noch einmal nachzufühlen, das Lachen, die Wärme, diese kleinen Berührungen – alles hallte in ihm nach.

„Bob?“

Bob zuckte zusammen. Mr. Banner stand vor ihm, die Arme verschränkt, der Blick ernst, aber nicht unfreundlich. Es war dieser durchdringende Blick, mit dem man das Gefühl bekam, er könnte jede kleine Regung lesen.

„Ja…?“ murmelte Bob vorsichtig, leicht verlegen.

„Mrs. Turner hat mir erzählt, dass du und John gestern nicht im Unterricht wart. Ich hoffe, es gibt dafür eine… plausible Erklärung.“

Bob schluckte. Er wusste, dass Mr. Banner ihn gut kannte – zu gut, vielleicht. Seine Sorgen waren nicht unbegründet; Mrs. Turner war die stellvertretende Rektorin, und sie hatte definitiv Alarm geschlagen, als die beiden fehlten.

„Ähm… wir hatten ein Projekt… äh… draußen… recherchiert…“ stotterte Bob, und der Versuch klang halb überzeugend, halb unbeholfen.

Mr. Banner hob eine Augenbraue, musterte ihn kurz und ließ dann ein leises Seufzen hören. „Hm… ich hoffe, dass sich solche Eskapaden nicht wiederholen.“

Bob nickte schnell, sein Herz klopfte ein wenig schneller. Er wollte gar nicht lügen, aber er wollte auch nicht zu viel preisgeben.

„Ja, Mr. Banner. Ich werde darauf achten,“ sagte er schließlich. „Es war nur das eine Mal.“

„Bob… du kannst es dir nicht erlauben, einfach so zu fehlen,“ sagte er ruhig, aber mit Nachdruck. „Du weißt, was auf dem Spiel steht – deine Herkunft, die Chance aufs Stipendium… das alles zählt, und du darfst solche Dinge nicht auf die leichte Schulter nehmen.“

Bob senkte den Blick, sein Herz klopfte schneller. Er wusste, dass Mr. Banner Recht hatte.

„Mr.Walker…“ Mr. Banner seufzte leise, „Er muss sich darum keine Sorgen machen. Er ist der Goldjunge der Schule. Alles fällt ihm leichter – aber du… du musst noch kämpfen, Bob. Für dich selbst. Für alles, was du erreichen willst.“

Bob nickte stumm, fühlte sich ertappt, aber gleichzeitig auch ein bisschen getröstet. Mr. Banner verstand ihn, besser, als er je jemand anderem vertraut hätte, und trotzdem machte es die Realität umso härter.

Mr. Banner ließ Bob einen Moment lang schweigend ansehen, dann sprach er mit einem leicht resignierten, aber ernsten Ton:

„Ich konnte Mrs. Turner abhalten, eure Eltern anzurufen. Dieses eine Mal… für dich. Wegen deinem Vater.“

Bob blinzelte überrascht. Mr. Banner kannte seinen Vater – sie waren früher zusammen in einer Klasse gewesen, und offensichtlich wusste er, wie sehr Druck und Erwartungen Bob belasteten. Oder wie Gewalttätig sein Vater war?

„Und jetzt geh ganz schnell in deine zweite Stunde,“ fügte er hinzu, seine Stimme etwas weicher, aber bestimmt.

Bob nickte, sammelte seine Sachen und schlich fast aus dem Raum, noch immer nachdenklich über das, was Mr. Banner gesagt hatte. Das war knapp gewesen – viel knapper, als er zugeben wollte.

Bob machte sich hastig in den Englisch Unterricht, noch immer nachdenklich über Mr. Banners Worte. Er spürte das Gewicht der Erwartungen, die auf ihm lagen - oder ehr wie er es eines Tages hier raus schaffen würde – aber er konnte kaum glauben, dass Mr. Banner ihn da raus geboxt hat. Zu ihm hatte er wirklich vertrauen.

Währenddessen machte sich John auf den Weg zu seinem nächsten Unterricht: Geschichte mit Lemar. Er wirkte entspannt, fast schon selbstsicher, als er den Raum betrat und sich einen Platz suchte. Die Wahlfächer dieser Schule erlaubten es, dass sie in unterschiedlichen Klassen waren, also trennten sich ihre Wege für eine Weile.

John lehnte sich lässig in seinem Stuhl zurück, den Blick halb aufs Whiteboard, halb auf Lemar gerichtet. Als der Unterricht kurz ruhte, kam Lemar zu ihm.

„Hey, John… wo warst du gestern?“ fragte er vorsichtig, der Ton freundlich, aber neugierig.

John zuckte nur mit den Schultern. „Ach, nur ’ne kleine Sache… nichts Wichtiges.“ Er wollte eigentlich nicht darüber reden.

Lemar grinste leicht. „Okay… ich will dich nicht stressen. Aber wenn du wirklich was mit Bob hast, dann ist das auch cool für mich. Wirklich. Hauptsache, du kannst noch regelmäßig am Training teilnehmen… auch an den Tagen, an denen ihr zwei wilde Stunden im Bett verbringt.“

Johns Augen weiteten sich leicht, er wurde rot und musste schlucken, konnte sich aber ein schiefes Grinsen nicht verkneifen. „Lemar!“, murmelte er, halb belustigt, halb entsetzt.

„Ja, ich sag dir, solche Nerds sind freaky im Bett.“ meinte Lemar trocken, zuckte mit den Schultern und ging zurück zu seinem Platz.

John lehnte sich zurück, noch leicht grinsend, während seine Gedanken sofort wieder zu Bob wanderten und er sich echt fragte, wann Lemar sowas herausgefunden hatte.

Die Stunden zogen sich dahin, und als endlich die Mittagspause kam, war die Cafeteria wieder laut wie ein Bienenstock. Stimmen, Gelächter, Tabletts, die aufeinanderschlugen – das volle Chaos.

Bob saß wie meistens allein an einem der hinteren Tische. Vor ihm ein halb aufgegessener Teller Nudeln und ein aufgeschlagenes Buch, das er aber schon seit Minuten nicht mehr las. Gedankenverloren stocherte er in der Soße herum, als plötzlich ein vertrautes Geräusch hinter ihm ertönte – das metallische Klirren eines Tabletts und dann diese Stimme:

„Na, hier bist du ja!“

John, dicht gefolgt von Lemar, stand grinsend vor ihm. Ohne auch nur zu fragen, setzten sich die beiden einfach dazu – als wäre das das Normalste der Welt.

Bob blinzelte kurz irritiert. Setzen sich John Walker und Lemar Hoskins gerade wirklich zu mir? So ganz offensichtlich. Als Mr.Obvious.

John grinste breit. „Was guckst du so? Ich dachte, du magst Gesellschaft beim Essen.“

„Ich… äh… schon,“ murmelte Bob und versuchte, nicht zu offensichtlich zu lächeln.

Lemar schaufelte sich derweil schon Pommes rein. „Ey Bob, du weißt, dass du jetzt offiziell Teil der A-Liste bist, oder? Ich meine – Walker hat dich adoptiert.“

John warf ihm einen genervten Blick zu. „Halt einfach den Mund, Hoskins.“

Lemar lachte nur. „Ich mein’s ja nicht böse! Aber wenn ich euch so anschaue – der Nerd und der Quarterback. Das schreit nach Netflix-Serie!“

Bob konnte sich ein leises Lachen nicht verkneifen, auch wenn ihm ein wenig die Röte ins Gesicht stieg. John grinste, lehnte sich zurück und klopfte Bob leicht auf die Schulter.

„Ignorier ihn. Der redet einfach zu viel, wenn er Hunger hat.“

„Oder wenn ich Spaß hab,“ fügte Lemar mit vollem Mund hinzu.

Trotz des ganzen Trubels fühlte sich dieser Moment für Bob… echt an.
Unwirklich, aber echt.
Als hätte die Welt kurz aufgehört, ihn zu übersehen.

Gerade als Lemar den nächsten dummen Spruch loswerden wollte, fiel ein Schatten auf den Tisch.

„Na, das ist ja mal neu.“

Karli stand vor ihnen, Tablett in der Hand, die roten Locken etwas zerzaust, die Jacke noch halb offen. Sie musterte die Runde – erst Bob, dann John, dann Lemar – und hob skeptisch eine Augenbraue.

„Was ist das hier, der neue Sozialarbeits-Club?“

Lemar grinste breit. „Eher die Elite der Schulflucht.“

John schnaubte, während Bob sofort verlegen an seinem Ärmel zupfte.
„Wir… äh… sitzen nur zusammen.“

„Jaja,“ meinte Karli, stellte ihr Tablett ab und ließ sich direkt neben Bob nieder. „Ich bin zehn Minuten weg, um ein paar Kids glücklich zu machen, und ihr baut hier ’ne Boyband auf.“

John verschluckte sich fast an seiner Cola, Lemar lachte los. „Die Walker Experience! Mit dem stillen Typen am Bass!“

Bob seufzte, versuchte aber, das Lachen zu unterdrücken.

„Du bist viel zu brav, Bob,“ neckte Karli, dann wandte sie sich an John. „Ich hätte echt nicht gedacht, dass du mal freiwillig an diesen Tisch setzt. Was ist passiert? Kopf gestoßen?“

„Sehr witzig,“ konterte John und schob sich seelenruhig eine Pommes in den Mund. „Vielleicht hab ich einfach Geschmack entwickelt.“

„Oder Mitleid,“ murmelte Lemar grinsend.

Karli grinste schief, ließ sich zurück in den Stuhl fallen und sah Bob prüfend an – so als wollte sie herausfinden, was sie verpasst hatte. Und obwohl sie es nicht sagte, schien sie zu merken, dass zwischen ihm und John irgendetwas vibrierte.

„Na gut,“ meinte sie schließlich. „Solange ihr euch nicht küsst, während ich esse, bin ich cool damit.“

John verschluckte sich diesmal wirklich – und Bob wurde knallrot. Lemar brüllte fast vor Lachen, während Karli seelenruhig einen Bissen von ihrem Burger nahm.

„Was?“ fragte sie unschuldig. „Ich sag ja nur, was alle denken.“

Nach der Schule, hing die Sonne schon tief, als John über den Parkplatz ging. Er hatte gerade das Training beendet und wollte nur noch in sein Auto steigen, als er Karli an der Mauer neben dem Eingang lehnend sah. Eine Zigarette in der Hand, wie immer, auch wenn sie nie wirklich rauchte – sie ließ sie meistens einfach runterbrennen.

„Walker.“
Sie sprach seinen Namen so betont ruhig aus, dass John sofort wusste, das war kein Zufallstreffen.

„Karli.“ Er blieb stehen, verschränkte die Arme. „Was ist los? Willst du mir Nachhilfe in Chemie geben oder wieder Drogen an den Turnhallen verkaufen?“

Sie grinste schief. „Nur das Übliche. Außerdem… du bist gar nicht mein Typ.“

„Glück gehabt.“

Sie stieß ein leises Lachen aus, trat dann einen Schritt näher. Ihr Blick war scharf, direkt.
„Ich hab heute mit Bob geredet. Naja – versucht, mit ihm zu reden nach unserem Boyband Treffen. Aber der Typ ist schlimmer als ein Tresor.“

John hob eine Braue, sagte aber nichts.

„Also frag ich dich direkt,“ fuhr sie fort, „was läuft zwischen euch?“

„Wir… hängen einfach ein bisschen ab. Lernen. So was halt.“

„Mhm.“ Sie musterte ihn, als könnte sie jede Regung in seinem Gesicht lesen.
„Du weißt schon, dass er anders ist als die Leute, mit denen du sonst so rumhängst, oder?“

John schwieg.

„Wenn du ihm das Herz brichst,“ sagte sie schließlich mit ruhiger, gefährlich fester Stimme, „dann kümmer ich mich persönlich darum, dass du’s bereust. Und glaub mir, ich kann ziemlich kreativ werden.“

Johns Mundwinkel zuckte. „Das ist ’ne Drohung?“

„Nein,“ meinte Karli trocken. „Ein Versprechen.“

Für einen Moment stand nur das Rascheln der Bäume zwischen ihnen. Dann ließ sie die Zigarette fallen, trat sie aus und sah ihn an, diesmal mit einem Hauch von Wärme.
„Er hat dich echt gern, Walker. Und er braucht keinen weiteren Typen, der ihn kaputtmacht.“

John sah sie an, etwas ernster jetzt, und nickte langsam.
„Ich hab nicht vor, ihm weh zu tun.“

„Gut.“ Karli schulterte ihre Tasche, wandte sich zum Gehen. „Dann sind wir uns ja einig.“

Als sie den Schulhof verließ, blieb John noch einen Moment stehen – nachdenklicher, als er zugeben wollte.

Als Bob die Haustür aufschloss, war es schon dunkel draußen. Er hatte gehofft, einfach still in sein Zimmer schleichen zu können – so wie früher, wenn sein Vater spät noch unterwegs war. Doch das Licht im Wohnzimmer brannte.

Er hörte sofort den Fernseher, das Glas, das abgestellt wurde. Und dann die Stimme seines Vaters.
„Na, sieh mal einer an. Der Herr Sohn kommt auch mal wieder nach Hause.“

Bob blieb stehen. Schon an der Tonlage wusste er, dass sein Vater getrunken hatte. Der beißende Geruch von Whiskey hing in der Luft.
„Ich… ich hab gestern bei einem Freund gelernt. Ich hab doch geschrieben—“

„Eine Nachricht? Am Abend?“ Sein Vater lachte kurz, bitter. „Glaubst du, ich kauf dir das ab? Was hast du genommen?“

Seine Mutter saß auf der Couch, still, den Blick auf den Boden gerichtet. Kein Wort. Kein Eingreifen.

„Ich hab nichts gemacht, Papa“ Bobs Stimme war leise, fast flehend. „Ich schwör’s. Ich schwöre es dir, ich bin clean!“

Der Mann kam auf ihn zu – und in der Spannung des Moments verkrampfte sich alles in Bob. Worte wurden lauter, schärfer, die Stimmung kippte, bevor er reagieren konnte. „Du elender Lügner, du bist genauso wie deine Mutter! Aber mich kannst du nicht Täuschen!“ Und dann knallte es, ein dumpfer Schlag auf Bobs Wangen. Sofort wurde diese rot, Bob taumelte leicht nach hinten und hielt sich diese fest. Leichte Tränen sammelten sich in seine Augen.

Dann Stille.

„Du bringst Schande über dieses Haus“ zischte sein Vater betrunken, bevor er sich wieder zum Fernseher aufmachte mit einer neuen Flasche Bier in der Hand – als wäre nichts gewesen.

Bob blieb noch einen Moment stehen, die Luft stickig in der Kehle. Seine Mutter sah kurz zu ihm auf – traurig, aber unbeweglich – dann wieder weg.

Er ging wortlos in sein Zimmer, schloss die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. Für einen Moment atmete er einfach nur. Langsam. Zittrig. Tränen vom Schmerz die über seine Wangen liefen.
Dann griff er nach seinem Handy, starrte auf Johns Namen.
Er wollte schreiben. „Kann ich mit dir reden?“
Aber stattdessen legte er es einfach beiseite, zog Johns viel zu großen Hoodie enger um sich und setzte sich auf sein Bett.

Unten im Wohnzimmer hörte er gedämpfte Stimmen. Erst leise. Dann lauter.

„Du warst wieder zu hart zu ihm,“ sagte seine Mutter, ihre Stimme bebte leicht.

„Zu hart?“ Sein Vater lachte trocken. „Der Junge braucht endlich Disziplin. Nicht noch mehr Mitleid. Und jetzt halt deine Fresse.“

„Er ist dein Sohn!“ fuhr sie zurück, diesmal lauter. „Du weißt nicht, was das mit ihm macht—“

„Ich weiß genau, was es mit ihm macht!“ unterbrach er sie, das Glas klirrte auf dem Tisch. „Er lernt endlich, Verantwortung zu übernehmen. Ich lass ihn nicht wieder abrutschen wie damals.“

Dann wurde es still. Nur das Ticken der Uhr im Flur, das dumpf durch die Wand drang.

Bob zog die Knie an die Brust. Morgen früh ist wieder alles, als wäre es nie passiert.
Aber das Brennen auf seiner Wange erinnerte ihn daran, dass es doch passiert war.

Als sich Bob etwas beruhigt hatte und fast einschlief im Bett, vibrierte sein Handy leise.
Eine neue Nachricht.

John: Bin gut zuhause angekommen. Hoffe, du auch. Heute war echt schön mit dir. Schlaf gut, Nerd

Bob starrte auf den Bildschirm, ein schwaches Lächeln stahl sich auf seine Lippen, obwohl seine Wange noch brannte. Er tippte eine Antwort — du auch — aber schickte sie nie ab. Stattdessen legte er das Handy neben sich aufs Kissen und schloss die Augen. Er kuschelte sich feste in Johns Hoodie und versuchte nur von ihm zu träumen.

John ließ sich aufs Bett fallen, kaum dass er in seinem Zimmer war. Er grinste schwach, bevor er das Handy neben sich legte nachdem er sie SMS an Bob schrieb. Doch lange konnte er den Moment nicht genießen.

„John?“ Die Stimme seines Vaters war ruhig, zu ruhig.
Er klopfte nicht, sondern öffnete einfach die Tür. Der Anzug saß perfekt, der Blick war schneidend klar.

„dein… Freund heute Morgen“ begann er, als spräche er über ein Geschäftsessen. „Interessanter Junge. Sehr… bodenständig.“

John hob die Augenbrauen. „Er ist nur ein Freund.“

„Hm.“ Sein Vater trat näher, verschränkte die Arme. „Ich weiß, du bist jung. Und du kannst mit wem auch immer rumvögeln, das ist mir egal. Aber Olivia – ist das Mädchen, das du eines Tages heiraten wirst Verstanden?“

John spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. „Was ? Heiraten? Sind wie in 1920 gelandet? Das kannst du nicht für mich entscheiden.“

„Ich kann und ich werde.“ Die Stimme seines Vaters blieb eiskalt. „Du bist ein Walker. Und ich dulde keine Eskapaden, die unseren Namen beschmutzen.“

„John, wir müssen über deine Zukunft reden,“ sagte er, als wäre es die natürlichste Sache der Welt. „Ich habe alles geplant: Welches College du besuchst – egal, welche Noten du hast. Wie lange du brauchst, um dein Studium abzuschließen. Und danach wirst du die Firma übernehmen. Genau so.“

John spürte, wie die Wut in ihm hochkochte, ein heißer Schlag in der Brust. „Ich bin kein Plan für dich. Ich bin ich! Ich kann nichts dafür, wenn deine Frau dich verlässt, weil sie es nicht mehr mit dir ausgehalten hat.“

„Hier geht es nicht um deine Mutter, Jonathan.“ Sein Vater verzog keine Miene. „Olivia ist die Richtige für dich. Ich habe mit ihrem Vater alles abgesprochen. Das wird reibungslos laufen. Du musst nur mitspielen.“

Johns Hände krallten sich in die Bettkante. Jeder Satz seines Vaters fühlte sich wie Fesseln an, ein unsichtbarer Griff um seinen Hals. Plötzlich sprang er auf, sein Herz hämmerte in der Brust.

„Nein. Ich mach das nicht. Ich lass mich nicht kontrollieren! Nicht von dir! Von niemanden!“

Ohne auf weitere Worte zu achten, stürmte er zur Tür. Er riss sie auf, spürte die kalte Luft im Flur und rannte einfach los. Nur weg. Weg von seinem Vater, von seinen Plänen, von allem.

Kaum draußen, griff John nach seinem Handy. Er musste Bob hören, musste irgendjemanden erreichen, der ihn nicht bevormundet, der ihn einfach versteht. Er wählte die Nummer, die er heute morgen bekommen hatte. Bob ging im Halbschlaf ans Handy.

„Bob…“ kam es atemlos, kaum mehr als ein Flüstern, als Bob abnahm. „Ich… ich musste einfach weg. Zuhause… es… es ging nicht anders, mein Vater ist so ein Arsch.“

Auf der anderen Seite hörte er Bobs Stimme, ruhig und leise, warm: „Hey, alles okay? Du bist okay? Ich bin hier.“

John spürte, wie die Spannung aus ihm rausfloss, ein wenig zumindest. „Ich… ich weiß nicht, wie lange ich es hier noch aushalte… ich weiß nicht, wie ich ihm entkommen kann“

„…Warte John…Komm einfach zu mir,“ unterbrach Bob sanft. „Wir reden über alles, wenn du willst. Komm einfach zu mir.“

Und plötzlich wusste John, dass er nicht allein war. Dass er irgendwo hin konnte, wo ihn niemand einordnete, niemand kontrollierte. Nur Bob.

Okay… mein Zimmerfenster ist offen,“ sagte Bob hastig, fast flüsternd. „Aber… hör zu, John. Du musst wirklich leise sein. Kein Licht, keine Geräusche. Meine Eltern sind…streng.“

John grinste leicht, obwohl sein Herz raste. „Keine Sorge, ich bin Profi im Unsichtbarsein,“ murmelte er, obwohl er wusste, dass das ein Risiko war.
„Ich send dir die Adresse, bis gleich“

Er legte auf, zog seine Sneakers an, die er im letzten Moment ergreifen konnte, bevor er aus dem Haus stürmte und machte sich auf den Weg zu Bob. Es fühlte sich seltsam normal an, wie er durch die Straßen joggte, fast so, als wäre es Routine, obwohl er das fast bis ans Ende der Stadt musste.

Jeder Schritt brachte ihn näher zu Bob, zu dem Ort, der für ihn gerade alles bedeutete. Er atmete tief durch, schaute auf die Straßenlaternen, und als er schließlich ankam, war da dieses kleine Gefühl von Adrenalin gemischt mit… Vorfreude.

„Hier John.“ kam eine Stimme aus dem Offenen Fenster.

Er kletterte vorsichtig durchs Fenster, die Bewegungen einstudiert, jedes Knarren vermiedend. Drinnen wartete Bob, die Augen groß, ein leichtes Lächeln auf den Lippen.

„Du hast es geschafft,“ flüsterte Bob, kaum zu hören, und John konnte nicht anders, als zu grinsen. Es war riskant, verrückt… aber verdammt, es fühlte sich richtig an.

Sie standen nur einen Herzschlag voneinander entfernt, die Nähe brannte und ließ die Zeit stillstehen. John konnte das Zittern in Bobs Händen spüren, die leise den Ärmel von Johns Hemd berührten.

„Ich hab dich echt vermisst,“ gestand Bob, fast so leise, dass es nur für John hörbar war.

John zog ihn sanft in eine Umarmung, spürte die Wärme von Bobs Körper, sein Herz hämmerte. „Ich auch… mehr als du denkst.“

Die Welt draußen existierte nicht mehr, nur der Raum, die Dunkelheit, das Risiko und sie beide. Jeder Augenblick fühlte sich verboten, intensiv und gleichzeitig richtig an.

John setzte sich auf Bobs Bettrand, noch immer außer Atem vom Joggen. „Also… mein Dad…“ begann er, doch dann blieb sein Blick an Bobs Wange hängen. Ein roter Abdruck, ein leicht blauer Schatten darunter.

„…Was ist passiert?“ fragte John sofort, seine Stimme halb besorgt, halb wütend.

Bob schluckte. Ein kurzer Moment der Panik huschte über sein Gesicht. „Ähm… das? Ach, das ist nichts… echt nix Wichtiges. Hab mich nur irgendwo gestoßen… beim… na ja, Sport.“

John zog eine Augenbraue hoch. „Sport? Wirklich? Sieht eher aus, als hättest du eins auf die Fresse bekommen.“

Bob wich Johns Blick aus und murmelte: „Nee, nee, alles gut, wirklich…“

John schüttelte den Kopf, halb lächelnd, halb genervt. „Bob… du bist echt schlecht im Lügen. Das sehe ich doch sofort.“

Bob seufzte und ließ den Kopf kurz hängen, während John ihm sanft über die Wange strich. „oh man, okay… Aber erzähl’s mir irgendwann, bitte…“

Bob nickte, noch immer leicht nervös, aber erleichtert, dass John ihn nicht sofort zur Rede stellte. „…Okay… irgendwann. Ich verspreche es.“

John sank aufs Bett neben Bob, die Hände noch leicht zitternd vom Joggen. „Mein Dad… er… er hat mir echt die Hölle heiß gemacht,“ begann er, die Stimme hart, aber auch brüchig. „Er meint, er weiß genau, was gut für mich ist. Auf welches College ich gehen werden, wie lange ich studiere, dass ich seine Firma übernehme… und das ich Olivia heiraten soll! Er hat schon alles mit ihrem Dad abgesprochen…“

Seine Fäuste ballten sich, während die Wut in seinen Augen loderte. „Er… er sagt, ich kann mit wem ich will rumvögeln oder was auch immer, aber Olivia… die soll die Richtige sein. DIE Richtige! Und ich… ich hab null Mitspracherecht.“

Bob zog John instinktiv an sich, legte vorsichtig den Arm um ihn. „Hey… hey, du bist hier jetzt sicher. Dein Dad kann dich nicht hören, nicht hier. Tut mir leid, er ist doch nicht so nett wie ich dachte.“

John atmete schwer, die Stimme ein Flüstern: „Ich bin nur so… wütend… Ich hasse, dass er so denkt, als könnte er alles bestimmen…“

Bob strich sanft über Johns Rücken, lehnte sich leicht an ihn. „Ich weiß… verdammt, ich weiß. Niemand kann dich dazu zwingen, das zu tuen. Nicht dein Dad, niemand. Aber es ist schwieriger dagegen anzukämpfen, als man sich eingestehen will.“

John lehnte sich gegen Bob, ließ für einen Moment alle Wut raus in einen tiefen Atemzug. „Danke… das du da bist.“

„Immer,“ murmelte Bob, küsste leicht die Stirn von John. „Ich bin für dich da. Immer.“

Für einen Moment herrschte nur das leise Atmen der beiden, die Gefahr des Entdecktwerdens und der Stress des Tages draußen, und zwischen ihnen entstand diese kleine, stille Blase aus Sicherheit und Nähe.

John seufzte leise, seine Anspannung ließ ein wenig nach. „Mit dir… fühlt sich alles so… viel leichter an.“

Bob lächelte, lehnte sich vor und berührte sanft Johns Lippen mit den seinen. „Dann lass uns das ein bisschen einfacher machen für uns“ flüsterte er.

Ihre Lippen trafen sich vorsichtig, zuerst zaghaft, fast wie ein Test, ob es wirklich real war. Dann vertiefte sich der Kuss, zärtlich, aber voller Wärme und Nähe, ein kleiner Funke, der alles, was draußen vor der Tür lag, für einen Moment vergessen ließ.

John schmiegte sich noch enger an Bob, ließ den Kuss wirken, während Bob ihn sanft hielt, fast so, als wollte er ihm die Sicherheit der Welt nur in seinen Armen schenken. Und dann wurde es etwas Leidenschaftlicher, wieder drang John mit seiner Zunge in Bobs Mund ein. Bob ließ ihn den Eintritt und krallte sich schon fast an John, um nicht umzufallen.

Aber John kam auf die Idee, Bob leicht aufs Bett zu drücken um ihn noch intensiver zu küssen. Beide atmeten schwer und John nahm die Position zwischen Bobs Beine ein.

John presste sich ein Stück fester an ihn, und Bob zog ihn langsam noch näher, so dass ihre Körper sich aneinander schmiegten. John griff zu Bobs Handgelenk. Beide konnten sich durch Ihre Kleidung spüren. Jede Berührung, jeder Atemzug, jedes Zucken ihrer Hände ließ die Hitze zwischen ihnen wachsen.

Dann legte John seine Hand an Bobs Taille, ein kleines Lächeln gegen seine Lippen gedrückt, das alles sagte: „Ich will dich.“

Bobs Hände legten sich auf Johns Schultern, als wollten sie die Welt um sie herum auslöschen.

Johns Atem streifte Bobs Hals, und Bob konnte das Knistern spüren, das sich wie Strom durch seinen Körper zog. Jeder Millimeter Hautkontakt ließ die Spannung zwischen ihnen fast greifbar werden, ein Feuer, das sie beide gleichzeitig anzog und nervös machte. John küsste Bobs Hals flüchtig, als wolle er sich auf diesen verewigen. Und sie rieben Ihre Körper aneinander.

„John…“ atmete Bob schwer, erregt von ihrer Leidenschaft.

Er löste sich ein Stück von John, atmete schwer und wischte sich eine Strähne aus dem Gesicht. „Okay…wir sollten uns vielleicht doch ein bisschen zusammenreißen, es war harter Tag für uns“ murmelte er, die Stimme noch rau vom Kuss, eigentlich wollte er nicht aufhören, aber Bob wusste wenn er jetzt nicht aufhört, dann kann er sich nicht mehr zusammenreißen.

John nickte, sein Blick weich, aber immer noch geladen. „Ja… wir wollten es doch langsam angehen, mit Dates und so“, sagte er leise und legte seine Stirn noch einmal kurz gegen Bobs. „Das ist ja gar nicht Gentleman like. Erst du in mein Bett, dann ich in deins.“

Für einen Moment blieben sie einfach so stehen, nur die Nähe spürend, das Pochen ihrer Herzen hörbar, und beide wussten, dass die Spannung zwischen ihnen nicht verschwunden war – sie hatten sie nur kurz eingefangen, wie ein wildes Tier, das in der Ecke des Zimmers lauert.

Bob lächelte schwach, fast schüchtern, und John erwiderte das Lächeln, ihre Finger fanden sich wieder in einer flüchtigen Berührung. Langsam, ganz bewusst, ließen sie sich ein kleines Stück Abstand, aber die Wärme und das Verlangen zwischen ihnen war immer noch da, greifbar, wie ein unausgesprochenes Versprechen.

John schaute auf die Stelle wo er Bobs Hals mit seinem Mund berührte. „Oh ich glaube ich hab da was hinterlassen“

Bob erstarrte kurz und glitt dann ein kleines Stück zurück, ein Hauch von Panik in den Augen. „Was meinst du…?“ Seine Stimme war leise, fast ein Flüstern, während er instinktiv versuchte, die Stelle am Hals zu verdecken.

John grinste schelmisch, beugte sich aber nicht weiter vor, nur ein Finger strich leicht über die Stelle, die er berührt hatte. „Na ja… ein Knutschfleck“, sagte er mit einem Anflug von Provokation, seine Stimme warm und herausfordernd zugleich. „Jetzt kann jeder sehen, wem du gehörst.“

Bob konnte nicht verhindern, dass ein leichtes Erröten seine Wangen färbte. „Du… du bist unmöglich“, murmelte er, halb ärgerlich, halb belustigt. Aber in seinen Augen glitzerte das gleiche Feuer, das zwischen ihnen immer noch brannte.

Johns Stimme war leise, fast ein Flüstern, als er die Worte herauspresste, und trotzdem lag eine brennende Sehnsucht darin. „Ich weiß gar nicht, wie ich die Nacht neben dir schlafen soll… wenn du mir so nah bist… da will ich mich schon fast nicht kontrollieren“, gestand er, seine Augen suchend auf Bob gerichtet.

Bob zog einen tiefen Atemzug, seine Stimme kaum mehr als ein Hauch, als er neben John flüsterte: „Du bleibst die Nacht?“

John schaute ihn an. „nach Hause kann ich nicht, also ich will nicht… aber ich will dir auch keinen ärger machen. Mach ich dir ärger, wenn deine Eltern hier reinkommen würden?“ und die frage hörte sich auch wie ein Test an für Bob.

Bob atmete tief durch, ein schwaches Lächeln auf den Lippen, als er John ansah. „Natürlich nicht“, log er. Sein Herz raste, und der Gedanke an seinen Vater, der ihn fertig machen würde, ließ ihn kurz zusammenzucken – eigenständig, mit seinen eigenen Händen. Doch jetzt zählte das alles nicht. John brauchte ihn, hier und jetzt, und in dieser Woche war John ihm wichtiger geworden als alles andere, sogar als sein eigenes Leben, aber das wichtigste war, Bob brauchte John auch.

Es war ein Moment von stiller Intensität, fast schon erschütternd in seiner Tiefe – das Herzschlaggefühl, die Angst und die unbestreitbare Nähe, die alles andere überlagerte.

John lächelte erschöpft und ein wenig verschmitzt zugleich. „Dann lass uns jetzt die Augen zu machen“, flüsterte er, „bevor wir nochmal übereinander herfallen.“

Bob konnte ein leises Kichern nicht unterdrücken, obwohl sein Herz immer noch wild klopfte. Sie lagen nebeneinander, so nah, dass jede Berührung ein kleines Funkenfeuer auslöste, und doch beschlossen sie, diesen Moment der Ruhe bewusst auszukosten – ein kurzer Atemzug inmitten all der Leidenschaft, die zwischen ihnen loderte. Und beide schliefen in Ihrer Kleidung in Bobs Bett ein, aber erst nachdem beide eine kuschelige Position einnahmen.

Die Nacht war still geworden. Nur das leise Ticken der alten Küchenuhr hallte durch das Haus.
Ein fahles Morgenlicht drang durch die halb geschlossenen Rollläden in Bobs Zimmer, streifte die durcheinandergeworfene Bettdecke, den Hoodie, der halb vom Bett gerutscht war, und zwei ruhige Gesichter, die nebeneinander lagen.

Die Zimmertür öffnete sich leise.
Ein schwaches Quietschen.

Bobs Mutter stand im Türrahmen. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, den Morgenmantel um die Schultern gezogen, die Hände fest aneinandergelegt.
Ihr Blick glitt durchs Zimmer – und blieb an der Szene hängen.

Bob, zusammengerollt in Johns Armen.
Beide in Schlaf gefallen, noch halb zugedeckt.

Einen Moment lang atmete sie nicht. Ihr Herz schlug unregelmäßig, so laut, dass sie meinte, er müsse davon aufwachen.
Es war kein Schock in ihrem Blick – eher etwas anderes. Etwas Sanftes. Etwas, das sie tief im Innern verstand.

Ganz langsam schloss sie die Tür wieder.
Das Klicken des Schlosses war kaum hörbar.

Sie blieb im Flur stehen, stützte sich an der Wand ab, atmete tief durch. In ihrem Gesicht lag ein Ausdruck, der zwischen Erschöpfung und Entschlossenheit schwankte.
„Ich sag ihm nichts,“ murmelte sie kaum hörbar, nur für sich selbst Aber du musst vorsichtig sein, Bob… ganz vorsichtig.“

Sie wusste, was ihr Mann tun würde, wenn er davon erfuhr.
Doch in diesem Moment, ganz still und unbeobachtet, war sie einfach nur eine Mutter, die ihren Sohn schlafen sah – zum ersten Mal seit Langem friedlich.

Der Morgen brach viel zu schnell an.
Ein dünner Streifen Licht kroch über den Boden, wanderte über Bobs Gesicht und kitzelte ihn wach. Benommen blinzelte er, sah auf die Uhr – und ihm schoss das Blut in den Kopf.

09:42.

„Scheiße…“ flüsterte er, sprang halb auf.
John neben ihm regte sich, noch mit zerzaustem Haar und diesem schläfrigen Lächeln, das Bob gleichzeitig nervös und weich machte.

„Was ist los?“ murmelte John, noch halb im Traum.

„Mein Dad… er ist schon weg, aber—“
Er stockte. Das Motorengeräusch vom frühen Morgen war noch in seinem Kopf – sein Vater, mit brummendem Schädel zur Arbeit gefahren. Ein Glück.
Aber das bedeutete nicht, dass sie sicher waren.

Ein Klopfen an der Tür ließ beide erstarren.
Sanft, aber bestimmt.
„Bob? Darf ich reinkommen?“ hörte man seine Mutter sagen.

Bob erstarrte völlig.
John sah ihn an – derselbe Ausdruck von Panik spiegelte sich in seinen Augen wider.
„Schrank,“ flüsterte Bob hektisch. „Schnell, bitte!“

John sprang auf, schnappte sich seine Sachen und verschwand in der Dunkelheit hinter der Schranktür, kaum dass sie zufiel.
Bob zerrte hektisch die Bettdecke glatt, atmete tief durch und öffnete schließlich die Tür.

Seine Mutter stand da – mit zwei dampfenden Tassen und einem kleinen Frühstückstablett. Der Geruch nach Kaffee und Toast füllte den Raum.
Sie sah ihn an, mit diesem wissenden, fast sanften Blick, und sagte ruhig:

„Wo ist denn dein Freund hin?“

Bob erstarrte.
Sein Mund öffnete sich leicht, aber kein Wort kam heraus.

„Woher weißt du…?“ brachte er schließlich hervor, leise, fast atemlos.

Ein kleines, müdes Lächeln huschte über ihr Gesicht.
„Ich war auch mal jung, Bob,“ sagte sie nur. „Und… ich bin nicht blind.“

Sie stellte das Tablett auf seinen Schreibtisch, sah kurz zur Schranktür, aber machte keine Anstalten, sie zu öffnen.
Dann fügte sie leiser hinzu:
„Mach nur keinen Lärm. Und… pass auf dich auf, ja?“

Bevor Bob etwas erwidern konnte, war sie schon wieder draußen – und ließ eine Stille zurück, die gleichzeitig beängstigend und tröstlich war.

Langsam ging die Tür des Schranks auf — ganz leise, fast zögerlich.
John lugte vorsichtig heraus, als wolle er sicher sein, dass die Luft rein war.

„Ist sie weg?“ flüsterte er.

Bob nickte und ließ sich auf das Bett fallen, die Hand auf der Brust, als müsse er sein Herz davon abhalten, aus der Rippenwand zu springen.
„Ja… aber sie weiß es, John. Sie weiß, dass du hier bist.“

John kam heraus, zerzaust, immer noch halb angezogen, das T-Shirt krumm über den Kopf gezogen.
„Wie… weiß sie’s?“ fragte er ungläubig.

Bob schnaubte leise, mehr ein nervöses Lachen.
„Sie hat Frühstück für zwei gebracht.“

Für einen Moment sahen sie sich einfach nur an.
Dann lachte John leise, erleichtert, und setzte sich neben ihn. „Na gut. Ich glaub, das war der angenehmste Beinahe-Herzinfarkt meines Lebens.“

Bob lächelte, noch immer leicht zitternd.
„Ich dachte, ich muss dich gleich durch das Fenster werfen.“

John beugte sich ein Stück näher zu ihm, grinste frech. „Wäre nicht das erste Mal, dass ich aus ’nem Fenster fliehen muss.“
Dann wurde sein Blick weicher. „Aber ehrlich? Ich bin froh, dass sie dich nicht angeschrien hat. Sie scheint dich… irgendwie zu verstehen.“

Bob starrte auf seine Hände, die ineinander verschränkt waren.
„Manchmal… ja. Und manchmal gar nicht. Aber heute… war sie da. Das war schon viel. Sie ist sehr krank… man kann sie nicht richtig einschätzen.“

John legte ihm vorsichtig die Hand auf den Rücken, sein Daumen strich eine kurze, beruhigende Bewegung über den Stoff von Bobs Shirt.
„Ich verstehe. Mach dir nicht so ein Kopf. Ich bin ja hier und selbst wenn sie mit einen Besen auf mich zu geht, weil sie mich für ein Einbrecher hält, kann ich mich gut verteidigen mit meinen Muckies“

Bob verdrehte die Augen, konnte sich das Lächeln aber nicht verkneifen.
„Das ist nicht lustig.“

„Doch,“ flüsterte John, beugte sich näher, sein Atem warm an Bobs Wange, „eigentlich schon.“

Für einen Moment war alles ruhig. Nur ihr Atem, die Stille im Zimmer, und draußen das entfernte Rauschen vorbeifahrender Autos.

Dann legte Bob leise den Kopf an Johns Schulter.
„Ich wünschte, es gäbe nur uns beide.“

John antwortete nicht sofort. Er legte nur seine Hand in Bobs Nacken, drückte ihn leicht an sich, und flüsterte dann:
„Vielleicht eines Tages.“

Das schwache Licht des Vormittags fiel durch die halb geschlossenen Vorhänge und tauchte Bobs Zimmer in ein gedämpftes, warmes Grau. Der Geruch von Kaffee hing noch in der Luft — der, den seine Mutter gebracht hatte.

John saß auf der Bettkante, barfuß, mit zerzausten Haaren, und stocherte mit dem Löffel im Marmeladenbrot herum. „Also, ich sag’s dir, … der Kaffee rettet grade mein Leben.“

Bob grinste schief und nahm einen Schluck. „Das ist der billige aus’m Supermarkt, John.“

„schmeckt trotzdem“ murmelte John und sah sich kurz im Zimmer um. Es war klein, ordentlich, aber man sah, dass alles schon älter war: ein schmaler Schreibtisch mit ein paar verkratzten Stellen, ein Regal mit Büchern, das schief an der Wand stand, und ein Bett, das schon leicht quietschte, wenn man sich drauf bewegte. Kein Fernseher, kein unnötiger Schnickschnack. Nur das Wesentliche — aber es fühlte sich trotzdem nach Zuhause an.

„Also… was machen wir heute?“ fragte Bob schließlich und stellte die leere Tasse beiseite. „Ich weiß, du bist zu Fuß hierher gekommen, Wir könnten in die Stadt fahren mit dem Bus.“

John hob eine Augenbraue. „In die Stadt, ja? Und was dann? Du zeigst mir dein geheimes Lieblingscafé, wo sie nur komische Indie-Musik spielen und alle Laptops Sticker drauf haben?“

„Genau das,“ erwiderte Bob trocken. „Und danach schlepp ich dich in den Buchladen, in dem’s so ruhig ist, dass man sich schuldig fühlt, wenn man atmet.“

John lachte. „Klingt nach ’nem Abenteuer. Ich bin dabei. Und hey… vielleicht kaufen wir dir was Neues zum Anziehen. Dein Hoodie gestern sah aus, als hätt er den Krieg gesehen.“

„Das war dein Hoodie,“ grinste Bob.

John tippte sich mit dem Löffel gegen die Stirn. „Stimmt. Dann muss ich wohl für Nachschub sorgen. Wir nennen’s Ausgleich für emotionale Schäden.“

Bob schüttelte lachend den Kopf, stand auf und begann, sein Bett halbwegs zurechtzuziehen. „Gut. Dann Bus in die Stadt. Ohne Stress.“

John stand ebenfalls auf, streckte sich, und seine Hand fand kurz den Saum von Bobs Shirt, bevor er ihn wieder losließ. „Ohne Stress,“ wiederholte er leise. „Nur du und ich.“

„Nur du und ich,“ bestätigte Bob.

Der Bus rumpelte über den Asphalt, die Sonne stand schon etwas höher, und draußen zogen die grauen Vorstadthäuser langsam vorbei. John saß am Fenster, Ellenbogen an der Scheibe, während Bob neben ihm mit einer Hand am Rucksackgurt spielte.

„Wow, Busfahren jeden tag, ich glaub das könnt ich nicht“, neckte John mit einem Grinsen. „Ich hätt gedacht, du beamst dich immer zur Schule oder so.“

„Ne, ich fliege in Wirklichkeit.“ erwiderte Bob trocken, „Hab dir verschwiegen, das ich eigentlich ein Superheld bin.“

John lachte, und ein paar ältere Damen vorne im Bus sahen kurz irritiert nach hinten. Bob wurde leicht rot, aber das Grinsen wich ihm nicht mehr vom Gesicht.
Die beiden sprachen über alles Mögliche — dumme Schulwitze, ihre Lehrer, was sie wohl nach der Schule machen würden, wenn Ihre Eltern nicht so wären, wie sie sind— und jedes Mal, wenn der Bus an einer Ampel stoppte, vibrierte der Sitz ganz leicht unter ihnen, was sie irgendwie dichter zusammenrücken ließ. Das war für John auch wieder der perfekte Moment seine Hand auf Bobs Oberschenkel zulegen, was Bob dann zusätzlich eine röte im Gesicht verpasste, aber Bob könnte sich auch dran gewöhnen.

Als sie endlich in der Innenstadt ausstiegen, empfing sie das geschäftige Treiben eines Samstags: Straßenmusiker, Passanten, der Duft von frischem Gebäck aus der Bäckerei an der Ecke. Aber auch der krach der Straße.

„Okay,“ sagte John und streckte sich, „du führst. Ich bin dein Sidekick.“

„Dann komm,“ meinte Bob, „erstmal in mein Lieblingscafé — Luna’s. Die machen Cappuccino mit Zimt drauf, so richtig fancy.“

John schnaubte. „abgefahren.“
Aber zehn Minuten später saß er mit genau diesem Cappuccino vor sich — und grinste, als er den ersten Schluck nahm. „Verdammt. Der ist wirklich gut.“

Bob nippte an seinem Kakao, lächelte, und für einen Moment war da nur Ruhe. Die Sonne fiel durch die Fensterscheibe, tauchte Johns Gesicht in warmes Licht.

Nach einer Weile schlenderten sie weiter durch die Fußgängerzone. Bob blieb an einem Schaufenster stehen, wo ein paar Bücher auslagen — alte Ausgaben, abgenutzte Einbände. „Das hier ist mein Lieblingsladen,“ murmelte er und deutete hinein.

Drinnen war es still, der Geruch von Papier und Holz in der Luft. Bob streifte durch die Regale, während John ihm folgte. Es war das erste Mal, dass John ihn so ruhig, so ganz in seinem Element sah.

Als sie an der Kasse standen, legte Bob ein gebrauchtes Buch auf den Tresen — „Dune“, ein älteres Exemplar. Doch als die Kassiererin den Preis nannte, sah Bob kurz in seine Tasche, dann wieder auf das Buch, und murmelte: „Ich leg’s vielleicht lieber zurück…“

John griff ohne ein Wort in seine Tasche, legte einen Schein auf den Tresen und lächelte nur.
„Ich schuld dir was,“ sagte Bob leise, als sie draußen waren.

John schüttelte den Kopf. „Nein. Das war ein Invest­ment.“

„In was?“

„In deinen guten Geschmack,“ grinste John.

„Kennst du Dune überhaupt?“ sagte Bob ruhig.

„nööö, naja gibt ein Film und ein Spiel, das weiß ich… siehst du ich bin gebildet.“

Bob verdrehte die Augen, aber er konnte sich das Lächeln nicht verkneifen.

John grinste breit, als sie gerade an einem Sportladen vorbeikamen. „Weißt du was,“ sagte er, während er mit dem Daumen über die Scheibe wischte, „wir holen dir wirklich nen ein neuen Hoodie. So richtig schön flauschig, nicht so ein ausgelutschtes Teil von mir.“

Bob blieb stehen, zog an dem Saum von genau diesem Hoodie und blickte leicht verlegen auf den Asphalt. „Nein! Den schmeiß ich nicht weg,“ murmelte er.

„Wieso nicht?“ fragte John mit gespielter Empörung. „Das Ding riecht bestimmt schon nach meinem Deo und Trainingshalle.“

„Eben,“ sagte Bob und grinste, ein bisschen rot im Gesicht. „Das ist… dein Hoodie. Ich geb den nicht mehr her.“

John lachte, schüttelte den Kopf und fuhr sich durch die Haare. „Du bist unmöglich, Reynolds. Ich hab tonnenweise davon welche — ich schenk dir alle, wenn du willst.“

Bob blickte zu ihm hoch, lächelte warm und flüsterte: „Nur unter einer Bedingung.“

„Na die wäre?“ fragte John neugierig, während er die Hände in die Taschen steckte.

„Du musst sie mindestens einmal getragen haben, bevor du sie mir gibst.“

Einen Moment lang sagte John nichts — dann verzog sich seine Miene zu einem spitzbübischen Grinsen. „Also willst du quasi meine getragenen Hoodies sammeln? Klingt ein bisschen stalkerhaft, wenn du’s so formulierst.“

Bob verdrehte die Augen, aber seine Wangen glühten. „Vielleicht. Aber nur bei dir.“

John stieß ihn leicht mit der Schulter an. „Dann kriegst du den nächsten mit Extraschweiß drauf, damit er richtig authentisch ist.“

„Ja dein Männerschweiß, das ist was ich will“ lachte Bob, und die beiden liefen weiter, Seite an Seite, während sie sich gegenseitig immer wieder sanft anstießen.

„Hab ich mir gedacht.“ lachte John.

Dann blieb John abrupt stehen, drehte sich zu Bob und ließ seine Hände spielerisch auf dessen Taille gleiten. „Also… was bekomm ich denn von dir, wenn du schon alle meine Hoodies bekommst“ sagte er mit einem Grinsen, das Bob fast zum Erröten brachte.

Bob verschränkte die Arme und musterte ihn skeptisch. „Was willst du denn von mir?“

John neigte den Kopf leicht, die Augen glänzten und ein Hauch von Hundeblick lag in seinem Blick. „Zum Beispiel… für jeden Hoodie einen Kuss?“

Bob spürte, wie sein Herz schneller schlug, und nach einem kurzen Zögern nickte er. „Okay… abgemacht.“

John grinste noch breiter und beugte sich ein Stück vor, um einen zusätzlichen, kleinen Bonuskuss auf Bobs Wange zu drücken, genau in diesem Moment, der nur ihnen gehörte.

Bob zögerte kurz, unsicher, ob sie das mitten auf der Straße wirklich tun sollten, aber als er in Johns Blick tauchte — dieser Hundeblick, voller Sehnsucht und spielerischer Frechheit — konnte er einfach nicht widerstehen. Sein Herz machte einen Sprung, und er erwiderte einen Kuss auf die Lippen, leise, fast heimlich, während sie weiter nebeneinander standen, als sei die Welt um sie herum plötzlich still.

Der Moment war flüchtig, aber intensiver, als Worte es je beschreiben könnten. Ein kleines Spiel aus Nähe, Verlangen und Zärtlichkeit, das ihnen beiden die Luft raubte — und trotzdem fühlte es sich völlig richtig an.

Bob und John schlenderten noch locker durch die Stadt, ließen die Leute an sich vorbeiziehen, und John schien erstaunlich entspannt für das was gestern los war – zumindest für Bob. Die Sonne stand hoch am Himmel, und alles wirkte für einen Moment fast normal.

Doch dann, auf der breiten Einkaufsstraße, tauchte Olivia auf. Sie war mit zwei Freundinnen unterwegs und blieb abrupt stehen, als sie John und Bob zusammen sah. Ihr Blick war ein perfektes Zusammenspiel aus Überraschung, Ärger und Enttäuschung.

„John!“, rief sie scharf, ihre Stimme hatte diesen Ton, der sofort alle in der Nähe aufhorchen ließ. „Seit zwei Tagen ignorierst du mich – und jetzt hängst du hier einfach mit ihm ab?“

John erstarrte, und Bob spürte, wie sich die Luft zwischen ihnen sofort verdichtete. Er konnte Johns Ärger, die Unsicherheit, aber auch die leichte Nervosität spüren. Olivia verschränkte die Arme und starrte ihn an – eine Mischung aus wütend und verletzt.

Bob bemerkte, dass John nicht sofort antwortete. Er wollte sie vielleicht nicht provozieren, oder er suchte nach den richtigen Worten. Bob spürte, dass diese Begegnung die Stimmung ihres entspannten Tages komplett verändern konnte.

Olivia trat noch ein Stück vor, ihre Augen funkelten vor Zorn. „Also wirklich, John… was soll das bitte?“ Sie drehte sich zu Bob, ihre Stimme wurde schärfer. „Und du, Reynolds… glaub bloß nicht, dass du irgendwas Besonderes bist. John hängt öfter mal so mit jemandem ab, kleine Techtelmechtel hier und da, ohne dass es etwas bedeutet. Glaub mir, sobald ein Konflikt kommt, lässt er dich fallen wie eine heiße Kartoffel.“

Bob spürte, wie sein Herz kurz stehen blieb. Er schluckte, versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, aber Johns Hand auf seiner Taille gab ihm etwas Sicherheit.

John schnaubte leise, ein bisschen amüsiert, ein bisschen genervt. „Olivia… wirklich, musst du jetzt den ganzen Dramatismus rausholen? Du nervst einfach.“ Seine Stimme war ruhig, aber in den Augen lag dieser leichte Funk von Trotz.

Olivia funkelte ihn nur an, drehte sich dann demonstrativ weg und murmelte etwas wie: „Du wirst schon sehen…“

Bob schaute John an, sein Herz pochte schneller. „Ist sie immer so… explosiv?“ flüsterte er.

John grinste ein bisschen, legte den Arm um Bobs Schulter und zog ihn leicht näher. „Sie hat ihre Momente… und ja, heute ist so ein Tag.“

John zog Bob leicht hinter sich, so dass sie fast ein kleines Schutzschild bildeten. „Olivia, hör zu… Bob ist nicht irgendwer, okay?“, sagte er ruhig, aber mit diesem Ton, der keinen Widerspruch zuließ. „Und ich hänge mit ihm ab, weil ich es will. Nicht, weil es irgendein Spiel ist.“

Olivia verschränkte die Arme und verzog die Lippen, aber John ließ sich nicht beirren. „Ich weiß, dass du das nicht verstehen willst… aber er ist mir wichtig. Und das geht dich nichts an.“

Bob spürte, wie sein Herz einen Schlag aussetzte. Er hatte noch nie so etwas von John gehört – so klar, so entschlossen. Es ließ ihn einerseits erschrecken, andererseits fühlte es sich unglaublich beschützend und warm an.

Olivia machte einen Schritt auf ihn zu, wollte noch etwas sagen, aber John legte einen Arm schützend um Bob. „Nein. Genug gesagt. Wenn du wirklich meine Freundin wärst, würdest du verstehen und dich freuen, das er mir gut tut. Dann wärst du mal auf meiner Seite!“

Bob wagte kaum zu atmen, so nah wie John jetzt war. Er fühlte das Kribbeln in seiner Brust, das gleichzeitig Sicherheit und Nervenkitzel auslöste.

Olivia starrte sie beide an „ich bin auf deiner Seite, sowas von…“ dann drehte sie sich abrupt um. „Ihr zwei… ihr werdet schon sehen, was ihr davon habt…glaubt mir!“ murmelte sie, bevor sie davonstapfte.

Als sie außer Sichtweite war, ließ John seinen Arm von Bob gleiten, zog ihn aber nicht weg. „Alles gut… sie muss es einfach noch checken. Sorry wegen Olivia, sie hat’s auch nicht leicht. Sie wirkt immer wie eine verwöhnte Tussi. Und haut Dinge raus, die sie nicht versteht. Lass dich davon nicht runterziehen. Sie ist eigentlich nicht so schlimm, wie sie grade wirkt.“

Bob nickte, leise und fast ungläubig. „Okay… danke das du für mich eingestanden bist. Sie muss dir trotzdem viel bedeuten.“

„Ja tut sie schon“ John grinste, sein Blick weich und warm. „aber Niemand soll zwischen uns kommen.“

Chapter 6: Zwischen Dunkelheit und Vertrauen

Chapter Text

Die Sonne stand schon tief, als sie sich auf eine Parkbank setzten. Der Wind wehte kühl, und die orangefarbenen Strahlen fielen auf die leeren Straßen, während der Tag langsam in den Abend überging. John hatte sich etwas nach hinten gelehnt, die Hände in den Taschen seines Hoodies vergraben, den Bob immer noch trug. Zwischen ihnen hing eine seltsame Stille. Keine unangenehme, aber doch… schwer.

Bob blickte auf seine Hände, die ineinander verschränkt waren. „Tut mir leid, dass ich so ruhig bin“, murmelte er schließlich.

John sah kurz zu ihm, musterte ihn. „Schon okay. Ich weiß, Olivia kann ganz schön scheiße reden.“

„Ja, aber…“ Bob zögerte, seine Stimme war leise. „Vielleicht hatte sie nicht ganz unrecht.“

John runzelte die Stirn. „Wie meinst du das?“

Bob seufzte. „Na ja… Mr. Banner hat vor ein paar Tagen auch sowas gesagt. Nicht direkt, aber… er meinte, dass du und ich so unterschiedlich sind. Dass du jemand bist, der sich keine Sorgen machen muss, und ich jemand, der sich keine Fehler leisten kann. Und jetzt… sagt Olivia praktisch das Gleiche. Dass du jemanden wie mich irgendwann fallen lässt.“

Einen Moment war es ganz still. Nur das Rauschen der nahen Straße war zu hören. John sah ihn lange an, als würde er die Worte abwägen, die er sagen wollte.

Dann beugte er sich ein Stück näher zu Bob. „Weißt du, was Mr. Banner und Olivia gemeinsam haben?“ fragte er ruhig.

Bob schüttelte leicht den Kopf.

„Sie haben keine Ahnung, wer du bist. Und sie haben auch keine Ahnung, wer ich bin, wenn ich bei dir bin.“

Bob hob den Blick, überrascht von dem ernsten Ton in Johns Stimme.

„Ich bin nicht der Typ, der jemandem was vorspielt. Ich mag dich, Bob. Wirklich. Und wenn ich sage, dass du mir wichtig bist, dann meine ich das. Ich weiß, dass ich Fehler mache, ich bin nicht perfekt, wie du schon gesagt hast – aber du bist auch kein Projekt oder ein… Zeitvertreib für mich, klar?“

Bob schluckte. Etwas in seiner Brust zog sich zusammen – aus Erleichterung, aus Scham, aus Zuneigung. Er wollte etwas sagen, doch John legte kurz seine Hand auf seine.

„Also hör auf, dich von anderen Leuten verrückt machen zu lassen, okay? Ich hab genug Stimmen in meinem eigenen Kopf. Ich will nicht, dass du dich auch noch gegen mich stellst, nur weil ein paar Leute glauben, sie wüssten, was zwischen uns läuft.“

Bob nickte langsam, sein Blick weich, die Anspannung wich aus seinen Schultern. „Ich stell mich nicht gegen dich, John. Ich… ich will das hier auch. Ich hab nur Angst, dass es dir irgendwann zu viel wird.“

John grinste ein bisschen, aber seine Augen blieben ernst. „Ich kann mit viel umgehen, Bob. Aber nicht damit, dich zu verlieren. Also hör auf, mir wegrennen zu wollen, ja?“

Ein stilles Lächeln stahl sich auf Bobs Gesicht, und für einen kurzen Moment war die Welt wieder ruhig. Der Himmel färbte sich dunkler, und Johns Daumen strich unbewusst über Bobs Handrücken.

Die Stimmung war wieder zärtlicher – ruhig, vertraut – so, wie sie es immer wieder hinbekamen, egal was ihnen dazwischenkam.

Sie entschieden sich, nicht gleich den nächsten Bus zu nehmen. Der Himmel war inzwischen in tiefes Violett getaucht, und zwischen den Häusern glimmten die ersten Straßenlaternen auf. „Komm“, sagte John leise und stieß Bob leicht mit der Schulter an, „lass uns noch ein Stück laufen. Der Bus braucht eh ewig hier raus.“

Bob nickte, froh über den Vorschlag. Es war angenehm, einfach neben John herzugehen — ohne Lärm, ohne andere Stimmen, ohne Olivia, ohne Mr. Banner. Nur sie und das rhythmische Geräusch ihrer Schritte auf dem Asphalt.

„Weißt du“, begann John nach einer Weile, „eigentlich find ich’s krass, wie ruhig du sein kannst. Ich red immer zu viel, und du sagst oft gar nix. Und trotzdem…“ Er grinste schief. „…hör ich dir lieber zu als mir selbst.“

Bob lächelte bei den Worten und sah zu ihm hinüber. „Vielleicht, weil du’s brauchst, dass jemand einfach zuhört.“

John lachte leise. „Ja, kann sein. Bei mir daheim hört keiner richtig zu. Entweder wird entschieden, was ich machen soll, oder ich soll am besten gar nix sagen.“

„Ich hör dir zu“, sagte Bob ruhig. Es war kein großes Versprechen, kein pathetischer Satz — aber er meinte ihn ehrlich.

John sah ihn an. Eine kleine Sekunde zu lange. Dann nickte er. „Ich weiß. Genau das ist das Problem“, murmelte er, mehr zu sich selbst.

Bob verstand den Satz nicht ganz, aber er spürte, was er bedeutete. Dass John sich immer mehr fallen ließ, vielleicht mehr, als er selbst geplant hatte.

Sie kamen an einem kleinen Park vorbei. Die Laternen warfen warmes Licht auf die Bankreihen, und der Teich spiegelte die dunkle Nacht wider. John deutete auf eine Bank. „Setz dich kurz. Ich hab keine Lust, dass der Abend so endet — so halb traurig.“

Bob setzte sich, zog die Knie leicht an und sah ihn fragend an.

John sah ihn an, dieses vertraute, weiche Lächeln auf den Lippen. „Ich will dir was sagen, aber ohne dass du’s überanalysierst, okay?“

„Okay“, sagte Bob vorsichtig.

„Ich hatte schon Beziehungen. Aber das hier…“ Er sah kurz weg, dann wieder zu ihm. „Das fühlt sich anders an. So, als würde’s echt was bedeuten.“

Bob wurde warm ums Herz, und seine Wangen wurden leicht rot. Er konnte nichts sagen, aber John brauchte auch keine Antwort. Er beugte sich leicht vor, legte seine Stirn an Bobs und flüsterte: „Ich will nicht, dass das hier endet, nur weil andere meinen, es passt nicht.“

„Dann endet’s auch nicht“, antwortete Bob leise.

Ein Lächeln breitete sich auf Johns Lippen aus, und sie saßen einfach so da, Stirn an Stirn, während sich die Welt um sie langsam beruhigte.

Johns Blick blieb an Bobs Gesicht hängen, als sie wenige Minuten später in Richtung Bushaltestelle gingen. Das violette Abendlicht ließ die bläuliche Stelle an seiner Wange noch deutlicher hervortreten. Bob hatte gehofft, dass sie verblasst war — aber John war zu aufmerksam, um das zu übersehen.

Er runzelte die Stirn, lehnte sich ein Stück zu ihm. Seine Stimme war weich, fast vorsichtig. „Tut das noch weh?“

Bob berührte instinktiv die Stelle, schüttelte den Kopf. „Geht schon. Ist halb so schlimm.“

John glaubte ihm nicht. Er sah ihn weiter an, bis Bob unruhig wurde. „Ich hab dir gestern keine Ruhe gelassen mit meinen Fragen“, sagte John schließlich. „Aber… ich kann das nicht einfach so stehen lassen. Wenn dir jemand weh tut, will ich’s wissen. Vielleicht kann ich irgendwas tun.“

Bob schluckte. Seine Finger spielten nervös an dem Ärmel von Johns Hoodie. „Du kannst da nichts machen, John. Echt nicht.“

„Ich kann’s aber nicht ignorieren.“ John klang jetzt leiser, ernster. „Ich hab gestern schon gemerkt, dass du versuchst, alles runterzuspielen. Aber das da—“ Er deutete auf die Wange. „Das sieht nicht nach ‘halb so schlimm’ aus. Ich hab sowas schon gesehen.“

Bob schwieg. In seiner Brust brannte es — Scham, Angst, aber auch dieses seltsame Gefühl von Geborgenheit, das John in ihm auslöste. Niemand hatte bisher so sanft und ehrlich auf ihn reagiert, ohne zu urteilen.

„Wenn du willst“, fuhr John fort, „kommst du einfach erstmal öfter zu mir. Nur, bis sich das beruhigt hat. Mein Dad haut bald wieder ab auf Geschäftsreise, dann ist eh niemand da. Du musst dich nicht verkriechen, Bob.“

Bob schaute zu ihm hoch, überrascht von dem Angebot. „das wäre inordnung für dich ? Einfach so ?“

John nickte ernst. „Ich mein’s ernst. Du tust immer so, als wärst du der Starke von uns beiden, aber… ich will auch mal für dich da sein, okay?“

Bob konnte nur nicken. Seine Kehle war trocken, und er lächelte zaghaft. „Danke…“ flüsterte er.

John sah ihn an — ehrlich, offen, ohne Druck. Dann lehnte er sich zurück, atmete tief durch und sagte leise: „Ich will einfach nicht, dass dir nochmal jemand sowas antut.“

Bobs Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, als er nach einer Weile leise sagte:
„Es ist… kompliziert bei mir zu Hause.“

John schaute sofort zu ihm, aber Bob hielt den Blick gesenkt, starrte auf seine Hände.
„Meine Mom… sie hat eine bipolare Störung. Es gibt Tage, da ist sie… richtig toll. Und dann wieder Tage, da…“ Er brach ab, suchte nach Worten. „Da erkennt man sie kaum wieder. Und meinem Vater… kann man dann auch nicht trauen.“

Johns Stirn spannte sich. „Wie meinst du das?“

Bob atmete tief ein, seine Finger krallten sich leicht in den Stoff von Johns Hoodie. „Er wird schnell laut. Und wenn’s schlecht läuft, wird’s nicht nur laut. Verstehst du…“
Das letzte Wort war kaum hörbar.

John wollte etwas sagen — irgendwas — doch in dem Moment bog der Bus um die Ecke. Das Zischen der Bremsen schnitt die Spannung entzwei, als das Fahrzeug vor ihnen zum Stehen kam.

Bob stand schnell auf, wich Johns Blick aus. „Da ist er.“

John nickte, wortlos, aber sein Gesicht sprach Bände. Er wusste, dass Bob gerade mehr über sich verraten hatte, als er eigentlich wollte. Und er nahm sich fest vor, das nicht einfach zu vergessen.

Die beiden stiegen ein, setzten sich nebeneinander auf die hintere Bank. Der Bus ruckelte an, während der Regen gegen die Scheiben klopfte — und obwohl keiner von beiden etwas sagte, lag in der Stille etwas Neues. Etwas Tieferes.

verschwinden.

„Bob,“ begann John leise, vorsichtig, „du weißt, du kannst mir alles sagen, oder?“

Bob zog den Hoodie enger um sich, sein Blick blieb starr nach draußen gerichtet. „Ich weiß.“ Seine Stimme war kaum hörbar, beinahe ein Hauchen.

„Ich mein’s ernst,“ sagte John weiter, jetzt etwas eindringlicher, aber noch immer sanft. „Wenn dein Dad dich… wenn er dir weh tut oder so—“

„Bitte,“ fiel Bob ihm sofort ins Wort, etwas zu hastig. Er drehte sich kurz zu John, seine Augen glänzten feucht. „Nicht hier, okay?“

John nickte sofort, die Besorgnis wich einem leisen Verständnis. „Okay… okay. Kein Druck.“

Einen Moment herrschte Schweigen. Der Bus bog um eine Ecke, das Licht der Straßenlaternen flackerte über ihre Gesichter.

„Ich will nur nicht, dass dir was passiert,“ murmelte John schließlich. „Ich könnte das nicht einfach so stehen lassen.“

Bob atmete schwer aus. „Genau das ist das Problem,“ flüsterte er. „Wenn jemand was sagt… wenn jemand eingreift… dann wird alles nur schlimmer.“

John schwieg, ballte aber die Hände zu Fäusten.
Er verstand plötzlich, warum Bob manchmal so still war. Warum er Dinge runterschluckte, Lächeln vortäuschte, selbst dann, wenn er offensichtlich am Ende war.

Bob lehnte den Kopf vorsichtig an das kalte Fenster. „Es ist besser, wenn niemand was sagt,“ fügte er leise hinzu, „weil ich die Konsequenzen kenne.“

John sah ihn lange an, dann streckte er einfach die Hand aus — vorsichtig, fast zögerlich — und legte sie über Bobs.
Keine Worte. Kein Versprechen. Nur dieses kleine Zeichen: Ich bin da.

Bob rutschte leise näher an John heran, so als wolle er die Worte, die noch zwischen ihnen in der Luft hingen, einfach verschwinden lassen. Der Bus war fast leer — nur das Brummen des Motors, das leise Quietschen der Reifen, und der Regen, der unaufhörlich gegen die Scheiben prasselte, der wieder kurz bevor sie in den Bus stiegen begann.

Er zögerte einen Moment, dann lehnte er sich vorsichtig gegen Johns Schulter. Kein Wort fiel, aber John bewegte sich ein Stück, sodass es für Bob bequemer wurde. Er legte den Arm ganz sachte um ihn, so als hätte er Angst, ihn zu erschrecken.

Sie blieben so sitzen, während die Lichter der Stadt langsam vorbeizogen. Und für einen Moment hatte Bob das Gefühl, dass er vielleicht doch nicht alles alleine tragen musste. Vielleicht konnte John ihn doch noch retten.

Als der Bus sich seinem Ziel näherte, hob John leicht den Kopf. „Das ist deine Haltestelle,“ sagte er leise. Bob nickte zögerlich, blieb aber noch einen Moment sitzen — als könnte er die Fahrt, diesen stillen Frieden zwischen ihnen, einfach ein bisschen hinauszögern.

John seufzte, sah ihn an, und flüsterte: „Ich bring dich noch nach Hause. Nur, um sicherzugehen, dass du gut ankommst.“
Bob wollte erst widersprechen, aber der Blick in Johns Augen machte das unmöglich. Es war kein überhebliches Beschützenwollen — eher ehrliche Sorge.

„Okay,“ sagte Bob schließlich leise, „aber nur bis zur Straße. Wenn mein Dad mich mit dir sieht, wird’s kompliziert.“
John nickte sofort. „Ich bleib im Hintergrund. Versprochen.“

Der Bus hielt, die Türen zischten auf, kalte Abendluft drang herein. Sie stiegen gemeinsam aus. Der Regen hatte nachgelassen, aber die Straßen glänzten noch feucht im Licht der Laternen. Eine Weile liefen sie schweigend nebeneinander her — kein Wort fiel, doch das Schweigen war nicht unangenehm, eher schwer und bittersüß.

Kurz bevor sie die Ecke erreichten, hinter der Bobs Haus lag, blieb John stehen. „Also… das war echt ein langer Tag,“ sagte er, etwas unbeholfen grinsend.
Bob nickte, ein Lächeln huschte über seine Lippen. „Ja. Aber trotzdem ein guter, weil wir zusammen waren.“

John trat näher, so nah, dass ihre Arme sich leicht berührten. „Ich schreib dir, okay?“
„Mach das, schreib mir wie dein Dad reagiert hat, wenn du nachhause kommst.“ antwortete Bob, fast flüsternd. „Du auch, bitte!“

Für einen Augenblick standen sie einfach da — zwei Jungs, mitten in der Dunkelheit, irgendwo zwischen Nähe und Abschied. Dann legte John ihm kurz die Hand an den Nacken, sanft, fast zärtlich, und drückte einen Kuss auf seine Stirn.

„Geh rein, bevor’s auffällt,“ sagte er ruhig.
Bob nickte, trat zurück, noch einmal umgedreht, und sah, wie John im Dunkeln stehen blieb, bis er sicher drinnen war.

Bob schloss die Tür hinter sich, zog die Jacke aus und hing sie auf, ohne wirklich hinzusehen. Der warme Schein der Küche empfing ihn, vermischt mit dem leisen Geräusch von klirrendem Geschirr. Sein Vater saß schon am Tisch, die Stirn in Sorgenfalten, der Kaffee noch halbvoll vor sich. Seine Mutter stand am Spülbecken, die Hände nass, das Wasser tropfte leise in die Spüle.

„Wo warst du denn heute schon wieder?“, kam die scharfe Stimme seines Vaters. „Jeden Tag nur noch unterwegs.“ Bob spürte, wie das alte, vertraute Gewicht in seiner Brust sich setzte, aber seltsamerweise fühlte er sich heute ein kleines Stück sicherer. Er war nicht betrunken, noch nicht — diese Klarheit half ihm, zumindest einen Moment lang normal zu antworten.

„Nur ein bisschen unterwegs, Papa… hab’ was erledigt.“ Seine Stimme war leise, ruhig, doch jeder Ton trug die gespannte Vorsicht in sich. Er wagte kaum, aufzusehen.

Bob stand völlig still, als die rauen Finger seines Vaters ihn plötzlich am Nacken packten. Die Berührung war nicht fest genug, um wehzutun – aber sie war hart genug, um ihn innerlich erstarren zu lassen. Der Geruch von kaltem Rauch und Bier hing in der Luft, wie immer, wenn sein Vater da war. Bob zwang sich, ruhig zu atmen, während der Blick seines Vaters über die bläuliche Stelle an seiner Wange glitt.

„Das musst du besser kühlen,“ murmelte er, fast beiläufig, als wäre das hier eine ganz normale Unterhaltung. „Wenn dich jemand am Montag in der Schule fragt, sag, du bist gegen die Schranktür gelaufen.“

Bobs Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Ja… mach ich.“

Für einen Moment blieb die Hand seines Vaters an seinem Hals liegen, bevor sie sich löste. Bob wich unauffällig einen Schritt zurück, spürte das Ziehen in seiner Brust. Er wusste, dass er nichts Falsches sagen durfte. Kein Ton, keine Regung, kein Blick zu viel.

Sein Vater drehte sich ab, griff nach der Tabakdose und begann, sich mit ruhigen, gleichmäßigen Bewegungen eine Zigarette zu drehen. Dieses Schweigen war fast schlimmer als das Schreien — weil Bob nie wusste, wann es endete.

Er senkte den Blick, strich nervös über die Tischkante und dachte an John. Daran, wie er ihn angesehen hatte, als wäre da nichts an ihm, wofür man sich schämen müsste. Ein kurzer Gedanke, ein warmer, leiser Funken, der ihm half, einfach weiterzuatmen.

„Wie heißt denn dein Schulprojekt Partner? Ich will wissen mit wem du immer unterwegs bist.“ sagte sein Vater gefasst, als er sich die Zigarette anzündete.

„Äh… John,“ sagte er leise, „John Walker.“

Sein Vater zog an der Zigarette, das Knistern war das Einzige, was den Moment durchbrach. Der Rauch stieg langsam auf, legte sich in dünnen Schwaden unter die Decke. Dann sah er zu Bob hinüber, mit einem Blick, der schwer zu deuten war — weder kalt noch wütend, aber abwägend.

„Walker… der Name sagt mir was,“ murmelte er schließlich, „der gehört doch zu diesem Geschäftsmann, oder? Irgendwas mit Bauunternehmen… oder so.“

Bob nickte zögerlich. „Ja, sein Vater… glaub ich, ja.“

„Hm.“ Der Mann nickte langsam, ließ den Rauch aus der Nase strömen. „Dann halt dich an den. So einer kann dir vielleicht mal nützlich sein.“

Er sagte es ohne jede Wärme — mehr wie jemand, der über eine Investition spricht als über den Freund seines Sohnes. Bob zwang sich zu einem Nicken.

„Mach ich,“ brachte er leise hervor, obwohl sich in seiner Brust alles dagegen sträubte.

Gut,“ sagte sein Vater nach einem Moment, während er die Asche seiner Zigarette abklopfte. „Geh jetzt auf dein Zimmer und lern. Du darfst aber heute auch mit mir Football gucken, wenn du willst.“

Bob erstarrte kurz. Es war selten, dass diese Worte fielen — fast so, als würden sie aus einer anderen Zeit stammen, aus einer, in der alles zwischen ihnen noch normal gewesen war. Er nickte vorsichtig, fast überrascht über das Angebot.

„Okay… ja, gern,“ sagte er leise.

Sein Vater drehte sich wieder zur Küche, wo seine Mutter noch am Abwasch stand. Das leise Klirren von Tellern mischte sich mit dem Zischen der Zigarette. Bob zog sich in sein Zimmer zurück, ließ die Tür halb angelehnt und setzte sich auf sein Bett. Für einen Moment atmete er tief durch, presste das Gesicht in den Stoff von Johns Hoodie, der noch immer leicht nach ihm roch.

Er blieb eine Weile so sitzen, bevor er sich wirklich dazu durchrang, ein paar Seiten aufzuschlagen und so zu tun, als würde er lernen — auch wenn seine Gedanken längst wieder bei John waren.

Später hörte er unten den Fernseher angehen, das dumpfe Stimmengewirr eines Footballspiels. Er zögerte kurz, dann stand er auf, ging langsam die Treppe hinunter und setzte sich aufs Sofa neben seinen Vater.

Keiner sagte viel. Sein Vater brüllte hin und wieder den Fernseher an, wenn ein Spielzug schiefging, seine Mutter kam später dazu, setzte sich mit ihrem Strickzeug in den Sessel daneben und sagte kein Wort.

Und trotzdem… war es friedlich.
Keine Anschuldigungen, keine Schreie, keine Schläge — nur das monotone Murmeln der Kommentatoren und das Klacken der Stricknadeln.

Für Bob war das fast so etwas wie Glück. Ein flüchtiger Moment, der sich warm und still in seiner Brust festsetzte, während er dachte: Wenn es doch nur öfter so wäre.

John lief durch die dunklen Straßen, die Hände tief in den Taschen, den Kopf voller Gedanken. Eigentlich hatte er nur kurz frische Luft schnappen wollen, doch irgendwann gingen seine Schritte in einen gleichmäßigen Laufrhythmus über. Joggen half ihm, den Kopf frei zu bekommen — oder es versuchte zumindest.

Die kühle Abendluft biss leicht auf seiner Haut, während seine Gedanken sich ungebremst drehten. Über Olivia. Über seinen Vater. Über Bob.
Wenn ich Pech habe, hat Olivia längst schon gepetzt, dachte er und verzog das Gesicht. Aber vielleicht – nur vielleicht – hatte sie auch über das nachgedacht, was er ihr an den Kopf geworfen hatte. Er war ehrlich gewesen. Vielleicht zu ehrlich.

Mit jedem Schritt spürte er, wie die Wut über seinen Vater und die Sorge um Bob sich abwechselten.
Er konnte nicht aufhören, an Bobs Gesicht zu denken. An die dunkle Stelle an seiner Wange. An dieses flüchtige Zittern in seiner Stimme, als er sagte, dass alles okay sei.
Scheiße, der Kerl wächst wirklich bei so einem Schlägertypen auf, dachte John. Kein Wunder, dass Bob so still war, so vorsichtig, immer auf der Hut.

Er war so tief in Gedanken versunken, dass er kaum bemerkte, dass seine Füße ihn längst automatisch nach Hause getragen hatten.
Vor der Haustür blieb er stehen, atmete kurz durch und gab den Sicherheitscode ein. Ein leises Piepen, ein Klicken – die Tür öffnete sich.

Innen war es still.
Zu still.

Das Licht aus dem Flur fiel kalt auf den makellosen Boden, und John merkte gleich, dass niemand da war.
Keine Aktentasche seines Vaters auf der Kommode, kein Whiskeyglas auf dem Tisch im Wohnzimmer.

Er seufzte leise.
Natürlich ist er nicht da.

Er konnte mittlerweile die Tage, an denen sein Vater wirklich zu Hause war, an einer Hand abzählen – und die, an denen er es nicht war, reichten für ein ganzes Jahr.

John kickte seine Schuhe von den Füßen, ließ sich auf die Couch fallen und starrte an die Decke. Alles in dem riesigen Haus fühlte sich leer an.
Er griff nach seinem Handy, öffnete den Chat mit Bob – sein Finger schwebte kurz über der Tastatur.
Er wollte schreiben „Alles gut bei dir?“, aber löschte es wieder.
Dann doch nur ein einfaches:

„Hey. Ich bin gut angekommen, meld dich nochmal bei mir, bevor du schlafen gehst. Ich denke an dich.“

Er legte das Handy neben sich, atmete durch und ließ die Stille auf sich wirken.
Und irgendwo zwischen all dem Lärm in seinem Kopf, der Leere im Haus und dem Dröhnen seines Herzens wünschte er sich einfach, wieder bei Bob zu sein.

John zuckte zusammen, als das Handy plötzlich nach ein paar Minuten vibrierte und laut auf der Couch brummte.
Ohne groß zu schauen, griff er danach — sein Herz setzte kurz aus.
Er nahm sofort ab. „Hey? Bob?“

Doch statt Bobs ruhiger Stimme kam ihm ein brüllendes, lallendes „WO BIST DU BRUDER!!“ entgegen.
John zog das Handy ein Stück vom Ohr weg, weil Lemars Stimme förmlich durch den Lautsprecher explodierte. Im Hintergrund dröhnte Musik, Leute schrien durcheinander, jemand gröhlte „Chug! Chug! Chug!“ — eindeutig eine Collegeparty.

„Lemar?!“, stöhnte John genervt und rieb sich übers Gesicht.

„JA, ICH, BRUDER! DU HAST MICH IGNORIERT, DU SPASTI!“, brüllte Lemar lachend.
John konnte sich das Grinsen nicht verkneifen. „Ich hatte… viel im Kopf, okay?“

„JAAA, das seh ich — du hast deinen neuen kleinen Schulprojekt-Kumpel!“
Lemar lachte so laut, dass John fast auflegte.
„Beweg deinen Arsch zu mir! Bruder, hier sind heiße Mädels, gute Musik — College, Bro! Du verpasst alles!“

John lehnte sich zurück, seufzte und versuchte freundlich zu bleiben. „Ich bin echt nicht in der Laune, Mann.“

„Biiiiitte, bitte, bitte, Bruder!“ jammerte Lemar übertrieben. „Ich brauch dich doch zum Saufen! Du weißt, keiner verträgt Wodka wie du!“
Dann senkte er seine Stimme gespielt verschwörerisch. „Und hier sind so viele scharfe Mädels, Bro, ich dreh durch!“

John lachte trocken. „Ich hab Bob.“

Kurze Stille auf der anderen Seite — dann kam ein lautes, lallendes Gelächter. „Ich weiß, du Depp! Ich meine für mich!“
Lemar kicherte. „Du musst nur herkommen, Bruder, dann kannst du sie alle abblitzen lassen, und ich tröste sie dann… weißt du schon, weil sie nicht vom Alpha beglückt werden.“

„Du bist so ein Idiot, Mann“, lachte John ehrlich.
„Ich weiß!“, rief Lemar und hustete. „Aber dein Idiot!“

John grinste, doch der Gedanke an Bob blieb. „Ich schau vielleicht später vorbei, okay? Versuch, dich bis dahin nicht komplett zu verlieren.“

„Zu spät!“ kam nur noch, bevor das Gespräch in Gelächter und Hintergrundgegröle unterging und John schließlich auflegte.

Er blieb noch einen Moment sitzen, das Handy in der Hand, und schüttelte lächelnd den Kopf.
Dann tippte er auf Bobs Chat und schrieb leise:

„Lemar ist schon wieder auf so einer Collegeparty und voll wie immer. Ich muss nach ihm schauen, bevor er wieder eskaliert. Ich denke, du bist schon im Bett, Nerd. Ich wünsche dir eine gute Nacht❤️ kannst mich trotzdem immer erreichen.“

John legte das Handy nachdenklich auf den Couchtisch. Ein kleines, nagendes Gefühl schlich sich in ihm hoch — ein schlechtes Gewissen.

Er schüttelte den Kopf, versuchte das Gefühl abzuschütteln. Nein, ich kann mich nicht den ganzen Abend sorgen. Lemar wartet, und ich brauche ein bisschen Ablenkung.
Also stand er auf, ging ins Bad, wusch sich schnell das Gesicht, kämmte die Haare zurück und zog ein dunkles Hemd an, das gut zu seiner Jeans passte. Er wollte sich ein bisschen schick machen, aber nicht übertrieben — nur genug, um bei einer Collegeparty nicht völlig fehl am Platz zu wirken.

Mit einem letzten Blick auf das Handy, das immer noch stumm blieb, machte er sich auf den Weg. 40 Minuten später hatte er immer noch keine Nachricht von Bob erhalten. Kein Ping, kein kleines Lebenszeichen.

John seufzte leise, griff nach seinem Autoschlüssel und stieg in seinen Tesla. Während er durch die Straßen fuhr, den Motor leise summen hörend, überprüfte er noch einmal die Adresse, die Lemar ihm geschickt hatte. Sein Blick wurde ernst. Bob war gerade jetzt in Gedanken bei ihm, irgendwo zu Hause, vielleicht unsicher oder unruhig. Bei diesem Tyrann als Vater.

Aber John konnte Lemar nicht noch länger warten lassen. Er gab Gas, ließ die Stadtlichter hinter sich verschwimmen, den Tesla gleitend durch die Straßen ziehen, bis er an dem Ort ankam, den Lemar ihm genau beschrieben hatte. Die Party tobte schon in voller Lautstärke. Doch seine Gedanken spielten wieder Chaos.

Chapter 7: Sechs verpasste Anrufe

Chapter Text

John bahnte sich einen Weg durch die Menge, das laute Dröhnen der Musik dröhnte in seinen Ohren. Überall lachte und redete man durcheinander, Flaschen klirrten, und Lichter flackerten grell von allen Seiten.

Schließlich entdeckte er Lemar, der mitten im Raum stand, sichtlich schon gut angeheitert, und winkte ihm wild zu. „John! Bruder! Endlich!“ rief Lemar und drängte sich durch die Menge.

John lächelte gezwungen, wollte mit ihm reden, aber die Musik war so laut, dass jedes Wort sofort verschluckt wurde. Lemar lachte nur und hielt ihm ein Shotglas direkt vor die Nase.

„Äh… danke, aber ich fahr, also… nicht heute“, sagte John, bemüht ruhig zu bleiben. Er wollte sich nicht erklären müssen, und schon gar nicht, wenn Lemar ihm jetzt einen ganzen Abend Party aufzwingen wollte.

Lemar verzog das Gesicht kurz, schüttelte dann aber lachend den Kopf. „Ach komm, nur ein kleiner Shot! Bruder, du bist immer so spießig!“

John wich einen Schritt zurück, hielt das Glas in der Hand, nur um es dann wieder leicht wegzudrehen. Er wollte definitiv nichts trinken. Nicht jetzt, nicht hier, nicht wenn er noch mit seinem Tesla nach Hause musste.

Seine Gedanken schweiften kurz zu Bob. Vielleicht war das alles albern, dachte er, während er Lemar ein wenig ausweichend anlächelte. Alles egal, im Moment musste er einfach nur sicherstellen, dass er selbst klar blieb.

John seufzte innerlich, als er das Glas annahm. „Nur einen“, murmelte er, mehr zu sich selbst als zu Lemar.

Lemar grinste triumphierend und rief etwas in die Menge, woraufhin ein paar Leute neugierig zu ihnen herüberblickten. John hob das Glas, sein Blick fiel kurz auf die flackernden Lichter und die tanzende Menge. Er spürte, wie der Alkohol nur ein kleiner, aber sofortiger Funke war, der sich in seinem Körper ausbreitete.

„Siehst du, Bruder, gar nicht so schlimm“, brüllte Lemar über die Musik hinweg.

John nickte, schluckte den Shot und verzog leicht das Gesicht bei dem scharfen Geschmack. Sofort kam ein leichtes Wärmegefühl auf, und er merkte, wie die Spannung aus seinen Schultern wich.

Okay, genug für mich“, sagte John nach dem Schlucken, drehte sich leicht weg und stellte das Glas beiseite. „Ich fahr gleich noch heim, muss ein bisschen klar denken.“

Lemar klopfte ihm lachend auf die Schulter. „Alles klar, Bruder, kein Stress! Aber wir feiern trotzdem!“

Die Party war ausgelassen bis zum Anschlag. Überall tanzten Menschen zu dröhnender Musik, rote und blaue Lichter flackerten durch die Räume, und der Geruch von Alkohol und Parfum hing schwer in der Luft. Lemar war schon mittendrin im Chaos: Er hatte sich mit ein paar Mädels angefreundet, darunter Yelena Belova und Ava Starr. Zwei, die scheinbar die besten Sprüche der Welt draufhatten – egal was Lemar versuchte, bei ihnen zu punkten, es wollte einfach nicht klappen.

„Komm schon, John!“, rief Lemar und zerrte ihn halb lachend, halb störrisch durch die Menge in einen Nebenraum. Dort saßen Yelena und Ava auf einer Couch, die Blicke aufmerksam auf die beiden Neuen gerichtet.

„Das ist mein Captain, unser Quarterback, unser Goldesel John Walker! Die halbe Stadt gehört ihm!“, prahlte Lemar lautstark und breitete die Arme aus, als wolle er die beiden Mädels beeindrucken.

John schüttelte leicht den Kopf und konnte sich ein belustigtes Lächeln nicht verkneifen. „Eher mein Vater“, entgegnete er trocken, was Yelena ein amüsiertes Lächeln entlockte.

Yelena lehnte sich leicht zurück, ein Funkeln in den Augen, und ihr minimal russischer Akzent machte ihre Worte noch schärfer: „Also, dein Vater, ja? Mal sehen, ob er so beeindruckend ist wie du tust.“ Ava daneben schnaubte leise und grinste schelmisch.

Lemar rollte mit den Augen, aber John konnte nicht anders als über das ganze Schauspiel zu lachen. Trotz der lauten Musik, des Alkohols und der ausgelassenen Stimmung hatte er das Gefühl, irgendwie ein bisschen in eine andere Welt zu treten – eine, in der er einfach nur lachen konnte, ohne an Bob oder Zuhause zu denken.

Ava lehnte sich nach vorn, ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen, und funkelte John herausfordernd an: „Also, wenn du es wirklich toppen willst, musst du wohl ein Trinkspiel gegen uns gewinnen.“

John zog eine Augenbraue hoch, skeptisch. „Welches Trinkspiel?“

„Bier-Pong“, erklärte Yelena mit einem leichten russischen Akzent, während Ava zustimmend nickte. „Nur, das Bier gegen reinen Alkohol getauscht wird.“ Sie zwinkerten ihm zu, die Warnung in ihren Augen unverkennbar: eine gefährliche Mischung, die selbst die coolsten Leute schnell ins Wanken bringen konnte.

John schüttelte den Kopf. „Ich kann heute nichts trinken“, sagte er, seine Stimme ruhig, aber bestimmt.

Yelena lachte leise, ein spitzbübisches Grinsen auf den Lippen. „Du bist auf einer Party. Da muss man sich doch betrinken, das ist die Vorschrift.“

Ava nickte zustimmend, und beide schienen darauf zu warten, dass John entweder einknickte – oder die Herausforderung annahm. Die Musik dröhnte, das Gelächter und die Stimmen der anderen Partygäste mischten sich zu einem wilden, ausgelassenen Durcheinander, während John die Blicke der beiden spürte, wie sie ihn spielerisch testeten.

John überlegte einen Moment, seine Augen wanderten zwischen Ava und Yelena hin und her. Rückzieher machen? Nicht in Frage. Sein Stolz, sein Ego – und ja, ein kleines bisschen seine Neugier – ließen ihn keinen Schritt zurücktreten. „Fuck! Okay! Ich bin dabei! Nur das eine Spiel, bevor ich drunk bin!“

Lemar sprang auf, klatschte in die Hände und brüllte euphorisch: „Du bist mein Mann! Ich liebe dich, Bruder, danke!“

John konnte nicht anders, als ein leichtes Lächeln zu unterdrücken. Die beiden Mädels auf der Couch, Ava und Yelena, tauschten ein wissendes Lächeln aus, die Augen funkelten. Offensichtlich gefiel ihnen die Reaktion, wie John sich so tapfer auf die Herausforderung einließ. Es war ein Moment, in dem die ausgelassene Party-Stimmung, das spielerische Flirten und Johns unbeirrbarer Wille perfekt zusammenkamen.

Die Musik dröhnte weiter, die Lichter flackerten, und das Shot-Pong-Spiel wartete nur darauf, dass John seinen ersten Wurf machte.

Die vier stellten sich um den Tisch auf, die Shotgläser fein säuberlich an den Kanten aufgereiht, die Spannung förmlich greifbar. John nahm den ersten Wurf, zielte konzentriert – und verfehlte. Ein leises Kichern von Ava und Yelena hallte durch den Raum, während sie sich gegenseitig high-fives gaben.

Jetzt war ihr Zug: Ava traf ihr Glas perfekt, Yelena legte noch einen drauf. John konnte nur belustigt zuschauen, wie die Gläser auf der anderen Seite klirrend ausbalanciert wurden. Dann kamen die Jungs wieder dran, Lemar setzte alles auf eine Karte und traf zwei Gläser hintereinander.

So ging es hin und her: Treffer, Fehlversuch, Treffer, Lachen, Jubel. Jeder Punkt wurde gefeiert, jeder Fehlschuss mit neckischem Spott kommentiert. Die Atmosphäre war ausgelassen, das Adrenalin stieg, und obwohl John sich darauf konzentrierte, nicht betrunken zu werden, spürte er, wie die Spannung und das Spiel ihn zunehmend mitrissen. Ein kleiner Wettkampf, voller Lachen, provokativer Blicke und dem ganz eigenen Chaos einer College-Party.

Lemar grinste breit, seine Augen funkelten vor Aufregung. „Okay, Leute, wir haben Gleichstand. Auf was wollen wir wetten, wer gewinnt?“

Ava und Yelena sahen sich kurz an, ihre Blicke funkelten schelmisch. „Also… wenn wir gewinnen, müsst ihr leider nackt in den Pool springen – beide zusammen“, sagte Yelena trocken, ein minimal russischer Akzent unterstrich ihre Worte.

John und Lemar blickten sich an, kurz und still, dann nickte John: „Und wenn wir gewinnen, müsst ihr engumschlungen mit Lemar durch die Nacht tanzen.“

Ein kurzer Moment der Spannung – dann nickten die Jungs. „Abgemacht?“

„Abgemacht“, antworteten die Mädels im Chor, ein spitzbübisches Lächeln auf den Lippen. Die Luft knisterte vor Vorfreude, die Party schien sich plötzlich noch ein Stück lauter und wilder anzufühlen.

Natürlich hatten die Mädels gewonnen – und sie freuten sich sichtlich über ihren Sieg. John und Lemar standen kurz vor dem Pool, blickten sich unsicher an, dann mussten sie sich nackt ausziehen. John zog noch leicht seine Schultern hoch, um seine Muskeln zu zeigen, Lemar tat dasselbe, beide grinsten verlegen.

Dann, ohne groß zu zögern, sprangen sie völlig nackig in den Pool, als wäre es das Normalste der Welt. Das kalte Wasser traf sie sofort, doch sie lachten laut, planschten herum und wirkten dabei völlig losgelöst – was wahrscheinlich nicht zuletzt daran lag, dass beide schon ziemlich hacke dicht waren. Die Mädels auf der Seite klatschten, jubelten und konnten sich ihr Kichern kaum verkneifen, während John und Lemar im Wasser herumtollten, die Schwerkraft und die Hemmungen völlig vergessen.

Lemar lachte und rief: „Kommt doch auch rein, Mädels! Hier ist genug Platz für uns alle!“

Ava und Yelena blickten sich kurz an, grinsten dann. „Wieso nicht?“ sagte Ava, und Yelena fügte hinzu: „Let’s go!“

Ohne lange zu zögern zogen sie sich bis auf ihre Unterwäsche aus, nahmen einander an den Händen und sprangen lachend ins kalte Wasser. Das Wasser spritzte hoch, die Kälte ließ sie kichern, und für einen Moment war die ausgelassene Stimmung der Party vollkommen greifbar – wild, frei und unbeschwert.

Die vier hatten richtig viel Spaß zusammen im Wasser, planschten, lachten und feierten noch weiter am Beckenrand mit Vodka. Das kalte Wasser, das laute Lachen und die ausgelassene Stimmung ließen die Party wie eine kleine, eigene Welt erscheinen.

Plötzlich tauchte ein Typ auf, stellte sich an den Beckenrand und musterte die Gruppe. „Was ist denn hier los?“ fragte er neugierig.

„Wir haben spaaaaaß!“ rief Ava, noch lachend, während Yelena ihm ein schelmisches Grinsen zuwarf: „Komm auch rein, Bucky, haha! Das Wasser kühlt richtig schön ab.“

Lemar runzelte die Stirn. „Wer ist das denn?“

Yelena lachte leise. „Sowas wie unser großer College-Bruder. Der ist nicht so für Spaß zu haben.“

John beobachtete Bucky, und sein Blick blieb hängen. Der Typ sah wirklich, wirklich gut aus – breite Schultern, definierte Muskeln, scharf geschnittenes Gesicht und diese Haare. Doch trotz der Anziehung wusste John genau, dass Bob für ihn viel wichtiger war, heißer. Sein Herz zog sich zusammen bei dem Gedanken an Bob, und er merkte, wie Panik in ihm aufstieg, als er an ihn dachte.

„Ey, Großer,“ rief John, „kannst du mir bitte mein Handy aus der Jackentasche geben? Ist voll wichtig.“

Bucky verdrehte die Augen, doch er griff trotzdem nach Johns Jacke und reichte ihm das Handy, obwohl er überhaupt keine Lust hatte.

Als John das Handy in die Hand nahm, wurde ihm sofort kotzübel. Sechs verpasste Anrufe, unzählige Nachrichten – alle von Bob. Sein Herz setzte einen Schlag aus. Wie konnte er nur vergessen, nach ihm zu sehen? Etwas Schlimmes musste passiert sein. Sein Magen zog sich zusammen, und jede Sekunde, die verging, fühlte sich jetzt wie eine Ewigkeit an.

 

Bob war irgendwann während des Spiels einfach weggedämmert. Die Stimmen des Fernsehers, das dumpfe Schimpfen seines Vaters über die Schiedsrichter – all das floss in ein verschwommenes, schweres Halbschlafrauschen. Er war es gewohnt, im Lärm einzuschlafen, es war fast wie eine Schutzreaktion.

Sein Handy vibrierte mehrfach, leise, aber deutlich genug, dass es im Wohnzimmer zu hören war.
„Schläfst du schon, Bobby?“ fragte sein Vater, halb neugierig, halb genervt.
„Ich denke ja“, sagte seine Mutter und beugte sich zu ihm, um ihm kurz über das Haar zu streichen.

„Ich bring ihn rauf“, meinte sein Vater dann. Er hob Bob einfach hoch, ohne Mühe, auch wenn er merkte, dass sein Sohn kein Kind mehr war. Bob murmelte etwas Unverständliches, sank aber gleich wieder in diese schläfrige Trägheit zurück.

Oben in Bobs Zimmer legte sein Vater ihn aufs Bett, gerade wollte er die Decke über ihn ziehen, als ihm etwas auffiel: ein dunkler Fleck an Bobs Hals. Erst dachte er sich nichts dabei, irgendein blauer Schatten vom Tag. Doch dann vibrierte das Handy wieder, auf dem Schreibtisch.
Ein kurzer Blick – nur ein Reflex.

Der Bildschirm leuchtete auf.
Eine Nachricht.

„Lemar ist schon wieder auf so einer Collegeparty und voll wie immer. Ich muss nach ihm schauen, bevor er wieder eskaliert. Ich denke, du bist schon im Bett, Nerd. Ich wünsche dir eine gute Nacht ❤️ kannst mich trotzdem immer erreichen“

Der Name John über der Nachricht brannte sich in seinen Blick
Sein Gesicht versteinerte.
Dann spannte sich sein Kiefer an. Er sah wieder zu dem Fleck am Hals seines Sohnes – und diesmal verstand er ihn anders. Viel zu anders.

Etwas in ihm kippte. Wut, Enttäuschung, Ekel – alles mischte sich in seinem Kopf zu einem gefährlichen Druck. Er starrte Bob an, der ahnungslos, mit ruhigem Atem da lag. „Bobby…“, sagte er leise, fast unheimlich ruhig. Keine Reaktion.

Er packte ihn an der Schulter. „Bobby, wach auf.“
Seine Stimme zitterte nicht vor Sorge, sondern vor aufkochender Wut.
Bob öffnete die Augen, verwirrt, halb noch im Schlaf. „…was ist los?“ murmelte er.

„Wach. Auf.“, wiederholte sein Vater, diesmal lauter. Sein Blick war kalt, zu kalt – und Bob spürte sofort, dass etwas nicht stimmte.
Er setzte sich auf, blinzelte.
Dann sah er, dass sein Vater sein Handy in der Hand hielt.

Und in diesem Moment wusste Bob, dass etwas Schreckliches passieren würde.

Was …? Mein Handy…?“ Bobs Stimme klang brüchig, noch verschlafen.
Sein Vater stand vor ihm, das Display leuchtete in seiner Hand. Seine Miene – kalt, leer, nur die Zornesader an der Schläfe pochte.

„John,“ wiederholte er langsam, als würde er den Namen ausspucken wollen. „Dieses Herzchen. Gute Nacht, Nerd.“
Er lachte – ein hässliches, trockenes Lachen, das in der Stille des Zimmers schneidend klang.

Bob schluckte. „Es ist nicht… also, es ist nicht so, wie du denkst…“

„Nicht so, wie ich denke?“ Er trat einen Schritt näher, und Bob wich instinktiv zurück. „Ich weiß genau, was das ist.“
Seine Stimme überschlug sich beinahe. „Ich arbeite jeden verdammten Tag, um diesem Haus Würde zu geben, und du… du bringst das hier rein.“

Bob wollte etwas sagen, irgendeine Erklärung finden, doch sein Vater redete weiter – lauter, unkontrollierter, Worte wie Hiebe.
„Ich habe dich großgezogen, dass du ein Mann wirst. Keine… keine Schwuchtel…“ Er brach ab, schnappte nach Luft, der Ekel in seiner Stimme fast greifbar.

Unten hörte man, wie die Mutter das Wohnzimmer verließ, erschrocken über die Lautstärke. „Was ist denn los?!“

Bob stand jetzt, zitternd, hilflos. „Bitte, Dad, hör mir zu, das ist—“

„Genug!“ donnerte es. „Ich will dich nicht mehr hier drin haben, hast du verstanden? Nicht in diesem Haus! Nicht unter meinem Dach!“
Er zeigte zur Tür. „Verschwinde! Du bist eine Schande für unser Haus… für mich!“

„Bitte, hör auf—“

„Raus!“

Die Mutter war inzwischen oben angekommen, stellte sich dazwischen, flehte ihn an, ruhiger zu werden – aber es war zu spät.
Bob spürte, dass es keinen Sinn mehr hatte. Keine Chance auf ein Gespräch. Keine Chance auf Verständnis.

Er griff nach seiner Jacke, nach dem, was er greifen konnte, Tränen stiegen ihm in die Augen, während er in die Nacht hinausging.
Hinter ihm fiel die Tür ins Schloss – laut, endgültig.

Das Letzte, was er hörte, war seine Mutter, die seinen Namen rief, leise, fast unhörbar.

Und dann war da nur noch Kälte. Und Dunkelheit. Bob klopfte nochmal an die Türe.

„Bitte Papa… es tut mir leid…“

Bob stand allein in der kalten Nacht, die dünne Jacke zog kaum gegen den Wind. Die Tür war hinter ihm zugeschlagen, und die Stille, die folgte, war schwerer als jeder Schlag. Für einen Moment schwankte er, setzte sich auf eine niedrige Mauer am Straßenrand und ließ die Tränen laufen — heiß und plötzlich, weil die Welt eben noch anders gewesen war und jetzt nichts mehr davon übrig schien.

Er griff zitternd nach seinem Handy und wählte Johns Nummer. Einmal. Zweimal. Dreimal. Die Anrufe gingen raus, aber es gab nur die kurze, kalte Ansage der Mailbox. Jedes Klingeln fühlte sich an wie ein Stoß in den Magen.

Dann fing er an zu tippen. Seine Finger zitterten, die Worte kamen wirr, direkt aus der Panik:

John? Bitte. Bitte heb ab. Ich… er hat mich rausgeschmissen.
Ich weiß nicht, wo ich hin soll.
Bitte hol mich ab.

Kein Ton, keine Reaktion — nur die kleine Lasche „Gelesen: —“ die nicht erschien. Stattdessen rufte er nochmals an. Seine Stimme brach, als er auf die Mailbox sprach: „John… es tut mir leid, ich wollte das nicht… bitte meld dich.“ er seufzte laut auf und schnief.

Die Nachrichten wurden dringlicher, weniger formvollendet:

Bitte antworte. Ich hab Angst.
Wenn du nicht kommst, versteh ich das. Tut mir leid, dass ich dich nerve. Ich… ich brauch dich.

Sein Daumen hing zögernd über dem Senden-Knopf, bevor er noch eine letzte Nachricht losschickte:

Wenn du nicht kannst — sag mir wenigstens, dass du okay bist. Sag mir, ob es dir gut geht. Sag mir irgendwas.

Die Minuten krochen. Er wischte sich über das Gesicht, presste die Schultern zusammen gegen die Kälte und wählte trotzdem immer wieder Johns Nummer. Jedes Mal, wenn das Freizeichen kam, hielt sein Herz kurz an — und jedes Mal sprang die Mailbox ein.

Bob saß da, die Laternen warfen gelbe Ringe auf den Asphalt, und er hoffte verzweifelt, dass sein Bildschirm irgendwann aufleuchten würde: „John ruft an“ — oder wenigstens eine Antwort auf seine Nachrichten.

Bob schlenderte langsam durch die fast leeren Straßen, die Laternen gaben nur spärliches Licht, und der Wind zog unangenehm durch die dünne Jacke. Er hatte versucht, sich zu beruhigen, hatte sich immer wieder selbst eingeredet, dass er nicht sauer auf John war – er wusste, dass dieser auf einer Party war – sondern auf sich selbst, dass er nicht rechtzeitig weggegangen war, und auf seinen Vater, der alles kaputt gemacht hatte. Die Kälte und die Einsamkeit brannten in seinen Händen und Füßen, doch er ging weiter, eine Meile hier, eine Meile da, ziellos, nur um nicht zurück in die Wohnung zu müssen.

Es war knapp 2 Uhr morgens, und die Straßen wirkten leer und still, nur ab und zu rauschte ein Auto vorbei. Dann bemerkte Bob jemanden am Straßenrand. Ein Typ, etwa in seinem Alter, rauchte lässig und lehnte gegen eine Laterne. Sein Blick glitt zu Bob, aufmerksam und doch freundlich, als hätte er ihn schon eine Weile beobachtet.

„Hi“, sagte der Junge, seine Stimme ruhig, offen. „Auch so spät unterwegs?“

Bob nickte nur, seine Kehle trocken, die Worte klebten an seinem Zungenboden.

„Ich heiße Joaquin“, sagte der Junge und streckte ihm die Hand entgegen, ein leichtes Lächeln auf den Lippen.

Bob fühlte für einen Moment ein kleines Aufatmen, als würde die Präsenz dieses Fremden etwas von der Last von der Nacht nehmen. Der Junge wirkte vertraut, fast wie jemand, der verstehen könnte, ohne dass viele Worte nötig waren. Bob erwiderte das Nicken, sein Herz schlug noch immer schnell von der Angst und Kälte, aber da war plötzlich ein winziger Funken Hoffnung, dass er vielleicht nicht ganz allein durch diese Nacht musste.

Bob stand ein wenig steif auf dem Bürgersteig, die Hände tief in den Taschen seiner dünnen Jacke vergraben. Die Kälte kratzte an seinen Fingerspitzen, aber das war gerade nicht das, worauf er achtete. „Ich heiße Bob…“ sagte er leise, die Stimme ein Flüstern zwischen dem leisen Rauschen des Windes und dem entfernten Echo von Autoscheinwerfern.

„Freut mich, Bob, schöner Name“, antwortete Joaquin mit einem warmen Lächeln. Es war erstaunlich, wie unkompliziert jemand Fremdes so freundlich sein konnte.

„Geht so…“ murmelte Bob und starrte auf den Asphalt, als würde er dort Antworten finden.

Joaquin griff in seine Tasche und holte eine Packung Zigaretten hervor. „Willst du eine?“

Bob zögerte kurz, aber dann nickte er. „Ja… danke… die kann ich grade gut gebrauchen.“

Joaquin grinste und fragte leise: „Darf ich?“ Bevor Bob antworten konnte, zückte er sein Feuerzeug und zündete die Zigarette für ihn an. Der warme Schein des Feuers flackerte kurz in Bobs Gesicht, ließ die Schatten verschwinden und die blassen Linien seiner Müdigkeit sichtbar werden.

„Was macht denn so ein süßer Kerl wie du um 2 Uhr nachts in dieser Gegend auf den Straßen?“ fragte Joaquin schließlich, seine Stimme locker, aber interessiert.

Bob nahm einen tiefen Zug, spürte, wie der Rauch die Anspannung ein kleines bisschen linderte. Er wollte antworten, wollte vielleicht irgendetwas sagen, das erklärte, warum er da war, aber die Worte blieben ihm im Hals stecken. Stattdessen schielte er zu Joaquin und sah, dass der Junge wirklich aufmerksam war, nicht wertend, nicht neugierig im falschen Sinne, sondern einfach da, bereit zuzuhören, wenn Bob reden wollte.

Bob ließ sich schließlich neben Joaquin auf die niedrige Bordsteinkante fallen, die Hände noch immer um die Zigarette gekrampft. Der Rauch stieg in dünnen Spiralen in die kalte Nachtluft. „Mein Dad… er hat mich rausgeschmissen…“ sagte Bob leise, die Stimme zitterte ein wenig, als würde er die Worte zuerst selbst realisieren müssen.

Joaquin runzelte die Stirn, legte den Kopf leicht schief. „Oh… tut mir leid. Wieso das denn? Du musst es mir auch nicht sagen, wenn du nicht willst…“ Seine Stimme war sanft, keine Spur von Neugierde oder Urteil – nur echtes Interesse, ein offenes Ohr.

„Schon gut…“ murmelte Bob, seine Augen starr auf den Asphalt gerichtet, die Zigarette zwischen den Fingern fast vergessen. Dann begann er, ihm alles zu erzählen: wie sein Vater auf den Knutschfleck reagiert hatte, wie wütend er geworden war, die Worte, die wie Schläge saßen, das Gefühl, plötzlich von allem ausgeschlossen zu sein, was Heimat hieß. Irgendwie hatte Bob auch keine Hemmungen Joaquin davon zu erzählen.

Joaquin hörte einfach zu. Er nickte ab und zu, blies selbst Rauch in die Nacht und sagte nur gelegentlich beruhigende Dinge: „Scheiße, das tut mir echt leid, Bob…“ oder „Du hast das nicht verdient.“ Er machte keine voreiligen Ratschläge, keine abwertenden Kommentare. Es war nur seine Präsenz, die Bob irgendwie ein kleines bisschen mehr atmen ließ.

Langsam begann Bob, sich ein wenig zu öffnen. Die Worte flossen leichter, die Tränen, die er zuvor zurückgehalten hatte, liefen nun heimlich über seine Wangen. Joaquin legte eine Hand auf seine Schulter, vorsichtig, fast beschützend, und Bob spürte zum ersten Mal seit Stunden, dass er nicht allein war. Die Straße um sie herum wirkte leer, kalt und dunkel, doch in dieser kleinen Ecke, auf diesem Bordstein, war für einen Moment alles ein kleines Stück sicherer.

Bob zog die Knie noch etwas näher an die Brust und schaute Joaquin gespannt an, als der anfing zu erzählen. „Weißt du… mein Dad… er ist genauso wie deiner. Wird schnell wütend, und dann bekommt man ab und zu mal eine geprügelt…“ Joaquins Stimme war ruhig, fast beiläufig, aber man hörte die Schwere hinter den Worten.

„Aber meine Mamá“ fuhr er fort, ein leichtes Lächeln huschte über sein Gesicht, „…hat es endlich geschafft, von ihm zu fliehen. Und jetzt wohnen wir hier in der Gegend mit meinen Geschwistern und meiner Abuelita.
Wir sind zwar nicht reich, aber besser, als bei meinem Vater zu bleiben. Der Rest wird sich schon regeln.“

Er zögerte kurz, dann fügte er hinzu: „Ist trotzdem komisch… ich vermisse die Großstadt. Du musst wissen, ich komme aus New York City. Jetzt in diesem Kaff zu leben… ist scheiße. Aber Hauptsache, wir sind sicher.“

Bob nickte langsam, seine eigenen Gedanken wirbelten durcheinander. Es war merkwürdig, wie ähnlich ihre Geschichten waren, obwohl sie sich gerade erst getroffen hatten. Für einen Moment fühlte er sich verstanden – nicht verurteilt oder bemitleidet, sondern einfach… gesehen. Die Zigarette glühte zwischen seinen Fingern, und der kalte Nachtwind brachte eine kleine Klarheit in sein durcheinandergeratenes Herz.

Bob zog die Zigarette aus dem Mund und blies den Rauch langsam in die kalte Nachtluft. „Was willst du denn jetzt machen?“ fragte Joaquin, seine Stimme war ruhig, interessiert, aber nicht aufdringlich.

Bob zuckte mit den Schultern, unsicher. „Ich weiß es nicht… mein Freund oder… naja, ich weiß nicht, was wir sind…wir Daten seit kurzem“ Er seufzte leise. „Er meldet sich nicht, ist auf einer Party, aber ich bin mir sicher, dass er mich abholt, wenn er meine Nachrichten sieht.“

Er erzählte noch ein wenig von John, wie es zu allem gekommen ist, wie besorgt er wirklich ist und wie sehr ihm alles durcheinandergeraten war.

Joaquin nickte verständnisvoll. „Ich hoffe es, Bob. Wirklich.“ Dann lächelte er ein bisschen schief. „Ich kann dich auch zu der Party fahren, wenn du willst. Der Grund, warum ich hier sitze, ist, weil ich sowieso nicht schlafen konnte… und ein bisschen Bock habe, was zu erleben.“

Bob überlegte kurz. Die Kälte nagte an ihm, die Unsicherheit auch, aber irgendwie fühlte sich Joaquins Angebot ehrlich und unkompliziert an. Ein kleiner Funken Sicherheit inmitten dieser chaotischen Nacht.

Bob schüttelte schnell den Kopf. „Nein, nein, das musst du nicht!“ sagte er, nachdem er kurz nachgedacht hatte. Die Kälte der Nacht machte ihn noch vorsichtiger, und irgendwie fühlte er sich seltsam verletzlich.

Joaquin lachte leise. „Das macht mir keine Umstände, das da ist eh mein Auto, haha. Ich bring dich. Wir müssen nur checken, wo wir hinmüssen.“ Er zog sein Handy hervor, tippte ein paar Sekunden herum, und in Zeiten des Internets war es ein Leichtes, die Adresse der College-Party herauszufinden.

Wenige Minuten später saßen sie auch schon im Auto, kein luxuriöses Gefährt wie John es fuhr, eher ein bisschen abgewetzt, aber solide. Joaquin klopfte liebevoll auf das Armaturenbrett. „An dem hab ich selbst rumgeschraubt, also kein übles Wort über Schrotti,“ sagte er grinsend und zwinkerte Bob zu.

Bob lehnte sich leicht zurück, spürte die Wärme des Autos und die Ruhe, die von Joaquin ausging.

Chapter 8: Bis die Sonne wiederkommt

Summary:

Sorry, I was at the Big Time Rush concert in Cologne — it was so cool. I actually wanted to publish the chapter yesterday, but oh well… today it is.
Bob and John should probably go to a concert together sometime, too. John with his country music — unbeatable. ❤️

Chapter Text

„Wahrscheinlich bist du grad nicht in Stimmung,“ sagte Joaquin nach einer Weile, während er auf die dunkle Landstraße hinausfuhr. Der Motor brummte leise, die Scheinwerfer schnitten durch die Nacht. „Aber soll ich Musik anmachen? Irgendwas Ruhiges vielleicht?“

Bob starrte auf seine Hände, die er im Schoß verschränkt hatte. „Nein danke… ich kann mich eh gerade nicht konzentrieren,“ murmelte er. Seine Stimme klang müde, ein bisschen gebrochen.

Joaquin nickte verstehend, nahm eine Hand kurz vom Lenkrad und fuhr sich durchs Haar. „Versteh ich, Bruder…“ sagte er leise. Ein paar Sekunden herrschte Schweigen, nur das leise Rauschen der Reifen auf dem Asphalt füllte den Raum. Dann sah er kurz zu Bob rüber.

„Meinst du denn… dein Freund will überhaupt, dass du vorbeikommst?“ fragte Joaquin vorsichtig, seine Stimme klang nicht wertend, eher sanft und ehrlich interessiert. „Also… versteh mich bitte nicht falsch. Ich will nur nicht, dass du dich nachher noch schlechter fühlst, falls er… naja, dich nicht gleich sehen will.“

Bob atmete tief ein, der Kloß in seiner Kehle wurde schwerer. Er wusste selbst nicht, was John wollte — oder ob er ihn überhaupt wollte.

Joaquin warf Bob einen kurzen Seitenblick zu und lächelte aufmunternd. „Im Notfall,“ sagte er ruhig, „fahren wir einfach zurück zu mir. Dann pennst du bei mir, kein Thema. Mein Bett ist groß genug.“

Bob wollte gerade protestieren und Joaquins Gedanken, vielleicht waren sie nicht so abwegig, doch Joaquin hob grinsend die Hand. „Keine Widerrede. Und jetzt… weißt du was? Ich mach einfach mal Musik an!“

Er drückte auf das alte Autoradio, das erst knisterte, bevor plötzlich die vertrauten Klänge eines 90er-Hits durch die Lautsprecher dröhnten. „Tell me whyyy—“

„Omg, mein Song!“ rief Joaquin begeistert, klopfte im Takt aufs Lenkrad und sang ohne Scham los:
„You areee my fireee, the one desireee— believe when I say…“

Er war völlig in seinem Element, sang mit voller Stimme, falsch, laut, aber mit Herz. Bob beobachtete ihn mit leicht geöffnetem Mund — Joaquin war einfach hemmungslos, irgendwie ansteckend in seiner Energie.

Langsam, ganz unwillkürlich, zog sich ein Lächeln über Bobs Gesicht. Erst nur ein kleines, unsicheres — dann musste er wirklich lachen, leise, aber echt.

„Na los, komm schon!“ rief Joaquin zwischen zwei Songzeilen.

Bob rollte mit den Augen, doch dann stimmte er zögerlich mit ein, deutlich leiser, fast schüchtern. Aber er sang.
„Tell me whyyy—“

Joaquin lachte auf. „Yesss! Da ist er! Mein Backstreet Boy Nummer zwei!“

Für ein paar Minuten vergaßen sie beide, wie spät es war, wie kalt es draußen war, und was Bob hinter sich gelassen hatte.
Nur das Lied, zwei Stimmen, und ein bisschen Leichtigkeit inmitten der Nacht.

John tropfte, als er aus dem Pool stieg. Ohne ein Wort griff er nach seiner Kleidung, zog sich eilig an, während die Musik hinter ihm weiter dröhnte.

„Muss los,“ murmelte er knapp, fast tonlos.

Lemar, der gerade ein Handtuch über seine Schultern legte, blinzelte ihn verwirrt an. „Was ist los, Bro? Ist was mit deinem Dad? Oder deinem Lover?“ grinste er mit einem schiefen Grinsen.

Johns Blick schnellte zu ihm — eiskalt, genervt, scharf. „Nicht lustig, Lemar.“

„Ich weiß, Mann, war doch nur Spaß. Ich mein’s ja ernst.“
Er trat näher, musterte Johns angespannte Miene. „Was ist passiert?“

John fuhr sich durch die nassen Haare, atmete einmal tief durch. „Bob hat Probleme mit seinen Eltern. Aber ich kümmer mich drum.“

„Kümmerst dich drum?“ Lemar lachte kurz auf, ein nervöses, ungläubiges Lachen. „Bro, es ist zwei Uhr nachts. Eine Nacht schafft er schon allein, oder? Außerdem—“ er hielt inne, sah ihn ernst an, „du bist voll. Du kannst kein Auto fahren.“

„Mir egal,“ fauchte John und schob sich an ihm vorbei, suchte seine Jacke, sein Handy, die Autoschlüssel.

Am Poolrand standen Yelena, Ava und Bucky und beobachteten die Szene — wie John in aller Hast versuchte, seine nassen Sachen zusammenzuraffen.

Yelena hob spöttisch eine Braue. „Dein Freund hat wenigstens noch ein bisschen Verantwortung im Kopf,“ meinte sie zu Lemar und deutete auf Johns schwankende Gestalt.

Ava nickte. „Sieht nicht so aus, als würd er auf dich hören.“

Bucky, der sich die Szene schweigend angesehen hatte, verschränkte die Arme. „Da hat dein Kumpel recht,“ sagte er ruhig, aber mit Nachdruck. „Wenn du dich jetzt ins Auto setzt, baust du nen Unfall, bevor du überhaupt vom Grundstück kommst.“

John blieb kurz stehen, die Kiefer angespannt, der Atem schwer. Wasser tropfte noch immer von seinen Haaren, als er den Blick senkte — und trotzdem sah man in seinen Augen diesen entschlossenen, fast verzweifelten Zug.

„Ich fahr trotzdem,“ sagte er leise, mehr zu sich selbst als zu den anderen.
„Er braucht mich.“

Das laute Brummen des Motors verstummte, als Joaquin den Wagen vor dem Haus parkte. Musik dröhnte aus dem Inneren — dumpfe Bässe, Gelächter, das Klirren von Flaschen. Schon von weitem erkannte Bob das vertraute dunkle Auto, das schräg an der Bordsteinkante stand. Johns Wagen. Sein Herz machte einen Sprung, dann sackte es schwer in die Tiefe.

„Das muss die Party sein, oder?“ fragte Joaquin und grinste, während er den Motor abstellte.
Bob nickte nur, seine Finger zitterten leicht, als er die Autotür öffnete. Kalte Nachtluft traf auf seine Haut, die von Müdigkeit und Kälte längst taub geworden war. Er wollte eigentlich gar nicht hier sein — aber irgendwo tief in ihm hoffte er, dass John tatsächlich auf ihn wartete.

Sie gingen gerade die letzten Meter zur Haustür, als sie Schritte hörten — schnelle, feste Schritte auf Asphalt.
„Bob?“

John kam ihnen entgegen, mit nassen Haaren, halb angezogener Kleidung und diesem wilden Ausdruck im Gesicht, irgendwo zwischen Wut, Panik und Erleichterung. Lemar war dicht hinter ihm, versuchte ihn zurückzuhalten.

„Bro, du kannst so nicht fahren, du bist—“
„Lass mich, Lemar!“ fauchte John und rannte weiter.

Dann sah er ihn wirklich — Bob, der am Straßenrand stand, leicht zitternd, mit einem fremden Jungen neben sich.
Für einen Moment blieb John stehen, wie eingefroren.
„Bob…? Was zur Hölle machst du hier?“

Bob brachte kaum ein Wort heraus. „Ich… ich wusste nicht wohin…“

Im nächsten Augenblick war John schon bei ihm, packte ihn an den Schultern, fast zu fest. „Scheiße, du bist eiskalt. Was ist passiert?“ Seine Stimme war brüchig. Die Erleichterung, ihn zu sehen, mischte sich mit einem dumpfen Druck in seiner Brust — dem Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte.

Dann bemerkte er den Jungen neben Bob. Dunkle Augen, leichtes Grinsen, Zigarette hinterm Ohr.
Johns Blick wurde sofort härter.
„Und du bist…?“

„Joaquin,“ sagte der andere ruhig, streckte ihm sogar die Hand hin. „Joaquin Torres. Ich hab ihn draußen getroffen, er war allein. Also hab ich ihn hergebracht.“

Für einen Moment passierte nichts. Nur die Musik aus dem Haus und Johns schwere Atmung.
Dann nickte John knapp, ohne die Hand zu nehmen. „Danke,“ sagte er kühl, die Stimme tief, fast gefährlich ruhig.

Joaquin zog seine Hand langsam zurück, leichtes Zucken in den Mundwinkeln. „Schon gut, Mann. Ich wollte nur helfen.“

Bob stand zwischen ihnen, sah abwechselnd zu John und Joaquin, spürte, wie die Spannung zwischen beiden Männern wie Strom durch die Luft flackerte.
Lemar, der schließlich aufholte, seufzte und flüsterte: „Oh boy… das wird noch was.“

John sah wieder zu Bob. „Komm. Wir fahren nach Hause, zu mir. Du bleibst bei mir.“
Seine Hand griff automatisch nach Bobs, fester, als er wollte.

Joaquin sah den beiden nach, dann lehnte er sich an sein Auto, blies leise Rauch in die Nachtluft und murmelte:
„Na dann… scheint, als hättest du doch deinen Retter gefunden.“

Johns Griff um Bobs Hand war fest, fast besitzergreifend, während er ihn wortlos in Richtung seines Wagens zog. Der Regen hatte inzwischen wieder eingesetzt, dünne, kalte Tropfen prasselten leicht auf die Straße, mischten sich mit dem Licht der Straßenlaternen zu schimmernden Schlieren. Bob stolperte halb hinterher, überfordert, noch immer völlig aufgelöst — und Johns Schritte waren so schnell, so ungeduldig, als würde er nur mit Bewegung verhindern, zu explodieren.

„John, warte mal!“ rief Lemar, der ihnen hinterherlief und dabei schwer atmete. Er schwankte leicht, seine Stimme laut, um gegen die Musik im Hintergrund anzukommen. „Bro, du kannst so nicht fahren! Ich mein’s ernst — du bist hacke!“

„Ich bin nicht hacke!“ John drehte sich ruckartig um, der Blick scharf, die Kiefermuskeln angespannt. „Mir geht’s gut! Ich bring ihn einfach nur heim, okay?“

„John, du kannst kaum geradeaus gucken, Mann!“ Lemar hob beschwichtigend die Hände. „Ich sag das nicht, um dich zu nerven. Ich sag’s, weil du euch sonst umbringst!“

Bob stand zwischen ihnen, zitternd. Er wusste, Lemar hatte recht. Johns Pupillen waren geweitet, seine Bewegungen fahrig. Aber John wirkte so entschlossen, so… aufgebracht. Es war dieser beschützerische Impuls, der in ihm immer gleich mit Zorn kam.

„Ich fahr!“ Johns Stimme klang wie ein Befehl, keiner, dem man widersprach. Doch seine Hände zitterten, als er in die Hosentasche griff, um nach dem Autoschlüssel zu suchen.

Da hörten sie wieder eine Stimme, ruhig, aber bestimmt:
„Oder ich fahr.“

Alle drehten sich gleichzeitig um. Joaquin stand da, Hände in den Jackentaschen, als hätte er genau gewusst, dass es so kommen würde.

„Was?“ fauchte John.

„Ich sagte, ich fahr euch. Euch beide.“ Joaquin ging ein paar Schritte näher, sein Ton blieb freundlich, aber fest. „Ich bin der einzige hier, der nüchtern ist, und ganz ehrlich – ihr wollt euch doch nicht gegenseitig in ’nen Unfall fahren, oder?“

Lemar nickte sofort. „Er hat recht, Bro. Lass ihn fahren. Der Typ hat dich grad schon davor bewahrt, nen Baum zu rammen, nur dass du’s noch nicht weißt.“

Johns Blick wanderte zu Bob. Der stand nur da, die Augen rot vom Weinen, völlig fertig. Und irgendwas in Johns Brust zog sich zusammen.
Er seufzte hart. „Fein. Aber du fährst direkt zu mir, klar? Keine Umwege, kein Scheiß.“

„Versprochen,“ sagte Joaquin mit einem kaum merklichen Lächeln.

Er öffnete die Autotür von Schrotti, während John Bob vorsichtig auf den Rücksitz lotste, den Arm noch immer um ihn gelegt, als würde er ihn nicht wieder hergeben wollen. Dann stieg John auf die Beifahrerseite, setzte sich schwer hin, und Lemar blieb am Straßenrand zurück.

„Passt auf euch auf, Jungs,“ sagte Lemar und grinste schief. „Und Bob? Freu dich – dein Bodyguard da wird dich die ganze Nacht nicht mehr loslassen.“

Die Tür fiel zu, der Motor startete.

Joaquin blickte kurz in den Rückspiegel – John starrte geradeaus, die Faust auf dem Knie geballt. Bob lehnte sich an ihn, halb aus Erschöpfung, halb aus Bedürfnis nach Nähe. Und zwischen all dem vibrierte die Spannung – aus Sorge, Eifersucht, unausgesprochenen Gefühlen.

Der Wagen glitt durch die nassen Straßen, das Geräusch der Reifen mischte sich mit dem leisen Rauschen des Regens auf der Windschutzscheibe. Im Inneren war es still — zu still, bis auf das gelegentliche Piepen des Blinkers oder das metallische Klacken, wenn Joaquin den Gang wechselte.

Bob saß hinten, zusammengesunken, die Stirn an die Fensterscheibe gelehnt. Sein Atem beschlug das Glas leicht, während seine Finger nervös an der Naht seiner Jacke spielten. John saß daneben auf dem Beifahrersitz, die Arme verschränkt, der Blick starr nach vorne gerichtet.

„Danke… dass du ihn mitgebracht hast,“ sagte John nach einer Weile, seine Stimme rau und brüchig vom Alkohol. „Ehrlich.“

Joaquin warf ihm einen kurzen Seitenblick zu, sah den ernsten Ausdruck, das gespannte Kiefer. „Kein Ding, Mann. Ich konnte ihn ja schlecht allein auf der Straße lassen.“
Er grinste leicht, versuchte die Stimmung etwas aufzulockern. „Er hat gesagt, du wärst sein… Freund?“

Johns Kopf drehte sich leicht, sein Blick traf Joaquin im Rückspiegel — kalt, prüfend. „Hat er das so gesagt?“

„Na ja… so ungefähr.“ Joaquin hob kurz eine Hand vom Lenkrad, als wollte er signalisieren, dass er’s nicht so meinte. „Ich wollte nur sagen, er redet gut über dich.“

John atmete hörbar aus, lehnte sich zurück, fuhr sich durchs nasse Haar. „Diese Kack Party, ich hätte nicht so viel trinken sollen“ murmelte er. „Aber klar… wenn sein alter Herr wieder komplett durchdreht…“ Er stockte. „Scheiße.“

Bob hob leicht den Kopf, seine Stimme klein: „Ich wollte dich nicht stören…“

John drehte sich halb um, sah ihn an. Seine Miene weicher, aber seine Stimme noch immer gereizt. „Du störst nie, Bob. Verstanden? Nie.“

Einen Moment lang blieb es wieder still. Nur der Regen, nur das monotone Brummen des Motors.

Dann, mit einem schiefen Lächeln, sagte Joaquin: „Ihr seid echt ’n komisches Paar.“

Johns Blick wanderte langsam zu ihm. „Wie bitte?“

„Na ja, er redet, du brummelst – irgendwie passt das. So Gegensätze-ding.“
Er grinste, halb neckisch, halb ehrlich gemeint.

Johns Hände ballten sich leicht zu Fäusten. Er wusste selbst, dass er überreagierte, aber irgendwas an Joaquins entspannter Art, an dem wie locker er Bob ansah, wie er einfach so redete, machte ihn nervös.
„Fahr einfach, okay?“

Joaquin nickte, sah wieder auf die Straße. „Mach ich ja schon. Chill, Bruder.“

Das brachte Bob tatsächlich ein kleines, kaum hörbares Lachen hervor – und John merkte es sofort. Es brannte irgendwo in seiner Brust, zwischen Schuldgefühl und Eifersucht.

Er sagte nichts mehr, nur sein Blick blieb auf Bob gerichtet, als wollte er sich selbst davon überzeugen, dass der wirklich sicher war. Dass das hier nicht wieder eine Nacht war, die ihm aus den Händen glitt.

Das Auto kam ruckelnd zum Stehen, die Scheinwerfer schnitten grelles Licht durch die Dunkelheit der Einfahrt. Johns Haus lag still da, das Licht im Eingangsbereich brannte noch, aber alles andere war in Schatten gehüllt. Joaquin stellte den Motor ab, und für einen Moment herrschte absolute Stille – nur das Ticken des abkühlenden Motors war zu hören.

Bob hatte die Augen halb geschlossen, den Kopf gegen das Fenster gelehnt. Er sah erschöpft aus, ausgebrannt. John stieg als Erster aus, riss die Tür auf und kam zu seiner Seite.
„Komm schon, Bob. Wir sind da.“

Bob murmelte etwas Unverständliches, seine Finger klammerten sich an die Jacke. John beugte sich hinunter, legte vorsichtig einen Arm um ihn und half ihm, aus dem Auto zu steigen. Bob stolperte leicht, und John fing ihn auf, sein Griff fest, aber vorsichtig.

„Hab dich,“ sagte John leise.

Joaquin kam ebenfalls rum, öffnete die andere Tür und hielt sie auf. „Lass mich helfen, sonst fällst du gleich mit um.“
Gemeinsam brachten sie Bob bis zur Tür. Der schwankte leicht, und sein Atem war flach, aber er versuchte, Haltung zu bewahren.

Drinnen war es warm, und der Geruch von Holz und Waschmittel füllte die Luft. John führte Bob aufs Sofa, setzte ihn langsam hin.
„Ich hol dir was zu trinken, okay?“

Bob nickte schwach. „Danke…“

Während John kurz verschwand, blieb Joaquin in der Tür stehen, die Hände in den Taschen. Sein Blick wanderte durch den Raum – ordentlich, aber nicht steril. Fotos, Pokale, und eine offene Trainingsjacke über dem Stuhl.

John kam mit einem Glas Wasser zurück. Joaquin nahm es ihm wortlos ab und reichte es Bob. „Trink. Dann geht’s dir gleich besser.“

Bob nahm es dankbar, trank ein kleinen Schlucken. Dann hob er leicht den Kopf, lächelte Joaquin matt an. „Danke… fürs Bringen. Wirklich.“

Joaquin nickte, seine Augen blieben kurz auf Bobs Gesicht. „Schon okay. Ich wär auch froh, wenn mir einer hilft, wenn alles gerade… naja, scheiße läuft.“

John stand daneben, die Arme verschränkt, beobachtete die Szene mit einem undefinierbaren Ausdruck.
„Ja danke nochmal“ sagte er schließlich, wieder etwas brummiger.

Joaquin grinste leicht, als hätte er den Unterton bemerkt. „Kein Problem, Mann. War mir ’ne Ehre.“

Johns Blick verengte sich kurz, aber er sagte nichts mehr.

Joaquin drehte sich wieder zu Bob. „Ruh dich aus, okay? Du siehst aus, als hättest du echt genug für eine Nacht durchgemacht.“
Er trat ein paar Schritte zurück Richtung Tür. „Du weißt ja, wo du mich findest, Bob.“

Bob nickte langsam, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Ja… danke nochmal.“

Joaquin warf John noch einen letzten Blick zu – so ein prüfender, fast provokativer Blick, halb freundlich, halb herausfordernd. Dann ging er, schloss die Tür hinter sich, und das leise Motorengeräusch seines Wagens verschwand in der Ferne.

Zurück blieb Stille. Nur Bob und John – und zwischen ihnen eine Spannung, die sich aus hundert unausgesprochenen Dingen zusammensetzte.

John sah ihn an, fuhr sich über das Gesicht. „Du hast mich halb zu Tode erschreckt, weißt du das?“
Bob sah auf seine Hände. „Tut mir leid… ich wusste nicht, wohin sonst.“

John atmete tief durch, setzte sich neben ihn, ihre Schultern berührten sich kaum merklich.
„Du bist jetzt hier. Und du bleibst hier. Egal, wie lange.“

Bob nickte leise. „Okay…“

John sah ihn noch eine Weile an, sein Blick weich, aber seine Gedanken wirr. Und irgendwo da draußen, in der Dunkelheit, fuhr Joaquin davon – und ließ ein Gefühl zurück, das John nicht so leicht abschütteln konnte.

Bob saß zusammengesunken da, den Blick auf das Glas in seinen Händen gerichtet. Seine Finger zitterten leicht, und die Stille zwischen ihnen war so dicht, dass man sie hätte greifen können.

John schob vorsichtig seinen Arm um Bobs Schultern, erst zögernd, als wäre er sich nicht sicher, ob er das durfte. Aber Bob lehnte sich sofort an ihn, als hätte er genau darauf gewartet.

Dann brach es aus ihm heraus.
Er atmete heftig ein, und die erste Träne rollte über seine Wange und fiel lautlos auf Johns Shirt. Dann noch eine. Und plötzlich konnte er nicht mehr aufhören.

John zog ihn enger an sich, drückte seinen Kopf gegen seine Brust, hielt ihn fest, ohne ein Wort zu sagen.
Er spürte, wie Bobs ganzer Körper bebte, wie sich die unterdrückten Schluchzer gegen seine Brust drückten. Johns Kiefermuskeln spannten sich, aber er blieb ruhig, strich nur langsam über Bobs Rücken, immer wieder, im gleichen Rhythmus.

Bob klammerte sich an ihn, als hinge alles, was er noch hatte, von diesem einen Moment ab.
Seine Finger verkrampften sich im Stoff von Johns Shirt, während er leise, gebrochen schluchzte.

John beugte sich leicht zu ihm, flüsterte kaum hörbar:
„Schon gut… du bist jetzt hier. Ich lass dich nicht allein, hörst du?“

Keine großen Worte, keine Erklärungen. Nur Wärme, Nähe, Schutz.

Bob nickte kaum merklich, aber er beruhigte sich langsam. Sein Atem wurde gleichmäßiger, die Tränen versiegten nach und nach. Doch er blieb in Johns Armen, zu erschöpft, um sich zu lösen.

John lehnte den Kopf leicht gegen Bobs Haar, atmete tief ein. Er roch noch nach kalter Nachtluft und Rauch, aber es störte ihn nicht. Im Gegenteil — irgendetwas daran fühlte sich so real an, dass John ihn nur noch fester hielt.

So saßen sie da, lange, bis die Nacht draußen fast still geworden war und die Sonne wieder aufging.
Und ohne dass einer von ihnen etwas sagte, wussten beide, dass sich in diesem Moment etwas verändert hatte — still, tief, unausweichlich.

Chapter 9: Erste Schritte ins Licht

Summary:

It’s been a week, my friends. Today’s chapter is an emotional one — it really warms my heart. Truly sweet.🥰❤️

Chapter Text

Die ersten Sonnenstrahlen drangen durch die halb geöffneten Vorhänge und fielen sanft auf die Couch, wo John und Bob nebeneinander eingeschlafen waren. Die Stille der Wohnung war nur von den leisen Atemzügen der beiden unterbrochen.

Bob lag eng an John geschmiegt, der Arm schützend um ihn gelegt. Ihre Körper hatten sich über Nacht fast selbstverständlich zusammengefunden, wie zwei Puzzleteile, die genau zueinander passten. Johns Kopf ruhte leicht geneigt, seine Stirn berührte sanft Bobs Haar, und selbst im Schlaf wirkte er wachsam, als wollte er sicherstellen, dass Bob sich sicher fühlte.

Die Wohnung war noch dunkel und ruhig, nur die ersten Vögel draußen begannen zaghaft zu zwitschern. Die warmen Strahlen der aufgehenden Sonne fielen auf Bobs Gesicht und ließen seine geschlossenen Augenlider kurz aufblitzen.

Johns Finger glitten sanft über Bobs Rücken, ein beruhigendes Streicheln, das weder Worte noch Fragen brauchte. In diesem Moment zählte nur die Ruhe, die Nähe, das ungestörte Zusammensein.

Bob rührte sich zuerst. Seine Augenlider zuckten, dann öffnete er sie einen Spalt und blinzelte gegen das Licht. Er spürte sofort die Nähe von John, den vertrauten Arm um sich gelegt, und für einen Moment wollte er gar nicht aufwachen.

John bewegte sich leicht, murmelte etwas Unverständliches im Schlaf, doch als er Bobs leises Einatmen bemerkte, schlug er die Augen auf. Sein Blick fiel auf Bob, noch verschlafen, Haare zerzaust, die Wange leicht gerötet vom Schlaf. Ein kleiner Schmerz blitzte durch ihn – all das, was Bob in letzter Zeit durchgemacht hatte. Er wollte die Augen nicht abwenden, wollte einfach nur hier bleiben, bei ihm.

Bob rückte ein Stück näher, die Stirn gegen Johns Schulter gedrückt, und ließ sich noch einmal fallen. Sein Körper zitterte leicht, Tränen der vergangenen Nacht schienen noch in ihm nachzuschwingen. John reagierte instinktiv: Sein Arm legte sich fester um ihn, die Hand glitt über Bobs Rücken, beruhigend, schützend.

„Hey… alles gut… ich bin hier“, flüsterte John, kaum mehr als ein Hauch, doch für Bob klang es wie ein Anker in der aufgewühlten Welt.

Bob schluckte schwer, atmete tief durch und drückte sich noch enger an John. Keine Worte waren nötig, keine Erklärungen. Die Nähe, die Wärme, das leise Pulsieren von Johns Herz – alles sprach für sich.

John streckte sich ein Stück und rieb sich durch die nassen Haare. „Wir sind immer noch durchnässt…“ murmelte er, halb belustigt, halb genervt von sich selbst. Dann fiel sein Blick auf Bob, der noch leicht verlegen auf der Couch zusammengesunken saß. „Sollen wir… zusammen Baden gehen? Also ohne Hintergedanken“, schlug er vorsichtig vor.

Bob nickte nur, zu erschöpft, um viel zu reden. Ein warmes Bad klang jetzt einfach richtig gut – die Muskeln entspannen, den Kopf freibekommen. Und es half, dass John dabei war. Alleine hätte er sich nicht überwunden.

Sie gingen ins Badezimmer, füllten die Wanne mit heißem Wasser und ließen sich dann nacheinander hinein gleiten. Das Wasser umschloss sie, warm und beruhigend. Bob lehnte sich an Johns Schulter, ohne Worte, einfach die Nähe genießen. John ließ seinen Arm locker um Bob liegen, so dass sie beide die Wärme des Wassers und die Geborgenheit spüren konnten.

Kein Wort über die Ereignisse der letzten Nacht, kein Drama. Nur das leise Plätschern des Wassers, das sanfte Licht durch die Fenster und zwei Menschen, die einfach zusammen da waren. Ein Moment der Ruhe, der langsam die Spannung aus ihren Körpern zog und ihnen erlaubte, einfach nur zu sein – ohne Angst, ohne Druck.

Bob schloss die Augen und ließ sich treiben, während John still neben ihm saß. Es war ein kleiner, stiller Frieden nach der ganzen Aufruhr, ein Moment, der zeigte, dass sie einander wirklich hatten. John hatte natürlich auch Bobs Narben entdeckt, die zahlreich auf seinen Oberschenkeln und Oberarmen zu erkennen waren, aber er wusste der Zeitpunkt war unpassend ihn auch noch damit zu konfrontieren. Stattdessen drückte er ihn noch näher an sich und küsste ihn leicht auf seinen Nacken.

John bemerkte, wie Bob im Wasser leicht abgedriftet wirkte, die Gedanken noch immer irgendwo in der letzten Nacht festhängend. Sanft nahm er das Shampoo, drückte ein wenig in seine Handfläche und begann vorsichtig, Bobs Haare einzuschäumen.

„Langsam, okay…“ murmelte John leise, mehr zu sich selbst als zu Bob. Er massierte die Kopfhaut leicht, achtete darauf, dass Bob sich wohlfühlte. Es war kein intimer Moment, sondern einfach eine kleine Geste der Fürsorge, eine Art, Bob zurück ins Hier und Jetzt zu holen.

Bob ließ es geschehen, die Augen geschlossen, die Anspannung etwas nachlassend. Er spürte die Wärme des Wassers, Johns ruhige Bewegungen und die einfache Aufmerksamkeit, die ihm geschenkt wurde.

Nach einer Weile spülte John das Shampoo aus und half Bob, das Wasser von den Schultern zu wischen. Ein kleines Lächeln huschte über Bobs Gesicht – kaum merklich, aber es reichte. Für einen Moment schien die Welt ein kleines Stück weniger schwer, einfach weil jemand da war, der sich um ihn kümmerte.

Langsam stiegen John und Bob aus dem Wasser, das Wasser tropfte von ihren Haaren und Schultern. John reichte Bob vorsichtig ein Handtuch, und sie wickelten sich beide ein, als wären sie kleine Inseln in der noch kühlen Morgenluft. Es war still.

Sie setzten sich nebeneinander auf die Couch, noch immer in Handtüchern gehüllt. Bob lehnte sich an John, die Wärme seines Freundes war wie ein Schutzschild gegen die Kälte, die noch immer in ihm nachhallte. Er atmete tief durch, spürte wie die Anspannung langsam von ihm abfiel.

John legte einen Arm um Bobs Schultern, hielt ihn sanft, ohne ein Wort zu sagen. Bob ließ die Tränen noch einmal kurz zu, versteckte sein Gesicht an Johns Brust.

Nach einer Weile zog Bob die Handtücher enger um sich, die Augen noch ein wenig glasig, aber ruhiger. „Danke…“, murmelte er leise. John drückte ihn nur leicht an sich und nickte.

Ein neuer Tag begann – und für einen Moment fühlte es sich so an, als könnten sie einfach hier bleiben, ohne dass die Welt draußen ihnen wieder alles abverlangte.

Langsam standen sie von der Couch auf, noch ein bisschen steif und verschlafen. John reichte Bob ein paar übergroße T-Shirts und Jogginghosen, die ihm gehörten – alles viel zu groß für Bobs schmale Statur, aber genau richtig, um sich darin geborgen zu fühlen. Bob zog sie dankbar an, die Ärmel bis über die Hände gezogen, die Hosenbeine weit über den Füßen. John hatte das gleiche gemacht, nur dass seine Kleidung mittlerweile fast trocken war.

Sie setzten sich wieder, diesmal auf den Boden vor der Couch, die Knie leicht angezogen. Die Wärme des anderen war noch immer spürbar. Bob begann leise, die Ereignisse der letzten Nacht zu erzählen, wie sein Vater ihn einfach rausgeschmissen hatte, wie wütend und verletzt er sich gefühlt hatte. „Ich… ich hab versucht, dich anzurufen… so oft… aber… nichts…“, seine Stimme brach immer wieder, und John hielt ihn einfach fest.

„Als ich zur Party ging war ich gedanklich bei dir, doch als ich dann gemerkt habe wie viel Spaß hatte…“, begann John zögerlich. „durch Lemar, die Mädels, das Spiel, die Shots… ich dachte immer wieder, ich checke gleich mein Handy und dann hab ich irgendwie alles vergessen. Bis ich dein Bild auf dem Sperrbildschirm gesehen hab… und die ganzen Nachrichten und Anrufe.“ Er holte tief Luft, fühlte die Schuld wie eine schwere Decke auf seinen Schultern liegen.

Bob nickte nur, die Augen noch leicht glasig. „Dann sah ich Joaquin… er hat mir geholfen, zugehört ich… ich wusste nicht, wohin. Und dann hat er gesagt, dass er mich fahren kann… ich wollte nicht, dass du dir Sorgen machst, ich dachte, du bist auf der Party und kannst grade nicht… du sollst doch auch deinen Spaß haben“ Bob senkte den Blick.

John schüttelte leicht den Kopf. „Scheiße, Bob… ich war echt ein Idiot. Ich wollte nur, dass du sicher bist. Ich hätte nicht gehen sollen, ich hätte mich mehr konzentrieren sollen. Das Ganze ist nur passiert weil ich abgelenkt war… als ich gemerkt, wie viel ich verpasst habe… wie oft du mich angerufen hast…mein Her wäre fast stehengeblieben.“ Er drückte Bob wieder sanft an sich. „Es tut mir leid.“

Bob lehnte sich gegen John, das Herz noch immer wild schlagend. „Es ist nicht deine Schuld John… es ist die Schuld meines Vaters … alles… ich hab mich einfach nur gefühlt, als würde die Welt auseinanderfallen…“

Sie saßen noch eine Weile so, nebeneinander, sprachen leise über alles, was passiert war – Bob über Joaquin, wie er sich ein bisschen erleichtert gefühlt hatte, dass jemand da war, obwohl er ein Fremder war und John erzählte, wie die Party eskaliert war, wie Lemar und die anderen ihn abgelenkt hatten, und wie er erst später begriffen hatte, dass er Bob völlig aus den Augen verloren hatte.

Für einen Moment herrschte wieder Stille, nur das leise Atmen des anderen. Aber diesmal war es eine Ruhe, die Vertrauen und Nähe ausdrückte, keine Angst oder Panik.

Bob lehnte sich noch ein Stück mehr gegen John, seine Stirn leicht an dessen Schulter gedrückt. „Hey… hör zu“, begann er leise, „es ist echt nicht deine Schuld, John. Ich will nicht, dass du dich deswegen schlecht fühlst.“

John blickte ihn überrascht an, die Augen noch ein bisschen gerötet vom Schlaf und den letzten Tagen.

„Du musst nicht ständig bei mir sein oder dich darum sorgen, was ich mache. Wenn du feiern willst, oder was mit deinen Freunden machen willst, ist das okay. Ich will nicht, dass du denkst, du musst 24/7 an mich denken und da sein. Das will ich doch gar nicht.“ Bobs Stimme war ruhig, fast sanft, als wolle er nun John beruhigen.

John schloss die Augen einen Moment, ließ diese Worte tief einsinken. „Bist du sicher ?” fragte er leise.

„Ja“, nickte Bob. „Ich weiß, dass du immer für mich da bist, und das reicht mir schon. Mach dir keine Sorgen. Ich will, dass du frei sein kannst.“

John drückte Bob noch einmal sanft an sich und murmelte: „Ich find’s schön, dass du es so siehst… aber es tut mir trotzdem leid. Ich will nicht, dass du dir jetzt Sorgen machst.“

Bob nickte nur, lehnte sich noch ein wenig mehr an ihn.

John grinste leicht und schüttelte dann den Kopf. „Na gut, genug Drama für den Morgen. Ich mach uns jetzt erstmal Frühstück.“

Sie standen auf, und John machte sich in der kleinen Küche zu schaffen. Bob half, wo er konnte, aber meistens beobachtete er nur John und genoss, dass er einfach da war.

John zauberte in der Küche ein richtiges Sonntagsfrühstück: Rührei, frisches Brot, Obst und sogar Pancakes, die er mit etwas zu viel Schokolade garnierte – genau nach Bobs Geschmack. Bob konnte nicht anders, als leise zu lachen, als John die Pancakes halbwegs kunstvoll auf den Teller schichtete und dabei so tat, als sei er ein Sternekoch.

Nach dem Essen beschlossen sie, das Auto von John zu Fuß abzuholen, außerdem einfach die Sonne zu genießen und die Stadt ein bisschen zu erkunden. Sie gingen langsam die Straßen entlang, die frische Morgenluft füllte ihre Lungen, und alles fühlte sich für einen Moment ganz normal an – fast, als wäre die letzte Nacht weit weg.

Bob schaute zu John hinüber und fragte zaghaft: „Hey… konntest du überhaupt mit deinem Dad sprechen?“

John schüttelte den Kopf. „Als ich gestern Abend nach Hause kam, war er schon weg. Das macht er oft nach einem Streit. Der wird jetzt erstmal nicht mehr nachhause kommen. Aber mach dir keine Sorgen, Bob. Ich würde nie zulassen, dass mein eigener Vater dir sowas antut, Ich pass auf dich auf. Lass mich das nur regeln.“

Bob fühlte sich ein warmes Gefühl in der Brust, ein kleines Aufatmen. Dann spürte er, wie John sanft seine Hand ergriff. Zögerlich, aber vertraut, verschränkten sich ihre Finger, und sie liefen Händchen haltend die Straßen entlang.

Der Spaziergang dauerte fast eine Stunde, aber für John und Bob fühlte es sich nicht wie Zeitverschwendung an – ganz im Gegenteil. Es war eine Stunde, in der sie sich wirklich sahen, in der Worte endlich das Gewicht bekamen, das sie verdient hatten.

Bob sprach zuerst zögerlich, doch je länger sie gingen, desto leichter fiel es ihm. „John… ich… ich glaube, du weißt gar nicht, wie schlimm es wirklich bei mir zuhause ist,“ begann er leise. Er atmete tief durch, bevor er weitersprach: „Vor ein paar Monaten… da… da hatte ich beinahe eine Überdosis gehabt. Ich wollte einfach diesen innerlichen Schmerz unterdrücken. Meine Mum… war danach richtig schlimm depressiv. Sie konnte kaum noch… naja, alles. Mein Dad musste sich um alles kümmern, um sie, um mich…auch”

Seine Stimme brach kurz, doch John hielt seine Hand fester. Er wollte Bob nicht unterbrechen, wollte nur da sein.

„Und das… das hat ihn verändert,“ fuhr Bob leise fort. „Mein Dad… er hat schon immer viel getrunken, war oft aggressiv schon seitdem ich klein bin…aber seitdem ist es schlimmer geworden. Jeden Tag. Früher war es schon nicht einfach… aber jetzt… es ist manchmal kaum auszuhalten und man weiß nicht, wann man etwas gutes oder schlechtes getan hat.“

John blieb einen Moment still, nur mit Bob Schritt haltend. Er konnte kaum glauben, was er hörte. Niemals hätte er sich vorstellen können, dass Bob ein so erschütterndes Leben führte, so viel durchmachen musste, und trotzdem… trotzdem stand er da, versuchte stark zu sein, versuchte jeden Tag irgendwie durchzukommen.

„Bob… ich… ich wusste nicht… ich…“ John schluckte schwer. „Das… das verändert echt alles. Aber weißt du was? Ich bin hier, okay? Ich lass dich nie im Stich. Wenn es dir, wieder schlecht, würdest du’s mir sagen ?”

Bob sah zu ihm auf, und obwohl die Worte kaum ausreichten, fühlte er eine Last von seinen Schultern gleiten. Endlich wusste jemand Bescheid. Endlich sah ihn jemand so, wie er wirklich war – und nicht nur als den stillen, selbstständigen Jungen, den jeder zu kennen glaubte. “Ja” sagte er erleichtert auf.

Für den Rest des Spaziergangs sprachen sie noch leise über alles, was Bob erzählen wollte, während die Sonne höher stieg und die Stadt langsam erwachte. John hörte zu, ohne zu urteilen, einfach nur da, und das allein gab Bob mehr Kraft, als er es je für möglich gehalten hätte.

Als sie vor dem Haus der College-Party standen, fiel ihnen sofort auf, wie still es jetzt war. Von außen konnte man noch die Spuren der Feier erkennen: leere Becher auf der Terrasse, ein paar Plastikstühle umgestoßen, die Musik war nur noch ein fernes Echo, das von den Mauern zurückgeworfen wurde. Die Straßenlampen warfen lange Schatten, und es wirkte, als hätte die Stadt selbst einen tiefen Atemzug nach der wilden Nacht gemacht.

John und Bob gingen direkt zum Tesla, der unverändert und glänzend in der Auffahrt parkte. Sie setzten sich hinein, und John startete den Wagen.

„Wenigstens hat keiner auf mein Auto gekotzt…“ murmelte John halb belustigt, halb erleichtert.

Bob nickte und atmete auf. „Ja, zum Glück…“

Ein leises Lächeln huschte über Johns Gesicht. Für einen Moment saßen sie einfach nur da, noch immer vom morgendlichen Licht und der Ruhe der Straßen umhüllt. Dann fuhr John los, und die ersten Sonnenstrahlen spiegelten sich auf der Windschutzscheibe.

Ihr Ziel war eine typische Sonntagsaktivität in ihrer Stadt, ein Ort, der für alle beliebt war: der Flusspark am Stadtrand. Hier konnte man spazieren, die Sonne genießen, die Enten füttern oder einfach auf den Stegen sitzen und den leichten Wind über das Wasser spüren. Für Bob war es perfekt – ruhig, friedlich und weit weg von allem Chaos der letzten Stunden.

Sie parkten am Rand, stiegen aus und ließen die frische Morgenluft tief in ihre Lungen strömen. Ohne viele Worte machten sie sich auf den Weg zu den Stegen, ihre Hände fanden wieder zueinander. Es war nicht nötig zu reden; allein die Nähe und die Normalität dieses Moments waren genug.

Bob lächelte zaghaft, schaute auf das glitzernde Wasser. „Ich wollte dir noch sagen… es ist wirklich nicht deine Schuld, dass ich versucht habe, dich so oft anzurufen. Ich weiß, dass du auch dein Leben hast, feiern gehen darfst, Spaß haben… du musst nicht ständig an mich denken.“

John blieb stehen, zog Bob sanft ein Stück näher zu sich. „Es ist schön, dass du das so siehst. Aber trotzdem tut es mir leid, dass ich nicht sofort für dich da war. Ich will dich nie das Gefühl haben lassen, allein zu sein. Weißt du, ich denke …ich bin auch bereit eine richtige Beziehung mit dir ein zugehen, weil eigentlich fühlt es sich bereits so an, als wären wir zusammen.“

John sah Bob an, sein Herz schlug schneller, und er konnte den Blick nicht von ihm lösen.
So ging es Bob auch in diesem Moment. „Dann sind wir ab heute ein richtiges Paar… so mit allem drum und dran?“ sagte Bob und schaute ihn mit dem selben Blick an. „Ja, mit allem drum und dran.“

Ohne viele Worte lehnte Bob sich nach vorne. John reagierte sofort, zog ihn sanft an sich, und sie teilten einen zärtlichen, langsamen Kuss miteinander. Es war kein leidenschaftlicher, kein hastiger Kuss – es war ein Kuss voller Sicherheit, Nähe und Verständnis, ein Kuss, der sagte: „Ich bin da, egal was passiert.“

Bob schloss die Augen, lehnte sich noch ein Stück mehr an John, ließ all die Anspannung der letzten Nacht von sich abfallen. John legte die Hand behutsam an Bobs Wange, strich sanft durch seine Haare, während sie einfach diese Nähe genossen. Jetzt waren beide offiziell ein Paar und sie wussten das würde noch große Schlagzeilen in der Schule geben.