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Die Ewigkeit der Glühwürmchen

Chapter 3: Damals, als alles begann

Notes:

(See the end of the chapter for notes.)

Chapter Text

Friedhof - Zwischen Abschied und Kampf

Shikamaru wurde aus seinen Gedanken gerissen, als er Schritte näherkommen hörte. Eine ältere Frau mit einem kleinen Körbchen unter dem Arm lief etwas weiter hinten an ihm vorbei. Besuchte sie ihren Mann? Oder ihr Kind? Sie schien Shikamaru gar nicht zu bemerken und hinterließ in ihm nur das Gefühl, dass er nicht hier sein sollte. Hoffentlich würde keiner seiner Freunde oder Bekannten sich ausgerechnet jetzt hierher verirren! Shikamaru konnte nicht sagen, weshalb ihm der Gedanke so unangenehm war, aber er hatte das Gefühl, sich vor ihnen rechtfertigen zu müssen. Immer noch sagte ihm etwas, das Ganze sei nur eine Schnapsidee gewesen. Er könnte einfach aufstehen und nach Hause gehen.

Aber er blieb sitzen. Es gab einen guten Grund, warum er hier war. Sonst hätte er sich die Mühe doch gar nicht erst gemacht.

Also, wie war es bei den Chuunin-Prüfungen damals weitergegangen?

Sie hätten vermutlich verloren, wenn nicht Neji und Tenten aufgetaucht wären und die Feinde von ihnen abgelenkt hätten. Dann war irgendwann plötzlich Sasuke aufgewacht und hatte den einen Typen aus Otogakure besiegt, wie auch immer er noch geheißen hatte. Neji hatte Shikamaru bei diesem ersten Zusammentreffen überhaupt nicht beachtet und Shikamaru war nur mit dem Gedanken beschäftigt gewesen, ihn so gut wie möglich zu meiden, da er sicher war, dass sie nicht gegen ihn gewinnen konnten. Im Anschluss hatten sie vermutlich auch mehr Glück als Können gehabt, denn die Schriftrolle, die sie noch ergattern konnten, war zufällig genau die, die sie brauchten.

Sie hatten das gegnerische Team beobachtet und nutzten die Gelegenheit, als einer von ihnen kurz im Wald verschwand, um sich zu erleichtern. Shikamaru fesselte den anderen und Ino nahm Besitz über den Körper des Mädchens, das höchstwahrscheinlich die Schriftrolle bei sich trug. Die Rechnung ging auf und sie warf Chouji die Schriftrolle zu und schwupps, waren sie auch schon wieder im Wald verschwunden. Es fühlte sich nicht besonders toll an, aber es reichte, um in den Turm und zur nächsten Prüfung zu gelangen. Und dass Nejis Team das schon viel früher geschafft hatte, verwunderte ihn auch kein bisschen.

Nachdem Shikamarus Team es also doch noch geschafft hatte, in den Turm zu gelangen, wartete gleich die nächste schwierige Aufgabe auf die müden Ninjas.
Weil es angeblich immer noch zu viele Teilnehmer gab, sollte deren Anzahl verringert werden. Es wurden Einzelkämpfe ausgetragen und wer verlor, war raus. Shikamaru war in diesem Augenblick außer sich vor lauter Enttäuschung darüber, dass er sich offensichtlich noch viel länger nicht würde ausruhen können. Auch Chouji und Ino reklamierten lautstark. Sie alle waren von den Tagen im Wald schmutzig, erschöpft und hungrig. Außerdem hatten sie sich zahlreiche Kratzer und andere kleinere Verletzungen eingehandelt und konnten einfach nicht mehr.

Shikamaru bemerkte, dass es vielen der anderen Teams nicht anders erging. Sogar Neji und seine Teamkameraden sahen mitgenommen und fertig aus. Trotzdem ließen sich die drei nichts anmerken und hörten einfach nur zu, während der Prüfer die weitere Vorgehensweise erläuterte.

Die darauffolgenden Kämpfe dauerten zum Glück nicht allzu lange, mit Ausnahme vielleicht von Inos Kampf gegen Sakura, der sich unnötig in die Länge zog, weil die beiden sich zuerst nicht richtig zu trauen schienen, Ernst zu machen. Shikamaru schaffte es mit Mühe und Not, seine Gegnerin in eine Schattenfalle zu locken und unschädlich zu machen. Naruto erwies sich daraufhin als weniger dumm, als Shikamaru ihm jemals zugetraut hätte, und wischte dem siegessicheren Kiba so richtig eins aus, indem er ihn aus dem Turnier warf. Dann kam als nächstes Nejis Kampf gegen Hinata an die Reihe.

Es war das erste Mal, dass Shikamaru Neji wirklich als Person ansah, während seines Kampfes mit Hinata. Zuerst wirkte er kalt und vielleicht sogar grausam, als er seine Cousine beleidigte und ihr riet, die Shinobi-Laufbahn zu beenden, weil sie nicht die benötigten Fähigkeiten besaß. Er warnte sie wieder und wieder, dass sie aufgeben sollte, weil sie keine Möglichkeiten hatte, gegen ihn zu gewinnen.

Er konnte sich nicht mehr im Detail erinnern, worüber sie gesprochen hatten, aber bei dem Gedanken daran bekam Shikamaru ein flaues Gefühl in der Magengegend. Es ging dabei ungefähr darum, dass man seinem Schicksal nicht entrinnen und sich im Kern niemals wirklich ändern konnte. Es ging um die Haupt- und die Nebenfamilie des Hyuuga-Clans. Shikamaru hatte zwar von der Spaltung innerhalb des Clans gehört, begriff aber erst bei diesem Kampf, wie tief der Riss wirklich ging. Für Neji schien es in diesem Moment um alles zu gehen.
Er war so voller Wut gewesen und wenn die Lehrer nicht dazwischengegangen wären, würde hier nun vielleicht Hinatas Grabstein stehen und nicht Nejis…

Aber das war Blödsinn, seine verfluchte Familie hätte ihn vermutlich gleich hinterhergeschickt, wenn er ihr etwas angetan hätte! Und sei es nur ein Unfall in einem Prüfungskampf gewesen. Shikamarus Blick verschwamm langsam und er musste ein paarmal blinzeln. Er versuchte schnell, an etwas anderes zu denken. Etwas weniger Schmerzhaftes.


Chuunin-Auswahlprüfung: Vorbereitung für die Endrunde

Shikamaru beobachtete, wie Chouji ununterbrochen gebratene Fleischstückchen in sich hineinschaufelte. Sensei Asuma hatte sie zum Essen eingeladen, nachdem Chouji sich bereit erklärt hatte, Shikamaru beim Training für die Finalrunde behilflich zu sein. Shikamaru konnte sich nicht erinnern, schon einmal so hart und so ausdauernd trainiert zu haben. Aus irgendeinem Grund nahm Asuma die Aufgabe, ihn auf den letzten Teil der Chuuninprüfung vorzubereiten, extrem ernst. Sie hatten auch heute den ganzen Tag im Wald trainiert.

Shikamaru musste zugeben, dass Chouji tatsächlich eine große Hilfe gewesen war, denn es waren deutliche Verbesserungen in Shikamarus Ausdauer zu verzeichnen. Er hatte das Gefühl, mehr Chakra zur Verfügung zu haben und seine Schattenfesseltechnik länger aufrechterhalten zu können.

„Gute Arbeit, Jungs!“, sagte Asuma bestimmt schon zum vierten Mal an diesem Abend. „Mit deiner Hilfe, Chouji, hat Shikamaru nun echte Chancen, seine Gegner zu besiegen!“ Chouji grinste und nickte mit vollgestopften Backen.
„Ma i do gern!“, schmatzte er, und Shikamaru glaubte es ihm sofort. Bei dieser Belohnung hätte Chouji so ziemlich allem zugestimmt. Aber er war ihm wirklich dankbar für seine Hilfe.

„Ich denke, unser Trainingsprogramm ist ausgeglichen und realistisch, nicht so, wie das, was Gai sich für den Hyuugajungen überlegt hat. Wie sich das bei ihm angehört hat, trainieren die ununterbrochen, Tag und Nacht, bis zum Umfallen. Der schießt sich so ja schon selbst aus dem Rennen.“

Shikamaru zuckte mit den Schultern. „Was Sensei Gai erzählt, ist aber auch immer total übertrieben. Ich denke nicht, dass man darauf viel geben kann.“, murmelte er.

Chouji schluckte einen Happen hinunter und wischte sich mit der Hand über den Mund. „Wird Ino nicht furchtbar sauer sein, wenn sie rausfindet, dass wir die ganze Zeit zusammen essen gehen?“, fragte er nachdenklich. Asuma seufzte und erwiderte: „Ich habe ja schon mit Inos Vater darüber gesprochen. Sie muss sich klar darüber werden, was sie als Kunoichi überhaupt will. Der Kampf mit Sakura hat sie anscheinend sehr nachdenklich gemacht und sie braucht eine kleine Auszeit. Deshalb habe ich sie gar nicht erst gefragt, denn ich glaube, Inoichi kennt seine Tochter sehr gut.“

Shikamaru stimmte ihm im Stillen zu. Ino beschwerte sich zwar oft darüber, wie peinlich sie ihren Vater fand, aber es war offensichtlich, dass sie sich sehr nahe standen.

Chouji nickte zufrieden und stopfte sich das letzte große Stück Fleisch in den Mund. Als er aufgegessen hatte, wandte er sich an Asuma. „Also morgen machen wir eine Pause?“ Er sah ihn hoffnungsvoll an. Asuma nickte lächelnd. „Ja klar, ihr habt beide hart trainiert und beachtenswerte Fortschritte gemacht. Es ist wichtig, sich auch mal eine Ruhepause zu gönnen. Wir treffen uns übermorgen wieder zur selben Zeit.“ Dann stand er auf, um zu bezahlen.

Chouji grinste Shikamaru an. „Du freust dich sicher auch über einen freien Tag, oder?“ Shikamaru nickte müde und versuchte, froh auszusehen. Er fühlte sich hundemüde und wusste nicht, wie er den Weg nach Hause überhaupt noch schaffen sollte. Außerdem hatte er Muskelkater in den Beinen und sein Kopf tat ihm weh. Er hatte jedes bisschen Chakra in seinem Körper ausgeschöpft und fühlte sich, als wäre er ein Waschlappen, den jemand stundenlang ausgewrungen hatte. Chouji schleppte ihn mehr oder weniger nach Hause und lieferte ihn dort ab. Shikamarus Mutter dankte ihm für seine Hilfe, und Shikamaru schleppte sich in sein Zimmer, wo er ohne sich umzuziehen einfach ins Bett plumpste.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand härter trainiert als ich“, dachte er noch, dann schlief er sofort ein.

Am nächsten Tag wurde er von seiner schimpfenden Mutter geweckt, die entdeckt hatte, dass Shikamaru in seinen verschwitzten und dreckigen Klamotten geschlafen hatte. Sie zog ihn aus dem Bett und zwang ihn, ein Bad zu nehmen. Shikamaru hatte vorgehabt, den ganzen Tag zu verschlafen, und hatte nun ausgesprochen schlechte Laune, dass sein Vorhaben zunichte gemacht worden war. Also entschied er sich dafür, einen Spaziergang zu machen und sich ein ruhiges Fleckchen zu suchen, um seiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen.

Der Himmel war strahlend blau und es waren nur ein paar vereinzelte dünne Wölkchen zu entdecken. Shikamaru lief durch die kleineren Straßen von Konoha und hoffte, niemanden zu treffen. Blöderweise schien es, als hätte sich bei dem guten Wetter ganz Konoha entschieden, den Tag draußen zu verbringen. Shikamaru wäre liebend gern in den Narawald ausgewichen, aber er wusste, dass heute viele Mitglieder des Nara-Clans, unter anderem auch sein Vater, damit beschäftigt waren, verschiedene Jutsus anzuwenden, um den Wald vor Eindringlingen zu schützen. Da Shikamaru weder Lust hatte, zu helfen, noch mit irgendwelchen Verwandten anstrengende Gespräche über sein Training oder die bevorstehende Prüfung zu führen, führte ihn sein Weg aus dem Dorf zum Randgebiet von Konoha. Hier gab es genug Wege über Wiesen, Hügel und durch den Wald, der Konoha umgab, so dass die Wahrscheinlichkeit, jemanden zu treffen, recht gering war.

Nachdem Shikamaru eine Weile gelaufen war und versucht hatte, nicht zu viel über die Prüfungen nachzudenken, hörte er zu seiner Rechten durch die Bäume hindurch Geräusche. Geräusche, die sich sehr nach Training anhörten. Er hörte eine große Anzahl von metallischen Gegenständen klirren und dann eine weibliche Stimme aufgeregt rufen.

Könnten das Sensei Gais Schüler sein, die da trainieren? Normalerweise würde man Lee bestimmt als allererstes schon von weit weg hören, aber der liegt noch im Krankenhaus. Dann ist das gerade Tenten mit ihren Waffen gewesen?

Da Tenten in der Vorrunde gegen Temari aus Sunagakure verloren hatte, half sie nun vermutlich Neji Hyuuga beim Training, so wie Chouji ihn selbst unterstützte. Ob Neji ihn mit dem Byakugan wohl schon bemerkt hatte?

Als er noch ein paar Schritte näher herangekommen war, hörte er auf einmal Tenten, die unverkennbar in Panik geraten war. „Neji, Neji, ist alles in Ordnung?“

Dann redete sie irgendetwas vor sich hin, das Shikamaru nicht verstand, aber es war offensichtlich, dass irgendetwas schiefgelaufen war. Innerlich fluchend rannte Shikamaru los, um zu sehen, ob sie Hilfe brauchten. Nach ein paar Metern tat sich eine Lichtung auf, wo die beiden bis gerade eben trainiert hatten. Auf dem Boden lagen überall Kunai und unterschiedliche andere Waffen verstreut. Tenten hockte in der Mitte auf dem Boden und beugte sich über Neji, der anscheinend bewusstlos auf dem Boden lag. So wie es aussah, prüfte sie, ob er noch atmete. „Ist er verletzt?“, fragte Shikamaru, und Tenten zuckte erschrocken zusammen.

„Er ist einfach so umgekippt, aber er atmet zum Glück. Wir haben nur ganz normal trainiert…“ Sie wirkte leicht hysterisch, und Shikamaru befürchtete, dass sie gleich in Tränen ausbrechen würde. Er sah sie abschätzend an. Tentens Haare waren zerzaust, und einzelne Strähnen hingen ihr ins Gesicht. Ihre Kleidung war schmutzig, und Neji sah in der Hinsicht nicht unbedingt besser aus.

„Wie lange genau trainiert ihr denn schon?“, fragte er, während sie Neji gemeinsam in die stabile Seitenlage brachten. Tenten schnaufte und wischte sich mit der Hand über die Nase. „Seit gestern Morgen, glaube ich. Wir hätten vielleicht auf Sensei Gai hören und auch mal eine Pause machen sollen. Aber Neji war so nahe dran, er wollte einfach nicht aufhören, bevor es ganz klappt.“ Shikamaru fragte sich, ob seine Rivalen alle vollkommen übergeschnappt waren, oder ob es wirklich an Sensei Gais übertriebenen Methoden lag, dass Neji sich in die Ohnmacht trainierte.

In diesem Augenblick öffnete Neji seine Augen und starrte Shikamaru verwirrt an. „Hey Neji, wie fühlst du dich?“, fragte Tenten besorgt.

Neji versuchte, sich aufzurichten, stöhnte dann aber auf und legte sich wieder hin. „Wir sollten ihn vorsichtshalber ins Krankenhaus bringen.“, stellte Shikamaru fest. Neji schüttelte langsam den Kopf. „Nicht… Krankenhaus.“, murmelte er leise. Tenten nickte. „Sein Onkel wäre vielleicht nicht erfreut, wenn sich herumspricht, dass Neji sich beim Training… überschätzt hat. Wir sollten ihn besser nach Hause bringen.“ Shikamaru verstand das Problem zwar nicht, stimmte aber zu, ihnen zu helfen.

Neji setzte sich auf und trank ein wenig Wasser. Dann halfen sie ihm, aufzustehen und stützten ihn zu beiden Seiten. Shikamaru fragte sich gerade, wo er da nur wieder hineingeraten war, als Neji stehen blieb und verärgert den Kopf schüttelte. „Ich habe keine Zeit für so etwas. Es sind nur noch ein paar Tage bis zur Endrunde. Ich war gerade so kurz davor, es zu schaffen, Tenten. Lass uns einfach weitermachen.“ Shikamaru blieb stehen und starrte Neji ungläubig an. Tenten seufzte, ließ ihn los und baute sich vor ihm auf.

„Es geht dir aber nicht gut. Und mir übrigens auch nicht. Wir haben uns seit einer Ewigkeit keine Pause mehr gegönnt und nicht einmal Sensei Gai fände es gut, so zu übertreiben.“ Neji funkelte sie böse an. „Mir geht es wieder gut!“

Tenten zog eine Schnute und giftete zurück: „Erstens glaube ich dir kein Wort und zweitens ist es dir anscheinend total egal, wie es mir geht. Ich brauche wirklich eine Pause. Ich bringe dich jetzt mit Shikamaru nach Hause und dann nehme ich erst einmal ein langes Bad und erhole mich. Wenn du unbedingt willst, trainieren wir morgen weiter, aber ich werde es nicht noch einmal so weit kommen lassen, dass du einfach umkippst!“

Neji schnaubte und wandte sich Shikamaru zu. „Was hast du überhaupt hier zu suchen?!“, fragte er feindselig und riss sich von ihm los.

Shikamaru hob seine Hände beschwichtigend und sagte: „Hey, ich war nur auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen und bin dann zufällig über euch gestolpert. Ich will nur helfen.“

Neji starrte ihn prüfend an und schien sich ein wenig zu beruhigen. „Es würde dir sowieso nichts bringen, unser Training auszuspionieren. Wir sind auf völlig unterschiedlichen Levels, du hättest niemals eine Chance gegen mich in einem Duell.“

Wow, der Hyuuga ist ja genau so nett, wie alle behaupten. Ich sollte einfach gehen…

Tenten stieß Neji ihre Hand in die Seite und ermahnte ihn: „Sei nicht so, Neji. Der Nara kam erst, als du schon bewusstlos warst. Du solltest dankbar sein, dass er dir hilft, obwohl ihr Rivalen seid.“

Neji senkte seinen Blick und sagte nichts. Unschlüssig, ob er auf der Stelle kehrt machen und gehen sollte, verharrte Shikamaru und wartete, ob noch etwas kam. Als keiner mehr etwas sagte, entschloss er, sich dieser dämlichen Situation nicht mehr länger auszusetzen.

„Ja naja, dann werde ich jetzt...“, begann er, als Neji plötzlich schwankte und wieder umzufallen drohte. Sofort sprangen Shikamaru und Tenten ihm zur Seite und hielten ihn fest.

„Willst du dich setzen?“, fragte Tenten besorgt.

Neji schüttelte resigniert den Kopf. Es schien ihm schwerzufallen, die richtigen Worte zu finden. „Nein, es geht schon, denke ich. Es tut mir leid, Nara. Ich fühle mich tatsächlich nicht besonders gut. Du hast recht, Tenten, wir sollten für heute Schluss machen. Bitte entschuldige, dass ich nicht auf deine Bedürfnisse geachtet habe. Und entschuldigt bitte auch, dass ich so undankbar war. Es wäre sehr nett, wenn ihr mich nach Hause bringen würdet.“

Er sagte es monoton und immer noch mit gesenktem Blick. Shikamaru hatte den Eindruck, dass er sich furchtbar schämte und verspürte sofort das Bedürfnis, die Situation irgendwie aufzulockern.

„Ja klar, ist kein Problem. Ich habe eh nichts Besseres zu tun. Vielleicht kriege ich zur Belohnung ja eine Führung über das Hyuuga-Gelände. Soll sich lohnen, sagt mein Vater immer.“

Neji sah ihn nicht an und verzog leicht das Gesicht, als hätte er Schmerzen.

„Na gut, Neji. Sag einfach Bescheid, sobald du dich wackelig fühlst.“, bat Tenten ihn. Dann setzten sie ihren Weg zu dritt fort.

Als sie zu den ersten Häusern gelangten, wollte Neji nicht mehr gestützt werden. „Es geht, wirklich. Ich kann alleine laufen. Macht bitte kein allzu großes Drama daraus.“

Wieso hat er so große Angst davor, dass jemand von seinem Schwächeanfall erfährt? Ich verstehe ja, dass es ihm peinlich ist, aber gleich so extrem?

Es schien Neji zum Glück wieder besser zu gehen, denn sie schafften den ganzen Weg bis zum Tor des Hyuuga-Anwesens. Ein Hyuuga mit Stirnband und zu einem langen Zopf geflochtenen Haaren öffnete und Neji drehte sich noch einmal zu Tenten und Shikamaru um und verbeugte sich vor ihnen. „Vielen Dank, dass ihr mich nach Hause begleitet habt.“

Shikamaru war völlig perplex. Wieso bedankte er sich auf einmal und dann auch noch auf so übertriebene Art?

Aus dem Haus ertönte eine laute Männerstimme. „Neji, wo warst du so lange? Du hast deine Pflichten vernachlässigt!“ Ein älterer Hyuuga kam aus dem Haus und Neji und der Hyuuga mit dem Zopf neigten ihre Köpfe, um ihn zu begrüßen. Der Mann hatte einen strengen Gesichtsausdruck.

„Ich hoffe, mein Neffe hat euch keine Umstände bereitet. Habt ihr zusammen trainiert?“

Er sah erst Tenten und dann Shikamaru mit seinen kalten Augen ins Gesicht. Obwohl er sich gerade indirekt entschuldigt hatte, schwang in seiner Stimme ein anklagender Ton mit. Tenten nickte und Shikamaru hatte das Gefühl, dass sie sich unwohl fühlte in der Gegenwart von Nejis Onkel.

„Neji, geh schon ins Haus.“, befahl der Onkel von Neji, der also Hiashi, das Oberhaupt des Hyuuga-Clans sein musste. Neji nickte ihnen kurz zum Abschied zu und ging dann mit dem anderen Hyuuga zum Haus. Hiashi blieb stehen und hielt sie beide mit seinem Blick fest.

„Bist du nicht Shikamaru Nara?“, fragte der Mann und starrte ihn durchdringend an.

Shikamaru konnte gut nachempfinden, wieso Tenten sich unwohl fühlte. Es fühlte sich so an, als würde er mit feindlicher Absicht direkt in seine Gedanken schauen, dabei hatte er das Byakugan noch nicht einmal aktiviert.

„Ja, der bin ich.“, bestätigte Shikamaru und hoffte, dass dies kein Verhör werden würde. Leider wurde er enttäuscht.

„Wieso trainiert mein Neffe zusammen mit einem Gegner? Du trittst doch auch in der Endrunde an, soweit ich weiß?!“

Shikamaru stöhnte innerlich auf. Was ihm gerade noch fehlte, waren Gerüchte über seine seltsame Wahl der Trainingspartner oder irgendwelcher Allianzen der Prüfungsteilnehmer oder ähnliches.

„Nein, Tenten hat mit ihm trainiert, ich habe die beiden einfach nur… auf dem Heimweg getroffen.“

Shikamaru hielt es für besser, Nejis Zusammenbruch nicht zu erwähnen. Hiashi sah ihn noch ein paar Augenblicke weiter durchdringend an.

„Ich wusste nicht, dass Neji etwas mit den Naras zu schaffen hat. Bitte richte deinem Vater einen Gruß aus. Guten Tag.“

Dann drehte er sich um, ohne Tenten noch eines Blickes zu würdigen oder eine Antwort abzuwarten, und ging.

Shikamaru hatte das Gefühl, doch ganz gut aus der Situation herausgekommen zu sein. Er merkte, wie sich Tentens Anspannung löste und sie leicht zusammensackte.

„Alles in Ordnung?“, fragte er.

Tenten nickte. „Ja, klar. Danke, dass du mitgekommen bist. Ich hoffe, sie lassen Neji sich wenigstens ein bisschen erholen.“

Sie schaute Shikamaru kurz nachdenklich an und schien etwas sagen zu wollen, sich dann aber dagegen zu entscheiden. Stattdessen drehte sie sich weg und streckte sich ausgiebig.

„Oh Mann, bin ich fertig. Ich geh dann mal nach Hause. Hab du noch einen schönen Tag und viel Glück bei deinem Training!“

Shikamaru nickte, auch wenn Tenten es nicht sehen konnte. „Danke, erhol dich gut.“ Dann gingen sie in verschiedene Richtungen auseinander.

Notes:

Hallo, dieses Kapitel ist nun ein bisschen länger als die ersten beiden und ich hoffe sehr, dass es euch gefällt.
Danke fürs Lesen! Wie immer freue ich mich sehr über Kommentare :)