Chapter Text
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Connor
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Regen prasselte auf Connor und sein Ziel nieder. Mit großem Abstand rannten die AX400 Abweichlerin mit dem kleinen Mädchen vor ihm davon, doch Connor würde sie nicht entkommen lassen. Er würde nicht zulassen, dass seine Mission scheiterte. Irgendwo hinter ihm war Hank, doch der Lieutenant war nicht annähernd schnell genug. Connor musste das selbst regeln.
Er rannte um die Ecke und endlich kamen die beiden wieder in Sichtweite. Vor ihr war ein Zaun, der den Weg Richtung Highway versperrte. Jetzt saßen sie in der Falle. Doch Connor hatte nicht weit genug gedacht. Schon kletterten die beiden über den Zaun.
Sie wollen über den Highway fliehen? Das Risiko ist viel zu hoch!
Er stoppte vor dem Zaun und die Abweichlerin drehte sich um. Ihre Blicke trafen sich. In ihren Augen konnte er Angst erkennen, aber auch Entschlossenheit. Die Abweichlerin würde alles tun, um vor Connor zu fliehen und das Mädchen zu beschützen, auch wenn es hieß, dass ihr einziger Ausweg sie über den Highway führte. Der Blickkontakt löste etwas in Connor aus, das ihn zögern ließ.
Sie hat eindeutig Angst, doch ihr Überlebenswille ist stark. Der Fehler im Programm dieser Abweichler ist sehr eigenartig. Weshalb glauben sie daran, dass es wert ist ihr Leben zu riskieren
Der Moment des Blickkontakts hielt nicht lange, schon reagierte die Abweichlerin und rutschte mit dem Mädchen den kleinen, schlammigen Abhang hinunter. Connor fing sich wieder und versuchte ebenfalls den Zaun hochzuklettern. In dem Moment war Hank plötzlich da, der versuchte ihn aufzuhalten, da das Risiko für ihn zu hoch war. Machte sich der grummelige Lieutenant ernsthaft Sorgen um ihn? Connor schüttelte ihn ab. Er musste die beiden Flüchtenden fangen! Hinter sich hörte er Hank weiter fluchen, doch ihm blieb keine Zeit darauf einzugehen.
Die Autos zischten im hohen Tempo auf dem Highway vorbei. Connor sah, wie die beiden vor ihm mit Haaresbreite einem Auto auswichen. Das kleine Mädchen kreischte. Er durfte nicht zögern, sonst würden sie entkommen und man müsste ihn ersetzen, wenn er in einem unbedachten Moment überfahren wurde. Entschlossen rannte er über die Fahrspur, wobei er geschickt auswich oder über die Autodächer sprang und mit Schwung auf die andere Seite schlitterte. Die Abweichlerin und das Mädchen standen auf dem Mittelstreifen und warteten den passenden Moment ab, so konnte er den Abstand zu ihnen verringern. Gleich hatte er sie erreicht. Panisch blickte sich die AX400 zu ihm um. Im nächsten Moment schubste sie das Mädchen, so dass es kurz darauf sicher auf der anderen Seite des Highways ankam.
“Kara”, schrie dieses der Abweichlerin ängstlich zu. Connor war jetzt bei der AX400 und hielt sie fest.
“Du entkommst mir nicht”, zischte er ihr zu. Sie trat nach ihm und versuchte sich aus seinem Griff zu entwinden. Er hielt sie entschlossen fest, bis sich ihre Blicke wieder trafen, so wie kurz zuvor an dem Zaun. Eine Sekunde zögerte er - eine Sekunde zu viel. Sie stieß ihn von sich. Er streckte noch die Hand nach ihr aus, während er rückwärts auf die Fahrbahn taumelte. Sie rannte zu dem Mädchen. Connor fing sich gerade noch rechtzeitig, um nicht vom nächsten Auto erwischt zu werden - dachte er zumindest.
Die AX400 Abweichlerin blickte sich ein letztes Mal zu ihm um, nur um zu sehen wie Connor von einem Auto erwischt wurde. Blaues Blut spritzte auf das Fahrzeug und die Straße. Die Abweichlerin drückte das Mädchen fest an sich, dann rannten sie ohne einen weiteren Blick zurück zu werfen, davon.
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Kara
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Ein Android der andere Androiden jagt, wie seltsam. Aber jetzt ist er keine Gefahr mehr f ür uns. Ich werde nicht zulassen, dass jemand wie er uns etwas antut. Wer soll sonst auf Alice aufpassen?
Kara und Alice waren auf der Suche nach einer Bleibe. Hoffentlich stimmte das, was der unbekannte Android ihr vor dem Haus geraten hatte und sie würden an diesem Ort die Hilfe bekommen, die sie benötigten. Dennoch ging ihr der Android, der sie kurz zuvor verfolgt hatte, nicht aus dem Kopf. Er war böse, nur eine Maschine, aber dennoch… Sie konnte die Bilder nicht vergessen, davon wie er sie neugierig angesehen hatte, eher verwundert als feindselig. In ihm schien mehr zu stecken, als das was sein Programm vorgab, oder? Dann das ganze Blut… In ihr stiegen widersprüchliche Emotionen auf. Einerseits war sie froh, dass er sie nicht gefangen hatte, andererseits spürte sie so etwas wie Mitgefühl für ihn. Er war kein Erwachter, kein Abweichler, er führte nur seine Befehle aus. Wenn er dabei umkam, würde er vermutlich einfach ersetzt werden, wie jeder andere Android auch.
Es ist überfordernd, die ganze Zeit diesen unzähligen neuen Gedanken und Emotionen ausgesetzt zu sein. Wie schaffen es Menschen damit umzugehen?
“Kara, mir ist kalt. Sind wir bald da?”, riss Alice sie aus ihren Gedanken. Sie lächelte das kleine Mädchen an.
“Es ist nicht mehr weit.” Kara drückte Alice’ Hand, um sie zu beruhigen.
Schließlich kamen sie an dem Haus an. Sie wurden hineingelassen von einem gewissen Zlatko und seinem Androiden Luther. Kara spürte Alice’ Unbehagen. Sie vermutete, dass es daran lag, dass Zlatko ihrem Vater ziemlich ähnlichsah.
“Keine Angst Alice, hier werden wir Hilfe bekommen”, flüsterte Kara ihr sanft zu. Alice schien nicht vollkommen überzeugt, doch solange Kara bei ihr war, wusste sie sie war in Sicherheit.
Sie wurden kurz im Wohnzimmer begrüßt und betraten dann den Keller, in dem sich eigenartige, an Gefängniszellen erinnernde Kammern, befanden. Alice blickte zwischen den Stäben einer Tür hindurch und schien dahinter etwas zu erkennen, was sie zurückweichen ließ.
“Es gefällt mir hier nicht. Irgendetwas ist seltsam.” Kara hatte ebenfalls ein ungutes Gefühl, doch sie wollte Alice nicht beunruhigen.
“Wir können nicht mehr zurück, wir müssen jetzt darauf vertrauen, dass sie uns helfen und dann verschwinden wir von hier so schnell wie möglich.” Alice nickte.
Sie betraten einen Raum voller Geräte, die Kara nicht zuordnen konnte. Zlatko versprach ihr, ihren Chip zu entfernen damit sie von CyberLife nicht mehr aufgespürt werden konnte. So weit so gut, vermutlich war da etwas dran, sonst hätte man sie nicht finden können, oder? Der andere Android hatte sicher auch andere Methoden, er schien auch der Polizei zugehörig zu sein und nicht CyberLife, aber war das nicht dasselbe? Kara schüttelte die Gedanken ab, sie wollte nicht wieder an ihn denken. Sie durfte nur nach vorn blicken und nicht zurück.
Alice sah nervös zu wie Kara von Zlatko an die seltsame Maschine angeschlossen wurde. In dem Moment blickte Kara auf den Bildschirm und sah ein heimtückisches Grinsen auf Zlatkos Gesicht. Sie wusste, sie musste noch viel über menschliche Emotionen und Eigenheiten lernen, aber sie schlussfolgerte schnell, dass er etwas Furchtbares plante. Todd hatte sie gelehrt, zumindest solche menschlichen Absichten rasch zu erkennen.
“Alice!”, schrie sie und versuchte sich loszureißen.
“Du entkommst mir nicht”, meinte Zlatko selbstsicher und gab Luther ein Zeichen.
In ihrem Kopf spiegelte sich die Szene ab, wie der feindliche Android zuvor dasselbe zu ihr gesagt hatte. Frustriert schrie Kara aus und mobilisierte all ihre Kräfte. Selbst wenn sie sich aus der Maschine befreien konnte, stand da noch Luther zwischen ihr und Alice bereit sie wieder zu ergreifen.
Begleitet von einem unangenehmen Knirschen riss sie ihre rechte Hand los und mit dem nächsten Ruck die linke.
Luther stand wie eine Wand vor ihr. Doch sie wusste ihre kleine Größe und Wendigkeit zu nutzen und schlüpfte unter seinen Armen hindurch. Blitzschnell griff sie Alice’ Hand und rannte an den Käfigen vorbei, aus denen nun schauerliche Geräusche drangen. Kara rüttelte am Griff der Vordertür, doch sie war abgeschlossen. Luther und Zlatko kamen gefährlich nahe. Kara erinnerte sich in dem Wohnzimmer eine weitere Tür gesehen zu haben und steuerte diese als nächstes an.
Mit Schwung öffnete sie die Tür und davon mitgerissen, stolperten sie und Alice nach draußen. Sie warfen diesmal keinen Blick zurück. Wieder waren sie auf der Straße, auf der Flucht und ohne Chance sich ausruhen zu können. Aber es gab nichts zu bereuen. Wenigstens waren sie am Leben, auch wenn Kara erst am Anfang stand herauszufinden, was das eigentlich bedeutete.
